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18. Oktober 1813
Der Kaiser hatte am Abend des 17. Oktober sein
Hauptquartier nach Stötteritz verlegt in das Zentrum der neu
ausgewählten Stellung. In Probstheida überwachte er selbst die
Aufstellung seiner anmarschierenden Regimenter. Von Probstheida fuhr der
Kaiser nach Reudnitz zum Marschall Ney, der die Aufgabe bekommen sollte,
mit den Korps Marmont und Reynier den linken Flügel der französischen
Stellung gegen Blücher und Bernadotte zu decken. Das Korps Souham,
zwischen Schönefeld und Volkmarsdorf aufgestellt, sollte unterstützen.
Es galt für Ney auf jeden Fall die Verbindung mit Macdonald aufrecht zu
erhalten, den inneren Ring, den fest zusammengezogen, die französische
Armee bildete, geschlossen zu halten, um unter dessen Schutz den Rückzug
antreten zu können.
Es sollte dann ein Korps nach dem anderen aus der
Linie gezogen werden, während sich die bleibenden enger zusammenschlossen
und auf Hieb und Stoß gegen den andrängenden Feind wehrten. Es sollte
nicht ein nächtlicher Rückzug werden, sondern vielmehr ein Rückzug bei
hellem Tage und im langsamen Schritt, ein Rückzug, der eine imposante
Haltung behauptete und ohne Hindernis durch das lange Defilee von Leipzig
nach Lindenau bewerkstelligt werden könnte. Und in der Tat war ja diese gewaltige Schlacht des 18.
Oktober ihrem ganzen Stile nach nichts als eines der größten
Rückzugsgefechte. |
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Schon in der Morgenfrühe war bekannt geworden, daß
die Franzosen sich aus den vorgestern behaupteten Stellungen
zurückgezogen hatten. Das Dorf Wachau lohte am nächtlichen Himmel auf,
und als ein österreichischer Oberstleutnant von der Vorpostenlinie eine
Patrouille hinschickte, fand man diesen Schlüsselpunkt des 16. Oktober
bereits verlassen.
Lößnig, Dölitz, Dösen
Der allgemeine Angriff der verbündeten Armeen war auf
7 Uhr früh befohlen, aber die ausdrückliche Bestimmung des Oberkommandos
wünschte ein übereinstimmendes Handeln der einzelnen Kolonnen, um keine
einer Niederlage auszusetzen. Als aber der Erbprinz von Hessen-Homburg bei
seinem Vorrücken die bisherigen Stellungen der Franzosen leer fand, ging
er über Wachau und Markkleeberg vor, in welcher Linie er eigentlich
warten sollte, nahm im heftigen Vordringen die Dörfer Dösen und Dölitz
und wandte sich, unterstützt von den links der Pleiße stehenden
österreichischen Truppen, gegen Lößnig. Marschall Augereau, der hier
befehligte, sandte um Unterstützung ins Hauptquartier, und auch dem
König Murat schien die Sache bedenklich zu werden. Aber der
Schlachtenmeister an der Tabaksmühle nutzte gerade diesen Augenblick, der
seinen Unterführern bedenklich schien. Marschall Oudinot wird mit der
Division Decouz, zwölf Bataillonen Junger Garde, in die Bresche geschickt.
Sein Angriff reißt die Truppen Augereaus und Poniatowskis mit vor.
Lößnig, in welches die Osterreicher schon eindringen wollen, wird
gesichert, Dölitz im heftigen Sturm erobert und leergefegt. Und schon
bricht die Woge des Angriffs gegen Dösen. Fürst Schwarzenberg ist selbst
zur Stelle. Er sendet nach dem Grenadierkorps Rajewski‚ sendet an den
Feldzeugmeister Gyulai, der doch eigentlich dem umstellten Löwen den
Ausgang von Lindenau wehren soll, sofort auf Cröbern zu marschieren, um
das Loch stopfen zu helfen. Inzwischen schnellt die Division Weißenwolf
vor, die noch bei Markkleeberg steht. Im Laufschritt, unter der Last der
Waffen und Tornister keuchend, eilen die Weißenwolf-Grenadiere herbei. Es
ist höchste Zeit, die Bataillone der Brigade Beck kommen aufgelöst und
zermürbt von dem Dorfkampf eben aus Dölitz zurück. Da wirft sich das
Bataillon Call hinein. Die Grenadiere dringen mit gefälltem Bajonett in
Dölitz ein und stürmen jäh bis an das andere Ende hindurch. Bataillon
Fischer, Bataillon Portner folgen. Der Erbprinz von Hessen-Homburg sinkt
schwer getroffen zusammen, aber das Dorf wird zurückgewonnen, und keine
Anstrengung der Franzosen vermag es wieder zu erobern. Aber inzwischen hat
Oudinot Dösen angegriffen. Die zum Schutz des Dorfes aufgestellte Batterie
wird von französischer Kavallerie attackiert und zurückgetrieben.
