Marienburg

 
 

Die Vorburg

 

 
 

Als erste Vorburgsanlage in Marienburg galt unbestritten die Stätte des jetzigen Mittelschlosses. Es war eine dem Hause vorgelagerte Vorburg, wie wir sie auch sonst an den älteren Ordensburgen antreffen, in Balga, in Birgelau oder in den älteren Teilen von Thorn. Eine ringförmige Umfassung des Konventshauses findet hier noch nicht statt. Der Zeitpunkt, wann die Verlegung des Meistersitzes nach Marienburg geplant wurde, wann demgemäß der Umbau der anfänglichen Vorburg zu einem zweiten Hause begann, wird sich nie genau bestimmen lassen. Sicher ist nur, daß beides nicht schlagartig 1309 erfolgte. Man könnte an das Jahr 1291 denken; in welchem der Orden sein Haupthaus Akkon in Palästina verlor, der danach 1291 erwählte neue Hochmeister Conrad von Feuchtwangen war mehrmals in Preußen und in Livland gewesen. Der Hochmeister Gottfried von Hohenlohe resignierte 1302, bald nach der Wahl seines Nachfolgers Siegfried von Feuchtwangen. 1303 hat Hohenlohe sich das Meisteramt wieder angemaßt. Siegfried behielt aber die Gewalt im Orden, doch mag dieser Zwiespalt ihn veranlaßt haben, seine Residenz dorthin zu verlegen, wo der Orden die große politische Aufgabe hatte, und wo er vor Quertreibereien sicher war - das geschah dann im September 1309. - Conrad von Feuchtwangen war 1279-82 Meister in Preußen und in Livland gewesen, als Hochmeister urkundet er am 31. Januar 1296 in Elbing und Thorn nachweisbar. Hohenlohe war einmal, am 15.Juni 1298 in Thorn, sonst finden wir nur den Landmeister in den Urkunden jener Zeit. 

Die Absicht, die Marienburger Vorburg auszubauen, könnte daher 1296 schon entstanden sein, der Konflikt von 1303 brachte dann die endgültige Entscheidung. Rund gerechnet mag daher das Jahr 1300 den Beginn der Massivbauten in der V o r b u r g bezeichnen. Zunächst werden hier der Steinhof und der Zimmerplatz für die Bauten des Hochschlosses und Mittelschlosses gelegen haben, die Schuppen und Pferdeställe, alles in Behelfsbauweise. Die Sicherung durch eine Ringmauer mit 12 Türmen und dem Tore wird etwas später erfolgt sein, war aber 1328, als der Krieg mit Polen ausbrach, doch im wesentlichen beendet. Vielleicht war auf der Westfront der alte Mühlengrabenlauf die Abschlußlinie.

1331 beginnt Luther von Braunschweig mit dem Kirchenbau, dessen Grundbau zunächst alle Kräfte in Anspruch nahm. Dietrich von Altenburg, erwählt am 3. Mai 1335, baut die Brücke, im Zusammenhang damit die Nogatmauer und die drei runden Türme, zwei am Brückentore und einen an der Nordspitze, den Buttermilchturm, während alle älteren Türme eckig waren. Auch der Brückenkopf des linken Ufers hatte zwei runde Türme. 

Jetzt wurde auch die zweite Ringmauer vor dem Hochschloß gebaut, die auf der Ostseite den  Vorsprung des Chores der Kirche berücksichtigt. Als letzter Wehrbau kam, vielleicht schon in der Mitte des 14. Jahrhunderts der Aushub des äußeren Grabens vor der Südfront, mit Inanspruchnahme von Gelände des städtischen Kirchhofes. Die bisherige äußere Grabenmauer ist durch ihr Profil noch als solche erkennbar, auf der Schloßseite (leichter Neigung), auf der Stadtseite abgetreppt. Dieser neue Graben entspricht dann dem Vorburggraben der Ostfront. 

B49.jpg (18319 Byte)Von den massiven Gebäuden der Vorburg gehört der Karwan noch der Frühzeit, etwa 1300-1320 an. Das jetzt stehende Vorburgsgebäude hat durch den 1358 ausgestellten Ablaßbrief für die L o r e n z k a p e l l e (für die Dienstleute) ein ungefähres Datum. Für die übrigen Gebäude fehlt es an genauerem Anhalt für die Zeitbestimmung.

Die neue Vorburg umgibt nun die Baugruppe des Hoch und Mittelschlosses auf drei Seiten, auf der Ostseite und Westseite in schmaleren Streifen, während nördlich  vor dem Mittelschloß die Hauptfläche von 130 bis 145 m Breite und 270 m Länge liegt, also mit rd. 37 000 qm Fläche. Die Lage der Gebäude zeigt zunächst  eine Randbebauung auf zwei Seiten, und dann noch einen mittleren  langen Gebäudezug. Zwischen diesen drei Streifen lagen die Arbeitsplätze. Das Haupttor der Burg lag in der Ostmauer, von zwei Türmen flankiert, ihm gegenüber das Tor bei St. Lorenz, von e i n e m Turm begleitet, auch diese  Anlage spricht dafür, daß die Westmauer des großen Vorburgsgebäudes anfangs Außenmauer war.B5.jpg (23428 Byte)

Das Wasserspiel in den Gräben wurde durch den jetzt sog. Mühlengraben gespeist, die ersten Anfänge reichen in die Gründungszeit der Marienburg zurück. In der Handfeste der Stadt, 27. April 1276, wurden schon ein See und ein Staudamm genannt, "lacus, quem idem agger sustentat", das bedingt aber auch Zufluß und Abfluß. Der Turm des Herren-Danzkers gehört nach der Beschaffenheit des Mauerwerks und des Bogenganges noch dem 13. Jahrhundert an, es muß also der Wasserlauf schon bis zu den Schloßgräben fortgeführt gewesen sein. Es gehörten zur Marienburg unmittelbar drei Kornmahlmühlen, und zwar die Landmühle mit drei Mahlgängen, die Bäckermühle mit vier Mahlgängen und die kleine oder Niedermühle. Von letzterer ging das Wasser zum Stadtgraben, den es nördlich neben dem Töpfertor erreichte und dann weiter zum Schlosse, an dessen Südecke sich der Lauf teilte, die rechte Hälfte floß an der Ost- und Nordfront, die Linke an der Süd- und Westfront vorbei, sie vereinigten sich an der Nordspitze des Mittelschlosses, und dann floß wieder ein Lauf weiter zur Nogat. Dieser Grabenlauf hatte mehrfache Aufgaben zu erfüllen:

1. die Mühlen zur Brotversorgung des Schlosses zu treiben,
2. die Schloßgräben zu speisen und dadurch sturmsicher zu machen.

