Die sich verfeinernde Kriegstechnik und die dadurch immer komplizierter
gewordenen Waffenübungen hatten schon in der 1. Hälfte des 17. Jh.
bewirkt, daß im Einklang mit den vorhandenen finanziellen Mitteln
folgende Forderung an die Kriegsherren erhoben wurden:
1. einheitliche Ausrüstung der Soldaten durch
Lieferung gemeinsam gekaufter Waffen;
2. eine gründliche Ausbildung durch ständiges
Exerzieren;
3. die Schaffung beweglicher, taktischer Einheiten
mit gleicher Bewaffnung;
4. die Einsetzung einer neuen Art von Befehlshabern,
den Offizieren und Unteroffizieren, die sowohl die Ausbildung als auch
Führung im Gefecht übernahmen.
Da beide Infanteriearten eine große abstoßende
Wirkung ausübten, eigneten sie sich in erster Linie für die
Verteidigung. Den Angriff übernahmen notgedrungen die Reiter, die nach
schwedischem Vorbild mit blanker Waffe einzuhauen suchten. Inzwischen hatte auch die Erfindung des Bajonettes den
Musketieren die Möglichkeit geboten, auf das Gewehr eine Ersatzpike zu
stecken. Damit besaßen sie die Kombination von Feuer und Stoßwaffe in
eigener Hand. |
spanischer
Reiter
|
Auch wenn die Muskete schon so erleichtert war, daß
sie sich ohne Stützgabel abschießen ließ, brachte eine Unterstützung
doch den Vorteil, daß man ruhig zielen und vor allem länger im Anschlag
zu bleiben vermochte. Zur Unterstützung diente eine stark verkürzte
Pike, die am Schaft einen Haken für die Gewehrauflage trug. Diese
»Schweinsfedern« konnten bei Bedarf in durchlochte Balken zu
Annäherungshindernissen, den »spanischen Reitern« zusammengesteckt
werden.
Etwa gleichzeitig mit dem Verschwinden der Piken war in
den Heeren Europas schließlich doch das bis dahin vorherrschende
Luntenschloß durch das Steinschloß verdrängt worden; ein Prozeß, der
ein ganzes Menschenalter angedauert hatte. Einheitswaffe war nun das mit
einem Bajonett versehene Steinschloßgewehr, die Flinte (franz. fusil).
Daher hieß der Normalinfanterist in fast allen Heeren nun Füsilier.
Ausnahmen gab es nur in wenigen Ländern, so in Preußen, wo man aus
traditionellen Gründen an der alten Bezeichnung Musketier festhielt,
obwohl jetzt auch dieser eine Bajonettflinte führte. Füsilier wurden
hier nur die neuerrichteten Infanterie-Regimenter genannt, an deren
Körpergröße man geringere Anforderungen stellte und die deshalb für
die zweite Linie der Schlachtordnung bestimmt waren. Erst ganz zum Schluß
der Epoche sollte in Preußen dieser Begriff des Füsiliers einen
Bedeutungswandel erleben, als er auf eine neugeschaffene leichte
Infanterie überging, die Elitecharakter erlangte.
Aus der Normalinfanterie spaltete sich eine Sonderform
ab, die Grenadiere. Das waren Männer, die sich freiwillig aus den Reihen
der Musketiere oder Füsiliere meldeten, um die von der Artillerie
bekannten Granaten mit der Hand gegen den Feind zu werfen. Zu dieser auch
für den Werfer gefährlichen Aufgabe brauchte man kräftige und
entschlossene Burschen. Daher ergänzten sich Grenadiere auch niemals aus
neueingestellten Rekruten, sondern aus schon bewährten Soldaten. Zuerst
gab es in jeder Kompanie nur vier bis acht Grenadiere. Sie waren gleich
den anderen ausgerüstet, trugen aber zusätzlich eine große Tasche mit
mehreren Granaten, am Bande her einen metallenen Luntenberger zur Aufnahme
der glimmenden Lunte.
Grenadier 1700 |
Weil beim Ausholen zum Wurf der damals übliche,
breitkrämpige Soldatenhut störte, setzten Grenadiere die im Lager und
beim Bürger übliche Zipfelmütze auf. Um dieser ein mehr militärisches
Aussehen zu geben, verschönerte man sie zuerst durch ein gesticktes, dann
metallenes Schild mit Emblemen oder durch eine Pelzverzierung. Die erste
Art führte zu der im nördlichen, meist protestantischen Europa üblichen
Art mit dem Musterbeispiel Preußen, die zweite zu der in den südlichen,
katholischen Ländern gebräuchlichen Pelzmütze, wie in Österreich und
Frankreich. Nach der Jahrhundertwende zog man in den meisten Heeren die
Grenadiere in eigene Kompanien zusammen. In der Regel hatte jedes
Infanterieregiment zwei solcher Kompanien, die als »Elite« galten und
für wichtige Aufgaben gebraucht wurden. Besonders bevorzugte Truppenteile
konnten ganz aus Grenadieren formiert sein. Als um die Mitte des 18.
Jahrhunderts die Grenadiere schon die Handgranaten abgelegt hatten, blieb
der Name als Ehrenbezeichnung für besonders tapfere Truppenteile
erhalten. |
Eine dauernd bestehende leichte Infanterie erschien
erst, wie schon gesagt, in Preußen nach dem Tode Friedrich des Großen.
Ihre Errichtung ging auf diesen König zurück, der sich eingehend mit den
Erfahrungen aus dem Amerikakrieg befaßt hatte. Die Aufgabe dieser Truppe,
sowohl in der Schlachtlinie zu stehen, aber auch zusätzlich in
aufgelöster Ordnung kämpfen zu können, setzte besondere Fähigkeiten
voraus.
Als kundige Wegweiser und Scharfschützen waren Jäger
und Forstbedienstete gesucht. Zunächst bot man sie in einigen Ländern
nur in besonderen Fällen auf, wenn der Feind das eigene Land bedrohte.
Als aber brandenburgische Truppen im Jahre 1674 zum Reichsheer an den
Rhein gingen, erhielt jede Kompanie einige dieser Jäger und
Scharfschützen mit gezogenen Gewehren, den Büchsen. Deren Aufgabe war,
vorwiegend feindliche Offiziere im Einzelschuß aufs Korn zu nehmen. Erst
ab der Mitte des 18. Jahrhunderts behielt man Jäger ständig im
Militärdienst. Den Anfang machte 1740 Preußen. Die in das Korps
Aufgenommenen erwarben nach abgelegter Dienstzeit die Anwartschaft für
die Einstellung in den staatlichen Forstdienst. Daher entwickelte sich in
ihren Reihen ein besonderer Korpsgeist, verbunden mit Zuverlässigkeit,
der dieser Truppe Elitecharakter verlieh.
Bei der ohnehin nur kurzen wirksamen Schußentfernung
des Gewehrs kam es darauf an, nach dem Abfeuern schnell und gleichzeitig
wieder geladen zu haben, denn sonst war der Schütze wehrlos. Um dieses zu
üben, erhielt das Exerzieren bei stehenden Truppen eine besondere
Bedeutung. Andererseits konnte bei einer Paradevorstellung ein gut und
exakt exerzierender Soldatenverband den Glanz und das Ansehen des
jeweiligen Hofes beachtlich erhöhen.
Es kam weniger auf die
Schnelligkeit, als auf die Genauigkeit und Gleichzeitigkeit der einzelnen
Bewegungen an. Dem einzelnen Soldaten sollte durch eine genaue Zergliederung
der Bewegungen eingeprägt werden, was er bei jedem Handgriff mit seiner
Waffe zu beobachten habe. Der Große Kurfürst von Brandenburg hatte schon 1681
in einem Reskript »es für gut befunden, bei unserer ganzen Armee ein
einerlei Exercitia und Kommando einzuführen«. Damit war der Anstoß zu
allgemeingültigen Exerziervorschriften gegeben, die die Grundlagen der
späteren Reglements bildeten.
|
exerzieren
|
In Preußen erfolgten solche Veränderungen viel
schneller und auch viel einschneidender. Schon zu Beginn des spanischen
Erbfolgekrieges hatte hier Fürst Leopold von Anhalt-Dessau erkannt, daß
der Erfolg eines Infanteriekampfes davon abhänge, daß in kurzer Zeit
möglichst viele Geschosse wirken. Da die ballistische Leistung nicht
gesteigert werden konnte, war das nur durch ein schnelles, exaktes,
gleichmäßiges Laden und Feuern möglich, das bei der erschwerten Sicht
in der Pulverqualmwolke nur durch einen unablässigen, harten Drill
erreicht werden konnte. Zur Unterstützung hat der Dessauer zuerst in
seinem Regiment 1698 den stählernen Ladestock eingeführt. Man brauchte
ihn, um in der gebotenen Eile nicht mehr auf die Gefahr des Zerbrechens
achten zu müssen. Nahezu 70 Jahre später faßte Friedrich der Große aus
dem reichen Schatz seiner Erfahrungen diese Erkenntnis mit den Worten
zusammen: »Die Schlachten werden durch Feuerüberlegenheit gewonnen. Von
den Angriffen gegen feste Stellungen abgesehen, wird die schneller ladende
Infanterie allemal über die langsamer ladende siegen. Die grundlegende
Vorschrift wurde nach Fortentwicklung der Vorläufer das Reglement von
1726.