Barclay de Tolly |
Aber
auch hier treffen rechtzeitig Unterstützungen ein, und es gelingt, die
Franzosen zurückzudrängen. Inzwischen war auch General Barclay de Tolly mit der
zweiten Angriffskolonne vorgegangen, links General von Kleist mit seinen Preußen,
rechts Graf Wittgenstein, im Rückhalt die russsisch-preußischen Garden
und Grenadierreseryen. Die Dörfer Wachau und Liebertwolkwitz waren
leer. Um die Zeit, als die zweite Kolonne vor Probstheida
eintraf, war es, daß der Ang ersten Kolonne Hessen-Homburg von den Gardebataillonen
Oudinots zurückgeschlagen wurde. Das Gefecht wurde durch das persönliche
Eingreifen des Fürsten Schwarzenberg wiederhergestellt. Dennoch beschloß
man in Probstheida zu warten, bis Hessen-Homburg und die dritte Kolonne
nach rechts, Bennigsen wieder in gleicher Höhe und im Vorrücken waren. |
Vor den Mauern Probstheidas entwickelte sich ein lebhaftes
Plänklergefecht, und es fuhren Batterien schwersten Kalibers auf, die
begannen, ihre Geschosse in das Dorf zu werfen. Probstheida war damals
eins der größeren Kirchdörfer im Leipziger Sprengel, etwa eine Meile
vor der Stadt. Es hatte eine Reihe massiv gebauter Häuser, und seine
Gärten waren von festen Lehmmauern eingefaßt. Die Franzosen hatten sich
in den wenigen Stunden der Nacht vorzüglich auf die Verteidigung
eingerichtet, und eine Zickzackkette von Batterien umkränzte das Dorf.
Dahinter standen die Kolonnen von Victor und Lauriston fertig in der
Schlachtordnung, und die Alte Garde konnte jeden Augenblick im Notfalle
eingreifen. Dieser spitze, scharf vorspringende, todbringende Winkel war
der Schlüsselpunkt der Stellung der französischen Linie. Diesem Bollwerk
gegenüber standen die Truppen der zweiten Kolonne Barclays.
Der Führer des russischen Reserveheeres und der
Oberkommandierende der dritten Angriffskolonne Baron Bennigsen fand wie
die anderen Kolonnen das Bild vor seiner Front am 18. früh völlig
verändert. Hätte der Herzog von Tarent, Marschall Macdonald, noch die
Punkte der äußeren Linie, den Kolmberg, Klein-Pösna und die anderen
eroberten Vorwerke und Dörfer gehalten, so wäre es bei der Ubermacht
Bennigsens wohl möglich gewesen, den französischen Marschall zu
überflügeln. Aber Bennigsen fand, als er vorging, diese Dörfer geräumt
und den französischen Ring so eng an Leipzig herangezogen, daß er auf
seinem rechten Flügel erst Verbindung mit der Nordarmee des Kronprinzen
von Schweden und der Schlesischen Armee Blüchers suchen mußte, wenn er
nicht selbst Gefahr laufen wollte, plötzlich in der Flanke angegriffen zu
werden. Er hatte den Kosakenhetman Graf Platow damit beauftragt, die
Verbindung mit Bernadotte und Blücher herzustellen. Platow umging den
äußersten linken Flügel der französischen Stellung und saß plötzlich
zwischen den im Rückzuge begriffenen Trains des Korps Macdonald. Am
Vorwerk »Heiterer Blick« östlich von Paunsdorf stieß Platow auf
preußische Kavalleriepatrouillen der Schlesischen Armee, und nun wußte
man, daß man wenigstens auf diese zählen konnte.