Der Bau der Vorburgen bedingte eine Erweiterung der Grabenanlage: in Verlängerung des Stadtgrabens umfloß ein neuer Graben jetzt die Vorburg, und der Zufluß zum inneren Schloßgraben geschah durch ein Gewölbe unter dem Südende der Vorburg. Dann wurde der äußere Südgraben angelegt. Auf der Westfront bespülte der Graben nach dem Durchfluß durch den Danzker zunächst die Grabenmauer des Hochschlosses, dann die Außenmauer des Mittelschlosses und zuletzt die Außenmauer des Großen Vorburgsgebäudes. Der Hausgraben zwischen dem Hoch- und Mittelschloß lag in seiner Sohle ursprünglich rd. 2,5 m tiefer, wie aus dem Torbogen unter der Brücke hervorgeht, also etwa 10 m unter der Torschwelle des Zwingers. Anfang des 14. Jahrhunderts erhöhte man die Sohle, entsprechend der noch erhaltenen Torschwelle der Westmauer und man schloß ihn, nunmehr als trockenen Graben, an der Ostseite durch eine Sperrmauer ab.

Eine weitere Aufgabe des Westgrabens war es, die Anwurfstoffe unter dem Herren-Danzker zu spülen, wie dies die Bäche vor der Ordensburg Thorn und später auch die Liebe vor dem Kapitelschloß Marienwerder taten und überhaupt noch weitere Abwässer aufzunehmen.

Eine Erweiterung der Vorburg erfolgte dann im Zusammenhang mit den Bauten Dietrichs von Altenburg besonders durch die Nogatmauer.  Es entstand eine lange, schmale Halbinsel zwischen dem Mühlengraben und der Nogat,  ähnlich den Speicher-Inseln der Städte Elbing  und Königsberg. Es wurde hier das Große Kornhaus gebaut. Die Nordmauer der Vorburg wurde bis zur Nogat verlängert, und an dieser Ecke ein hoher Wart-Turm gebaut, der Schibelichte  Turm. Den südlichen Abschluß der Speicherinsel  bildete die Mauer an der Schmeergrube, auch an der Tränke genannt. Es ist bemerkenswert, daß dieses Revier des Komhauses und der  nördlich anschließenden Kornscheune im Norden und Süden durch besondere Tore abgeschlossen  war und dadurch von dem übrigen Wirtschaftsbetriebe abgesondert.

Der Zugang zur Vorburg und damit zum Schloß überhaupt war auf der Landseite im Osten, durch das Hindenburgtor und das Schnitztor. Hier war Eingang aber nicht Durchgang. An der Westseite waren Zugänge von der N o g a t b r ü c k e her und durch das Schuhtor von der Stadt her, zugleich verkehrte hier der Durchgangsverkehr vom Werder, von der Stadt Danzig her nach der Stadt Marienburg und dem Gebiete rechts der Nogat. Der Orden hat die Brücke absichtlich so gelegt, daß er diese Verkehrsstraße beaufsichtigen, im Kriegsfall auch sperren konnte. Dieser Zustand blieb rund 430 Jahre lang unverändert. Im Jahre 1773 ließ die Preußische Kriegs- und Domänenkammer Marienwerder in den Ostgraben der Vorburg, gegenüber dem Hochschloß einen Damm schütten, und einen zweiten im Südgraben, wodurch die heutige Rittergasse entstand. Dazu wurde der östliche Vorburgstreifen, ehemals Garten zur Ordenszeit, allmählich so erhöht, daß der Höhenunterschied zwischen dem Markt und der Vorburgsohle ausgeglichen wurde, so entstand der mit starkem Gefälle ansteigende "Neue Weg«. Er diente damals aber nur als Zugang zur Intendantur in der großen Vorburg. Den Werderverkehr nahmen immer noch das Vorschloß und die Schuhgasse auf. In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde die Staatschaussee Berlin-Königsberg gebaut, und in deren Zuge wurde 1825 der Neue Weg auf der Ostseite, sowie als Fortsetzung der Straßenzug nördlich vom Mittelschloß bis heran zur Schiffsbrücke als Chaussee ausgebaut. Die freien Flächen im Vorburghofe, die Intendanturgärten und der zugeschüttete Teich wurden 1826 bepflanzt und zum Schloßhain umgestaltet, in einer Größe von rund 45 Ar.

Diese gut gemeinte Anlage hatte keinen langen Bestand, 1850 wurde der Schloßhain der Eisenbahnverwaltung abgetreten. Die Eisenbahnbrücke, deren Bau damals begann, sollte militärisch gesichert werden, und zu diesem Zweck wurde die Vorburg als Brückenkopf ausgebaut mit Benutzung der alten Ringmauer und der Türme, die Nordfront und Ostfront erhielten aber hinter der Mauer noch einen starken Hauptzweck. Das Bahngleis wurde auf einem Damm quer durch die Vorburg gelegt. Die von Lentze 1851-1857 erbaute eiserne Brücke diente zugleich dem öffentlichen Wagen- und Fußgängerverkehr, so mußte jetzt die Staatschaussee einen Anschluß vom Mittelschloßtor zum Brückenportal erhalten, das Verbindungsstück zur Schiffsbrücke hin verlor die Eigenschaft als Chaussee. Im Schloßhain wurde die Mehrzahl der Bäume beseitigt. Am 13. September 1872 erfolgte durch Kaiser Wilhelm I. die Grundsteinlegung zum Denkmal Friedrichs des Großen. Als Standort wurde ein Platz vor dem Mittelschloßtore bestimmt, und jetzt mußte die Staatschaussee hier zweiseitig angelegt werden, um den Denkmalplatz zu schaffen. Dieser Zustand bestand bis zum Ende des 2. Weltkrieges. Die Chaussee ging durch das Dotationsgesetz 1875 in das Eigentum des Provinzialverbandes über. 1934 wurde die Provinzialstraße wieder fiskalisch, und zwar jetzt Reichseigentum, sie führte die Bezeichnung Reichsstraße 1 (von Aachen bis Königsberg).

Die alte Eisenbahnbrücke besaß nicht die Tragfähigkeit, um die immer schwerer werdenden Betriebsmittel der Eisenbahn aufzunehmenn. Es wurde daher 1889-1891 eine neue eiserne Brücke 68 m unterhalb der alten gebaut. Der Bahndamm wurde wieder durch die Vorburg geschüttet und zwar so, daß er die Nordmauer auf 110 m Länge verdeckt. Das war für die geschichtliche Gestalt des Schlosses ein großer Verlust. Die Brückenkopf-Befestigung wurde 1890 aufgegeben, hat also nicht viel über 30 Jahre bestanden, die Verunstaltung durch die Bahnanlagen von 1889-1891 dauert aber noch an. Im März 1945 wurden beide Brücken von den abziehenden deutschen Truppen gesprengt.

 
 

Die Türme und Tore

 
  Die Türme  
 

1.

In der i n n e r e n L i n i e der Hochschloßbefestigung steht erstens der H e r r n -D a n z k e r. Sein Name ist wohl so zu erklären, daß er auf der Danziger Seite der Burg lag; ähnlich heißen im 16. Jahrhundert Türme nach den Namen der benachbarten Dörfer Kaminke, Blumstein und Groß-Lichtenau. Erst später wurde der Name dieses Turmes zum Fachausdruck für den "locus nature necessarius«, oder die Kammern der Privoisen, die schon in den Ordensgesetzen genannt werden, also die Aborte. Die untere Hälfte ist noch alt. Der Bachlauf ist mit sorgfältig bearbeiteten Quadern aus Kalkstein eingefaßt. Das sehr sorgfältige Ziegelmauerwerk hat Ziegel von 9,5 zu 14 zu 30 cm Größe im Verbande von 1 Läufer und 1 Binder, wobei alle Köpfe schwarz sind. Die Technik ist also der der Nordfront des Hochschlosses verwandt und gehört noch dem 13. Jahrhundert an.