Zwischen diesem Formalexerzieren und dem
Gefechtsexerzieren, der »Chargierung« bestand ein großer Unterschied.
Mit Exerzierpatronen konnte eine gutgedrillte Mannschaft bis zu sechsmal
in der Minute laden. Daneben gab es Pulverpatronen ohne Kugeln für das
Exerzieren im Feuer. Dabei galten vier bis fünf Schuß als gute Leistung,
mit scharfem Schuß in gemeinsamer Feuerabteilung waren drei Schuß zu
erreichen. Schon Fürst Leopold von Anhalt-Dessau ließ den
Querarm des Dillenbajonetts verlängern, damit ohne Gefahr auch mit
aufgepflanztem Bajonett geladen werden konnte. Vom Jahre 1732 feuerte in
Preußen das erste Glied immer mit aufgesetztem Bajonett, ab 1743 dann
alle Glieder.
Während beim Einüben der Rekruten und den Handgriffen
die Ladebewegungen mit einer Menge von Einzelkommandos gemacht wurden, bis
der Soldat die Sache mechanisch wie ein Uhrwerk und höchster Eile
beherrschte, hörte er in der Chargierung und im Gefecht kein Kommando.
Sofort nach dem Abfeuern des Schusses begann das Laden. Jeder hantierte so
schnell er konnte und schulterte das Gewehr, wenn er fertig war, damit der
Vorgesetzte sah, wann die Abteilung wieder feuerbereit war.
Eine nochmalige Verkürzung dieses Vorganges gab es in
Preußen nach der Einführung des zylindrischen Ladestockes, dessen beide
Enden gleich stark waren. Damit fiel das zweimalige Wenden des Stockes
weg. Als nach 1780 die Zündlöcher konisch erweitert wurden, unterblieb
auch das besondere Aufschütten des Pulvers auf die Zündpfanne, weil
dieses beim Laden von selbst aus dem Lauf in die Pfanne rieseln konnte. Während in Preußen auch die alten Soldaten täglich
exerzierten, forderte man dieses in Österreich nur einmal wöchentlich,
in den Sommermonaten oder wenn man in zerstreut liegenden Quartieren lag,
gar nur monatlich.
Die Kavallerie
Auch bei den Reitern gab es verschiedene
Waffengattungen. Ursprünglich bezeichnete man als Kavallerie nur die
Reiter, die aufgrund ihrer Ausbildung in geschlossener Formation zu
fechten vermochten. Man rechnete im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts
dazu die Lanzierer, die Kürassiere und die Bandelierreiter, auch
Arkebusierreiter genannt. Die Lanzierer und die Kürassiere trugen den
leichten Trabharnisch und waren mit einem kräftigen Reiterdegen und zwei
in einem am Pferd getragenen Halfter steckenden Pistolen versehen. Der
Lanzierer führte zusätzlich eine Lanze und benötigte daher ein
kräftiges Pferd, um dem Stoß Nachdruck zu verleihen. Doch schon um 1630
gab es keine Lanzierer mehr, weil die dafür notwendigen Pferde nicht mehr
zu beschaffen waren. Bandelierreiter saßen von vornherein auf billigeren
Pferden und besaßen als Schutz nur einen Küraß und eine Eisenhaube. Als
Hauptschußwaffe benutzen sie einen im Bandelierhaken hängenden
Radschloßkarabiner, später auch die zur Pferderüstung gehörenden
Pistolen und als Blankwaffe einen kräftigen Degen.
Exerzieren der
Dragoner |
Neben dieser ursprünglichen Kavallerie machte man auf
billigen Pferden auch Fußsoldaten beritten. Diese brauchten die Pferde
nur für den Marsch, zum Gefecht saßen sie stets ab. Eine so berittene
Infanterie bezeichnete man als Dragoner. Organisiert waren sie wie die
Infanterie, hatten daher auch Pikeniere und Musketiere, Trommler statt der
Trompeter und Fahnen statt der Standarten der Reiter. Ein drittes Element waren Reiter, die aus den weiten
Steppen Südosteuropas stammten und eine nur ihnen eigentümliche
Ausrüstung und Kampfesweise kannten. Für einen geschlossenen Angriff
waren sie nicht zu gebrauchen, denn sie ritten leichte, wenn auch flinke
und bedürfnislose Pferde.
|
Ihre Stärke waren Aufspüren des Gegners,
handstreichartige Überfälle und Beutezüge sowie Abschirmung des eigenen
Heeres. Je nach ihrer Herkunft hießen sie Stradioten, Husaren, Panduren
oder auch Kosaken.
Aus diesen drei grundverschiedenen Bestandteilen sollte
sich nun fast unmerklich und in kleinen Schritten eine moderne Kavallerie entwickeln. Zunächst waren die
unterschiedlichen taktischen Aufgaben maßgebend. Bei einer geschlossen
attackierenden Reiterformation entschied über den Erfolg die Wucht, mit
der man auf den Gegner traf. Dafür mußten Pferde stark sein. Wendigkeit
wurde weniger verlangt, denn es genügte, wenn man bei Schwenkungen
geschlossen blieb. Ganz anders waren die Anforderungen bei der anderen Art
der Reiterei. Zu flinken Männern gehörten zähe, schnelle Pferde, die
wendig waren und sich leicht lenken ließen. Hier war die
Hauptvoraussetzung die Befähigung zum Einzelkampf, Grundlage dafür die
völlige Beherrschung des Pferdes. Die Notwendigkeit dieser schnellen
Reiter wurde dahingehend begründet, daß sie mit großer Geschwindigkeit
operieren können. Sie würden den Marsch und das Lager der Armee decken,
Nachrichten von den Bewegungen des Feindes bringen, Hinterhalte aufspüren
und vieles mehr.
So teilte man bald je nach Art der für eine Aufgabe
erforderlichen Pferde die Reiterei in eine schwere und leichte Kavallerie.
Der Hauptteil der neuen schweren Kavallerie entstand aus den
Bandelierreitern. Der Trabharnisch verschwand endgültig, Schutz boten der
Lederkoller und Küraß, eine Zischägge oder wenigstens ein eisernes
Hutkreuz über dem Filzhut. Die Trutzwaffen waren der Karabiner mit dem
Radschloß, später Steinschloß und ein kräftiger Reiterdegen oder
Pallasch. Zur Pferderüstung gehörten Pistolen im Halfter. In Österreich
stellten die so ausgerüsteten Reiter immer noch den Stamm der Reiterei
und behielten den Namen Kürassiere, weil sie die älteste, aus der
Ritterschaft hervorgegangene Reitergattung waren und praktisch ihren
Dienst nur in geschlossener Formation zu Pferde verrichteten. In anderen
Ländern nannte man sie Reuter, Gensdarmen, in Preußen offiziell bis 1786
Regimenter zu Pferde, wenn auch sonst die Bezeichnung Kürassier üblich
war. Ihre Eliten, die oft mit gezogenen Karabinern ausgerüstet waren,
hießen Karabiniers. Während des gesamten 18. Jahrhunderts blieb allen
diesen Reitern die Bezeichnung Kavallerie vorbehalten.
Die Dragoner, als ursprünglich nur berittene
Infanteristen, hatten sich im Laufe der Zeit in fast allen Armeen zu
vollwertigen Kavalleristen entwickelt. Zwar erinnerte noch geraume Zeit
manches an ihre Herkunft, wie die Bezeichnung des Kompaniechefs, der noch
lange Hauptmann oder Kapitän statt Rittmeister hieß, die Ausrüstung mit
Bajonettflinten und die Benennung ihrer Eliten als Grenadiere. Taktisch
setzte man sie aber schon genauso ein, wie die Regimenter zu Pferde. In
diesem Fall waren sie auf stärkeren Pferden beritten und rechneten zur
schweren Kavallerie.
Die eigentlichen leichten Reiter waren die nach
ungarischem Vorbild aufgestellten Husaren. Sie hatten keine Schutzwaffen
und führten als Hauptwaffe einen kräftigen Säbel, einen kurzen
Karabiner und am Pferd Pistolen. Ihre Uniform war ungarischer Tracht
entlehnt. Waren leichte Reiter mit Lanzen bewaffnet, hießen sie je nach
ihrer Herkunft entweder Bosniaken oder Ulanen. Leichte Reiter, die nach
Dragonerart gekleidet waren, nannte man Chevaulegers oder leichte
Dragoner, auch »deutsche Husaren«.
|
Husaren im
Gefecht
|
Erst um die Mitte des 18.
Jahrhunderts gelang es den Preußen, solche leichten Reiter neben ihrer
eigentlichen Aufgabe auch in geschlossener Formation als Linienkavallerie
zu gebrauchen. Damit war der erste Schritt zu einer einheitlichen Reiterei
getan, so daß sich fortan die Bezeichnung Kavallerie einbürgerte. In den preußischen Vorschriften für Reiter wird
ausschließlich der Angriff mit blanker Waffe gefordert. Erst wenn der
Gegner zum Weichen gebracht ist, wird ein Hinterherschießen vorgesehen,
um dessen Verwirrung zu erhöhen, Der Degen hängt dabei mit dem
Degenquast am Handgelenk. Ganz großen Wert legte man darauf, den Reitern
klarzumachen, daß das Einhauen mit blanker Waffe für sie am
vorteilhaftesten wäre. Beim Hieb sollte man sich im Sattel heben, weil
dann der Hieb viel mehr Wucht bekäme. Bei der Ausbildung der Husaren
wurde noch weit mehr Wert auf die Reitfertigkeit und vor allem den
Felddienst gelegt.
