Taktik
der preußischen Armee

 

 

 
 Die Taktik nach 1806

Infanterie
Als Befehlshaber einer Kompanie fungierte ein Hauptmann, damals fast überall, außer in Österreich, noch als Capitain bezeichnet. Die Offiziere waren Leutnants, deren ältester den Titel Premierlieutenant, die anderen Secondelieutenant trugen. Für den inneren Dienst war der Feldwebel zuständig, auch »Mutter der Kompanie« genannt, gleichzeitig direkter Vorgesetzter aller Unteroffiziere. Zu jeder Kompanie gehörten noch einige Trommler (Tambours) oder Hornisten. Die Grundaufstellung einer Kompanie erfolgte in der Regel dreigliedrig in Linie, wobei jedem Mann der Platz genau vorgeschrieben war. Zwischen zwei Gliedern wurde vom Rücken des Vordermannes bis zur Brust des Hintermannes ein Abstand von zwei Fuß (63 cm) eingehalten, die Nebenleute standen auf Tuchfühlung. In Preußen wurden die gewandtesten und besten Schützen nach 1808 generell in das dritte Glied gestellt, im übrigen standen die Leute nach der Körpergröße geordnet. Man teilte die Kompanie in zwei Züge und diese wieder in einzelne Abschnitte, die Sektionen, die vier bis sechs Rotten umfaßten. Beim Abmarsch aus der Linie, also Bildung der Marschkolonne, schwenkten diese Sektionen in die befohlene Richtung und setzten sich hintereinander, ein Verfahren, das sich in allen Armeen ähnelte.

Zum Gefechtsexerzieren oder zum Gefecht wurde als taktischer Körper der Infanterie das Bataillon formiert. Es sollte soviel Soldaten umfassen, wie sich noch gemeinsam durch die menschliche Stimme kommandieren ließen. Zur Zeit der reinen Lineartaktik zählten daher Bataillone zwischen 600 und 800 Mann, mit der häufigeren Verwendung der Kolonne konnte man sie bis zu 1200 verstärken. Nun waren die Bataillone schon ständig aus den gleichen Kompanien zusammengesetzt. Deren Zahl konnte je nach ihrer Kopfstärke verschieden sein, um 1789 in der Regel fünf. In Preußen und Rußland setzten sich nach 1808 die Bataillone aus vier Kompanien, in Österreich aus fünf Füsilier- und einer Grenadierkompanie zusammen. Da aber eine preußische Kompanie als Kriegsstärke 250 Mann haben sollte, kam auch hier das Bataillon auf über 1000 Streiter.


Bataillonsaufstellung in Linie

Die Grundaufstellung des Bataillons war die Linie, bei der die einzelnen Kompanien vom rechten Flügel ausgehend entsprechend ihrer Numerierung nebeneinander standen, in der Regel in drei Gliedern. Da man erkannte, daß das dritte Glied ohnehin selten mit Wirkung schießen konnte, wurden die dritten Glieder entweder als Reserve oder zum Tiraillieren vorgesehen. Bei den Preußen kam es schon in den Revolutionskriegen zu zweigliedrigen Aufstellungen, und im Jahre 1803 führte Fürst Hohenlohe bei seinen schlesischen Regimentern das Tiraillieren des dritten Gliedes ein. Auch Scharnhorst wollte bereits früh das Alte und Neue organisch verbinden und schlug 1797 vor, dieses dritte Glied der Linearaufstellung dafür zu verwenden, wie es nach 1808 dann auch wirklich geschah. Die dritten Glieder formierten die Schützenzüge, so daß eine Kompanie dann aus drei zweigliedrig aufgestellten Zügen bestand.

Das preußische Bataillon stand in Linie mit seinen vier Kompanien nebeneinander dreigliedrig in der Grundaufstellung. Jede Kompanie war in zwei Züge geteilt, die vom rechten Flügel durchzählten. In der Mitte, zwischen dem vierten und fünften Zug, befand sich das Fahnenpeloton mit den beiden Fahnen (später nur eine), dahinter der Adjutant zu Pferde und die Spielleute. Beim jeweils ersten Bataillon eines Regiments plazierten sich neben diese auch noch die Musiker, die Hautboisten.

Sozusagen als viertes Glied kam die Kette der schließenden Unteroffiziere, dahinter noch die nicht in der Front eingeteilten Offiziere. Die Vorteile einer solchen Linienstellung waren, daß nahezu alle Feuergewehre gleichzeitig eingesetzt werden konnten, man bei feindlichem Artilleriefeuer keine große Tiefe bot und die doch recht lange Front gegen Überflügeln weitaus besser gesichert schien. Im durchschnittenen Gelände war die Linie kaum brauchbar, selbst in übersichtlichem Terrain kamen geübte Soldaten nur langsam vorwärts, weil leicht der Zusammenhang verlorenging. Auch konnte sie rasch durchbrochen werden, ihre Flanken bildeten den schwächsten Punkt.

Aus dieser Fundamentalstellung konnte leicht die Kolonne gebildet, aber auch teilweise zum zerstreuten Gefecht übergegangen werden. Als Gefechtsaufstellung wurde die Kolonne aber erst in den Revolutionskriegen heimisch, als die frisch zu den Fahnen gekommenen jungen Soldaten es weder konnten noch wollten, sich geordnet in Linie zu bewegen.

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 Ihre entscheidenden Vorteile waren, daß sich in der Kolonne auch mit ungeübten Truppen relativ leicht Ordnung halten ließ, ihre Bewegungen wegen der schmalen Front auch im durchschnittenen Gelände viel leichter abliefen und ein so fester Zusammenhang bestand, daß sie für normale Kavallerieangriffe undurchdringlich blieb. Stand die Truppe statt in einer langen Linie in mehreren Kolonnen, war jede ein abgesondertes Ganzes. Kam eine Abteilung in Unordnung, betraf das noch nicht alle anderen Massen. Demgegenüber mußte sich die an einer Stelle zerrissene Linie taktisch geschlagen geben. Besonders geeignet war die Kolonne zum Angriff mit blanker Waffe, dem Bajonett. Ihre Flanken stellten keine große Gefahr dar und bei Bedarf konnte man aus ihr leicht in Linie übergehen. Ihr wesentlicher Nachteil lag in der Empfindlichkeit gegen Geschütz- und Tirailleurfeuer sowie in der Unmöglichkeit, viele Feuergewehre gleichzeitig einzusetzen.

Die Kolonne wurde in der Art gebildet, daß sich die einzelnen Züge (Pelotons) hintereinander stellten. Der vorderste Zug hieß dann die Tete, der hinterste die Queue. Das konnte auf zwei Arten geschehen: entweder hatte der erste Zug oder der letzte die Tete, die anderen schlossen sich an. Dann sprach man von einer einfachen Kolonne. Bei einem preußischen Bataillon standen dann die acht Züge hintereinander, beim französischen Bataillon die sechs Pelotons, die jeweils mit einer Kompanie gleichzusetzen waren. Ließ man die beiden mittelsten Züge (in Frankreich Halbkompanien) der Linienaufstellung nebeneinander stehen und zogen sich die Flügelzüge hinter diese zurück, entstand die Doppelkolonne oder die spätere Angriffskolonne (Kolonne nach der Mitte). Daraus ließ sich mit denkbar größter Schnelligkeit zur Linie aufmarschieren oder umgekehrt aus der Linie wieder die Kolonne bilden.

Rückten die einzelnen Züge einer solchen Doppelkolonne dicht aufeinander auf, entstand das volle Karree. Man formierte es bei Bedrohung im offenen Gelände durch überlegene feindliche Reiterei. Solange das Karree geordnet blieb, galt es für Kavallerie als undurchdringlich. Es konnte leicht hergestellt, gut übersehen und kommandiert werden und besaß eine große innere Festigkeit. 

Nachteilig war, daß es nur Platz für die beiden berittenen Offiziere und kaum für Verwundete bot und daß bei ihm nur ein Teil der Feuergewehre zur Wirkung kam. Der schnelle reibungslose Übergang von einer Formation in die andere war eine wichtige und daher oft geübte Angelegenheit. Man erkannte eine solche gut gelungene Evolution an ihrer raschen und geordneten Durchführung. Der Abmarsch, das heißt die Bildung der Kolonne aus der Linie, bot meist keine besonderen Probleme. Mit dem Aufmarsch aus der Kolonne in die Linie war es aber anders, weil sich dieser im Gefecht schon im Sicht- und Wirkungsbereich des Gegners vollzog.

Als notwendige Ergänzung der geschlossenen Fechtart begann sich schon in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts die geöffnete einzubürgern. Erste Anfänge sind in der Kampfweise der Panduren und Grenzer, der Freitruppen des Siebenjährigen Krieges und der Jäger zu finden, eine verstärkte Bedeutung gewann sie im Krieg in Amerika. Entscheidend für die starke Zunahme dieser Fechtart wurde aber die Tatsache, daß die jungen Soldaten der französischen Revolutionsheere noch nicht geübt genug und damit unfähig waren, in geschlossener Formation den komplizierten Feuerablauf zu beherrschen.

Mit zunehmender Kriegserfahrung wurde auch in Frankreich dieses Gefecht der Tirailleure in ein gewisses System gebracht, wie es in einigen Berufsheeren schon bestand oder nun Nachahmung fand. Es diente zum Einleiten eines Gefechtes mit Hinhalten des Gegners und dem Versuch, seine Absichten zu verschleiern, bis Klarheit über die Maßnahmen wie Angriffsort und Zeitpunkt herrschte. Auch das Abbrechen eines Gefechtes erfolgte nun unter dem Schutz solcher Tirailleurlinien. Je nach Armeeorganisation waren für dieses zerstreute Gefecht entweder besondere Kompanien des Bataillons (Voltigeure, Schützen) oder die dafür besonders ausgebildeten Leute des dritten Gliedes bestimmt, die dann zu eigenen Schützenzügen zusammentraten.

In Preußen bildeten die Männer des dritten Gliedes jeder Kompanie einen Schützenzug. Auf das Signal »Schwärmen« gingen die Züge aus der Bataillonsmasse vor. Zwei davon lösten sich zum Teil in eine Schützenkette als Feuerlinie auf, bei der jeweils zwei Mann als »Fechter« und »Sekundant« taktisch miteinander verbunden waren. Sie bildeten eine Tirailleur-Rotte. Die Reste der Schützenzüge blieben auf halbem Wege zur Bataillonsmasse stehen und dienten als Rückhalt. Sollten die Schützen abgelöst oder verstärkt werden, wurden auch die übrig gebliebenen Schützenzüge eingesetzt. Die Signale wurden allgemein durch das Horn gegeben; jeder Mann in der Feuerlinie schoß nach eigener Wahl, nachdem sein Rottensekundant wieder geladen hatte. Die Schützen konnten sowohl aus einem in Linie stehenden als auch aus einem in Angriffskolonne befindlichen Bataillon herausgezogen und eingesetzt werden.