 
 

2.

Herrn-Dietrichs-Turm. Häbler Gersdorff und Steinbrecht suchten ihn auf der freien Mauer des Südgrabens, wo 1565 ein Turm stand, durch den die Brückenverbindung vom Schloß zur Stadt führte. Leider war er 1773 fast ganz abgebrochen und die Grundmauern waren tief verschüttet. Erst 1929-1930 bei Ausschachtung des äußeren Grabens kamen sie wieder zum Vorschein. Es zeigte sich, daß der Turm vor der Mauer lag und daß die Unterkante des Fundaments höher liegt als die Sohle des äußeren Grabens und viel höher als die Gründung der freien Grabenmauer. Das Mauerwerk ist nachlässig gemauert. Man kann diesen Turm also nicht der Ordenszeit zuweisen, er ist frühestens 1466 erbaut. In der Lustration von 1565 wird er schon erwähnt als "Pforte«, vielleicht ist er aber schon Ende des 15. Jahrhunderts entstanden.

Nun wurde 1414 von Mai-September an Herrn-Dietrichs-Turm von Maurern und Zimmerleuten gebaut. Am 16. September findet sich folgende Notiz: ,,item 11/2 m 4 scot dy den gank haben gemacht uff den graben zwischen der stat und deme huse und an her Dietrichs Thorme.« Hiernach kann es sich nur um den Südost-Eckturm des Hochschloß-Parchams handeln. Wenn ferner am 23. September »her Dietrichs gemach« und vom ersten bis 22. Juli der »brantgebel by der Dietrichs Tilorme«, genannt werden, so kann damit nur das Haus auf dem Südparcham neben der Stadtpforte gemeint sein, das in neuerer Zeit Pförtnerhaus benannt wurde. Herr Dietrich ist zweifellos der Ritter Dietrich von Logendorf. Der Parcham-Eckturm wurde 1884 von der Fortifikation im Zusammenhang mit einer Gaponiere wieder aufgebaut. 1891 erhielt er ein hohes Dach und die Caponiere wurde abgebrochen.

 
 

3.

Der N o r d o s t - E c k t u r m des Hochschloß-Parchams ist jetzt nur noch in Fundamentresten im Unterbau des Pfaffenturmes erhalten.

 
 

4.

Die W a r t e neben dem Hochschloßtore, ein achteckiger Turm von 4,10 m Durchmesser. Zeitlich müßte er noch zur ersten Bauanlage, Ende 13. Jahrhunderts, gehören. Die oberen Geschosse in der Polenzeit abgebrochen, 1894 von Steinbrecht wieder aufgebaut. Es folgen nun

 
  Die Türme in der äußeren Mauerlinie  
 


1. u. 2. Die beiden Türme des B r ü c k e n t o r e s. Ihre Erbauung wird mit dem vorerwähnten Brückenbau Dietrichs von Altenburg zusammengehangen haben. Bemerkenswert ist die Anlage von zwei Toren, also die Vorsorge für Richtungsverkehr bei starkem Wagenverkehr. Im Grundriß sind die Türme kreisförmig, mit Abplattung auf der Landseite, die runde Form kommt auch an den Türmen der von demselben Hochmeister begonnenen Burg Schwetz vor, die auf der Landzunge zwischen Schwarzwasser und Weichsel liegt.

 Vielleicht sollte dadurch eine größere Widerstandskraft gegen den Eisgang bei Hochwasser erzielt werden. Durch zwei Strebepfeiler in der Mitte wird eine Mauerkreuzung gebildet,  auf ihr ruht vermittels Ecküberkragungen ein rundes Türmchen mit Zinnenkranz. Die beiden großen Türme sind oben durch einen Wehrgang verbunden, der mitten durch das Türmchen  geht. So entsteht eine mehrfach gegliederte Baugruppe, die in dieser Form nur einmal vorkommt. Die Überwölbung  der Bogenzwickel findet sich sonst auch bei Kuppeln  über viereckigem Grundriß, ähnlich hat sich hier der  Baumeister die Standfläche für das runde Türmchen geschaffen.  Derartige Mauertürme am Grafenturm in Gent, begonnen 1180,  haben vielleicht das Vorbild abgegeben. Die südliche Toröffnung  wurde schon im 15. Jahrhundert vermauert, und blieb so  bis Ende des 19. Jahrhunderts. Im Jahre 1896 wurden die  Türme durch Steinbrecht wieder hergestellt.

D i e N o g a t b r ü c k e wurde von dem Hochmeister Dietrich von Altenburg (1335-1341), vergl. die ältere Olivaer Chronik, Script. rer. Pruss. 1, 1717, erbaut. Sie muß schon früh von Eisgängen beschädigt worden sein, denn der Hm. Winrich von Kniprode verleiht den Bürgern die Fährgerechtigkeit, falls ,,dy brücke obir den Nogathen vorginge«. Die älteste Erwähnung in den Amtsbüchern hat das Marienburger Konventsbuch S.7 zum Jahre 1399 ,,die brucke obir dem Nogut«. 1405 erfolgte eine größere Instandsetzung, nachdem 1405 das Holz aus der Masau (Masovien) und von Neidenburg herangekauft war. Nidas Fyerobund führte den Bau aus. 1407 wurde die Instandsetzung wieder aufgenommen und es wurden allein für 200 damalige MarkHolz gekauft (Treßlerbuch).

Bei der Verteidigung von 1410 ließ Heinrich von Plauen die Brücke abbauen, Plauen hat auch als Hochmeister 1412 den Neubau vorbereitet, der 1413  zur Ausführung kam; die Pfähle  und Balken wurden aus Böhnhof, aus Berendt und Lindposch  (= Lippusch) im Gebiete Bütow  angekauft. 134 eiserne Schuhe  in Danzig angefertigt. Meister Johan,  der uns 1411 als Mühlenbaumeister begegnet, 
hatte 1412 das Holz begutachtet  und leitete wohl 1413 den Bau, den der Hauskomtur abrechnete.  In der Hauptbauzeit waren 24 Arbeiter aus dem Dorfe Blumstein an der Ramme beschäftigt. In den nachfolgenden 3 Jahrhunderten wurde die Brücke oft durch Eisgang beschädigt, die Stadt hatte das hauptsächlichste Interesse an der Instandsetzung der Brücke und erhielt dazu die Bewilligung der polnischen Könige. Hieraus entwickelte sich allmählich das Eigentumsrecht der Stadt an der Brücke. Die Einzelheiten stellte der aktenkundige Bürgermeister Samuel Wilhelmi in seiner Chronik 1714 zusammen.