Die Artillerie
Zum dritten wichtigen Bestandteil eines Heeres sollte
sich die Artillerie entwickeln.
6-Pfünder |
So war für das 18. Jahrhundert das Auftreten der
Artillerie als militärischer Körper charakteristisch. Administrative
Einheiten waren die Kompanien, bald in Bataillone oder gar Regimenter
zusammengefaßt. Daneben gab es in einigen Heeren eigene
Artilleriefüsiliere, denen man den Schutz der kostbaren Stücke
anvertraute. Oft war schon eine Trennung in eine Feldartillerie und eine
Ganisonartillerie erfolgt, wenn auch das Offizierkorps einheitlich blieb. Noch bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts folgten einer
Armee nur zwei bis drei Geschütze je 1000 Mann in das Feld. Erst in den
harten Kämpfen des Siebenjährigen Krieges entwickelte sich die
Artillerie zur schlachtentscheidenden Waffe. |
Aus bitteren Erfahrungen mit
großen Verlusten sank die Qualität der Infanterie, was man durch starke
Vermehrung des Geschützes auszugleichen suchte. Friedrich der Große
erklärte im Jahre 1759: »Den Feind ohne Vorteil des Feuers anzugreifen,
heißt mit Stöcken sich gegen Waffen schlagen. Man muß soviel Artillerie
als möglich aufbringen, so unbequem sie auch sein mag. Ich habe die
unsrige so vermehrt und sie wird die Mängel unserer Infanterie ersetzen.«
Damit führte man überall die nahezu doppelte Anzahl an Geschützen in
das Feld. Für diese Entwicklung ist die Zahl der Artilleristen in
Preußen bezeichnend. Im Jahre 1740 waren es 800, 1749 erst 1000, 1755
schon über 2000, 1769 etwa 5000 und beim Tode Friedrich des Großen
(1786) an die 11000 Mann. Dazu waren zu diesem Zeitpunkt etwa 6000
Geschütze und 84000 Zentner Pulver vorrätig. Ebenso sprunghaft war das
Anwachsen der Artillerie auch in den anderen Staaten.
Im Laufe der Zeit setzte sich eine Einteilung der
Artillerie für verschiedene Aufgabenbereiche durch. So unterschied man
Regimentsartillerie, Positionsartillerie, reitende Artillerie und
schließlich Festungs- oder Garnisonsartillerie. Die Regimentsartillerie bezeichnete man auch als
Bataillonskanonen. Ursprünglich bereits von König Gustav Adolf seiner
Infanterie beigegeben, sollten sie ihre Feuerkraft schon auf größere
Entfernung wirken lassen. Sie blieben in enger Verbindung mit ihrem
zugeteilten Bataillon und gingen mit ihm vor und zurück. Im
Siebenjährigen Krieg hatte jedes preußische Bataillon der ersten
Schlachtlinie zwei sechspfündige Kanonen, die unter dem Kommando eines
Artillerieunteroffiziers standen, eine Haubitze war ebenfalls vorgesehen.
Bataillone des zweiten Treffens besaßen oft nur Dreipfünder. Die
Schußweiten eines solchen Sechspfünders betrugen bei ein Grad
Rohrerhöhung etwa 800 Schritt, also doppelt so weit wie die des
Infanteriegewehrs, bei fünf Grad Erhöhung gar 1800 Schritt. Die Munition
dieser Kanonen wurde im Protzkasten mitgeführt, der Haubitze folgte ein
Granatwagen.
Die Kanonen bedienten Kanoniere, die von den Zimmerleuten und
kommandierten Handlangern unterstützt wurden. Geschütze waren mit vier
Pferden bespannt. Die Haubitzen hatten Bombardiere mit zugeteilten
Hilfskräften zu handhaben, das Kommando führte ein Feuerwerker. Sie
konnten mit einer nur zweipfündigen Pulverladung eine 14pfündige Granate
bei zwei Grad Rohrerhöhung etwa 600 Schritt, bei 20 Grad Rohrerhöhung
aber 2400 Schritt werfen.
|
|
Die Batterie- oder Positionsartillerie hatte schwerere
Stücke, meist zwölfpfündige, aber auch nur schwere sechspfündige
Kanonen, bis zum Jahre 1745 sogar noch 24pfündige. Dazu kamen
zehnpfündige Haubitzen. Diese Geschütze waren unter einheitlichem
Kommando in Batterien zusammengefaßt und sollten dort gemeinsam agieren.
Für den ersten Munitionsvorrat besaßen diese Geschütze zwischen den
Lafettenwänden einen Munitionskasten, der während des Feuerns
herausgenommen wurde. Als Bedienung sollte jedes Geschütz einschließlich
der Handlanger 14 Mann haben, die unter dem Befehl eines Unteroffiziers
oder Feuerwerkers standen. Bespannung waren je nach Gewicht des Stückes 8
bis 12 Pferde.
Dritte und jüngste Gattung der Feldartillerie wurde
die sogenannte Reitende Artillerie. Ihre Aufgabe war, schnelle
Truppenbewegungen vor allem in Zusammenarbeit mit der Reiterei begleiten
und diese überraschend unterstützen zu können. In früheren Zeiten
hatte man für diesen Zweck aushilfsweise gewöhnliche Kanonen doppelt
bespannt, so bei Fehrbellin im Jahre 1675. In Preußen ließ im Jahre 1759
König Friedrich eine reitende Batterie errichten, deren sechspfündige
Kanonen von je sechs Pferden gezogen wurden und deren Bedienungsleute
sämtlich beritten waren. Diese Batterie hat sich sehr bewährt, ging
verloren und wurde sofort wiedererrichtet.
Bedienung einer Kanone |
Nach dem Kriege existierte eine
»Exerzierbatterie«, deren Bespannung im Gegensatz zur sonstigen
Artillerie ständig vorhanden war. Versuche ergaben, daß diese Batterie
in nur drei Minuten 1100 Schritt fahren, dann abprotzen und einmal feuern
konnte. Reitende Artillerie gab es nur in wenigen Heeren. Weil die Artillerie als Waffe noch lange eine
Sonderstellung einnahm, waren offizielle Vorschriften (Reglements) kaum
oder doch erst sehr spät vorhanden. Aber man bemühte sich zu Ende des
17. Jahrhunderts um eine gleichmäßigere Ausbildung. So befahl in
Brandenburg-Preußen schon 1687 der Große Kurfürst, daß alle
Feuerwerker fortan in Berlin auszubilden wären und diejenigen, die nicht
dort gelernt hätten, aus allen Garnisonen dorthin zu kommandieren wären.
Ab 1773 gab es für das gesamte Artilleriekorps
jährliche Übungen. Im Monat April kamen für diesen Zweck einige
Geschütze auf den Exerzierplatz vor die Stadttore. Dort wurden sie
ständig gelassen und natürlich bewacht. Daran exerzierte täglich die
wechselnde Wachtparade der Artillerie in Stärke von gut 300 Mann.
|
Aufstellungen und Gefechtsformen
Aufstellungen von Soldaten zählten zum Bereich der
Taktik und waren von der Art der Bewaffnung und dem jeweiligen Wehrsystem
abhängig. So mußten sie sich mit der Zeit wandeln. Unabdingbare
Voraussetzungen waren aber in feste Verbände gegliederte und im
vorteilhaften Waffengebrauch geübte Truppen. Eigenart und Wirkungsweise
der Waffen und damit der zweckmäßigen Aufstellung, um sie richtig
einzusetzen, aber auch die des Zeitbedarfs für den Aufmarsch sowie der
Marschlängen ließen sich berechnen.
Soldaten konnten entweder in der festen Ordnung eines
taktischen Körpers oder aufgelöst fechten. Solange die Feuerwaffen wenig
wirksam waren und das Wiederladen Zeit benötigte, mußte eine feste
Ordnung beachtet werden. Meist stellte man eine Truppe in einer mehr
breiten als tiefen Formation auf. Dabei bezeichnete man als Front die
Seite, nach der die Leute blickten, die Rückseite als Queue und die
beiden Seiten als Flanken. Alle Männer, die nebeneinander standen, sich
also mit dem Ellenbogen berührten, bildeten ein Glied oder einen Rang.
Alle Leute, die hintereinander waren, nannte man Rotte oder Reihe.
Befanden sich Befehlshaber vor der Front, so »führten« sie, genauso wie
der erste Mann der Rotte, der Rottenführer. Der letzte Mann einer Rotte
»schloß« diese, genauso wie Befehlshaber hinter der Front.