Für das Gefecht der Infanterie gab es generell drei Möglichkeiten: die Abgabe von Massenfeuer, das Schützengefecht und der Angriff mit der blanken Waffe, dem Bajonett. Das Massenfeuer war die Regel, wenn schwere Infanterie in geschlossener Formation in Linie stand. 

Die Waffenwirksamkeit wurde damals schon mit gut geübten Soldaten als Durchschnittswert ermittelt. So rechnete man beim Massenfeuer je 100 Schuß auf 300 Schritt (1 Schritt = 75 cm) mit einem Treffer, auf 200 Schritt mit 10 und auf 100 Schritt mit 40 Treffern. Beim Tirailleurfeuer wurde viel sorgfältiger gezielt, die Schützen konnten sich teilweise decken und standen auch nicht im Qualm. Dem entsprachen günstige Ergebnisse: auf 400 Schritt fünf, auf 300 Schritt 10, auf 200 Schritt 20 und auf 100 Schritt 80 Treffer auf die Scheibe. Benutzten Jäger ihre Büchsen, gab es auf 400 Schritt 10, auf 300 Schritt 20 und auf 200 Schritt gar 75 Treffer.


Bajonettfechten                   

Man unterschied beim Massenfeuer folgende Arten:

1. Das Pelotonfeuer, also Schußabgabe ganzer geschlossener Abteilungen (Züge) nach bestimmter Reihenfolge. Dafür benötigte man sehr gut ausgebildete und disziplinierte Leute. Selbst dann war dieses Feuer in der Praxis nur kurz durchzuhalten, denn die ausgeklügelte Maschinerie geriet schnell aus dem Tritt.

2. Man half sich, indem das ganze Bataillon auf einmal feuerte, also auf Kommando eine »Generalsalve« schoß. Das verhinderte Unordnung, machte aber durch die gleichzeitige Qualmwolke das Bataillon blind und während der Ladezeit wehrlos.

3. Meist stellte sich in der Praxis von selbst das sogenannte »Bataillenfeuer« ein, bei dem jeder schoß, wenn er fertig war. Eine Feuerleitung war dabei unmöglich, die Wirkung jämmerlich, wenn man den Aufwand betrachtete. Es beschäftigte bloß die Leute, eine Entscheidung brachte es nie. Ein solches Bataillenfeuer konnte auch durch Wirbel der Tambours befohlen und beendet werden. Dann sollte jeder schießen, wenn der Rottenkamerad mit dem Laden fertig war.

Solange die kurze Reichweite der Feuerwaffen noch eine Annäherung auf nähere Entfernung (bis 300 m) erlaubte, konnte der Versuch berechtigt sein, durch einen überraschenden, schnellen Angriff geschlossener Infanterie oder Reiterei über diese kurze Entfernung das Feuer zu unterlaufen. Der Raum, der einen vom Feind trennte, mußte im Bereich seines Feuers schnell überwunden werden. Daher war es wichtig, diese Zeit abzukürzen. Ein Halten, das eigene Feuer aufnehmen oder gar beim Angriff die Formation ändern durfte es nicht geben. 


   Vormarsch einer preuß. Brigade

Dann kam man zum Stehen, und machte der Gegner eine Offensivbewegung, war ein Umdrehen meist nicht zu vermeiden. Der Bajonettangriff bestand also in einem entschlossenen Draufgehen. Dabei kam es weniger darauf an, mit dem Feind ins Handgemenge zu kommen, als ihn dazu zu bringen, vorher das Feld zu räumen oder die Flucht zu ergreifen. Das war dann auch die Regel. Nur in ganz wenigen Fällen, wenn Ausweichen nicht möglich schien, wie bei Hagelsberg und an der Katzbach im Jahre 1813 lief es anders. An der Katzbach griff das 2. Bataillon des 2. brandenburgischen Infanterieregiments in Linie ein in Kolonne stehendes französisches Bataillon an. Die Gewehre gingen nicht los, weil der Regen in Strömen fiel. Auf 60 m Entfernung riefen die Stürmenden »Hurra«, umklammerten von allen Seiten das französische Bataillon und schlugen mit Bajonett und Kolben den Großteil zusammen. Nur 7 Offiziere und 165 Mann wurden gefangen abgeführt. Die Preußen hatten einen Verlust von 191 Mann. Gleichzeitig ist dieser Vorgang auch ein starker Beweis für die Überlegenheit des moralischen Elements über die Formen.

In Preußen hatten bis zum Jahre 1808 die aus dem Jahre 1788 stammenden Vorschriften gegolten. Nun brachte das unter der Federführung von Scharnhorst erarbeitete Reglement von 1812 eine grundlegende Änderung. Sehr klar und vorbildlich, dabei aber kurz und knapp wurde das Wichtige in nur fünf Abschnitten herausgestellt. Der erste behandelte die Ausbildung des einzelnen Mannes, der zweite die des Trupps in Gliedern und Rotten, der dritte die Aufstellung einer Kompanie und des Bataillons und deren Bewegungen. Abschnitt vier handelt von der Bestimmung des dritten Gliedes für das zerstreute Gefecht und der letzte Abschnitt spricht kurz von der Aufstellung einer Brigade als höherer taktischer Einheit.

Kavallerie
Die damals hervorragende preußische Reiterei war im Jahre 1806 so verzettelt eingesetzt worden, daß es zu keinem kräftigen Ergebnis kam. Napoleon hingegen suchte schon immer seine Kavallerie als Reserve zu vereinen und bildete selbst auf Kosten der Divisionen, denen diese Waffe oft fehlte, Brigaden, ganze Divisionen und sogar Kavalleriekorps. Sein Prinzip war der Masseneinsatz der Reiter. Wollte er aber ein Armeekorps detachieren, mußte er ihm Kavallerie aus der Reserve zuteilen, die dann keineswegs mit ihrer Aufgabe vertraut war. Bei seinen Gegnern verfuhr man oft entgegengesetzt. Vor allem die Österreicher und Preußen mischten die Waffengattungen in einer Brigade.

In den Kriegen von 1813 bis 1815 haben größere Reitererfolge auch die zu geringen Etatstärken und der große Anteil der aus dem Boden gestampften Landwehrkavallerie verhindert. 

Ein Gutachten des Feldmarschalls Fürst Blücher aus dem Jahre 1817 beschäftigt sich eingehend damit. Später sollte sich mit der Zeit die Qualität der Reiterei überall heben, aber auch die Erkenntnis Platz greifen, daß sie nur in größeren Massen, in eigenen Brigaden oder Divisionen vereint, die Erwartungen bei einer Kampfentscheidung erfüllen kann. Erste große reine Kavallerie-Manöver fanden 1821 in der Nähe Berlins unter der Leitung des Generalleutnants v. Borstell statt, die dann zwei Jahre später zu einer erstmals umfassenden Instruktion für die Verwendung größerer Kavalleriekörper führten.


Plänkeln der Reiter               

Die Artillerie
Ähnlich der Infanterie war auch die Artillerie administrativ als größere Einheit in Regimenter (manchmal auch in Brigaden oder Bataillone), als kleinere Einheit in Kompanien organisiert. Erst im Kriegsfall stellte man die Artilleristen für verschiedene Aufgaben ab oder teilte sie Batterien zu. Das konnte auch zur Bedienung der Regimentsstücke im Verband der Infanteriebataillone oder zur Besetzung von Festungs- und Belagerungsgeschützen geschehen. Der Begriff Batterie bedeutete zunächst nur eine Anzahl von Geschützen, die unter einheitlichem Kommando auf ein gemeinsames Ziel wirken sollten. Es gab in der Vergangenheit sogenannte »große« Batterien mit bis zu 80 Geschützen. In der Praxis hatten sich aber seit der Mitte des 18. Jahrhunderts Batterien ergeben, die, oft als »Brigaden« bezeichnet, für die Feldzugsdauer beisammen blieben. Damit wurde die Batterie in der Stärke von sechs bis zehn Geschützen die taktische Grundeinheit der Artillerie. Die Bezeichnung Batterie galt also erst dann, wenn die Artilleristen einer Kompanie ihre Geschütze besetzt hatten. Bis zum Jahre 1808 sollte in Preußen eine Kompanie zwei Batterien besetzen.

Als dann Prinz August von Preußen als Oberbefehlshaber der Artillerie an ihrer Spitze stand, kam es zu den notwendigen Veränderungen. Die Regimentsartillerie wurde aufgelöst und dafür nach französischem Vorbild die leichten Feldbatterien vermehrt. Nur noch ein Siebentel aller Feldgeschütze waren zwölfpfündige Kanonen, von der großen Masse der sechspfündigen die Hälfte für die Reitenden, die andere für die Fußbatterien bestimmt. Erst nach und nach sollte sich dann die Erkenntnis durchsetzen, daß die Artilleristen, ihre Waffen und Bespannungen ständig beisammen bleiben müssen, um genügend taktisch ausgebildet auch die erwarteten Leistungen bringen zu können. In Preußen geschah dieses definitiv im Jahre 1851, als die Einteilung der Feldartillerie in Kompanien wegfiel und die Batterie gleichzeitig administrative wie taktische Grundeinheit wurde.


     Aufbau einer Batteriestellung

Zu einer Batterie gehörte zumeist nur eine Geschützart, wonach sie auch benannt wurde. Man sprach von einer sechs- oder zwölfpfündigen Kanonenbatterie oder einer Haubitzbatterie. Bei den Preußen besaß nach 1808 eine Feldbatterie neben den sechs Kanonen noch zwei Haubitzen. Durch die unterschiedliche Schußart waren damit für eine einheitliche Feuerleitung schon Schwierigkeiten vorprogrammiert.

Die Kriegsformationen der Artillerie standen im engen Zusammenhang mit der Ordre de bataille. Die Feldbatterien waren dabei entweder einzelnen Truppenabteilungen, Brigaden oder Divisionen zugeteilt oder als Reserveartillerie beim Armeekorps vereinigt. Bei den preußischen Infanterie-Brigaden befand sich meist eine sechspfündige Fußbatterie, bei der Vorhut und bei der Reservekavallerie eine Reitende Batterie.