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Schwere Beschädigungen erfolgten 1714 und 1717. Beim Eisgang von 1735 wurde die Pfahlbrücke vollständig zerstört und dann nicht wieder aufgebaut. Jetzt erhielt die Stadt 1741 die Erlaubnis eine Schiffbrücke zu bauen, deren Kähne im Herbst vor Eintritt des Herbstes ausgefahren wurden, dieser Zustand dauerte bis zum Nogatabschluß 1915. Die neue Brücke liegt 150 m unterhalb von der Ordensbrücke. Fortan konnten die Pontons auch im Winter im Wasser bleiben, weil die Nogat jetzt nicht mehr einen gefährlichen Eisgang hat. 1924 wurde hier eine schmale Pfahlbrücke für Fußgänger gerammt und damit hörte hier der Fahrverkehr auf.

Am linken Nogatufer war ebenfalls ein Tor, das nach den Zeichnungen im Pufendorfschen Werke auch zwei Türme hatte. 1696 stürzte die Hälfte eines Turmes beim Eisgang ein, jetzt ist nichts mehr davon vorhanden. Der Abbruch begann wohl bald nach der Zerstörung der Brücke von 1735.

3a. D a s B a d, ein jetzt völlig verschwundener Turm an der Nogatmauer neben der Tränke, 1565 hieß er auch die Warte, es wohnten hier Kriegsknechte, vom Dach heißt es ,,ruinum minatur«. Der Turm wird 1607 schon nicht mehr erwähnt und 1629 in dem brandenburgischen Schloßplan nicht gezeichnet, dagegen haben ihn noch die Pufendorfschen Pläne zu den Jahren 1656 und 1659. Es ist fraglich, ob dieser Turm ordenszeitlich war.

3. Der B u t t e r m i l c h t u r m. An der Nordwestecke, oder genau gesagt an der Nordspitze der Burg, auch er hat kreisrunden Durchmesser von 8,68 m, das sind zwei kulmische Ruten. Urkundlich tritt er uns 1412 zuerst entgegen als »Schibelichter Turm" d.h. der scheibenförmige Turm, obwohl das Tertium comparationis des Namens nicht recht verständlich ist. Damals wurde das Mauerwerk ausgebessert. Der Nidus Kint erhielt dann den Auftrag, diesen Turm abzurichten, d.h. rot zu färben, was völlige Berüstung voraussetzt. 1413 wurde der Turmhelm neu gerichtet und dann von Nidus Kint gedeckt. An den Zimmerarbeiten war Nidus Unefrau beteiligt. August 1414 wurde der Turm gesöllert, und die inneren Treppen gezimmert, zuletzt rein gemacht. Die Höhe betrug 28,8 m, nach kulmischem Maße ist er also genau 2 Ruten stark und 100 Fuß hoch.

Die Bauzeit liegt erheblich früher, etwa um 1335-1340. Simon Gronau nennt ihn den "Lichtenauer Turm«, d.h. wohl den Turm, der nach Groß-Lichtenau hin liegt. 1565 heißt er der ,,Blusthin«, also wohl der blaue Turm oder auch der Turm nach dem Dorfe Blumstein hin. Hennenberger nennt ihn 1595 den Butterturm, wohl wegen seiner Ahnlichkeit mit einem Butterfaß.

A. v. Cohausen berichtet über die runden Türme, die von einem Zinnengang gekrönt werden und dahinter mit einem niedrigeren Rundturme mit kleinerem Durchmesser. ,,Diese Turmform verglich man mit einem Butterfasse und benannte danach diese Türme.« Daher erhielt wohl dieser runde Turm den Namen Buttermilchturm und hiermit verbanden sich die Erinnerungen an die von Simon Grunau berichteten Sagen und Schwänke der übermütigen Bauern von Groß-Lichtenau. Nach chemischer Untersuchung sind keine tierischen Substanzen im Kalkmörtel, Grunaus Erzählungen sind eben nur Sage.

Im Hauskomturbuch S.187 steht zum Jahre 1414 unmittelbar hinter einer Ausgabe für die Reinigung des Turmes der Vermerk ,,item II sc. vor gefangen czu grabe czu tragen«. Tatsache ist jedenfalls, daß im Turm zahlreiche Hofmarken und Namen bäuerlicher Personen in die Ziegel eingeritzt sind. Der Turm diente also mindestens im 15. Jahrhundert als Gefängnis. 

Unmittelbar neben diesem Turm liegt in der Nordmauer ein Ausfalltor. Durch dieses Tor war König Kasimir 1457 in die Marienburg eingezogen, es wurde dann von den Polen vermauert.

4. Ein viereckiger Turm, in nur 20m Abstande vom Buttermilchturme. Er hatte wohl die Aufgabe das Tor zu decken. Vielleicht ist dies der Turm, dessen Abrichtung im Dezember 1412 an Nidus Kint verdungen wurde. König Kasimir von Polen ließ ihn in seinen oberen Teilen schon abbrechen und daher heißt er 1565 der stumpfe Turm. 1607 der kurze Turm. 1856-1857 wurde er als Caponiere mit bombensicherem Gewölbe umgebaut.

5. Der a c h t e c k i g e U h r t u r m, später Scheibenturm genannt. Häbler hat ihn noch in voller Höhe gesehen, und beschreibt ihn: ,,ein ganz vorzüglich schöner Turm in gerader Richtung vor dem Schloßtore des mittleren Schlosses, wurde 1796 abgebrochen. Deutlich waren noch die Spuren einer ehemaligen Uhrscheibe an demselben zu erkennen.« Im Jahre 1401 ließ der Hochmeister durch Nicze den Zeigermacher, eine neue Uhr bauen, die Rechnungen sind im Treßlerbuch noch erhalten, die Uhr erhielt auch eine Glocke von 201/2 Zentner Gewicht. Der Maler Peter bemalte die ,,Spera«, d. h. den Uhrzeiger und den Stern.

1412 erhielt Nidus Kint den Auftrag den achteckigen Turm abzurichten. 1565 und 1607 hieß er der Ochsenturm, und es waren neben ihm zwei Windewerke, vielleicht lag hier der Stall für das Schlachtvieh.

Auch dieser Turm wurde auf seinen Fundamenten 1856-1857 Caponière. Bei der Schüttung des jetzigen Eisenbahndammes 1889-1890 wurde er vollständig verschüttet.

6. Der achteckige Ortturm, so genannt wegen seiner Lage an der Ecke. 1413 wird er durch den Zimmermann Nidus Juncfrau das Dach des ,,Ortturmes bym pferde marschalk" gerichtet. Der Turm war wohl 1410 beschädigt worden und wurde dann 1411 niedergebrochen! 1565 heißt der Turm Sarzisz, worin vielleicht das Wort szary - grau steckt, auch 1607 heißt er grauer Turm, der Turm wäre dann abgeputzt gewesen. Hierzu paßt es, daß 1412 an Nidus Kint verdungen wurde, den Turm an der Ecke abzurichten, d.h. zu putzen. Der Abbruch muß schon im 17. Jahrhundert erfolgt sein, doch blieben noch Reste übrig, die 1856-1857 zur Caponière umgebaut wurden. In diesem Zustande befindet er sich noch heute.