Holzhausen und Zuckelhausen
Trotz dieser veränderten Verhältnisse mußte General
Bennigsen danach streben, die gleiche Angriffshöhe mit den benachbarten
Kolonnen einzuhalten. Die ersten bedeutenden Hindernisse, auf welche er
stieß, lagen in den Dörfern Holzhausen und Zuckelhausen mit dem in der
Mitte dahinterliegenden stark befestigten Steinberg. Der Herzog von Tarent
hatte vorzügliche Anstalten getroffen, diese Dörfer zu verteidigen. In
Holzhausen stand die Division Charpentier, dieselbe, die am 16., Gewehr im
Arm, den Kolmberg gestürmt hatte. Zwei Stunden lang währte das blutige
Ringen um Holzhausen, und als es den Osterreichern endlich gelungen war,
unter den schwersten Verlusten Holzhausen zu nehmen, warf Macdonald seine
ganze Reiterei, die er zur Hand hatte, auf ihre Reserven und stürzte sich
selbst an der Spitze der Infanterie in das Dorf, die eingedrungenen
österreichischen Kolonnen vor sich her stoßend. Als sich aber gegen 1
Uhr mittags die starke Übermacht Bennigsens mehr und mehr entwickelte und
das Dorf von drei Seiten angegriffen, geriet die Division Charpentier in
Auflösung und flutete in Unordnung aus dem Dorf gegen den Steinberg
zurück.
Sobald Holzhausen geräumt war, ließ sich auch das
Nachbardorf Zuckelhausen nicht mehr halten. Dies Dorf war von deutschen (rheinbündischen)
Bataillonen besetzt. Es waren badische und hessische Truppen, die hier mit
starker Energie und Zähigkeit gegen ihre deutschösterreichischen und
preußischen Landsleute kämpfen mußten. Als die Dörfer in seinen Händen waren, beschloß
Bennigsen sofort den Angriff auf den Steinberg, welcher von der Division Gérard
verteidigt wurde. Als Marschall Macdonald die Angriffskolonne aus
Holzhausen und neben Holzhausen vorbrechen sah, schickte er seine
Kavallerie unter den Generalen Sebastiani und Walther (zur Unterstützung
gesandte Gardekavallerie) entschlossen vor. |
Bennigsen
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So geschickt die Attacke
geritten wurde, sie brach sich an den Karrees der russischen Regimenter
Smolensk und Narwa, und als gleichzeitig General Strogonow die Reiterei
seiner Avantgarde eingreifen ließ, russische Ulanen und Husaren, wichen
die französischen Reiter zurück. Als jetzt die Division Gérard auf dem
Steinberg die überlegenen Kolonnen der österreichischen Infanterie
herankommen sahen, verlor sie die Haltung und ging zurück, ohne den
Angriff abzuwarten. In diesem Augenblick setzte auf Befehl des Generals
Barclay, der den Rückzug Gérards bemerkte, Graf Pahlen mit seiner
Kavallerie ein. Er suchte die Division Gérard vor dem Erreichen der
Hauptstellung bei Probstheida abzuschneiden. Schon saßen seine 3.
Kürassiere zwischen der Artillerie vor Probstheida, als Graf Pahlens
Pferd ihm unter dem Leib erschossen wurde. So konnten die Franzosen ihre
Geschütze retten, und das alsbaldige Vordringen ihrer Infanterie wies den
Kavalleriestoß zurück. Der Steinberg, die Dörfer Zuckelhausen und
Holzhausen waren also in den Händen der Verbündeten, und General von
Zieten nahm seine Geschütze vor die Front, die Kanonade auf Probstheida
eröffnend.
Inzwischen war General Graf Bubna, der den rechten
Flügel der Armee Bennigsen führte, weniger glücklich gewesen. Er hatte
vor sich in Paunsdorf das Korps Reynier, die Sachsen und die Division
Durutte. Zwar drangen seine 6. Jäger und seine Grenzer wiederholt in
Paunsdorf ein, und es gab einen heißen Kampf um den Besitz des Dorfes.
Aber die vereinigten Sachsen und Franzosen warfen die Osterreicher zweimal
wieder hinaus. General Bubna konnte nicht auf Erfolg rechnen, bevor nicht
der Kronprinz von Schweden heran war, um sich seinem rechten Flügel
anzuschließen, denn dieser rechte Flügel Bubnas stand frei in der Luft,
solange nicht die Nordarmee den Ring schloß. Graf Platow, der
Kosakenhetman, hielt aufmerksam Wacht.