Rückten die einzelnen Glieder oder Rotten auseinander,
vergrößerte sich also ihr Abstand, so wurden sie »geöffnet«, zogen
sie sich zusammen, wurden sie »geschlossen«. Beim Antreten oder
Feuergefecht betrug der Rottenabstand etwa 1,5 m, bei Abwehr von Reitern
und später in der Lineartaktik schloß man auf Tuchfühlung auf. Die Marschrichtung einer Formation nach vorn hieß
Direktion, ihre Richtung nach der Seite, um in gleicher Linie mit anderen
zu bleiben, das Alignement. Der Raum zur seitwärts stehenden Formation
wurde als Zwischenraum, der zu vorn oder hinten stehenden als Abstand
bezeichnet.
|
Angriffslinie
|
Bewegte sich eine Formation um einen ihrer Flügel (Seiten),
sprach man von einer Schwenkung, geschah dieses um den Mittelpunkt der
Formation, von einer Drehung. Ein besonderes Problem blieb stets das Verhältnis von
Breite und Tiefe. Eine tiefere als breite Aufstellung hieß Kolonne. Sie
konnte zum Gefecht aber auch zum Marsch gebildet werden. Für den Marsch
geschah dieses in jedem Fall auch aus einer breiten Aufstellung, indem man
diese beim Abmarsch in kleine Abteilungen zerlegte, die sich
hintereinander setzten. Bei einer
Kolonne wuchs die Wucht eines Anlaufs durch den stärkeren moralischen und
psychischen Druck von rückwärts, ein Seitenangriff fand starken
Widerstand. Nachteilig war die durch die kurze Front mögliche leichte
Umfassung, die große Wirkung von Artilleriefeuer, und daß nur wenige
Leute feuern konnten. Daher setzte sich für das Gefecht immer mehr eine
breitere Aufstellung durch.
Soldaten konnten aber auch in aufgelöster Form ein
Schützengefecht führen. Dann bezeichnete man sie noch weit in das 18.
Jahrhundert hinein als »Verlorene« im Sinne von nicht fest eingeteilt.
Lose nebeneinander gestellte Schützengruppen bildeten eine Kette.
Aufstellungen der Infanterie
Die größte Verwaltungseinheit war das Regiment. Zu
dessen Errichtung schloß ein Fürst mit einem Kriegsunternehmer, dem
Feldobristen, einen Vertrag, in dem dieser beauftragt wurde, eine
bestimmte Zahl Soldaten zu werben. Dafür stand ihm auch das ganze
»Regiment«, also volle Herrschaft (lat. regimentum) zu, das Recht
Offiziere einzusetzen, die Gewalt über Leben und Tod der Soldaten und
gegen Zahlung eines bestimmten Pauschbetrages durch den Kriegsherrn die
gesamte Truppenökonomie. Der Feldobrist übertrug einen Teil dieser
Aufgaben bewährten Hauptleuten, die jeweils einen überschaubaren Haufen,
ein Fähnlein zu werben, zu verwalten und zu führen hatten. Ein Fähnlein
umfaßte ursprünglich etwa 400 Mann, wurde im Laufe des 17. Jahrhunderts
immer schwächer und schließlich auch in Deutschland als Kompanie
bezeichnet. Zu einem Regiment gehörten in der Regel zehn Fähnlein oder
Kompanien.
|
Stellte man aber einen gemeinsam kämpfenden Haufen
zusammen, so hieß er Bataillon. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts konnte
dieses noch verschieden stark sein und nur 500, aber auch mehrere tausend
Soldaten umfassen; es wurde daher aus verschieden vielen Fähnlein
(Kompanien) oder gar Regimentern zusammengestellt.
|
Erst nach dieser Zeit
verstand man unter Bataillon eine gemeinsam geführte Gefechtsformation in
einer Stärke zwischen 500 und 1000 Mann, die mit der Zeit auch
organisatorisch beisammen blieb. In Brandenburg-Preußen waren im Regiment zunächst nur
acht Kompanien mit je 125 Mann, von denen je vier zu einem Bataillon
zusammentraten. Im Jahre 1699 erhielten die Regimenter zehn Kompanien zu
je 145 Mann, wobei jedes Bataillon aus fünf Kompanien zusammengestellt
wurde, taktisch aber in nur vier Divisionen, den »taktischen«
Unterabteilungen des Bataillons, geteilt blieb.
Als die Piken verschwanden und auch das schneller zu
ladende Steinschloßgewehr die Luntenmusketen verdrängten, setzte sich
über die fünfgliedrige schließlich die viergliedrige Aufstellung durch.
Meist schoß man gliederweise, wobei das letzte Glied zuerst über die
knienden Vorderglieder hinwegschoß. Danach erhob sich das vorletzte
Glied, nach diesem nacheinander die vorderen, so daß in der Zeit stets
die hinteren Glieder wieder laden konnten. Das Hauptproblem war die
Pulverqualmwolke, die auf der ganzen Front den Schützen die Sicht nahm.
Einen Ausweg suchte man im abteilungsweisen Feuern, indem man hoffte, daß
zumindest im Moment der gemeinsamen Schußabgabe alle Leute freie Sicht
hätten, danach der Wind aber die Qualmwolke fortwehen würde. Es war aber
nicht möglich, mit vier Gliedern gleichzeitig zu schießen. Im
kaiserlichen Dienst und in Frankreich hielt man noch lange an der
viergliedrigen Aufstellung fest, während man in Preußen schon im dritten
Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts nur drei Glieder bildete, damit alle Leute
gleichzeitig mitschießen konnten. Dabei kniete das erste Glied, das
letzte schloß, in die Lücken des zweiten tretend, dicht auf.
Noch im
Jahre 1718 konnte man die ausgestreckte Hand auf die Schulter des
Nebenmannes legen, 1726 wurde schon verengt, und nun stand man in Fühlung
Arm an Arm. Waren die Kompanien nebeneinander gerückt, teilte man
in Preußen nur bis zu Pelotons. Dazu zählte der Adjutant jeweils die
Rotten ab, um gleichmäßige Abteilungen abzuteilen. Danach rückten die
Offiziere und Unteroffiziere auf die ihnen zugewiesenen Plätze. Durch
diese Art der Einteilung wurden die Leute der einzelnen Kompanien oft
auseinandergerissen und standen unter dem Kommando ihnen kaum bekannter
Offiziere.
|
Dreigliedriges
Feuern
|
Deswegen kam man in Preußen später dazu, die Bataillone in
zehn Pelotons zu teilen, welches nun aus einem Zug, also einer halben
Kompanie bestand, der dann dauernd beisammenblieb. Die Fahnen des
Bataillons traten in die Mitte der Front ein. Sie wurden rechts und links
von je drei Rotten Soldaten begleitet, die als Fahnenpeloton bezeichnet
nicht mitzufeuern hatten.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte sich
aber als zweckmäßig das Salvenfeuer mit ganzen Abteilungen durchgesetzt
und galt demnach als Hauptfeuerart. Dabei konnte eine solche gemeinsam
feuernde Abteilung ein Peloton, eine ganze Division oder gar das ganze
Bataillon sein. Grundregel war, daß eine Abteilung erst schießen sollte,
wenn die nebenstehende geladen hatte. Auch bei viergliedriger Aufstellung
konnten nur drei Glieder gleichzeitig schießen, davon das erste Glied
kniend. Angestrebt war ein ständig zu unterhaltendes Feuer in kleinen
Abteilungen, den Pelotons.
Selbst gutgeübte preußische Truppen vermochten nur in
wenigen Fällen längere Zeit das komplizierte Pelotonfeuer durchzuhalten.
Als preußische Besonderheit übte man diese Feuerart nicht nur im Stehen,
sondern auch im langsamen Vorgehen und Zurückgehen. Dabei bewegte man
sich, um nicht auseinanderzukommen und die Ladegriffe auszuführen, mit
dem üblichen langsamen Tempo in so kleinem Schritt, daß ein Fuß nur
direkt vor den anderen kam. Nur beim Kommando »Peloton« machte die
Abteilung drei große Ausfallschritte, das erste Glied fiel auf die Knie.
Beim Vor- und Zurückgehen diente die Fahnengruppe in der Mitte der Front
als Richtungspunkt, drohte die Linie auseinanderzureißen, schloß man
grundsätzlich auf die Fahnen auf. Mit einer immer stärkeren
Verbesserung der Feuerwaffen wurden die Aufstellungen dünner und auch
breiter und mit einer breiteren Front vermochte man einen genauso starken Gegner zu
überflügeln, ja sogar zu umklammern und außerdem alle Feuerwaffen voll
einzusetzen.
|
Nachteilig war, daß solche dünnen Linien leicht
durchbrochen wurden, auf ihren Flanken sehr empfindlich waren und sich im
schwierigen Gelände kaum, auf ebenem Gelände bedingt bewegen konnten,
ohne auseinanderzureißen.
|
Die Bewegungen dazu sollten einfach sein, jedenfalls
brauchte der Führer einen geschulten Blick für den notwendigen Raum und
die Zeit. Aus der Linie konnte man auf zweierlei Art in die Kolonne
kommen. Einmal ging es durch »Formieren in Kolonne«, wobei das ganze
Bataillon, außer der für die Spitze bestimmten Abteilungen »Rechts um«
machte. Auf »Marsch« marschierte die Spitzenabteilung geradeaus, die
anderen nacheinander hinter diese Abteilung. Machten sie »Links um«,
stand das Bataillon in Kolonne. Die zweite Art war das »Schwenken in
Kolonne«. Alle Züge schwenkten gleichzeitig aus der Linie rechts (oder
links) um ihren Flügel. Sollte geradeaus marschiert werden, setzte sich
der erste Zug gleich geradeaus in Bewegung, die anderen schlossen sich
durch Schwenken an. Der Marsch geschah meist in »offener« Kolonne, bei
der der Abstand zweier Züge der Frontbreite eines Zuges von 24 Rotten
entsprach. So konnte durch einfaches Schwenken der Züge die Linie
wiederhergestellt werden und auch bei notwendigem Abbrechen und
Wiederaufmarschieren der Rotten Raum bleiben, um unnötiges Warten zu
vermeiden.