7. Der S e c h s e c k i g e T u r m, im Grundriß ein Viereck, dessen vordere Ecken abgeschrägt sind. Er wird 1607 Turm mit 3 Wänden genannt, 1856 wurde aber auf seinen Grundmauern ebenfalls eine Caponiere errichtet. Der leitende Ingenieur-Offizier, Hauptmann von Gayl, hat das Verdienst, daß er die Reste aller Türme schonte und sie nur umbaute, dadurch ist uns das alte Verteidigungssystem erhalten geblieben. 1905 durch Steinbrecht wiederaufgebaut.

8. D e r P u l v e r - T u r m, er ist auf viereckigem Grundriß errichtet und in voller Höhe mit alten Mauerwerk und dem Dachstuhl des 14. Jahrhunderts erhalten. Der Name Pulverturm taucht erst in polnischer Zeit auf, zuerst 1607. Im Jahre 1907 von Steinbrecht das Zeltdach umgedeckt. Unmittelbar neben diesem Turme liegt in der Ringmauer ein Grabentor. Das Tor bei ,,Paul Turm« wird 1414 erwähnt. Vielleicht hieß er in alter Zeit Herrn Pauls Turm, Paul war 1411-1412 Pferdemarschall des Hochmeisters.

m41.jpg (14631 Byte) 9. und 10. D i e T ü r m e  a m H a u p t t o r der Vorburg und des Schlosses überhaupt, beide viereckig, der eine 7,10 m der andere 11,50 m = 40 Fuß groß. Es kommt im Hauskomturbuche auch die Bezeichnung Schnitzturm und Großer Turm vor. Sie gehören zur ältesten Anlage der Vorburgmauer. 1565 heißt es etwa ungenau: der Turm hat z w e i Dächer, 1636 führt diese Baugruppe den Namen Zwothurm.

1607 heißt der kleinere der Vogtsturm, der große der Turm des Unterstarosten, dazwischen lag das Sandtor. -  Die älteste Ansicht dieser beiden Türme findet sich auf der Zeichnung von Anton Möller 1587. Leider wurde der kleinere Turm noch im Jahre 1812 abgebrochen, entgegen der Kabinetts. Order vom August 1804. Nur das Erdgeschoß blieb stehen, es wurde 1857 zur Caponiere umgebaut. 1912 durch Steinbrecht wieder aufgebaut.  Die Tordurchfahrt mit 2 Torbogen ist im Erdgeschoß alt, das  Obergeschoß wurde ebenfalls 1912 aufgesetzt. Im Torwege jetzt eine Gedenktafel für den Hauptmann von Gayl, der 1854-1861  den Festungsbau in Marienburg leitete. Der Große Turm hat im Erdgeschoß ein schönes Sterngewölbe, vielleicht als Wachtstube für die Knechte des Tormeisters.

11. Dieser und die nächstfolgenden Türme haben in der Ordenszeit wenig archivalische Spuren hinterlassen. Vielleicht ist Nr. 11 der 1413 erwähnte Turm im Firmariegarten. 1565 heißt dieser: der   A n f a n g s t u r m in einer bis zum Danzker reichenden Reihe. Vielleicht ist dies der Turm beim alten Schnitzhause. Der Turm hat einen merkwürdigen unregelmäßigen Grundriß, vorn mit 3 regelmäßigen Achteckseiten, hinten nur kurz auf 1,5 m abgeschrägt, und zugleich ohne hintere Abschlußwand. Die hieraus sich ergebende Dachlösung zeichnet übereinstimmend der Maler des Danziger Artushof-Gemälde von 1481 und Anton Möller 1587. Im Jahre 1607 gehörte er auch dem Unter-Starosten. Der Abbruch der oberen Hälfte erfolgte wohl zur Zeit des brandenburgischen Sequesters 1629-1635, auf den Antrag des Oberstleutnants Streiff von Lauenstein. Dann wurde von den Polen der Turmstumpf vollends abgebrochen und die Turmfläche in das alte Schnitzhaus, damals Pferdestall, mit einbezogen. Die Grundmauern und ein Stück des Tonnengewölbes im Keller offenbarten aber das Geheimnis der alten Turmanlage. Wiederaufbau 1933.

12. Der z w e i t e T u r m dieser Reihe, war ebenso wie der vorige gestaltet nach Ausweis der unteren Mauern und der Möllerschen Zeichnung von 1587. Im Jahre 1607 hatte er noch 4 Stockwerke. Zerstörung wohl im 18. Jahrhundert. Erst 1928 wurden die Grundmauern wieder aufgedeckt.

13. D e r d r i t t e Tu r m ,,c zu r S t a d w e r t s« wird 1413 ausgebessert. Diese Bezeichnung paßt nur auf den nun folgenden südlichen Eckturm der Ostfront. Die Reste seiner Grundmauern sind jetzt völlig verschüttet. Dorothea Philippi zeichnet ihn noch 1756, er ist dann wohl nach 1772 bei Anlage des Neuen Weges abgebrochen.

14. Der nächste Tu r m dieser Reihe, schon in der Südmauer, 1607 hatte er ein Gewölbe und darüber 3 Stockwerke. Es stehen aber noch sichtbar Mauerreste von ihm. 


15. Ein Turm, 1565 als vierter dieser Reihe beschrieben, führte damals den Namen ,,Pforte«, denn unter ihm ist eine Brücke aus dem Hochschloß zur Stadt. Er bestand noch im 18. Jahrhundert, muß dann aber bei Anlage des preußischen Magazindammes abgebrochen sein. Steinbrecht hat lange vergeblich nach seinen Fundamenten gesucht, erst 1930 nach völliger Ausräumung des Südgrabens kamen sie zum Vorschein, und dabei ergab sich die überraschende Tatsache, daß die Fundament-Unterkante über der alten Grabensohle liegt und daß die etwas nachlässige Mauertechnik nicht mehr der Ordenszeit angehört. Diese Brücke, eigentlich nur ein Laufsteg, war der schwache Punkt in den Wehranlagen des Schlosses. Deshalb ließen die Polen hier einen Turm bauen, der die Brücke gegen Handstreich schützte. 1585 wird der Turm ohne Hinweis auf sein Alter beschrieben, muß damals also schon längere Zeit bestanden haben. Vielleicht ist er noch im 15. Jahrhundert, bald nach dem 2. Thorner Frieden erbaut. Im Turm waren 1562 ein kleiner Flur, ein Stübchen und zwei Kammern, doch wohl in zwei Geschossen, die Brücke war mit Pfannen gedeckt, der Verkehr ging durch den Turm, daher hieß dieser ,,die Pforte".