 Die beim Armeekorps vereinigten sechs- und zwölfpfündigen Batterien, die Haubitzen und Reitenden Geschütze waren als Reserveartillerie für den geschlossenen Einsatz auf Befehl des Armeebefehlshabers bestimmt. Scharnhorst erläutert den Begriff mit den Worten: »Man muß überhaupt in der Reserve nicht einen Teil der Artillerie, der nicht in Tätigkeit kommt, verstehen, sondern einen Teil, der gebraucht wird, wo es in der Bataille am nützlichsten sein kann.

Die artilleristische Wirkung war aber nur dann genügend groß, wenn die Rohre auf relativ geringe Entfernung und auf ausreichend große Ziele mit mäßiger Feuergeschwindigkeit schossen. Es sollte auch nicht zu früh geschossen werden; beim Sechspfünder nicht über 1200 m, dem Zwölfpfünder nicht über 1350 m und bei Haubitzen nicht über 1500 m. Eine ausreichende Trefferwahrscheinlichkeit erzielte der Sechspfünder erst ab 750 m, der Zwölfpfünder auf 900 m und die Haubitze auf 1050 m, wie Fachleute angaben; doch lag sie beim Schießen gegen Kolonnen viel höher. Da die Artilleristen meistens recht gut im Entfernungsschätzen geübt waren, gab es beim Versuchsschießen mit Sechspfündern auf eine 900 m entfernte Scheibe bei 100 Schuß schon 27 Treffer, auf 750 m schon 36 aber auf 300 m schon 80 Da Kartätschen meist in Gefechtsmomenten zur Anwendung kamen, bei denen wegen überraschender Kavallerieangriffe große Aufregung herrschte, wurde oft schlecht gerichtet, so daß die Wirkung gering blieb. Für die Einleitung und die ersten Gefechtsmomente genügte aber immer der Kugelschuß, später auch das Schrapnell.

Feindliche Batterien sollten schon während ihres Aufmarsches niedergekämpft werden, der eigene Aufmarsch aber möglichst gedeckt sein. Der gefährlichste Gegner feuernder Batterien waren die feindlichen Schützen. Daher sollte man von ihnen mindestens 300 m entfernt bleiben. Weil die Artillerie beim Vormarsch die Bewegungen der anderen Waffen nicht behindern sollte, muß sie wenigstens einen Vorsprung von 110 bis 220 m haben, doch nicht mehr, damit im Falle eines feindlichen Angriffs die Deckungsmannschaften früher zur Stelle sein konnten als der Gegner.


Kanonenbedienung                  

Als zwischen 1830 und 1850 in fast allen Heeren die Infanteriegewehre Perkussionszündung besaßen und gezogene Läufe mit dem Expansionsgeschoß bekamen, stiegen deren wirksame Schußweiten bis auf 750 m. Damit hatte sich das Wertverhältnis Geschütz-Gewehr stark zu Gunsten des Infanteristen verschoben, und es tauchte die Gefahr auf, daß Artillerie gegenüber zerstreut fechtenden Schützen völlig wehrlos sein würde. Folglich mußten neue Lösungen gefunden werden: vor allem durch Vergrößerung der Ladungen, durch den Einsatz noch schwererer Geschütze (leichte Zwölfpfünder) und statt des hier wirkungslosen Kugelschusses durch einen vermehrten Einsatz von Granaten und Schrapnells. Damit waren aber schon alle Möglichkeiten glatter Rohre erschöpft, eine Steigerung konnten nur noch die gezogenen bringen.

Das Zusammenwirken der Waffen in der Feldschlacht

Die Mittel und Möglichkeiten der Kriegführung waren im Zeitalter der Kabinettskriege noch sehr begrenzt, die Heere relativ klein und durch die Art ihrer Ergänzung wie der Ausbildung für den Einsatz in der Lineartaktik Verluste kaum zu ersetzen. Daher konnte das Ziel eines Feldzuges nur begrenzt sein, und man versuchte dies durch Ausmanövrieren des Gegners, Abschneiden seiner Hilfsmittel oder Einnahme einer Festung zu erreichen. Nur wenn es nicht weiterging, ließ sich der Feldherr als letztes Entscheidungsmittel auf eine Schlacht ein.

Im revolutionären Frankreich konnte sich die Kriegführung auf die Kraftquellen der ganzen Nation stützen. So bestand nun die Möglichkeit, den Gegner nicht nur zu ermatten, sondern ganz niederzuringen, ja seine Streitkräfte zu vernichten. Infolge der leichteren Ergänzungsart wuchsen die Heere immer stärker an, das Abstreifen der Fesseln der Magazinversorgung ließ die Operationen zügiger werden, wichtige Voraussetzungen für einen unternehmenden Feldherrn.

Bei mit Feuerwaffen ausgerüsteten Heeren war die Verteidigung die stärkere Kampfform. Der immer ungewisse Ausgang eines Zusammenstoßes ließ sich aber dadurch beeinflussen, daß man den Gegner vorher verunsicherte und schädigte und ihm damit einen Teil seiner Widerstandskraft nahm. Dann hatte der eigene Angriffsstoß mehr Aussicht auf Erfolg. So bestand jede kriegerische Aktion aus einer Vorbereitungsphase und einer Entscheidungsphase mit dem Ziel, den Feind über den Haufen zu werfen oder zum Abzug zu bringen.

Zusammengesetzte Truppenabteilungen

Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts kamen von dem starren Schema der Lineartaktik schon Abweichungen auf, man richtete sich zunehmend nach dem Gelände und schied gelegentlich schwache Reserven aus. Doch gab es auch dann noch keinen ausreichenden Beweggrund, die Armee in Gruppen von größerer operativer Selbständigkeit zu teilen, weil schließlich doch eine geschlossene Schlachtfront verlangt wurde. Ausnahmen machten damals lediglich detachierte Armeegruppen.


            Angriffskolonne

Die Einteilung in Brigaden als größere taktische Einheit der Infanterie findet sich schon seit Beginn des 17. Jahrhunderts. Man verstand darunter drei oder vier unter gleichem Kommando stehende Bataillone. Noch zu Ende des 18. Jahrhunderts gab es in der preußischen Armee im Felde eine Brigadeneinteilung, in der nebeneinanderstehende Bataillone des gleichen Treffens zusammengefaßt waren. Man sprach auch schon von (Armee)-Divisionen, meinte aber vielfach nur den Flügel eines Treffens. Diese Einteilung war nur für den augenblicklichen Bedarf gedacht, und ihre Befehlshaber fungierten demnach nur als Gehilfen des Armeeführers.

Zu einer Brigade gehörte, wie in der Endphase des Siebenjährigen Krieges, gelegentlich noch eine Batterie, damals »Geschützbrigade« genannt, aber noch keine Kavallerie. Auch im königlichen Heere Frankreichs galt schon die Unterteilung des Heeres in Armeedivisionen, die allerdings nur aus einer Waffe bestanden. Nach Ausbruch der Revolution setzte eine neue Entwicklung ein. Die Selbständigkeit des einzelnen Mannes, mit der er sich zum Tiraillieren aus der Einheit löste, übertrug sich auch auf die einzelnen Bataillone sowie noch weiter in die Divisionen. Schon in den Jahren 1794 und 1795 wurden jeweils zwei Halbbrigaden unter einem Brigadegeneral zu einer Brigade und zwei solcher Verbände zu einer Division vereinigt. Zu jeder Division traten noch zwei schwache Reiterregimenter und zwei Batterien. Durch diese Mischung aller drei Waffen entstanden damit feste taktische Verbände, in denen sich gleichsam das Bild der ganzen Armee in kleinerem Rahmen wiederholte und die eine relativ große Angriffs- und Verteidigungskraft besaßen, stets konnte eine Waffe die andere zweckmäßig unterstützen. Eine brauchbare Form im richtigen Waffenverhältnis kristallisierte sich mit der Zeit heraus. Durch diese Einrichtung erhielt die Armee eine Selbständigkeit in allen ihren Teilen, die dem Oberbefehl die Leitung sehr erleichterte. Man brauchte nicht mehr unbedingt die komplizierte, genau ausgeklügelte Marschordnung einer Ordre de bataille der Lineartaktik einzuhalten, damit die Treffen der Armee zusammenkamen. Es war nun gleichgültig, wie die einzelnen Teile abmarschierten; jede Brigade bildete zwei Treffen für sich, die Division schied sogar noch Reserven aus.

Als Brigade bezeichnete man ursprünglich drei bis vier Bataillone der Infanterie, die taktisch gemeinsam befehligt wurden. Da aber Regimenter früher oft nur zwei Bataillone hatten, wurde dieser Begriff später auf zwei Regimenter übertragen. Wie in der Infanterie gab es dann auch Kavalleriebrigaden aus zwei Regimentern. In der Artillerie verstand man unter Brigade zuerst die einer Infanteriebrigade zugeteilte Batterie, dann auch die eigene Batterie Reitender Artillerie, später aber die höhere administrative Einheit, die etwa einem Regiment glich. Nach 1808 nannte man so in Preußen einen aus allen drei Waffen bestehenden taktischen Verband, der in seiner Bedeutung einer Armeedivision entsprach. Im Jahre 1818 wurde hier ebenfalls die Brigade in Division umbenannt. Auch der Begriff Division ist vieldeutig und hat sich stark gewandelt. Grundsätzlich war damit die Unterteilung eines größeren taktischen Körpers bezeichnet. So brauchte man ihn im 18. Jahrhundert für die nächste Unterteilung des Bataillons, in der Regel den vierten Teil aber auch für zwei nebeneinanderstehende Pelotons. Bei den Reitern hießen zwei zusammenstehende Schwadronen Division, so daß davon ein Kavallerieregiment mit sechs Schwadronen drei und eines mit vier Schwadronen zwei besaß. Seit dem Jahre 1796 bezeichnete man auch bei der Reitenden Artillerie die Unterteilungen der Batterie, die Züge als Divisionen. In dem ganzen Zeitraum waren Divisionen also nur relativ kleine Einheiten und bestanden auch nur aus einer einzigen Waffengattung. Als aber die ganze Armee in eine Anzahl kleinerer, aus allen drei Waffen zusammengesetzter Heere geteilt wurde, erhielten auch sie die Bezeichnung Division, die besser Armeedivision heißen müßte.