Beim Aufmarsch in die Schlachtordnung zog man auf dem
geplanten Aufstellungsplatz parallel zum Feind in Kolonne entlang und
schwenkte am vorbestimmten Ort die Züge zur Linie. In beiden Arten der
Kolonnenbildung konnte sowohl der rechte Flügelzug, aber auch der linke
die Spitze übernehmen. Im ersten Fall hieß es dann »Rechts
abmarschieren«, im anderen »Links abmarschieren«. Wollte man eine
rechts abmarschierte Kolonne in eine links abmarschierte umwandeln, machte
man einen Kontermarsch mit Zügen.
Ein Parallelmarsch zum Gegner zur Bildung der
Schlachtordnung war umständlich und gefährlich, wenn der Gegner einem
mit dem Angriff zuvorkam. So war das seit 1748 von Friedrich dem Großen
eingeführte »Deployieren« ein wichtiger und zunächst wohlbehüteter
Fortschritt. Dabei marschierten die Divisionen des Bataillons
hintereinander dicht aufgeschlossen auf den Gegner zu. Hatte die
Spitzendivision die vorgesehene Linie erreicht, trat sie auf der Stelle.
Die anderen machten »Links um« und rückten im schnellen Schritt jeweils
so weit nach links, bis sie den linken Flügel der vor ihnen stehenden
Division passiert hatten. Nach einer Wendung nach rechts, rückten sie in
die Linie, bis alle Divisionen nebeneinander standen. Abwandlungen und
Beschleunigungen gab es, wenn die letzte Division geradeaus marschierte
und sich die vorderen rechts oder links herauszogen. Das nannte man
vorwärts rechts oder vorwärts links deployieren. Ursprünglich
bevorzugte Friedrich der Große das Deployieren aus der Mitte. Die
vorderen Divisionen rückten rechts heraus, die hintere links, die
stehengebliebene geradeaus in das Alignement.
Doch erwies sich diese Art
bei der starken feindlichen Artillerie als zu gefährlich. Diese Art
aufzumarschieren wirkte auf die Zeitgenossen wie Zauberei, wenn sie sahen,
wie eine auf sie zumarschierende Kolonne sich in Windeseile wie eine
Jalousie vor ihnen zur Linie auseinanderzog. Rückte man in offener
Zugkolonne auf den Gegner zu, wurden, wenn der Spitzenzug die vorgesehene
Linie erreicht hatte, zuerst die Divisionen formiert, indem sich die Züge
mit gerader Nummer links neben die mit ungerader setzten. Hatten dann die
Divisionen dicht aufgeschlossen, folgte das Deployieren in der schon
beschriebenen Weise.
|
Kolonne zur
Linie
|
Gegen plötzlich auftauchende Reiterei sollte eine
einzeln marschierende Abteilung ein Karree bilden. Ein solches konnte aus
einem Bataillon aber auch einem ganzen Regiment bestehen und aus der Linie
oder der Kolonne gebildet werden. Dabei blieben ein Viertel der
Abteilungen stehen, die anderen schwenkten in die vorgesehenen Positionen.
Doch war das Vertrauen in die Wirkungsweise eines solchen hohlen Karrees
nicht sehr groß.
Die kleinste taktische Einheit der Infanterie war das
Bataillon, die größere die Brigade. Zu ihr gehörten mehrere, meist drei
bis sechs gemeinsam geführte Bataillone, die in einem Treffen standen.
Während des 17. Jahrhunderts waren die Zwischenräume zwischen zwei
nebeneinander stehenden Bataillonen noch so groß wie deren Frontbreiten.
Zum Ende des Jahrhunderts verkleinerten sich die Intervalle so, daß nur
eine Schwadron hindurchkam, also auf 50 bis 60 Schritt. Im 18. Jahrhundert
rückten die Flügel der Bataillone so nahe heran, daß eine
zusammenhängende Feuerfront entstand. Nur für die Bataillonskanonen
sollte Platz gelassen werden.
Aufstellungen der Kavallerie
Auch bei der Reiterei war in dieser Zeit zwischen
Verwaltungseinheiten und taktischen Formationen zu unterscheiden. Die
größte administrative Einheit war das Regiment unter einem Oberst, die
Unterabteilungen zunächst Kompanien, deren Befehlshaber Rittmeister
hießen. Bei den Dragonern, die als Doppelkämpfer noch viel
Infanteristisches an sich hatten, bezeichnete man die Chefs als Hauptleute
oder Kapitäne. Für das Gefecht stellte man Reiter zu
Formationen zusammen, die noch die menschliche Stimme gemeinsam
kommandieren konnte und die als Schwadronen (Eskadronen) bezeichnet
wurden. Diese waren in der Regel zwischen 120 und 200 Reitern stark und
wurden aus mehreren Kompanien zusammengestellt. Ein Reiterregiment hatte
damals zehn Kompanien, bildete also fünf Schwadronen und war gleichzeitig
sowohl administrative als auch taktische Einheit.
|
Mit Beginn des 18.
Jahrhunderts vermehrte man die Zahl der Kompanien auf zwölf, die zu sechs
Schwadronen zusammentraten. In Brandenburg-Preußen setzte man in dieser
Zeit zwei Kompanien zu einer Schwadron von 120 Reitern zusammen, ein
Regiment hatte demnach drei. Erst nach dem Jahre 1700 setzte sich eine
ständige Einteilung durch, bei der Reiterregimenter zehn Kompanien
besaßen, die in fünf Schwadronen geteilt waren. Zu jeder Schwadron
gehörten dann sechs Offiziere, zwölf Unteroffiziere, zwei Trompeter und
132 Reiter. |
Im Jahre 1725 fiel bei den preußischen Dragonern die
Kompanieeinteilung fort, und die Schwadron war nun gleichzeitig
administrativ und taktisch die Grundeinheit, ebenso bei den neuerrichteten
Husaren. Die Reiter behielten die Kompanieneinteilung noch bis zum Ende
des Jahrhunderts. Die preußische Kavallerie stellte sich seit der
Schlacht bei Roßbach 1757 nur noch in zwei Glieder, um genügend breite
Fronten zu haben, auch wenn Pferde ausfielen. Man bildet in drei Gliedern 44 Rotten in vier Zügen. Bei jedem Zug stehen
die Unteroffiziere auf dem Flügel des ersten Gliedes und halten dahinter.
Die Offiziere befinden sich vor der Front, die Standarte am rechten
Flügel des dritten Zuges. Jeder Reiter nahm zu Pferd, wenn man Knie an
Knie hielt, eine Breite von drei Fuß (0,9 m) ein, in der Tiefe brauchte
er acht bis neun Fuß (2,5 m). Angetreten wurde mit geöffneten Gliedern,
wobei der Abstand zwölf Fuß (3,70 m) war, der sich in Gefechtsstellung
auf ein Fuß (0,3 m) verringerte.
Alle Formationsänderungen erfolgten im Grundsatz so
wie bei der Infanterie. Die Linie war Aufstellungs- und Gefechtsform, die
Kolonne die Bewegungs- und Marschform. Die Kolonne konnte aus Zügen,
Divisionen, kurz vor dem Gefecht oder Deployieren aus Schwadronen gebildet
werden. Nach dem Jahre 1747 wurde in Preußen auch bei der
Kavallerie das Deployieren üblich. Eine Schwadron marschierte aus der
Zugkolonne derart nach vorwärts auf, daß sich der erste Zug im Trabe so
weit nach rechts zog, daß der zweite Zug im Trabe geradeaus rücken
konnte, der dritte und vierte sich aber im Galopp nach links zogen und in
die Linie rückten. Beim Aufmarsch größerer Verbände rückte man in
Schwadronsfront an, die hintereinander in Kolonne reitenden Schwadronen
schlossen auf und deployierten dann in bekannter Weise.
Unter Friedrich dem Großen wurde für den Angriff der
Reiterei das Feuern ganz verboten. Nur wenn man den Feind mit dem Degen in
der Hand schon ganz geworfen hatte, durfte man ihm eine Salve
nachschießen, um die Flucht zu beschleunigen. Sonst war Schießen nur
beim Plänkeln oder Patrouillieren erlaubt.