Schlacht um
Paunsdorf |
Als Reynier plötzlich die Division
Durutte vorschickte, um seinen Gegner von rechts zu überflügeln, gab
Platow dem Grafen Bubna sofort Nachricht, und der österreichische Graf
mußte seine ganze Division einsetzen, um sich seiner Haut zu wehren. Es
war in dieser Stunde, als sich bei energischem Vorstoß gegen diesen
rechten Flügel der Verbündeten wohl ein Erfolg auf französischer Seite
hätte erzielen lassen; aber Michel Ney zeigte sich in diesen Leipziger
Tagen weder am 16. noch am 18. Oktober auf der Höhe seines Ruhmes. |
Die württembergische Reiterbrigade wechselt die
Fronten
Graf Normann stand mit seiner württembergische
Reiterbrigade und der reitenden Batterie des Leutnants Fleischmann weit
vorgeschoben gegen Taucha hin. Vor seiner Front entwickelten sich bereits
die Kavallerievortruppen des Korps Wintzingerode. In seinem Rücken stand
der Hetman Graf Platow. Graf Normann mit seinen Geschwadern war dem Korps
Marmont zugeteilt. Aber König Friedrich von Württemberg hatte dem Grafen
empfohlen, seine Truppen »äußerst zu schonen und sich im übrigen in
jedem Falle mit seinem Vorgesetzten, dem Generalleutnant Graf Franquemont,
in Verbindung zu setzen.
In dieser Lage zwischen zwei Feuern und bei einem
Angriff von zwei Seiten schlechterdings verloren, wußte Normann nicht
recht, wie er handeln sollte. Außerdem wußte der Graf, daß Bayern
bereits zu den Verbündeten übergetreten war, und daß der König seine
Truppen im Falle eines Rückzuges nicht bei den Franzosen lassen, sondern
nach Württemberg zurückziehen wollte. Es war wirklich eine böse Lage,
in welcher sich dieser General befand. Sein Vorgesetzter, Graf Franquemont,
war bereits mit dem General Bertrand nach der Saale abmarschiert. In
Lindenau erreichte ihn soeben noch ein Kürassieroffizier der Brigade
Normann, der um Verhaltensmaßregeln bat. Aber bevor dieser Offizier
zurück war, hatte Normann schon gehandelt. Normann führte seine Brigade,
die übrigens nur 556 Mann stark war, und seine Batterie, von der nur noch
ein Geschütz brauchbar war, dem Kosakenhetman Graf Platow zu. Er
erklärte zwar dem Kosakenführer, daß er nicht ohne Befehl seines Königs
gegen die Franzosen fechten würde. Einstweilen wurde die Brigade zu den
österreichischen Reserven in die letzte Schlachtlinie gesandt. Inzwischen hatte es Graf Bubna nicht leicht, sich gegen
die Stöße Reyniers zu behaupten. Die Division Durutte, die zum größten
Teil aus Strafsoldaten bestand und bei Großbeeren völlig versagt hatte,
schlug sich hier bei Paunsdorf sehr tüchtig.
Aber während ihre Kolonnen
gegen die rechte Flanke Bubnas operierten, trafen die ersten Bataillone
der Nordarmee ein, das Korps des General Bülow, die Ostpreußen der
Division Hessen-Homburg. Noch war Paunsdorf von zwei französischen und
zwei sächsiscchen Kompanien besetzt. Jetzt wurde die Sache anders. Die
durch preußische Batterien und eine englische ganz neuartige
Raketenbatterie verstärkte Artillerielinie drang bis auf
Kartätschenschußweite an die französische Stellung heran und
erschütterte durch ihr Feuer die Haltung der Franzosen. Und dieser
Augenblick, wo die Division Durutte zurückging und Paunsdorf im Sturm
genommen wurde, brachte eine weitere Schwächung der französischen
Stellung mit sich: das längst Gefürchtete geschah, die Sachsen gingen in
Massen zu den Verbündeten über. |
Kampfszene
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Die Sachsen wechseln die Seiten
Graf Reynier erkannte die Stimmung der Sachsen recht
gut. Er hatte dem Kaiser bereits Meldung gemacht, und sein Vorschlag, die
sächsischen Regimenter noch rechtzeitig vor Beginn des Tages nach Torgau
abmarschieren zu lassen, fand Gehör. Aber es war zu spät: Die Straße
nach Torgau war nicht mehr offen. Nun mußte Reynier sich behelfen, wie es
ging. Auch Marschall Ney, Fürst von der Moskwa, hatte bereits befohlen,
die wichtigsten Punkte durch französische Truppen zu besetzen. Indes
blieb die Reiterbrigade der Sachsen im Vorterrain stehen, ungefähr in
gleicher Höhe wie Graf Normann mit seinen Württembergern. Als Graf
Normann überging, dachten auch die Sachsen an das Wechseln der Seiten.