Die Divisionseinteilung sollte eine ständige Einrichtung werden und auch schon im Frieden bestehen. Nach der Hauptmasse der Truppen unterschieden sich Infanterie-Divisionen und Kavallerie-Divisionen. Bei der Infanterie sollte sie nicht unter 5.000 und nicht über 10.000 Mann stark sein, es wurden ihnen zwischen sechs und zwölf Bataillone zugeteilt, meist waren es neun bis zwölf. Der dritte Teil ihres Fußvolks sollte leichte Infanterie sein. Für die Zuteilung der Divisionskavallerie galt als Faustregel, daß es halb soviel Schwadronen sein sollten wie Bataillone. Für die Divisionsartillerie rechnete man zwei Batterien. Erhielten Divisionen Zusatzaufgaben, zum Beispiel Avantgarde für die Armee zu sein, konnten sie zusätzlich Reiter und eine Reitende Batterie zugeteilt bekommen. Kavallerie-Divisionen bestanden meist aus drei Brigaden schwerer und leichter Reiter, also sechs Regimentern sowie mindestens zwei Batterien Reitender Artillerie. Nicht nur für die ganze Armee, sondern auch für solche kombinierten Truppenabteilungen waren als Normalstellung eine Ordre de bataille notwendig, wenn auch bei der Aufstellung Gelände und sonstige Erfordernisse zu Abweichungen führten. Alle selbständig operierenden Verbände, vereinzelt schon Divisionen, hauptsächlich Armeekorps brauchten eine schlagkräftige Vorhut (Avantgarde) und neben der Hauptmacht (Gros) eine Nachhut (Reserve).

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Ordre de Bataille      

In der Regel teilte man der Vorhut ein Viertel, der Hauptmacht die Hälfte und der Reserve das restliche Viertel der Infanterie zu. In Preußen setzte sich nach den Befreiungskriegen ein Armeekorps aus zwei Infanterie-Divisionen und einer Kavallerie-Division zusammen. So war hier die mögliche Verteilung: in der Avantgarde eine Infanteriebrigade mit sechs Bataillonen, dazu acht Schwadronen Reiter und eine Batterie. Die Hauptmacht bestand aus einer Infanterie-Division mit zwölf Bataillonen, acht Schwadronen und zwei Batterien, die Reserve wieder aus einer Infanteriebrigade zu sechs Bataillonen und einer Batterie, sowie dazu zwölf Schwadronen Reiter mit einer Reitenden Batterie und einer Artilleriereserve von vier Fußbatterien, einer Haubitzbatterie und zwei Reitenden Batterien.

Die großen Erfolge Napoleons zwangen überall zur Nachahmung dieser »französischen Ordonnanz«, also Einteilung in Divisionen und Armeekorps. Französische Divisionen hatten zunächst meist zehn, dann zwölf Bataillone. Die Russen teilten 1807 einer Division zwei Brigaden Infanterie und eine Brigade Jäger (hier leichte Infanterie) sowie je zehn Schwadronen schwere und leichte Reiterei zu. Die Österreicher übernahmen ab 1809 die Divisions- und Armeekorpseinteilung, nachdem sie vorher für jeweils wechselnde Zwecke die sogenannten »Kolonnen«, also für den Marsch zusammengestellte Armeeabteilungen im Gebrauch hatten.

In Preußen gab es ab 1808 als ersten taktischen Verband, der aus allen drei Waffen zusammengesetzt war, die »Brigade«. Diese bestand zunächst aus sieben Bataillonen, acht bis zwölf Schwadronen und zwei Batterien. Durch die Umformung von 1812 sank dann die Zahl der Schwadronen auf sechs, in den Feldzügen von 1813 auf vier und schließlich im Jahre 1815 auf zwei bis drei ab. Durch Hinzutritt der Landwehr wurde im Krieg die Zahl der Bataillone auf neun bis zehn erhöht. Der Überschuß an Reitern und Artillerie kam jeweils zur Korpsreserve. Im Jahre 1818 wurden diese »Brigaden« nun auch zu Divisionen vereinigt und hatten dann einen Friedensstand von zwölf Bataillonen und acht Schwadronen.

Die Feldschlacht in den Kriegen mit der französischen Republik

Als die französische Revolution ausbrach, waren noch alle europäischen Heere, auch das Frankreichs, von der Lineartaktik geprägt, in ihrem Geist erzogen und ausgebildet. In einer Schlacht blieb von vornherein die Art und Richtung des Aufmarsches sowie der Angriffsablauf festgelegt, der Feldherr mußte beides vorauskalkulieren. Das eigentliche Gefecht war dann ein Angriffsstoß oder dessen Abwehr, wobei das Geschehen dem Feldherrn leicht aus den Händen gleiten konnte. Sieg oder Niederlage ergaben sich daraus oft wie von selbst, ein geordneter Rückzug oder eine zielstrebige Verfolgung waren kaum durchzuführen. Das wichtigste Kampfinstrument bildeten die disziplinierten, gut gedrillten und wie eine Maschine schießenden Infanterielinien mit ihrem Massenfeuer. Die Entscheidung brachte meist das erste Treffen, das dahinterstehende zweite sollte nur entstehende Lücken schließen oder Teile des ersten, die sich verschossen hatten, ablösen.

Schon im Jahre 1796 hatten sich zwei verschiedene Formen voll ausgebildet. Einmal die methodische mit einer vorgeschobenen Tirailleurlinie und dahinter zwei Treffen von Bataillonskolonnen, von denen das erste schnell zur Linie übergehen konnte. Im anderen Fall war das erste in Tirailleurschwärme aufgelöst, und das zweite Treffen bildete wenige große Kolonnen aus hintereinanderstehenden Bataillonen, die sich bei Bedarf nebeneinander aufstellten. Diese Form zog man vor, wenn es im Gelände nur wenige gangbare Straßen gab.

So ergaben sich mit der Zeit für die einzelnen Treffen bestimmte Aufgaben: das erste sollte das Gefecht eröffnen, den Gegner hinhalten und schließlich zermürben. Das zweite hatte das erste zu unterstützen, es aufzunehmen und notfalls abzulösen. In diesem Fall sammelte sich das bisherige erste hinter dem zweiten und übernahm nun dessen Funktion. 


    Klumpenbildung der Infanterie

Ein drittes Treffen war selbständige Reserve. Mit der Aufstellung und Bewegung der Kolonnen auf dem Gefechtsfeld besaß der alte Treffenbegriff der Lineartaktik grundsätzlich keine Gültigkeit mehr. Für die einzelnen Gefechtsabschnitte entscheidend wurden Wendigkeit und Beweglichkeit der rückwärts in Kolonnen stehenden Reserven. Im engen Zusammenhang mit der Infanterie mußte die den Divisionen zugeteilte Artillerie und Kavallerie wirken.

Die Regimentsartillerie war abgeschafft, somit hatten die Geschütze ihre zu enge Bindung an die Infanterieeinheiten verloren. In kleinen beweglichen Batterien zusammengefaßt, überraschend vor der Front, in den Zwischenräumen der Kolonnen oder auf den Flügeln stehend, richteten sie ihr Feuer auf schwache Stellen des Gegners, massiert auf den vorgesehenen Zielpunkt des Infanterieangriffs. In der Abwehr eines feindlichen Angriffs ersetzten sie durch ihre Feuerkraft das Massenfeuer geübter Linieninfanterie. Je länger ein Geschütz im Feuer stehen bleiben konnte, ohne die Bewegungen der beiden anderen Waffen zu behindern, um so besser war es aufgestellt und desto mehr konnte es nützen. Bestand vorher keine genügende Klarheit über die Verwendung des Geschützes, beorderte man die Divisionsartillerie zunächst in die Mitte des dritten Treffens, von dort lag der Weg zum möglichen Einsatzort am günstigsten.

Die Kavallerie hatte das Gefecht vorzubereiten, also feindliche Vorposten aufzuspüren und zurückzudrängen, um den Gegner zu zwingen, stärkere Kräfte zu entfalten. Zu Beginn sollte sie möglichst in Kolonne in der Mitte des hinteren Treffens stehen, den Blicken des Feindes entzogen aber doch nahe genug an der Infanterie. War ein Hügel der Division nicht an einen Nachbarn angelehnt, war dort ihr Platz in Kolonne hinter dem Flügelbataillon des zweiten Treffens. Bei dieser Stellung konnte sie wegen ihrer großen Beweglichkeit dennoch leicht überall hin gelangen. Die Hauptaufgabe der Divisionskavallerie war zu beschützen. Stand sie bereit, konnte die eigene Infanterie mehr wagen und der Gegner mußte vorsichtiger sein; er hatte sich um seine Flanken zu sorgen, und seine Plänkler hielten sich zurück. 

Floh die feindliche Infanterie, kam die große Stunde der Reiterei, um den Sieg voll auszunutzen, nur sie war zur Verfolgung imstande. In jedem Falle war es von Vorteil, wenn Reiter- und Artillerieführer sich vorher mit dem Gelände vertraut machen konnten.


Schwadron in Linie                     

Die Feldschlacht der napoleonischen Zeit

Die in den Revolutionskriegen entstandenen neuen taktischen Formen erhielten in den napoleonischen Kriegen ihren Abschluß, der den Schlachten dieser Zeit das bestimmte Gepräge gab. Sie waren nun von vornherein nicht mehr auf einen kurzen Gewaltstoß angelegt, sondern auf ein langsames Verzehren der Kräfte, bei dem man erst dann zum letzten Stoß ansetzte, wenn der Gegner mit seinen Mitteln und Reseryen fertig war. Napoleon hat dieses System zu voller Blüte gebracht. Seine Feldherrnkunst, seine sich stets steigernden Machtmittel und die Möglichkeit, als Herrscher und Feldherr gleichzeitig zu handeln, gaben ihm solange ein Übergewicht, bis sich auch seine Gegner auf etwa gleicher Höhe der kriegerischen Einrichtungen und Kriegskunst befanden.

Die französische Art, sich aufzustellen, wurde mit der Zeit auch von den übrigen Mächten nachgeahmt und mehr oder weniger glücklich gebraucht. Am markantesten zeigt es das preußische Beispiel, bei dem die Aufstellung einer Brigade etwa der einer französischen Division vergleichbar blieb. Die schon im Jahre 1809 erlassene Instruktion beruhte auf den Kriegserfahrungen der Jahre 1806/07. Die festgesetzte Aufstellung in sechs Staffeln hintereinander galt sowohl für den Aufmarsch zum Gefecht als auch für das Lagern. In der ersten Staffel standen die aus den Füsilierbataillonen gebildete Avantgarde, 150 Schritt dahinter das erste Treffen aus drei nebeneinanderstehenden Musketierbataillonen, wieder in gleicher Entfernung dahinter das zweite Treffen aus einem Musketier- und dem Grenadierbataillon.