Bei der Attacke sollte eine
kurze Distanz im Schritt, das längste Stück im Trab, die letzten 200
Schritt im Galopp und kurz vor dem Gegner in Karriere übergegangen und
eingebrochen werden. Die Offiziere ritten vor der Front und fielen erst
kurz vor dem Einbruch auf das Kommando »Marsch! Marsch!« in die Linie
des ersten Gliedes zurück. Das Ziel war eine geschlossene Front, bei der
die Reiter Knie an Knie ritten. Wichtig waren Geschwindigkeit und
Geschlossenheit, da man den Gegner durch den Stoß der in vollem Lauf
ansprengenden Pferde in Unordnung zu bringen und, wenn dieses geschehen
war, die getrennten Feinde mit dem Pallasch niederzumachen suchte. |
Mauerattacke
|
Daher forderte man sofort nach der Attacke Sammeln, um
augenblicklich einsatzbereit zu sein: Das Sammeln geschah bei den Preußen
nach 1745 grundsätzlich nach vorn, dem Gegner zu. Zunächst standen die einzelnen Schwadronen mit
Zwischenräumen, die der Formationsbreite entsprachen. Unter Friedrich dem
Großen wurden 10 bis 25 Schritt üblich, denn bei unbekanntem Gelände
sollte ein Ausweichen vor Hindernissen möglich bleiben. In bekanntem,
ebenem Gelände wurden von preußischer Kavallerie Attacken vorgeführt,
bei denen die Schwadronen ohne Zwischenräume sogenannte »Mauerattacken«
ritten, eine Übung, die fremden Zuschauern und Fachleuten unglaublich
erschien. So wird von einer solchen vorzüglichen Attacke von 23
Schwadronen in Linie vom Jahre 1784 berichtet. Was man vorher als
unvereinbar gehalten hatte, Ordnung und Geschwindigkeit gleichzeitig, war
hier zum Staunen der Zeitgenossen erreicht worden. Deshalb galt diese
Kavallerie als beste ihrer Zeit und angestrebtes Vorbild, dem man
nachzueifern suchte.
Die leichten Reiter waren ebenfalls in Schwadronen und
Regimenter geteilt, doch nicht für den Einsatz in geschlossener Formation
geschult und vorgesehen. In Preußen waren Husarenregimenter von 10
Schwadronen noch einmal in zwei Bataillone geteilt. Husaren sollten auf
ihren flinken kleinen Pferden scharmutzieren, also einen Feuerkampf
führen, um den Gegner zu belästigen, zu reizen und nach Möglichkeit
eine Salve abzulocken. Beim Angriff des Feindes sollten sie sich hinter
die wohlgeschlossene Infanterie oder Kavallerie flüchten und dabei den
Gegner nach Möglichkeit in das Feuer der eigenen Abteilungen locken. War
aber die Gelegenheit günstig, hatten sie flink mit dem Säbel
nachzusetzen.
Erst in Preußen gelang es, Husaren auch zum Einsatz in
geschlossener Formation zu befähigen. Wenn ihre Hauptaufgabe auch immer
noch der Dienst der leichten Reiter war, vermochte man sie notfalls als
Kavallerie zu verwenden. Das war der erste Schritt zu einer
Einheitskavallerie, die zu allen Aufgaben herangezogen werden konnte. Eine
Ausnahme machten in der Praxis nur die schweren Reiter, die Kürassiere,
die man nach Möglichkeit zusammenhielt.
Aufstellungen der Artillerie
In Preußen faßte man, nach nur gelegentlicher
Zusammenstellung in Kompanien in den Feldzügen, das vorhandene Personal
erst 1700 ständig in neun Kompanien zusammen, die noch unterschiedlich
stark waren. Friedrich der Große übernahm von seinem Vater dann zehn
Kompanien, von denen sechs zu dem Feldartilleriebataillon, vier zu dem
Garnisonsartilleriebataillon gehörten.
Einnahme einer
Batterie |
Die nun starke Vermehrung dieser
Waffe wird deutlich, wenn man zwei Jahre später schon ein zweites
Feldartilleriebataillon aufstellt, das 1744 zu einem
Feldartillerieregiment führt, nach 1763 drei Feldartillerieregimenter
formiert, denen später ein viertes folgt. Daneben bestand ebenfalls eine
vermehrte Garnisonsartillerie. Während des 18. Jahrhunderts hatte man schon erkannt,
daß der Erfolg des Artilleriefeuers von seiner Wirkung auf den
entscheidenden Abschnitt abhängt. Um das zu erreichen, brauchte man nicht
unbedingt alle Geschütze in einer großen Batterie zusammenzustellen. Das
ging auch, wenn man kleinere, bewegliche Batterien bildete, sie auf die
Front verteilte und ihr Feuer auf das gemeinsame Ziel vereinigte.
|
So
teilte man jeweils zehn Geschütze mit den zugehörigen Bespannungen,
Munitionswagen und Vorrat als Brigade unter gemeinsamem Kommando ein, die
dann in der Frontlinie zu einer Batterie auffuhr. Um den Marsch der Armee,
der durch die Zusammenfassung der gesamten Artillerie zu sehr behindert
wurde, zu erleichtern, wies man ab 1760 jeder Infanteriebrigade eine
solche Geschützbrigade zu, die während des Siebenjährigen Krieges noch
grundsätzlich aus Geschützen des gleichen Kalibers bestand.
Eine völlige Neuschöpfung war die in Preußen seit
1759 bestehende Brigade reitender Artillerie aus zehn sechspfündigen
Kanonen. Auch im Frieden blieb ein Teil beritten und bildete eine
Exerzierbatterie. Deren Übungen und schnelle Stellungswechsel wurden der
Grundstein für die Ausbildung der späteren Feldartillerie. Als
Munitionsausstattung führten im Felde kleinere Geschütze 120 bis 200
Schuß, größere Kanonen und Haubitzen etwa 100 Schuß mit, davon ein
Viertel bis ein Achtel Kartätschen. Die Munition befand sich in eigenen
Munitionswagen, der Erstvorrat entweder in einer Lafettentruhe oder im
Protzkasten.
Das Zusammenwirken der Waffen in der Feldschlacht
War das Ziel eines Feldzuges nicht auf eine wohlfeilere
Art, wie politisch-moralischem oder wirtschaftlichem Druck,
Ausmanövrieren des Gegners oder Lahmlegung seiner Versorgung zu
erreichen, oder war man selber in die Enge getrieben, mußte das letzte
Entscheidungsmittel die Schlacht sein. Der Entschluß dazu fiel nicht
leicht, denn auch im Falle eines Sieges war das eigene Instrument, das
Heer, in Mitleidenschaft gezogen und erlitt oft nicht zu ersetzende
Verluste.
So kam es zunächst auf richtige Einschätzung der Lage an, in
der man Stärke und Zusammensetzung der eigenen und gegnerischen
Streitkräfte, das vorgesehene Gelände und die Möglichkeiten zur
Unterstützung oder auch einem notwendig werdenden Rückzug betrachtete.
Hatte man sich zur Schlacht entschlossen, war die Frage, ob man
angriffsweise oder defensiv vorgehen wolle und wie die eigenen Kräfte
angesetzt werden, damit die einzelnen Waffen entsprechend ihrer
Wirkungsmöglichkeit ihren Platz bekamen. Solange in den Heeren noch die Blankwaffen an Zahl
überwogen, wurde eine Schlacht durch Angriff und Abwehr in einer relativ
kurzen Zeit entschieden.
|
Schlachtordnung
|
Als aber die Feuerwaffen den Hauptteil der
Bewaffnung stellten, wurde die Verteidigung die stärkere Kampfform. Man
suchte nun den vorher ungewissen Ausgang eines Zusammenstoßes dadurch zu
beeinflussen, daß man den Gegner zuvor verunsicherte, zu schädigen und
in Schrecken zu setzen suchte, ihm also einen Teil seiner Widerstandskraft
schon vorab nahm. Dann hatte der eigene Angriffsstoß mehr Aussicht auf
Erfolg. Mit diesem Vorgehen wurde jede kriegerische Aktion in eine
Vorbereitungsphase, in der man versuchte, den Gegner zu erschüttern und
seine Widerstandskraft zu brechen und in eine Entscheidungsphase zerlegt,
in der man ihn mit einem Stoß über den Haufen werfen oder wenigstens zum
Abzug bringen wollte.
In beiden Phasen hatten die einzelnen Waffengattungen
verschiedene Aufgaben. Dazu rechnete man in diesem Zeitraum die
Infanterie, die Kavallerie und zunehmend die Artillerie. Bei der
Infanterie war die Wirkung des Feuergewehrs noch nicht so groß, daß der
Nahkampf völlig verdrängt war. Zunächst blieb als Rückhalt noch die
Pike, als Einheitsinfanterist mit der Bajonettflinte die Drohung mit dem
Bajonett. In der Praxis mußte der Infanterist nun zuerst Fernkämpfer
sein, um schließlich in den Nahkampf einzutreten. Doch kam es kaum mehr
zu einem solchen, die Entscheidung fiel schon im Feuergefecht, das lang
andauern konnte. Um viele Waffen gleichzeitig einsetzen zu können, wurden
die Aufstellungen sehr flach und damit auch die Gefahr des Brechens einer
solchen Schlachtordnung groß. So stellte man eine Armee in mehreren
Linien hintereinander, den Treffen.