Man sandte den Premierleutnant von Ziegler zu der rückwärts stehenden
Infanterie, um den Entschluß der Kavallerie anzuzeigen und zur Mitwirkung
aufzufordern. Aber General von Zeschau erklärte bestimmt, daß er ohne
den ausdrücklichen Befehl des Königs nichts tun werde, was seiner
Pflicht entgegen sei.
Doch kaum hatte der Leutnant diese Meldung an den Major
Fabrice gemacht, als auch schon die sächsischen Reiter ihre Säbel in die
Scheide stießen und in schnellem Trab auf die Kosaken lossprengten, die
ihnen gegenüberstanden. Auch das Bataillon Sahr, welches an die
Parthewiesen vorgeschoben war, benutzte einen günstigen Augenblick, um
sich bei den Kosaken zum Übertritt zu melden. Die Sachsen sollten nunmehr
mit den Verbündeten kämpfen, was allerdings bei den preußischen
Generalen schlecht ankam. In erster Linie Bülow wollte nichts davon
wissen, daß seine preußischen Landwehren mit denselben Sachsen jetzt
Schulter an Schulter fechten sollten, die sich noch vor kurzem bei
Großbeeren und Dennewitz so feindselig gezeigt hatten. Jetzt, da es mit
dem großen Kaiser und Schutzherrn zur Neige ging, kamen sie endlich an,
und es war sehr wahrscheinlich, daß die Landwehrleute, die mit diesen
Sachsen vor kurzem noch Kolbenduelle unter den schwersten Bedingungen
ausgefochten hatten, auf die neue Waffenbrüderschaft sauer waren. So
wurden die Sachsen hinter die Front geschickt und kamen nicht zur
Verwendung.
Wie stand es inzwischen mit der Hauptmacht der Sachsen?
Die sächsischen Männer taten in Paunsdorf und hinter Paunsdorf ihre
Pflicht im Dienste der Franzosen. Bei weiterem Vordringen der Division
Bubna wurde die erste Brigade näher an die Gärten von Sellershausen
zurückgenommen, die reitende und die sechspfündige Fußbatterie aber
neben der zwölfpfündigen aufgefahren. Mit Ungeduld erwartete man den
Hauptmann von Nostitz, der vom General an den König entsandt war, um
Verhaltungsbefehle einzuholen.
Friedrich August
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Die Antwort Friedrich Augusts war klar und
deutlich:
»Herr Generalleutnant von Zechau! Ich habe stets
Vertrauen in meine Truppen gesetzt und tue es in dem gegenwärtigen
Augenblicke mehr als jemals. Die Anhänglichkeit an meine Person können
mir solche nur durch Erfüllung ihrer Pflichten beweisen, und ich bin von
Ihnen gegenwärtig, daß Sie alles anwenden werden, um selbige dazu
anzuhalten. Hiermit bitte ich Gott, daß er Sie in seinen heiligen Schutz
nehme.
Leipzig, den 18. Oktober 1813
Friedrich August«
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Als General von Zeschau diese königliche Botschaft
erhielt, war er trotz seiner durchaus deutschen Gesinnung entschlossen,
seine Pflicht zu tun. Aber er stieß bei seinen Divisionären, dem Oberst
von Brause und dem General von Ryssel, auf entschiedenen Widerspruch.
Besonders Ryssel erklärte: » Er sei nun auf den Punkt gekommen, wo er
Gott mehr gehorchen müsse, als den Menschen, und dem Vaterlande mehr als
dem Könige, zumal einem Könige, der in seinen Handlungen unfrei sei.«
So war der Übergang bei den Divisionären beschlossene Sache.