16.S p e r l i n g s - T u r m. Dieser Turm liegt am Westende der ältesten Südgrabenmauer, dort wo zugleich rechtwinkelig zu dieset die westliche Sperrmauer des Südgrabens abzweigt. Bei Anlage der Nogatmauer und bei Ausschachtung des äußeren Südgrabens baute man etwa 1330 diesen Turm, der sowohl das Burgtor nach der Stadt hin - an das Schuhtor der heutigen Schuhgasse - flankierte, wie auch den äußeren Südgraben bestrich. Aus dieser nachträglichen Einfügung erklärt sich auch der unregelmäßige, fünfeckige Grundriß. In der Benennung des Turmes wird stets der bestimmte Artikel ausgelassen, sie muß also von einem Personennamen entstanden sein. Tilo Sperling aus Heilsberg, seit 1342 nachweisbar, 1346 notarius publicus am bischöflichen Hofe in Wormditt, stand 1350-1355 im Dienste des Bischofs Johannes 1. von Ermland; nach dessen Tode, am 30. Juli 1355 oder erst 1356 nach dem Eintreffen des neuen Bischofs Johannes II., trat er in den Dienst des Hochmeisters Winrich von Kniprode als Notar, und die damals gebrauchte Benennung dann an dem Turme haften. Das alte Mauerwerk hat Ziegel von 8 1/2:15:30/31 cm Größe und 10,5 cm Schichtenhöhe. 

1411 ließ der Hochmeister Heinrich von Plauen ihn niedriger machen, er wurde "neddir gebrochen", 1412 wurden die Ziegel abgeputzt und dann arbeitete eine starke Zimmerer-Kolonne 7 Wochen lang an Sperlings Turm. Die Leute bauen ein Bohlwerk auf dem Turm, also ähnlich wie die Galerie am Schlosse Allenstein, und ferner eine Wehr auf der Grabenmauer, damit erhielt der Turm oben eine hölzerne Verteidigungsanlage vermutlich für die Verwendung von Hakenbüchsen.

1457 während der Verteidigung der Stadt Marienburg durch Bartholomäus Blume wurde der Sperlingsturm von der Bürgerschaft abgeschossen und das Tor daneben, das Schuhtor, von ihr mit einem Bollwerk verrammelt. Nach dem Friedensschluß 1466 muß dann eine Wiederherstellung des alten Zustandes erfolgt sein, denn Anton Möller zeichnet 1587 den Turm mit einem Fachwerks- Obergeschoß. 1565 werden nur die Keller des Turmes erwähnt. 1607 aber eine Wohnung mit 1 kleinem Zimmer. Der Zugang war immer von der Grabenmauer aus, am 18. Juli 1626 wurden Stadt und Schloß von schwedischen Truppen besetzt. Etwa 1628 bauten die Schweden einen 300 Fuß langen Minenstollen vom Schloßgraben nach dem Markt, um im Falle eines Sturmangriffes auf das Schloß das Vorgelände zu rasieren. Diese Mine nahm ihren Anfang unter dem Sperlingsturm. Nach dem Waffenstillstand von Altmark (26. September 1629) wurde Marienburg im November 1629 von kurbrandenburgischen Truppen besetzt und nahezu 6 Jahre lang durch einen brandenburgischen Gouverneur verwaltet. Von diesem haben wir einen Bericht über den Verteidigungszustand des Schlosses vom 6. Juni 1630, der die Mine am Turm ausführlich beschreibt, auch die Grabenmauer zum Turm wird noch erwähnt. Am 21. Juni 1635 wurde Marienburg den Schweden zurückgegeben, nach dem Waffenstillstand von Stuhmsdorf, 15. September 1635, kam Marienburg wieder unter polnische Herrschaft. Das Protokoll der 1636 vorgenommenen Baurevision erwähnt die Mine unter dem Turm. 1649 heißt es schon ,,der Turm ist ruiniert«. Damals begannen also schon Einstürze und Abbrüche. 1745 war der Turm im Privatbesitz. 1799 als wüste Baustelle bezeichnet - 1888 kaufte der preußische Schloßfiskus die Turmruine nebst dem angrenzenden Grundstück 488 zurück. Im Frühjahr 1939 begann die Wiederherstellung, die aber unvollendet blieb.

Auf dem Glacis vor der Vorburg-Ringmauer muß an der Nord- und Ostseite schon vor 1410 ein Niederwall mit Palisaden bestanden haben; der Hochmeister Heinrich von Plauen ließ das Bohlwerk 1411 ausbessern und vom Mai bis September 1413 eine Strecke Bohlwerk ganz umbauen. Sein Nachfolger Michael Küchmeister sicherte diese Verteidigungslinie durch zwei Torbauten mit Rundtürmen.

17. Der Turm hinter dem schibelichten Turme oder, wie wir heute sagen würden, hinter dem Buttermilch-Turm. Er ist 1417 erbaut und erhielt 1418 das Dach durch Nidus Juncfraw. Der Turm sollte den Zwinger vor dem Nordtor decken. 1656 war hier die Wohnung für einen Zehntner, der Turm hieß damals der nach Kaminke hin gelegene Turm, weil am anderen Nogatufer das Dorf Kaminke liegt. Um 1600 war er schadhaft, wurde dann aber vor 1607 noch ausgebessert. Im weiteren Verlauf des 17. Jahrhunderts wurde er dann wohl abgebrochen bis auf den jetzt noch stehenden Rest.

18. Der neue Turm auf dem Sande, erbaut vom Mai bis zum August 1418. Das Dach wurde 1419 aufgebracht. Alte Abbildungen zeigen das Marienburg-Gemälde im Danziger Artushofe und eine Zeichnung des Königlichen Ingenieurs Claus Janson von 1629 im Kriegsarchiv zu Stockholm. Hiernach war er im Obergeschoß mit einem Kranze von Blenden geschmückt. Wahrscheinlich wurde er bald nach 1630 auf die Hälfte abgebrochen und vollends im Verlaufe des 18. Jahrhunderts. Steinbrecht ließ ihn 1917 freigraben und entdeckte dabei das Grabengeschoß mit altem Kuppelgewölbe. 1927-1929 wurden die Obergeschosse wieder aufgebaut. Durch Königliche Kabinetts-Order vom 5. Mai 1918 wurde dem dabei gelegenen Tore der Name Hindenburgtor gegeben und damit erhielt dieser Turm den Namen Hindenburgturm. Der 80. Geburtstag des Reichspräsidenten am 2. Oktober 1927 wurde der Anlaß, daß nunmehr Reichsmittel für den Wiederaufbau des Turmes überwiesen wurden.

19.-24. Die nächsten 6 Türme sind G e s c h ü t z t ü r m e aus der Zeit des Hochmeisters Conrad von Erlichshausen (1441-1449). Ihnen allen ist gemeinsam die Anlage als Batterieturm, zur Aufstellung von großen Steinbüchsen in mehreren Geschossen. Unweit des Hindenburgtores steht zunächst der Eckturm, vorn halbkreisförmig, hinten gerade geschlossen, und zwischen beiden eine 1419-1420 erbaute hohe Streichwehr, deren Abbildungen die Jansonsche Zeichnung von 1629 bringt. Der Turm hatte damals im Wehrgangsgeschoß ausgemauertes Holz-Bindwerk, das vielleicht noch ordenszeitlich war. Im Jahre 1565 führte er den etwas rätselhaften Namen "Baba", das sich mit Großmutter, oder altes Weib übersetzen läßt. Eine Nebenbedeutung ist auch die als "Napfkuchen" und vielleicht hat die langgestreckte Grundrißform zum Vergleich mit einem hohen Topfe geführt. 1565 war er reparaturbedürftig. 1607 waren in ihm ein Balkenkeller und darüber zwei Zimmer und eine Kammer. 