               Reitergefecht

Ebenfalls 150 Schritt dahinter stand als fünfte Staffel das Kavallerietreffen, davor im Zwischenraum als vierte die Fußbatterie, zuletzt folgte als sechste die Reitende Batterie, die ja möglichst lange in Reserve bleiben sollte, um überraschend zur Entscheidung beizutragen. Aufgabe der Füsiliere war, die Angriffskolonnen der beiden Treffen zu maskieren und vor feindlichen Plänklern abzuschirmen. Von dieser schematisch wirkenden Aufstellung sollte aber abgewichen werden, wenn es das Gelände oder die Umstände erforderten. Vor allem galt es die Truppen solange wie möglich verdeckt zu halten. Für diesen Brigadeverband waren für Angriff und Verteidigung Bestimmungen gegeben worden.

Es sollte von den Umständen abhängen, ob das Gefecht durch Infanterie oder Kavallerie eröffnet wurde. Angriffen mit einer Kavallerielinie hatten grundsätzlich hinter den Flügeln Kolonnen in Zügen zu folgen, um Schutz gegen einen feindlichen Flankenangriff zu bieten, aber auch um schnell in die feindliche Flanke zu fallen. Das Infanteriegefecht eröffneten die Schützenlinien der Füsiliere, doch waren, wie bei den Musketieren, nur die dritten Glieder dazu bestimmt. Ein Rückhalt mußte unbedingt stehen bleiben. Konnten die Füsiliere dem Feind nicht mehr standhalten, ging das erste Treffen vor, und die Füsiliere zogen sich zurück. Sie formierten an den Flügeln des zweiten Treffens Kolonnen. Dann mußte der Kommandeur entscheiden, ob sie mit dem zweiten Treffen in Kolonne oder entwickelt vorgehen sollten. Zum Bajonettangriff gingen die drei Bataillone des ersten Treffens vor, ihre Schützen kurz davor und auch in den Zwischenräumen.

Für die Artillerie war kein fester Platz vorgesehen. Meist stellte man beim Angriff je eine Halbbatterie an die Flügel des ersten Treffens. Zum eigentlichen Geschützkampf war die Fußbatterie bestimmt, die Reitende Batterie für überraschenden Einsatz. Zur Abwehr von Massenstößen der französischen Reiterei sollten alle Bataillone in vollen Karrees schachbrettartig auf ihrem Platz stehen, die Geschütze in den Zwischenräumen der Bataillonsmassen. Die Reiter der Brigade hatten bei einem Angriff feindlicher Kavallerie diesen entweder hinter der Infanterie abzuwarten oder, falls sie nicht unterlegen waren, diesen zu attackieren. In der Regel blieben sie aber stehen, bis die feindliche Reiterei durch das Feuer der Infanterie und der Geschütze schon gelitten hatte. Dann erst griffen sie an. Hierfür sollten die beiden Flügelregimenter dienen, die an der Front der Infanterie schwadronweise einzuschwenken hatten. Das in Kolonne haltende mittlere Regiment konnte bei Bedarf mit eingesetzt werden. Es ging dann in Zugkolonne durch die Bataillonszwischenräume und entwickelte sich durch Aufmarsch nach beiden Seiten.

In den Kriegen mit Frankreich wurde diese preußische Brigadeaufstellung durch einige Landwehrbataillone verstärkt, so daß sie in etwa einer französischen Division entsprach. Aufbau und Gefechtsschema übernahmen in ähnlicher Form auch die anderen Mächte. So war im Gegensatz zur leicht durchstoßenden linearen Aufstellung überall eine starke Gliederung nach der Tiefe entstanden. Das ergab einen besseren Schutz der Flanken und den Vorteil, daß die Kräfte nach und nach den Umständen entsprechend eingesetzt werden konnten. Man erlangte damit eine relativ große Widerstandskraft, die bei einer normalen Division von acht bis zwölf Bataillonen, sechs bis acht Schwadronen und der zugehörigen Artillerie, also 8.000 bis 10.000 Mann selbst gegen einen bedeutend überlegenen Gegner drei bis vier Stunden andauerte.


Angriff preußischer Truppen          

In der nachfolgenden Friedenszeit wurde die in den Kriegen entwickelte Taktik und das bewährte Zusammenwirken der Waffen überall im wesentlichen beibehalten. Als notwendige Folge des neuen Wehrsystems setzte sich der größte Teil eines jeden Heeres aus Infanterie zusammen. Dem Namen nach gab es eine leichte und eine schwere Infanterie, tatsächlich konnte man aber nur die Jägertruppen in Deutschland und Österreich sowie dessen Grenzer als leichte bezeichnen. Allgemein wurde auch bei der Infanterie das Schützengefecht geübt, dieses durch Hornsignale geleitet und besondere Methoden probiert. Mit der Einführung der Perkussionszündung blieb das Feuergefecht weitgehend vom Wetter unabhängig. Die zuletzt eingeführten gezogenen Gewehre mit dem Expansionsgeschoß gaben dann der Infanterie durch größere Schußweiten und Treffähigkeit eine gesteigerte Bedeutung. Die Taktiker versuchten die großen Bataillonskolonnen in kleinere Einheiten, die Kompaniekolonnen zu zerlegen. Diese konnten entweder aus drei zweigliedrigen hintereinander stehenden Zügen oder aus sechs zweigliedrigen Halbzügen bestehen. Auf diese Weise entstanden aus einem Bataillon vier Kolonnen. Die beiden mittleren wurden oft zusammengeschoben und bildeten das zweite Treffen. Die Flügelkompanien zog man dann als eigentliches Gefechtstreffen vor. Im Falle nötiger Verstärkung ging auch die dritte Kompanie vor, die vierte blieb als Reserve. Solche Kompaniekolonnen gab es als Notbehelf schon in den Befreiungskriegen. Doch erst um 1840 setzte sich die Erkenntnis durch, daß auch sie eine taktische Einheit sein konnten. Im Krieg Schleswig-Holsteins mit den Dänen in den Jahren 1848/50 hießen solche kleinen Abteilungen in Kompaniestärke Zugkolonnen. Sie boten bei der geringen Truppenzahl in dem dortigen zerschnittenen und mit Hecken eingefaßten Gelände viele Vorteile.

   
Bestandteile eines Heeres

Die Kriege zur Zeit Napoleons hatten die Zusammensetzung der Streitkräfte zwangsläufig verändert. Das Massenheer der Französischen Revolution beruhte auf weitgehender Ausschöpfung der nationalen Ressourcen, was den Anteil der Infanterie naturgemäß erhöhte. Deren Formationen waren relativ leicht aufzubringen, auszurüsten, auszubilden und zu versorgen. Die neue Kolonnen- und Tirailleurtaktik ermöglichte bewegliche Gefechtsführung auch im bedeckten Gelände. Demgegenüber mußte der Jahrtausende alte Wettstreit zwischen Reiter und Fußkämpfer nun endgültig zuungunsten der Schlachtenkavallerie enden, wenngleich der massierte Attackeneinsatz durchaus noch zum taktischen Instrumentarium gehörte und im weiträumigen Bewegungskrieg die operative Aufklärung berittener Divisionen ihre Rolle zu spielen begann. 


Kolonne mit vorgezogenen Schützen

Dennoch hatte sich die Stärke der Kavallerie im Vergleich zu den stehenden Heeren der vorangegangenen Epoche verringert. In der Regel diente die Zahl der vorhandenen Infanterieeinheiten als Berechnungsgrundlage: für jedes Bataillon galt eine Schwadron, also ein Sechstel, als hinreichend. Sobald dann in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts die sensationelle Feuerwirkung der Pulverwaffen die große Umrüstung vorantrieb, blieb für den klassischen Reiterkampf auf dem Schlachtfelde immer weniger Raum.

Die Infanterie
Mit zunehmender Bedeutung des Feuerkampfes stieg die Wichtigkeit der Infanterie. Überall dort, wo Soldaten stürmen und schießen konnten, im Fern- wie auch im Nahkampf war ihr Platz. Ob geschlossen in Linie und Kolonne oder in zerstreuter Ordnung vermochte sie das jeweilige Gelände mit seinen Höhen und Vertiefungen, seinem Bewuchs und den Baulichkeiten als Deckung zu nehmen.

In Preußen bestand ohnehin in jeder Einheit das jeweilige dritte Glied aus den gewandtesten und besten Schützen und war speziell für das Feuergefecht vorgesehen. Mit allgemeiner Einführung gezogener Läufe glichen sich die Leistungen der Gewehre an; größere Treffähigkeit und Schußweite erzwangen eine verbesserte 5chießausbildung. Für die Rekrutenausbildunlg war in Preußen stets der Kompaniechef verantwortlich. Dieser übertrug die Aufgabe einem jungen Offizier, der auch selber lernen sollte. Die Ausgabe der frühen Zündnadelwaffen brachte einen wesentlichen Wandel mit sich. In Preußen erhielten die ersten Füsilier-Bataillone die neuen Gewehre bereits Ende 1848, die letzten erst 1853. Zwei Jahre später war die Waffe in der Hand der gesamten Garde-Infanterie, die Linie mußte noch viel länger warten.

Ein weitaus größeres Gewicht als in der Vergangenheit erhielt eine geregelte Schießausbildung: »Je vollkommener die Feuerwaffe, desto größere Bedeutung gewinnt der Schütze selbst«. Verstärkend trat hinzu, daß das bisher gegen Linie und Kolonne so wirksame Massenfeuer durch die zunehmende Anwendung des zerstreuten Gefechtes zurücktrat. Ein Schütze bot im Gelände nur ein kleines Ziel; um ihn zu treffen, war die Qualität des Einzelschusses, das »Feinfeuer« gefordert. In Preußen hatte man schon seit 1817 das Einzelschießen für alle Kompanieoffiziere, Unteroffiziere und Mannschaften normiert; sie alle schossen nach Scheiben (1,85 m hoch und 1,25 m breit) auf Entfernungen von 50, 100, 150 und 200 Schritt. Die Scheiben trugen vier von der Mitte aus aufgemalte Kreise, der innerste schwarz gehalten, sowie einen dicken senkrechten Mittelstrich. Auf jede Entfernung waren drei Schuß vorgesehen; erst nach Erfüllung der Bedingungen ging es zum nächstweiteren Abstand. Neben dem Schießen auf dem Stand schossen Tirailleure auch im Gelände auf Scheiben. Alle Ergebnisse erscheinen in Schießlisten, gute Schützen erhielten besondere Prämien. Als übliche Schußentfernung für das Tiraillieren galten 150 bis 200 m.