Man verstand darunter in einer Linie nebeneinander
aufgestellte taktische Einheiten. Man unterschied Vordertreffen, Hinter-
oder Haupttreffen, gelegentlich ein Vortreffen (oder Avantgarde), aber
auch eine Reserve. Auf keinen Fall können mit Treffen die Kolonnen
verwechselt werden, bei denen ja auch mehrere Abteilungen hintereinander
standen.
Gliedweises
Feuern |
Treffen hatten viel größere Abstände. Sie betrugen mindestens
die Weite eines Flintenschusses, also etwa 300 bis 400 m. Die Aufstellung
einer Armee in Treffen sollte eine Unterstützung der vorderen Linien
durch die hinteren Treffen ermöglichen, die hinteren solange der Einsicht
des Feindes und seiner Waffenwirkung entziehen. Hatte sich das erste
Treffen verschossen, waren die Gewehre verschleimt oder traten starke
Verluste ein, löste das zweite Treffen ab.
|
Während des gesamten Zeitraums ordnete man für einen
Feldzug oder nur für eine Schlacht die Truppenteile einer Armee in eine
feste Schlachtordnung, die Ordre de bataille. Eine solche kunstgerechte
Aufstellung geschah in der Regel nach den Rangierungsrichtlinien, also dem
Rang der einzelnen Truppenteile, was zu manchen Streitigkeiten Anlaß gab.
Später stellte man besonders bewährte Truppenteile an entscheidende
Stellen. Diese festgelegte Ordnung, die gleichzeitig Aufstellung für den
Fall einer Schlacht war, wurde genau eingehalten und galt auch für das
Lager und den Marsch des Heeres. Dadurch wurde dieses ein unteilbares
Ganzes, Abteilungen und Unterführer waren in diesem Schema genau
eingebunden, ihr Platz und die Zusammengehörigkeit festgelegt und die
Führer bestimmt.
So wie eine Armee mehrere Treffen hatte, waren diese in
etwa gleichstarke Flügel geteilt, von denen jeder mehrere Brigaden
besaß, die aus mehreren Bataillonen gebildet waren. In der Mitte eines
Treffens stand die Infanterie, die Reiterei auf den Hügeln, die
Artillerie in Batterien je nach den Geländeverhältnissen auf den
Flügeln oder auch vor der Front. Das Kommando über ein ganzes Treffen
führte in der Regel ein General, über den Flügel eines Treffen ein
Generalleutnant, über die einzelnen Brigaden Generalmajore. Doch alle
diese Unterabteilungen besaßen kaum Selbständigkeit. Ihre Einbindung in
die Ordre de bataille bezweckte eine praktikable, mechanische Verbindung
und Ordnung und damit leichtere Lenkung des Ganzen.
Die Feldschlacht des 17. Jahrhunderts
Die Infanterie hatte noch einen Doppelcharakter, da die
Überlegenheit der Feuerwaffen gegenüber den blanken Waffen infolge ihrer
noch mangelnden Leistungsfähigkeit kaum absolut war. So bestand bei einem
gut geführten Angriff vor allem der schnelleren Reiter eine große
Erfolgsaussicht gegenüber den Schützen.
Daher hielt man die Pikeniere
noch für unentbehrlich, sie bildeten in jedem Bataillon das Zentrum der
Aufstellung. Die Schutzwaffen hatten Pikeniere schon weitgehend abgelegt,
was zeigt, daß die Möglichkeit eines Nahkampfes gegen feindliche
Pikeniere kaum mehr in Betracht gezogen wurde.
|
|
Die Reiter rechnete man zunächst als taktische
Nahkampfwaffe, weil sie schnell die Feuerzone überwinden konnten. Sie
ritten im Trab oder gar kurzem Galopp an, feuerten aber auf nächste
Entfernung ihre Pistolen ab, um dann erst den Einbruch mit blanker Waffe
zu versuchen. Mit zunehmendem Fortschritt der Waffentechnik nahm die Zahl
der Piken stetig ab, gleichzeitig wurden die Aufstellungen flacher, um
mehr Feuergewehre einsetzen zu können. Zu dieser Entwicklung trug auch
die Einführung des Bajonetts bei, das die Muskete zur Ersatzpike machte.
Die Lineartaktik
Mit der allgemeinen Einführung des Steinschlosses und
des Bajonetts als Ersatzpike gab es nur noch Einheitsinfanteristen. Man
suchte möglichst alle Gewehre einzusetzen und kam daher zu flachen,
viergliedrigen Aufstellungen, bei denen die Bataillone in einer dünnen
Linie standen. Die dadurch erforderliche Lineartaktik war auf der
Fernwirkung der Waffen aufgebaut und entsprach damit auch den allgemeinen
Anschauungen und dem Geist der Zeit. Die Gefechtsweise der Infanterie
bestand aus der Feuerabgabe der gegenüberstehenden Linien. Jede Abteilung
suchte das Gegenüber durch ihr Feuer niederzuringen. Eine standhafte
Infanterie hatte bis zum Bajonettangriff des Gegners auszuhalten und sich
diesem, wenn er bis auf 10 Schritt herangekommen war, mit dem Bajonett
entgegenzuwerfen. Doch soweit kam es fast nie, weil schon vorher sich der
schwächer Fühlende zurückzog. Die taktische Grundeinheit der Infanterie, das
Bataillon, war in Feuerabteilungen geteilt, die nicht nur gemeinsam
schießen, sondern auch bewegen sollten.
Schlacht |
Die Abstände zwischen den
Bataillonen wurden geringer, nur noch die Bataillonskanonen paßten
dazwischen. Als Wirkungsarten konnte eine Abteilung entweder einen
Feuerschutz geben, indem man mit relativ langsamen Glieder- oder
Abteilungsfeuer den Gegner fernhalten wollte, oder einen Feuerschlag mit
einer Generalsalve, der vor die Front eine tödliche Zone legte. Je
größer nun die Bedeutung des Feuers wurde, desto mehr verschob sich das
Schlachtgeschehen von einer schnellen Stoßentscheidung zu einem langsamen
Abringen, so daß sich an günstigen Geländepunkten sogar aufgelöste
Schützenschwärme halten konnten.
|
Die Armeen rückten mit einer ganz bestimmten Ordnung
in der Ordre de bataille in die Schlacht. Mit der Heranführung der
Truppen und der Rangierung erschöpften sich schon die Führungsaufgaben.
Denn hatte die Schlacht erst begonnen, waren nachträgliche Verschiebungen
kaum noch möglich. Taktisch war das Gefecht eine einexerzierte Verbindung
von Feuer und langsamer Bewegung. Innerhalb eines Treffens gaben die
Bataillone und Pelotons ihre Salven ab, andere bewegten sich unter diesem
Feuerschutz langsam vorwärts. Man strebte eine möglichst späte
Feuereröffnung auf etwa 80 bis 120 Schritt an, doch meist wurde schon
viel früher geschossen, oft schon, wenn man noch 600 Schritt entfernt
war. Für diese Gefechtsart brauchte man ebenes, übersichtliches
Gelände, damit die langen, zerbrechlichen Linien nicht auseinanderrissen.
Die Reiterei nahm ihren Platz auf den Flügeln der
Treffen ein und war damit an die Infanterie gebunden. Sie sollte zunächst
die Flanken der eigenen Infanterie decken, die gegenüberstehenden
feindlichen Reiter aus dem Felde schlagen und dann womöglich der
Infanterie des Gegners in Flanke oder Rücken fallen. Ihr Angriff begann
im Trab. Auf nächste Entfernung feuerte man seine Pistolen ab, was
regelmäßig ein Stocken verursachte, dann erst griff man zum Degen. Nur
ganz selten kam es vor, daß ohne Feuer eingeritten wurde.
Die Geschütze waren entweder als Regimentsartillerie
den Bataillonen zugeteilt und gehörten damit taktisch zur Infanterie,
oder aber als Positionsartillerie in Batterien vereinigt, die vor der
Front oder seitwärts stehen konnten. Erwartete man den Angriff des
Gegners, sollten die Geschütze ihre Stellung nicht vorzeitig verraten.
Schwere Geschütze konnten das Feuer schon auf 1500 Schritt, leichtere auf
1200 Schritt mit Wirkung eröffnen. Ab 600 Schritt pflegte man gegen
Infanterie und Reiter schon Kartätschen einzusetzen. Bei einem
beabsichtigten Angriff deckte die Positionsartillerie den Aufmarsch durch
ihr Feuer.
Auch Artillerie sollte nicht auf zu große Entfernungen
schießen. In der Praxis kam es aber oft zu wirkungslosen Kanonaden. Fand
der Angriff dann wirklich statt, fehlte es an Munition. Die Aufgaben der
Artillerie waren noch recht unklar. Man stellte an sie zwei Forderungen,
die sich widersprachen, in erster Linie die Geschütze des Gegners
niederkämpfen und, oder gegen feindliche Infanterie und Reiter wirken. Je weniger man nun die Front angreifen konnte, desto
mehr versuchte man eine Entscheidung an den Flanken zu erreichen. Daher
wurde deren Schutz problematisch, man brauchte hierfür stärkere Kräfte.
|
Vorziehen einer
Kanone
|
Die Verbreiterung der gesamten Front erschwerte auch ihre Bewegung. Nur
Teile, wie Flügel oder gar Brigaden konnten verschoben werden. Dadurch
kam es zunehmend zu Flügelschlachten, bei denen ein Heeresteil (Hügel)
den Gegner durch Feuer und Angriffsdrohung binden sollte, der andere aber
nach Möglichkeit den Flügel des Feindes umfassen und einzubrechen
suchte. Das waren räumlich, zeitlich und von der Aufgabe her verschiedene
Forderungen. Damit konnte eine Schlacht nun in mehrere Akte zerfallen.