Nach den Bestimmungen des Altmarker Waffenstillstandes vom 26. September 1629 wurde dem Kurfürsten von Brandenburg, Herzog in Preußen, die Verwaltung des Marienburger Gebiets übertragen, mit der Montauer Spitze, Marienburg und Stuhm. Im Mai 1630 erstattete der brandenburgische Oberst und Gouverneur zu Marienburg, Johann Streiff von Lauenstein, einen ausführlichen Bericht über die Beschaffenheit der 4 sequestrierten Orte mit Vorschlägen für die Verbesserung derselben. Darin heißt es von Marienburg. "An zweyen Türmen inwendig der Brücken müssen die Kappen abgebrochen und beyde verfüllet werden, damit auf jeden zwey Stücke gestellet ... werden müge(n)«. Damit sind die beiden Brücktor-Türme Nr.1 und 2 gemeint. Nach Erwähnung des Turmes an der Schleuse, also des Buttermilch-Turms, heißt es: "dan auch, daß der Thurm so hardt am Stalle abgetragen und ausgefüllet würde«. Das wäre der Turm Nr. 6. Hierauf werden das andere landeinwärts gelegene Tor, also das Schnitztor und die vier Türme auf dem Wall in dieser Front erwähnt, also wohl Nr.18-21 "von diesen vier Thürmen kann man einen abnehmen, und hoch ausfüllen lassen, dann gute Battereyen darauf zu machen".

Wahrscheinlich sind damals, 1630-1635 mehrere Türme in dieser Art verkürzt. Weitere Schäden brachte die 1656-1660 von den Schweden ausgeführte Bastionär-Befestigung dieser Ostfront, an beiden Ecken neben der Baba und vor Turm 22 wurden auf Erdanschüttungen große Bastionen angelegt. Die Schloßansicht im Gesangbuche von 1756 zeichnet diese Türme gleichmäßig niedrig. Die Bastionen wurden 1807 von französischen Ingenieuren instandgesetzt und dabei gingen die Ecktürme wohl zu Grunde.

Das Hauskomturbuch enthält noch Angaben über zahlreiche Türme, deren Lage sich aber nicht ermitteln läßt, obwohl sie sich unter den oben aufgeführten befinden müssen.

A. Turm beim Marschall 1411-1414 erwähnt, er wird auch einmal der eckichte genannt, 1411 niedergebrochen, d.h. in der Höhe verkürzt. Vielleicht der Turm Nr.7.

B. Der Turm des Mühlmeisters, er wird 1414 sechs Wochen lang bewacht, als der Hochmeister in Thorn war. Vielleicht in Begleitung des Mühlmeisters. Die Lage läßt sich nicht bestimmen.

C. ,,Der Capplan Thorm«, 1413, vielleicht ein anderer Name für den Pfaffenturm.

D. Pauls Turm: ,,1414 item 1/2 m vor czwee slos bey Pauwels torme czum tore«. Dieses könnte der Pulverturm Nr.8 sein, da unmittelbar neben ihm ein Tor liegt.

E. S t h u m e r s To r. Hannus Sthumer war im Jahre 1402 noch Bauer in Mielenz, (Konventsbuch S.92). In demselben Jahre wurde er Bürger von Marienburg, erscheint aber im August 1402 schon als Beamter des Hochmeisters (Treßlerbuch, S.179), alljährlich empfing er 1 Firdung Opfergeld. Später scheint er in die Burg gezogen zu sein, 1413 und 1414 wird seine Kammer genannt, die neu gedeckt wurde, 1413 und 1415 ,,Hans Sthumers thorm«. Es fehlt aber jeder Hinweis auf die Lage des Turmes.

1416 wird Hans Stumer, ,,der des hochmeisters pherde wartet« erwähnt (Hauskomturbuch S.233), er hatte also die Aufsicht im Marstall des Hochmeisters, war aber nicht Pferdemarschall, die Pferdeknechte waren ihm unterstellt. Sein Jahreslohn betrug 3 mr.

F. Turm des Herrn Niklos Terguwisch. 1413 und 1414 werden Schlösser an seinem Turm gemacht, der Dansk an seiner Behausung wird erwähnt. Dieser Landesritter wird schon 1409 im Treßlerbuch erwähnt, als er 20 mr Beihilfe zum Hengste erhielt, sein Gut T. lag im Kreise Löbau. In Marienburg hatte er vielleicht eine ähnliche Stellung, wie Dietrich von Logendorf, als Rat des Hochmeisters.

Alle diese Türme B-F müssen bewohnbare Räume mit Ofenheizung gehabt haben, vom großen Schnitzturm ist dies ausdrücklich überliefert, so wird es auch bei den anderen Türmen gewesen sein.

 

 
  Die Tore  
  Die Marienburg hatte 18 Tore und Pforten.   
  1.

B17.jpg (15003 Byte) D a s H o c h s c h l o ß - To r im Nordflügel. Die eigenartige Abweichung von der Flucht der Nordfront ist so zu erklären, daß die Anfahrt-Rampe zur Burg ur- sprünglich im Anschnitt in der westlichen Böschung des Burghügels lag und unmittelbar zur Fährstelle an der Nogat führte. Durch den Bau des Mittelschlosses wurde die Anfahrt von hier nach dem neuen Schloßhofe verlegt. Der Torbogen hat 2,59 m Lichtweite und 3,23 m Scheitelhöhe, er liegt in einer 13,7 m hohen Portalnische, wodurch die baukünstlerische Wirkung des Tores sehr gesteigert wird.

Der Orden hat hier vielleicht Erinnerungen aus dem Süden verwertet, die Einbettung des Tores in eine hohe Nische findet sich auch an der Stadtmauer  von Byzanz. Etwas näher läge freilich das Vorbild  an der Westfront des Münsters Karls des Großen  zu Aachen oder am Rheintor zu Andernach  a. d. 12. Jahrhundert, die den rheinischen Ordensbrüdern und ihren Baumeistern  sicher nicht unbekannt waren. Es kann aber auch  eine rein technische Überlegung zu diesem Baugliede  geführt haben. Das Tor liegt nicht fluchtrecht in der Nordwand wegen der eigenartigen Lage der Anfahrt, um nun oben für den Wehrgang und den Dachfuß  möglichst in die gerade Flucht dieses Flügels zu kommen, wurde der Bogen zwischen geschaltet und dann entstand  von selbst die hohe Lage des Bogens. Zugleich ergab  sich dadurch die Möglichkeit, ein Wurfloch zur Verteidigung des Tores einzubauen, wozu sonst ein vorgekragter  Erker notwendig gewesen wäre.