Nicht nur die Schießausbildung, sondern auch körperliche Tüchtigkeit, die Kraft und Ausdauer gab, steigerte das Selbstvertrauen des Soldaten. Wichtiges Mittel waren gymnastische Übungen, Turnen und Bajonettieren. Jede so gewonnene Fertigkeit machte den Mann beim Zusammenprall mit dem Gegner selbstbewußter, vor allem den vereinzelt stehenden Tirailleur, der plötzlich Reitern gegenüberstand. Während das Bajonettieren im Kampf gegen Infanteristen öfter dargestellt ist, blieb ein erfolgversprechendes Vorgehen gegen Reiter weithin unbekannt.


Husar gegen Infanterist             

Die Grundaufstellung geschah in Linie zu drei Gliedern, jedem Mann der Platz vorgeschrieben. Meist wurde nach der Größe geordnet; in manchen Armeen, wie auch in Preußen, kamen die gewandtesten Leute und besten Schützen in das dritte Glied. Anderswo faßte man solche Leute in eigenen Kompanien zusammen. Meist war die Kompanie in zwei Züge geteilt, diese wiederum in Sektionen zu 4 bis 6, in unserem Beispiel 5 Rotten. Beim Abmarsch aus der Linie zur Bildung der Marschkolonne schwenkten sie in die befohlene Richtung und setzten sich hintereinander; ein Verfahren, das sich in allen Armeen ähnelte. Auch die Plätze der Offiziere und Unteroffiziere waren genau bestimmt. In der Grundaufstellung bildete der Großteil der Unteroffiziere ein schließendes 4. Glied.

Die taktische Grundformation der Infanterie bildete immer noch das Bataillon. Ursprünglich sollte es ja soviel Soldaten haben, wie sich noch gemeinsam mit der menschlichen Stimme kommandieren ließen. In einer Kolonne zusammengefaßt konnten es dann bis 1200 Mann sein. Im Hinblick auf die immer stärker einsetzende Entwicklung zum zerstreuten Gefecht hin erwies sich das als unpraktisch. So hatten nun die Bataillone in Friedenszeiten je nach den Armeeverhältnissen 400 bis 650 Mann, als Kriegesstärken aber bis an die 1000. In Preußen oder Rußland, doch auch in vielen anderen Heeren waren es 4 Kompanien.

In der Grundaufstellung standen die Kompanien des Bataillons vom rechten Flügel aus nach ihrerer Numerierung nebeneinander. So bestand in einem Regiment aus 3 Bataillonen das 1. aus der 1. bis 4. Kompanie, das II. aus der 5. bis 8. und das III. aus der 9. bis 12. Innerhalb eines jeden Bataillons wurden die einzelnen Züge von 1 bis 8 durchgezählt und behielten ihre Nummer dann grundsätzlich bei allen Veränderungen und Evolutionen. In die Mitte der Bataillonsfront trat die Fahne mit ihrer Begleitung ein, so daß die beiden davon rechts stehenden Kompanien mit den Zügen 1 bis 4 »über der Fahne«, die beiden links stehenden mit den Zügen 5 bis 8 »unter der Fahne« hießen. Das sollte auch später bei der Bildung von Kompaniekolonnen Bedeutung haben. Bei den Kompanien »über der Fahne« rückten die Leute des ersten Zuges hinter den zweiten und formierten 3 zweigliedrig hintereinanderstehende Züge, wovon der letzte als »Schützenzug« aus den ursprünglichen dritten Gliedern der beiden vorderen Zügen bestand. Von den Kompanien »unter der Fahne« geschah dieses entsprechend seitenverkehrt, also hinter den Leuten des ersten Zuges. Als Ausgangsformation des Bataillons zum Gefecht galt die Kolonne nach der Mitte (Angriffskolonne). Diese entstanden dadurch, daß die beiden mittleren Züge (4 und 5) mit der Fahnengruppe stehen blieben und die Flügelzüge dahinterrückten. 


       Linie in Angriffskolonne

Damit formierte sich eine Kolonne, bei der jeweils zwei Kompanien nebeneinander und zwei hintereinander standen. Zwischen zwei Zügen wurde ein doppelter Gliederabstand gelassen. So war die Truppe zur Bereitstellung und vor Antritt einer Bewegung auf engem Raum übersichtlich zusammengehalten; Bewegungen durften mit dieser Aufstellung nur außerhalb des Feuerbereiches geschehen.

Im eigentlichen Gefecht sollten tunlichst alle Waffen zur Wirkung kommen können, was aber nur in Linie, die eine große Feuerstärke ergab, mit allen damit verbundenen Nachteilen möglich war. Deshalb in durchschnittenem Gelände der Versuch, auch die Kompanie als taktische Einheit zu verwenden. Zunächst sollte die Aufteilung in Kompaniekolonnen dem Bataillon die Möglichkeit geben, seine ganze Kraft zu entfalten. Es lagen Erfahrungen vor, wonach die 4 Schützenzüge eines Bataillons, erst einmal aufgelöst, kaum mehr lenkbar waren und der zurückbleibende schwache Rest dadurch isoliert stand. Weil daneben auch das Bedürfnis nach einem noch genaueren Abwägen der Kräfte vorherrschte, kam es 1847 zur reglementarischen Einführung der Kompaniekolonne.

Für das einleitende Feuergefecht waren zunächst die Schützenzüge vorgesehen, in der Kompaniekolonne der neugebildete dritte Zug. In der Bataillonskolonne traten die dritten Glieder seitwärts hinaus und formierten die Schützenzüge I bis IV. Zur Bildung der Feuerlinie rückte zunächst die Hälfte der Schützen, bei der Kompanie ein halber Zug, beim Bataillon 2 Züge etwa 100 Schritt vor die Kolonne und sandten auf das Kommando:

»Schwärmen!« ein oder zwei Sektionen nochmals 150 Schritt (1 Schritt = 75cm) vor. Damit entstand anfänglich eine lange Schützenkette, bei der die beiden Leute, die in der geschlossenen Ordnung eng miteinander verbunden eine Rotte bildeten, zusammenwirken sollten und einer den anderen mit fertiggemachter Waffe während des Ladens zu decken hatte. Die Schützen sollten die dahinter stehende Kolonne nach Möglichkeit abdecken. Mit den größeren Schußweiten der gezogenen Gewehre wurden für alle geltende Zielangaben und Visiereinstellungen eine Beobachtung der Feuerwirkung notwendig, und die zu einer Sektion gehörenden Schützen hatten ihrem Führer nahe zu bleiben. Daher fand zur Verstärkung der Feuerlinie nun nicht mehr ein gleichmäßiges Verteilen, sondern entweder ein Einschieben oder Verlängern durch ganze Gruppen unter ihrem Führer statt. Alle Mann waren angewiesen, die Deckungsmöglichkeiten zu nutzen. Mit dem Zündnadelgewehr als Hinterlader sollten die Schützen im Knieen, Sitzen, ja im Liegen laden und schießen können und dabei jeden geeigneten Gegenstand als Gewehrauflage nehmen. Wenn weitere Sektionen zur Verstärkung in die Linie nachrückten.

War der Angriff durch Schützen genügend vorbereitet, ging das Bataillon vor. Näherte es sich der eigenen Feuerlinie, erfolgte das Kommando: »Zur Attacke — Gewehr rechts!«. Dann mußten die Schützen die Front frei machen und sich beidseitig dem Bataillon anhängen. Auch aus der Linie konnten Schützenzüge in gleicher Art entstehen. Dann stand das Bataillon in zwei Gliedern, die Schützenzüge 7 Schritt hinter den Flügelzügen, auf das Signal: »Schwärmen!« rückten die Schützen vor. Bei überraschenden Kavallerieangriffen zogen sie sich zu Klumpen oder Knäuel zusammen, nach Möglichkeit aber in das Bataillon, das ein Karree bildete, welches im wesentlichen der Kolonne nach der Mitte entsprach.


Bildung einer Schützenlinie             

Der nun immer bedeutsamer werdende Einsatz der gezogenen Infanteriewaffen führte dazu, daß die praktische Entwicklung der Taktik oft den bestehenden Reglements vorausging. Die neuen Feuerwaffen forderten geradezu den verstärkten Einsatz aufgelöster Kräfte nach dem Ermessen des jeweiligen Führers, wobei Selbsttätigkeit, Entschlußfähigkeit und Handeln nach eigener Verantwortung gefördert werden mußte. Doch herrschte allgemein das Bestreben, die Reglements mit den taktischen Erfordernissen in Einklang zu bringen.

Das offensive Element, das seit der Einführung gezogener Gewehre etwas gelitten hatte, kam wieder zur Geltung. So wurde der Angriff im Laufschritt vorgesehen und mehr Schützen als bisher sollten sich auflösen. In Preußen arbeitete man jedoch auch gleichzeitig die Stärken des Hinterladers heraus: das waren neben dem feinen und sicheren Schießen vor allem das gut gerichtete schnelle Massenfeuer. Wenn auch in ungeübten Truppen die Gefahr des Verschießens bestand, zeigte es sich doch, daß diese durch richtige Feuertaktik und Feuerdisziplin zu beherrschen war. Die Überlegenheit über die Minié-Waffen lag nicht in Schußweiten oder Treffsicherheit, sondern in der Möglichkeit, bei Bedarf dreimal schneller zu feuern und auch im Liegen zu laden.

Angesichts der neuen Infanteriebewaffnung war Moltke schon 1858 für eine notwendige Änderung der Taktik durch Angriff in Kompaniekolonnen und der Entscheidungssuche im Feuerkampf sowie die Einführung gezogener Hinterladungsgeschütze eingetreten. Im Jahre 1865 stellte er dann fest, daß jede Verbesserung der Schußwaffen in erster Linie der taktischen Verteidigung zugute kommen muß. Bei der »wirksamen Entfernung« sei die Effektivität des Infanteriefeuers so, daß jedes Vorgehen zum Angriff Erfolg verspreche, wenn es gelingt, diesen Abstand zu erreichen. Das heißt: die Verluste des Gegners würden ihn vermutlich bewegen, den Angriff nicht anzunehmen. Die Aufgabe wäre dann das Heranführen der Infanterie unter Ausnutzung des Geländes auf wirksame Entfernung und mit Artillerieunterstützung.