Typisch für die Aufstellung und den Verlauf einer
Schlacht dieser Zeit ist die Schlacht bei Mollwitz im Jahre 1741. Die
Preußen unter dem Befehl König Friedrichs und des Generalfeldmarschalls
Graf Schwerin rückten zum Angriff gegen die lagernden Österreicher.
Durch den lange Zeit in Anspruch nehmenden, methodisch durchgeführten
Aufmarsch üblicher Art, ließ man dem Gegner Zeit sich zu sammeln und
sich in einer Stellung südlich von Mollwitz nach und nach zu rangieren.
Die Richtungspunkte des preußischen Aufmarsches waren die Baumgruppen
westlich von Hermsdorf und links der Kirchturm von Pampitz. Da aber der
Raum für alle Truppenteile nicht ausreichte, stellte man einige zwischen
die Treffen zur Deckung der rechten Flanke, eine, wie sich zeigen sollte,
glückliche Maßnahme. Der Angriff begann erst gegen 1 Uhr 30. Die von der
preußischen Batterie beschossenen Reiter des österreichischen linken
Flügels wurden unruhig, und ihr General Römer griff nun, auch um der
eigenen Armee mehr Zeit zum Aufmarsch zu verschaffen, die ihm
gegenüberstehende schwache preußische Reiterei an. Diese wurde geworfen
und gegen die rechte Flanke der eigenen Infanterie gedrückt.
Aufmarsch bei Mollwitz |
Die an der
Flanke stehenden Bataillone wehrten jedoch standhaft die
durcheinanderwirbelnden Reitermassen ab, und der gesamte Schwarm jagte vor
der Front der ersten Infanterielinie, die nun ohne Befehl zu feuern
begann, zum linken Hügel. Doch gelang es Graf Schwerin, schnell Ordnung
zu schaffen und die dann mit exerzierplatzmäßiger Genauigkeit ab 300 m
Pelotonsalven abgebende Infanterie zum Angriff zu bringen. Die
österreichische Infanterie hatte schon auf weitere Entfernung zu
schießen begonnen. Doch das stetige Vorgehen der dabei schnell und exakt
schießenden preußischen Pelotons wirkte auf sie so unwiderstehlich, daß
sie in Unordnung gerieten und sich um ihre Fahnen ballten.
|
Späte Lineartaktik und Manövrieren
Vor allem in Preußen war die Waffenwirkung der flach
aufgestellten Linien so gesteigert worden, daß sowohl Fernkampf als auch
Nahkampf in einer feuerspeienden Stoßlinie vereinigt waren. Unablässiges
Üben und strenge Disziplin hatten dazu geführt, daß man eine lineare
Front geschlossen im Wechsel von Pelotonsalve und Vorrücken an den Feind
zu bringen vermochte. König Friedrich fand sein Heer darin schon so weit
vorgebildet vor, daß er sich den bisher vernachlässigten Bereichen der
Taktik zuwenden konnte. Er lehnte grundsätzlich Frontalangriffe ab, denn
er erkannte, daß man, wenn man zahlenmäßig unterlegen war, nur einen
Flügel der feindlichen Aufstellung angreifen durfte. Der andere Flügel
des Gegners brauchte nur gebunden zu werden, damit er nicht zur
Verstärkung des angegriffenen verwandt werden konnte. Ein schwächeres
Heer sollte auch zu übersichtliches Gelände meiden und nach Möglichkeit
den Gegner in geeignetes Terrain locken. Es komme auf schnelles und
richtiges Erkennen der schwächsten und damit empfindlichsten Stelle des
Gegners an. Auf diesen Punkt wären die Angriffstruppen so anzusetzen,
daß sie schnell und genau und für den Feind überraschend sich
formierten und ihre Feuerüberlegenheit ausspielten. Waren die Wahl eines
vorteilhaften Geländes, der Schwachstellen des Gegners und des richtigen
Zeitpunktes zum Angriff in erster Linie Aufgabe des Feldherrn, konnte man
die anderen Erfordernisse nur mit disziplinierten Truppen und sehr
geübten Offizieren erfüllen. Entscheidend war die Fähigkeit, sich rasch
zu bewegen und aus der Gefechtsaufstellung, der Linie in die Kolonne und
umgekehrt überzugehen.
Beim Abmarsch aus der Schlachtordnung bildeten die
beiden Infanterietreffen durch Wendung oder Viertelschwenkung zwei, die
beiden Kavallerieflügel durch nachheriges Zusammenrücken weitere zwei und
die Artillerie die fünfte Kolonne. In ebenem Gelände marschierten die
Kavalleriekolonnen außen, nach innen die Infanteriekolonnen, in der Mitte
die Artillerie. In unübersichtlichem, durchschnittenem Gelände nahm die
Infanterie die Außenpositionen ein. Auch der Aufmarsch erfolgte
treffenweise, weil dann mit einer bloßen Schwenkung der Kolonnenspitze
leicht in eine beliebige Richtung und damit die gewünschte Frontlinie
eingebogen werden konnte. Bei diesem Parallelmarsch brachte ein einfaches
Einschwenken die Züge in die Frontlinie
Ein Vorgehen geschlossener Infanterie gegen gedeckt
stehende Verteidiger war aussichtslos. Deshalb sandte Friedrich der Große
beim Angriff auf »Posten«, also gedeckte Stellungen, Ortschaften oder
Verschanzungen Freitruppen voraus, die im zerstreuten Gefecht ohne Ordnung
zu tiraillieren hatten, damit das Feuer des Feindes auf sich ziehen und
den Angriff geschlossener Truppen erleichtern sollten. Die Kavallerie hatte die eigene Infanterie an ihrer
empfindlichsten Stelle, der Flanke zu decken, die Reiter des Gegners aus
dem Felde zu schlagen und danach der feindlichen Infanterie in Flanke und
Rücken zu fallen.
|
Schwenken der Kavallerie in Linie
|
Damit mußte zuerst ein Kampf Reiter gegen Reiter
stattfinden. Friedrich der Große stellte seine Kavallerie aber nicht mehr
mechanisch auf die Flügel, sondern entsprechend dem Gelände und der
gegnerischen Aufstellung, oft auch hinter die Infanterie, um die
Entwicklung abzuwarten. Ein Reiterangriff war aber nur gegen bereits
erschütterte Infanterie erfolgversprechend.
Das erste Treffen eines Kavallerieflügels bestand aus
Kürassieren und war zum eigentlichen Einbrechen bestimmt. War es
siegreich, sollten nur die Flügelzüge den Gegner verfolgen, die anderen
aber sich sofort sammeln und die Schwadronen formieren, denn sonst war man
gegenüber einem geschlossenen Feind wehrlos. Das zweite, meist aus
Dragonern bestehende Treffen hatte die Flanken und den Rücken des ersten
zu sichern, aber auch gegen die Flanken des Gegners zu wirken. Im Laufe der
Zeit wurde es üblich, ein weiteres, rückwärtiges Treffen in Kolonnen
dem bedrohten Flügel anzuhängen. Meist bestand es aus Husaren, die als
Reserve dienten, aber auch zu schnellem Einhauen bei einer Verfolgung
bestimmt waren.
Zusammenfassend kann man das Charakteristische der bei
den Preußen üblichen Angriffsart folgendermaßen schildern: Am Anfang
stand der Versuch, den Gegner mit Hilfe eines schnellen, überraschenden
Aufmarsches und der Manövrierfähigkeit der Truppen in die Flanke zu
treffen oder zu umfassen. Infanterie und Geschütze hatten den Gegner am
gewählten Angriffspunkt zu erschüttern, was durch zusätzlich als
Vortreffen eingesetzte Kerntruppen erleichtert wurde. Gelang es, die Linie
bis auf etwa 50 Schrift heranzubringen, trat der Gegner in der Regel den
Rückzug an, ein Handgemenge wurde fast nie notwendig. Meist fiel die
Entscheidung aber durch andere Umstände, den Sieg der Kavallerie, die
Wirkung gut aufgestellter Geschütze oder die allgemeine Lage, die den
Heerführer zum Rückzug zwang. Die Kavallerie sollte, wenn deren Generale
sahen, daß der Gegner erschüttert war oder sie eine Lücke oder
sonstigen Vorteil erblickten, attackieren. Eine Vollendung des Sieges
blieb der Kavallerie, denn wenn man auch einsah, daß erst eine Verfolgung
die Früchte des Sieges bringen würde, war die Infanterie dann nicht mehr
fähig dazu. Alle Entscheidungen fielen durch das ununterbrochene Vorgehen
der Infanterie relativ rasch, sie kosteten aber auch viele Menschen, doch
gaben sie den Leuten beim Angriff ein moralisches Übergewicht.