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Der Farbenwechsel, hier der roten und schwarzen Steine, ist unteritalienischen Bauten entlehnt. Bemerkenswert ist die Fülle der Einzelformen, das Gewände ist Granit, die Ablaufsteine und die Kampfergesimse sind Gotländer Kalkstein. Den Bogenrücken umziehen Dreipaßsteine von 34 zu 47 cm Größe. Die Ecke der großen Nische hat einen Rundstab, dessen eigenartige Kapitäle mit Menschenköpfen verziert sind. In der einen Ecke ist eine zweimalige Übersetzung, um den Winkel auszugleichen und für ein Fenster gleichmäßigere Leibungen zu erzielen. Der obere Abschlußbogen, der die Wehrgangssohle trägt, hat einen 0,44 zu 1,74 m großen Schlitz, eine Gußscharte als Verteidigungsmittel. Alle einzelnen Teile des Tores sind alt und gut erhalten, es ist reich in der Erfindung und handwerklich sehr sorgfältig gearbeitet. Die Verwendung von Tonbildwerken aus lufttrocken gebrannten Tön ist beachtenswert. Der alte Torflügel war Ende des 18. Jahrhunderts noch vorhanden. Das Frick'sche Kupferstickwerk enthält eine Abbildung nach einer Aufnahme Rabes, beim Magazinbau wurde er beseitigt, 1799-1800. Der Torverschluß ist einflügelig mit einer 0,6 zu 1,15 m großen Schlupfpforte, das Wappen im Scheitel ist noch nicht gedeutet.

Rechts neben dem Tor sind zwei kleine Sehschlitze für die westliche Pförtnerzelle. Innen sind zu jeder Seite des Tores Pförtnerzellen; von der westlichen aus wurde der Sperrbalken bedient. In der Mitte des Torweges ist nochmals ein Verschluß durch einen jetzt erneuerten Torflügel. Vor dem Tor liegt der im Mittel 7,1 zu 14,5 m große Zwinger, von dem aus auch Zugänge zu den Parchamen führen. Das Zwingertor hat einen großen Torbogen für Fahrzeuge und einen kleinen für Fußgänger. Diese Anlage ist in der Beschreibung von 1565 beglaubigt. Das jetzige Zwingertor ist 1894 erneuert, über ihm liegen die Winden für die beiden Zugbrücken. Das Bildwerk über dem großen Tor ist dem Reiter im Burgtor von Birgelau nachgebildet.

1a. Bei Umbau des Hochschlosses zur Infantene-Kaserne, 1774, wurde im Südflügel eine Durchfahrt angelegt, und hierzu wurden Tore in die Umfassungsmauern eingebrochen. Das Tor in der Außenmauer hatte ein rundes Oberlicht mit Sandsteingewände, auf das sich oben die Löwenhaut  des Herakles legte. Die Torgewände wurde mit Trophäen dekoriert.

Das Portal wurde 1895 beseitigt, doch sind die Werkstücke noch erhalten.

 
  2.

B12.jpg (31437 Byte)Das M i t t e l s c h l o ß t o r, im Nordflügel desselben. Beide Portalgewände, in der Hofmauer und in der Außenmauer sind alt. Auch hier inmitten der Durchfahrt noch ein Zwischentor. Das hofseitige Portal liegt in einer Blende mit geringer Überhöhung, das feldseitige liegt in einer 13 m hohen Blende und hier tritt etwas Neues auf: in den Seitenmauern der Blende liegt die Fallgatterbahn. Es liegt hierin eine Vermehrung der Torsicherungen, die den älteren Burgen, wie z. B. Birgelau oder Lochstedt, und ja auch dem Marienburger Hochschloß noch fehlt. Die Anwendung dieser Fallgatter ist uralt, wie finden sie schon an der Porta nigra in Trier, hier hängt das hochgezogene Gatter aber vollständig hinter der Außenmauer. An den Stadttoren von Aachen (Marschiertor um 1300) ist schon die hohe Tornische gebaut, aber das Gatter hängt auch innen.

Der Marienburger Baumeister nimmt nun die hohe Bogenblende des Hochschlosses auf und legt die Fallgatter-Bahn in die Laibung dieser Blende, damit das Gatter außen hängt. Diese Anordnung wiederholt sich 1319 am Markentor zu Elbing. Die Stube mit der Gatterwinde würde in Marienburg im Wehrgang liegen und dadurch die Verteidigung gerade über dem Tor behindern, daher wird der Torbau hier turmartig erhöht. Zeitlich ist das Mittelschloß-Tor spätestens in das zweite Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts zu setzen. Etwa um dieselbe Zeit wird die Burg Rheden gebaut, mit gleicher Blende- und Fallgatteranlage. Dann folgen die beiden alten Stadttore zu Marienburg, das Steintor zu Pr. Holland, und der Torturm der Burg Roggenhausen, als letzte Mitte des 14. Jahrhunderts das Heilsbergertor zu Bartenstein und das Schloßtor zu Heilsberg. Nachher wird diese Bauweise nicht mehr angewandt. Die Verstümmelungen waren in Marienburg recht erheblich, Wiederherstellung 1907.

Der Zwinger, regelmäßig angelegt, ist 5,35 zu 8,20 m groß, das vordere Tor hat nur im Kern noch alte Mauerwerkteile.

Das äußere Tor am anderen Ende der Brücke ist jetzt nur als Gittertor gezimmert. Gilly-Frick Taf. XIV Nr.1 sicher bekannt. Hiernach hing die Brückenklappe an Schwungruten, die im mittleren Drehzapfen pendelten.

Es folgen nun die Tore in den äußeren Ringmauern, zunächst an den Vorburgen usw. des 14. Jahrhunderts.

 
  3.

Die Stadtpforte, vom Südparcham über die Südgräben nach dem Kirchhofe der städtischen Pfarrkirche St. Johann führend. Die Brücke wird 1565 genannt, muß aber 1456 schon vorhanden gewesen sein, als auf dem St. Annen Kirchhof Verhandlungen stattfanden. Die 1414 genannte Zugbrücke bei Sperlings Turm kann nur diese Brücke gewesen sein. Auf dem Johannes-Kirchhofe fanden sich 1930 beim Mauerbau die Grundmauern einer kleinen Pförtnerzelle von 2,9 zu 2,65 m inneren Maßen. Die Bewachung der Brücke erfolgte also durch den Orden. Die Brücke wurde 1773 für den Karsernenumbau erneuert, dann um 1800 abgebrochen und durch einen breiten Damm ersetzt. Dieser wurde 1884 wieder abgetragen und statt seiner abermals eine Fußgängerbrücke gebaut, die dann 1923 wegen Baufälligkeit abgebrochen wurde.

 
  4.

Das H a u p t t o r der Burg, 1412 das Tor auf dem Sande, heute das Schnitztor, genannt; hier sind die Mauern der Tor-Kammer und die beiden Portale alt, sie haben zwischen den Gewänden eine Lichtweite von 3,02 m, sind also weiter als das Hochschloßtor. Das vordere Tor hatte Schlitze für die Schwungruten der Klappbrücke, gleicht darin also den Toren des Mittelschlosses der Marienburg und der Burg Stuhm. Die Torwarts-Zelle lag wohl im kleinen Turme. Der große Turm hat im Erdgeschoß ein schönes Stemgewölbe, vielleicht war hier die Behausung des niedersten Tormeisters.

 
  5.

Eine Ausfallpforte zum Graben hin südlich neben dem Pulverturm, von 3,06 lichter Weite.

 
  6.

In der Nordmauer die Pforte hinter dem schibelichten Turme 1417 erwähnt.
1856 beim Festungsbau erneuert.

 

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