               Bataillonslinie

Bei den Bataillonskolonnen des 1.Treffens wurden nun allmählich die hinten stehenden Flügelkompanien in Kompaniekolonnen seitwärts (als Vortreffen) vorgezogen. Der Rest bildete mit der Fahnengruppe in der Mitte ein zentrales Halbbataillon. So kam es in der Praxis ab 1866 nicht mehr zum vorgesehenen Durchstoßen der Front mit Bataillonskolonnen des 2. Treffens, sondern zur Auflösung ganzer Kompanien und Bataillone in Schützenschwärme. Im Kriege von 1866 tauchten in größerem Umfange Halbbataillone mit vorgezogenen Flügelkompanien, aber auch nur Kompaniekolonnen auf. 

Die Ausnutzung der Feuerwirkung in rechter Verbindung mit dem Vorgehen trug wesentlich zu den preußischen Erfolgen bei; man fand in der Praxis, recht frei vom bestehenden Reglement, instinktmäßig die richtigen Mittel. Die Gefechtsrelationen zeigen, daß das Feuer gewöhnlich auf etwa 225 m eröffnet und die Wirkung größer wurde, je geringer der Abstand war. Die Angriffe der Österreicher scheiterten meist zwischen 80 und 120 m vor den preußischen Linien. Häufig konnten die kleinen preußischen Kompaniekolonnen durch Einschwenken ein recht wirksames Flankenfeuer gegen die feindliche Masse abgeben.

Das Ausland sah die preußische Überlegenheit über die Österreicher vorwiegend in der Bewaffnung und der Infanterietaktik. Frankreich beschloß noch im gleichen Jahr die Einführung eines modernen Hinterladers und suchte dafür eine neue Taktik zu finden. Das Hauptbestreben ging dahin, mehr als in der Vergangenheit die Schützenmassen in der Hand zu behalten sowie die Überlegenheit der neuen Waffe, die gegenüber dem alten preußischen Gewehr auf das Doppelte gesteigerte Reichweite, auszunutzen. Doch klammerte man sich dabei an die Defensive und eröffnete schon auf große Entfernungen das Massenfeuer. Ein Verfahren, das in den ersten Kriegswochen auf deutscher Seite viele unnötige Opfer forderte, weil auch dort die neuen Forderungen noch kein Allgemeingut waren.  Dann aber lösten die Deutschen schon auf größere Entfernungen ihre Kompaniekolonnen auf und suchten in Schützenschwärmen auf Schußweite an den Gegner heranzukommen, wo dann die bessere Schießausbildung ihre Früchte trug. Größere Entscheidungen führten aber nur Umfassungen und flankierendes Feuer herbei, direkte Bajonettangriffe gelangen fast nie.

Die Brigade bestand aus 6 Bataillonen, also 2 Regimentern. Während der Versammlung standen jeweils 3 Bataillone in geschlossener Zugkolonne oder in Angriffskolonne in 2 Treffen hintereinander, ihr Abstand betrug 30 Schritt, der Bataillonszwischenraum 20 Schritt. Im zweiten Treffen befand sich das ältere Regiment, die Fahnen der hintereinander stehenden Bataillone sollten in einer Richtung stehen. Bei Brigaden, die zusammen den Großverband einer Divisionsformation bildeten, mußten sich die Füsilierbataillone auf die Außenflügel stellen.

Sollte sich nun eine Brigade entwickeln, konnte dieses auf der eingenommenen Grundlinie, nach vorwärts oder rückwärts geschehen. Dann zogen sich die in Angriffskolonne stehenden Bataillone auf den ganzen Abstand mit dem zu ihrer Entwicklung notwendigen Raum so auseinander, daß die Bataillone des 2. Treffens jeweils genau in der Lücke des vorderen standen. Für diese Bewegung bestimmte der Kommandeur ein Bataillon als Richtungspunkt. Bildete die einzelne Brigade 3 Treffen, stand nur ein Bataillon vorn.


Feuerlinie                           

So konnte auch nur dieses zur Vorhut entwickelt werden, in der Regel die beiden mittleren Kompanien als Halbbataillon, die anderen seitwärts vorgezogen. Sollte mit Angriffskolonnen vorgegangen werden, wurden vor dem Antreten im ersten Treffen die Flügelkompanien vorgezogen und daraus die Schützenlinie gebildet.

Die Kavallerie
Der Unterschied zwischen administrativer und taktischer Einheit war bei der Reiterei mittlerweile geschwunden. Die Schwadron, damals Eskadron genannt, bildete die kleinere, das Regiment die größere Grundeinheit. Zu einer Schwadron gehörten je nach Armeeorganisation und vorgesehenen Friedens- bzw. Kriegsstärken zwischen 120 und 180 Reiter, in Preußen etwa 150. Jede Schwadron befehligte ein Rittmeister, dem vier oder fünf Offiziere zu Seite standen, und der allein für den Leistungsstand und die Ausrüstung von Pferd und Mann verantwortlich war.

In Linie stand die Schwadron nur noch zweigliedrig; sie teilte sich in 4 Züge, wenn deren Rottenzahl nicht unter 10 sank. Bei der Einteilung der Leute wurden unterschiedliche Rücksichten genommen. In Preußen sollten die besten und entschlossensten Reiter in das erste Glied, an die Flügel besonders aufmerksame Leute, in den zum Flankieren bestimmten 4. Zug, aber die gewandtesten Männer und Schützen mit den ausdauerndsten Pferden genommen werden.

Die größere taktische und ökonomische Einheit bildete das Regiment. Es sollte wegen zu geringer Beweglichkeit nicht zu stark, doch auch nicht zu schwach sein, weil dann die geschlossene Attacke an Wirksamkeit verlor. Weil aber während eines Feldzuges Kommandierungen und kranke Pferde den Bestand schwächten, mußten von vornherein genügend Leute ausrücken. So hatten beispielsweise zu Beginn des Feldzuges im Jahre 1866 die preußischen Schwadronen noch 17 Rotten im Zug, kaum 6 Wochen später bei nicht ins Gewicht fallenden Gefechtsverlusten nur noch 11. Zu einem Regiment gehörten 4 bis 6 Schwadronen. In der preußischen Armee standen die 4 Schwadronen des Regiments in Linie mit 4,5 m Zwischenraum nebeneinander, die Standarte auf dem rechten Flügel der 3. Schwadron.

Wie die Infanterie führte auch die Kavallerie das Gefecht in der geschlossenen und zerstreuten Ordnung. Die Grundformen der geschlossenen Aufstellungen waren Linie und Kolonne. Die Linie diente zum geschlossenen Angriff, der Attacke, aber auch, um feindlicher Artillerie weniger ausgesetzt zu sein. Grundsätzlich behielt die Kavallerie zwischen ihren Abteilungen Zwischenräume, um unvorhergesehenen Hindernissen ausweichen zu können. Bewegungen geschahen meist in Kolonne. Bestand die Möglichkeit, in das Gefecht zu kommen, wurde die Zugkolonne mit der Frontbreite eines Zuges, im Regimentsverband auch mal die Schwadronskolonne eingenommen. Dann spielten die Abstände, die grundsätzlich den jeweiligen Frontbreiten entsprachen, eine wichtige Rolle, um ohne Probleme zur Linie einschwenken zu können. Die wichtigste Form war die Zugkolonne. Sie entstand für den Abmarsch nach einer Seite durch gleichzeitiges Abschwenken aller 4 Züge. Sollte geradeaus gerückt werden, behielt der 1. Zug die Direktion, die anderen schwenkten und setzten sich dann dahinter. Daneben gab es bei der preußischen Kavallerie die sogenannte Halbkolonne als Übergang von Linie in Zugkolonne und umgekehrt. Auf dem Gefechtsfeld wurde am häufigsten die »Schwadronskolonne nach der Front« gebraucht. In diesem Falle befanden sich die 4 Schwadronen in Zugkolonnen mit einem solchen Zwischenraum nebeneinander, daß aus der eingenommenen Formation sofort zur Linie aufmarschiert werden oder, zugweise geschwenkt, eine Schwadronskolonne oder mit Schwenkungen der Züge in die angegebene Richtung eine Linie nach der Flanke hin entstehen konnte.


            Grundstellung in Linie

Die aufgelösten Kampfformen ganzer Einheiten betrafen das Flankiergefecht und die Schwärmattacke. Das Flankieren mit dem Zweck, den Gegner zu beobachten oder ihn an der Einsichtnahme in die eigene Aufstellung zu hindern, war in alter Weise die Aufgabe des 4. Zuges. Dazu hatte er etwa 220 m vor die Schwadronsfront zu rücken und nochmals 150 m die eingeteilten Flankeure vorzusenden. Sie sollten nach den Grundsätzen eines Tirallleurgefechtes mit Karabiner und Büchse vorn Pferderücken aus oder gar abgesessen mit Auflage auf dem Sattel eine lose Schützenkette bilden. Die restlichen Züge blieben als Rückhalt geschlossen halten.

Durch die weitreichenderen Infanteriewaffen verlor diese Kampfform ihre Bedeutung. Zur Schwärmattacke löste sich die ganze Schwadron bis auf einen Zug, in der Regel dem 3., bei dem dann die Standarte blieb, auf und griff in regelloser Form an. Man bediente sich dieser Fechtweise beim Angriff auf Artillerie zur Verfolgung eines fliehenden Gegners oder bloß demonstrativ, um geschlossener Infanterie das Feuer abzulocken.

Die Schnelligkeit des Pferdes und die damit verbundene Wucht ließ sich nur mit der blanken Waffe ausnutzen. Daher wurde als Krönung der geschlossenen Kampfweise die Attacke betrachtet, deren letzte entscheidende Phase Chok hieß. Er mußte kraftvoll, nachdrücklich und damit unwiderstehlich wirken, was nur in geschlossener Linie und mit noch unausgepumpten Pferden zu erreichen war. Beim Anreiten sollte mit wachsender Schnelligkeit nach den ersten 400 m im Trab auf etwa 150 m in den Galopp und dann auf das Kommando: »Marsch-Marsch!« für die letzten 75 m in Karriere übergegangen werden. Dann hatten die Pferde so schnell zu laufen, wie sie es vermochten, die Reiter ihre Pallasche und Säbel in Auslage zu bringen und das erste Glied der Ulanen ihre Lanzen waagerecht zu fällen. Nur geübte Kavalleristen konnten dabei noch in geschlossener Front reiten. Am empfindlichsten waren bei einer solchen Linie die Flanken. Daher sollten sie grundsätzlich durch dahinter stehende Einheiten abgesichert bleiben. Nahm der Gegner die Attacke nicht an, war es möglich, ilm nur mit einem Teil (ein Zug der Schwadron, eine Schwadron des Regiments) durch Ausfallen verfolgen zu lassen. Die Hauptmasse rückte geschlossen im Trabe nach, denn nach jeder Attacke geriet auch siegreiche Reiterei in Unordnung und wurde dadurch hilflos. Folglich mußte, in der Regel auf die Standartenrotte hin, sofort gesammelt werden, erst dann galt die Kavallerie als wieder verwendbar. Die reglementarisch größte taktische Einheit bildete die aus 2 bis 4 Regimentern bestehende Brigade, die sich für das Gefecht in Treffen gliederte.

Der Aufmarsch in Linie geschah meist erst dann, wenn die Attackenrichtung feststand. Gleichzeitig zog sich das nächste Treffen zur Schwadronskolonne zur Front auseinander, um leichter die Linie bilden zu können. Mit zunehmender Wirksamkeit der Feuerwaffen verlor auch die Attacke ihre frühere überragende Bedeutung, auch wenn die überwiegende Zahl der Kavallerieführer es nicht wahrhaben wollte und noch lange von der Vorstellung großer, geschlossener Reiterangriffe träumte. Die gesteigerte Schußweite verlangte größere Abstände und damit längere Anreitstrecken, was erhöhte Anforderungen an die taktische Umsicht der Führer und dem Atem der Pferde stellte. 


geschlossene Kavallerieattacke      

Der Entschluß zum Angriff hing immer von einer sich augenblicklich gestaltenden und niemals lange vorherzusehenden Lage ab, die der jeweilige Reiterführer sofort ausnutzen mußte. Weil aber seine stolze Truppe während einer Attacke praktisch ganz zur Zielscheibe wurde, schienen solche Unternehmungen aus der Tiefe heraus nun hoffnungslos. Sie versprachen nur dann Erfolg, wenn sie seitwärts auf die feindliche Flanke trafen, deren Front mit anderen ebenbürtigen Kräften beschäftigt war, oder aber die eigenen Feuerfronten beim Gegner offensichtlich Wirkung zeigten.

Nach ihrer beabsichtigten Verwendung waren Reiter zwei Bereichen zuzuordnen. Als sogenannte »Reservekavallerie« unterstanden sie nur der Verfügungsgewalt des Feldherrn und blieben in der Regel zu Kavalleriedivisionen zusammengefaßt. Für Entscheidungskämpfe konnten sie Großverbänden (Armeen bzw. Armeekorps) zugeteilt, hinter deren Front oder auf den Flügeln zum Masseneinsatz bereitstehen, doch auch selbständige Operationsaufgaben erhalten. Die meist in Regimentsstärke dem Befehl der einzelnen Infanteriekommandeure unterstellten Einheiten hießen Divisionskavallerie. Sie hatten in erste Linie »Auge« ihres Verbandes zu sein, also die Aufklärung und Sicherung zu übernehmen sowie die notwendigen Verbindungen aufrecht zu erhalten. Diese Aufgaben galten als vorrangig, Attacken konnten lediglich lokale Wirkungen haben. Neben der Fernaufklärung hatte die Kavallerie auch die Verbindungen des Gegners zu stören, wozu die neuen Verkehrs- und Nachrichtenmittel gehörten.

Artillerie
Die Reitende Artillerie besaß stets schon in Friedenszeiten einen Teil der Bespannung; denn ihrem Wesen nach stand allein das Prinzip der Beweglichkeit voran. In der Praxis zählte ihre Fähigkeit, außerhalb des Gefechtsfeldes schneller zu marschieren; ihr taktischer Einsatz entsprach dem der anderen Batterien. Erst im zweiten Viertel des vorigen Jahrhunderts reifte die Überzeugung, daß sie wie die Kavallerie eine Angriffswaffe zu sein hätte, die in einem Gefecht durch rücksichtsloses Heranfahren auf Katätschschußweite Entscheidungen herbeiführen sollte. Ein Verfahren, das gegenüber haltender Kavallerie oder einer mit dem glatten Gewehr bewaffneten Infanteriekolonne Erfolg versprach. Gegenüber gesteigerten Schußweiten der gezogenen Gewehre erwiesen sich die von der Reitenden Artillerie geführten glatten sechspfündigen Kanonen als ganz unwirksame Waffe; selbst der neue kurze Zwölfpfünder konnte keinen Wandel schaffen. Der eigentliche Erfolg dieser Auseinandersetzungen lag für die gesamte Feldartillerie darin, daß ein eifriges Streben nach gründlicher Einzelausbildung einsetzte und das Gefühl für gewandtes Manövrieren sowie das Verständnis für offensives Verhalten wuchs.


Kanone beim Marsch

Für die Wahl einer Feuerstellung schälte sich heraus, daß in erster Linie auf mögliche Feuerwirkung, dann erst auf Deckung zu achten wäre. Geeignet sind flache, doch beherrschende Hügel, die einen ebenen Geschützstand gewährleisten. Als günstig für die Verteidigung, aber schlecht für weiteres Vorgehen galten weiches, durchschnittenes Vorgelände und Flanken. Auffällige Landmarken sollten vermieden werden und die Stellung eine gute Abfahrt und Verbindung mit der Wagenstaffel erlauben. Während Artillerie zunächst noch vorzugsweise die Geschütze des Gegners zum Schweigen zu bringen suchte, hatte sie nun dessen Infanterie und Kavallerie zum Ziel zu nehmen, solange sie Gefahr bedeuteten. Dabei mußte sie im Falle wirksamer Schußmöglichkeiten bis zuletzt ausharren; ein vorzeitiges Abfahren der Geschütze galt als Schande, ihr Verlust wurde nach der Devise riskiert: »Ein Geschütz ist keine Fahne.« Die Bekämpfung feindlicher Artillerie trat damit erst an die zweite Stelle. Ob nun das Feuer auf dem rechten oder linken Flügel begann, hing wegen der Qualmwolke von der Windrichtung ab, abgesehen von taktischen Erfordernissen.

Während die älteren glatten Rohre der Feldartillerie nur bis etwa 1000 m wirksam waren, reichten deren Schußweiten an die 1500 m. Die gezogenen Rohre, ob Vorderlader oder Hinterlader gestatteten Schüsse bis etwa 3800 m. Meist wurde erst auf 1500 m das Feuer eröffnet, auf größere Entfernungen nur, wenn wichtige Punkte oder erkannte Truppenanhäufungen beschossen werden sollten. Noch für 1866 bescheinigte ein Augenzeuge dem Feuer über 1800 m wenig Wirksamkeit. So gab es zunächst wenig Anhaltspunkte für die Verwendung der neuen Geschütze, doch ließ sich sagen, daß aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit zwischen 750 und 900 m die besten, bis zu 1800 m noch brauchbare Wirkungen zu erwarten waren. Die nun größeren Reichweiten gaben auch bei der Wahl einer Feuerstellung mehr Freiheiten. Die Geschütze beherrschten von dort größere Flächen und vermochten dadurch, ihr Feuer auf bestimmte Punkte zu vereinen.

Im böhmischen Feldzug standen auf österreichischer Seite mit 776 gezogenen Feldgeschützen 474 gezogene und 318 glatte Rohre der Preußen gegenüber. Im Mainfeldzug führten die verbündeten Süddeutschen 174 gezogene und 172 glatte gegen 42 gezogene und 36 glatte der Preußen ins Feld. Man glaubte, daß die glatten Rohre noch wenigstens eine Rolle bei der Reitenden Artillerie oder im Nahkampf übernehmen könnten. Als Ergebnis zeigte sich jedoch eine gänzliche Ohnmacht der glatten im Kampf mit gezogenen Geschützen. 

Die neuen preußischen hatten in Böhmen im Durchschnitt 57, die alten glatten nur 11 Schuß abgegeben, wovon die meisten ohnehin kaum in das Gefecht gelangt sind. Demgegenüber stand die Tatsache, daß die Masse der 187 von den Österreichern bei Königgrätz verlorenen Geschütze allein durch Infanterie genommen wurde. Ihr Schicksal war besiegelt, wenn die Schützen auf Gewehrschußweite herankamen. Diese Erfolge erzielte die Infanterie in jenem besonderen Falle ohne kräftige Artilleriewirkung, denn die Batterien waren entweder verzettelt eingesetzt oder standen noch zu weit rückwärts. Die hieraus gewonnenen Erfahrungen führten zu einer anderen Konzeption, der zeitgerechten Forderung eines kräftigen, massenweisen Feuerns. Da die Fechtweise der Artillerie im Gegensatz zur Infanterie kaum Tiefengliederung kannte, mußte ihre Kampfform die Linie sein.


Artillerielinie                    

Zu ihrer Bildung wurde es teilweise nötig, weitere Kräfte in die Geschützlinie einzufahren. Das brachte, wenn diese nicht gerade batterieweise verlängert wurde, gewisse Probleme durch Zerreißung von Einheiten, Damit die Artillerie schon in der ersten Gefechtsphase wirken konnte, kam hinter das vordere Bataillon der Vorhut eine Batterie, der Rest der Divisionsartillerie hinter das erste Bataillon der Hauptmacht (Gros). Auch die Korpsartillerie hatte nun beim Gros zu sein; unter allen Umständen vor der Infanteriereserve, weil sie unbedingt früher ins Gefecht eintreten mußte als diese. Demnach sollte die Avantgardeartillerie den Artilleriekampf eröffnen, und sofort durch die Divisonsartillerie verstärkt werden. Mußte das Gros eingreifen, sollte wiederum die Korpsartillerie frühzeitig zur Verstärkung der Divisionsartillerie vorgezogen werden. Die Richtigkeit dieser Überlegungen erwies sich dann schlagend im Kriege von 1870/71. In der Praxis hat die deutsche Artillerie auch schon auf Entfernungen über 2250 m geschossen, die eigentlichen Gefechtentfernungen blieben aber zwischen 1100 und 1900 m. Dabei wurde häufig schon feindliche Artillerie und Infanterie zum Abzug gezwungen oder feindliche Vorstöße abgewiesen. Die Entscheidungen erfolgten jedoch meist zwischen 600 und 1500 m. Unerschütterlich ausharrend, wo sie einmal stand, bildete sie gewissermaßen das Baugerüst der Schlachtordnung, während die französischen Batterien im allgemeinen nur als leicht ersetzbare Streben erschienen.