Es war in dem Augenblick, als die Brigade
Hessen-Homburg mit ihren Vortruppen in den Kampf eingriff und die Division
Durutte vollständig engagiert war, als Graf Reynier befahl, die
zwölfpfündige Sachsenbatterie solle hinter Sellershausen zurückgehen.
Aber plötzlich sah man, wie die ganze Artillerie der Sachsen in
Sektionskolonnen abschwenkte und in vollem Trab den Weg gegen den Feind
nahm. Diese Wendung sah so sehr einem entschlossenen Angriff ähnlich,
daß die Reiterdivision Defrance annahm, die Sachsen wollen angreifen.
Aber bald wurde den Franzosen klar, was hier vorging. Der Artillerie
folgten in schnellem Tempo die erste und gleich darauf die zweite Brigade
der Infanterie, während ein vorausgeschickter Adjutant die bisherigen
Feinde von dem Vorhaben der Sachsen unterrichteten sollte.
Zunächst glaubte General von Zeschau, daß es sich
hier um einen mißverstandenen Befehl Reyniers handle, aber dann, als er
sah, wie der französische General selbst der Artillerie nachsprengte, und
sie aufzuhalten suchte, wurde auch dem armen Kommandierenden alles klar.
Er befahl daher dem Bataillon Prinz Friedrich haltzumachen. In der Tat
gelang es der Autorität Zeschaus, einen Teil der Bataillone Friedrich und
Anton zum Stehen zu bringen und im ganzen ungefahr 600 Mann mit ihren
Offizieren zurückzuführen. Besonders das Bataillon Prinz Friedrich, das
überhaupt nicht mehr wußte, was mit ihm war, wurde in der Front von der
englischen Raketenbatterie beschossen und von den Franzosen vom Rücken
her. Auch Marschall Ney hatte ein wachsames Auge auf die Sachsen und
befahl, als er den Vorgang sah, einer Brigade der Division Defrance
einzureiten und die Sachsen zurückzutreiben. Indes, schon hatten die
Kosaken und Kavallerieschwärme der Vorhut General Strogonows sich
zwischen die Sachsen und ihre Verfolger geworfen und trieben die
französische Kavallerie nach kurzem Handgemenge zurück.
Die Kunde von dem plötzlichen Übertritt der Sachsen
ging wie ein Lauffeuer durch die Angriffskette der verbündeten Armee. Auf
dem Monarchenhügel empfingen Alexander, Friedrich Wilhelm und Kaiser
Franz die sächsischen Generale. Alexander, wie immer begeistert, sagte
den sächsischen Herren die größten Schmeicheleien, und Kaiser Franz
meinte in seinem wienerischen Dialekt: »Haben‘s endlich a so g ‘scheit
gemacht wie mir.« Den richtigen Ton traf in seiner Trockenheit der
Preußenkönig, der kurz sagte: »Haben etwas lange auf sich warten
lassen«. Im ganzen gingen etwa 3.200 Sachsen mit 19 Geschützen
und 550 Württemberger mit einem Geschütz zu den Verbündeten über. Zur
Verwendung gegen die Franzosen kamen von dieser Macht nur vier sächsische
Geschütze. |
Friedrich Wilhelm
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Napoleon warf, nachdem ihm der Übergang gemeldet wurde,
eine Brigade seiner Garde, die Gardekavallerie unter General Nansouty und
20 Geschütze reitender Artillerie in die Lücke. Noch waren die
säschsischen Leibkürassiere und das sächsische Gardebataillon, das der
Kaiser der zweiten Division seiner Alten Garde zugeteilt hatte, in
unmittelbarer Nähe der kaiserlichen Person. Als dem Kommandeur der
Gardereiter, dem General Lessing, der Übergang der Sachsen bekannt wurde,
ließ der General den König um seine Befehle bitten. Aber von Friedrich
August kam nur die knappe Entscheidung: »Meine Leibkürassiere haben
stets ihre Schuldigkeit zu tun gewußt.«
Blücher und Bernadotte
Der General von Podewils hatte Blücher und seinen Stab
zu einer Konferenz mit Bernadotte und seinem Stab nach Breitenfeld
eingeladen. »Ich gehe nicht hin«, sagte der alte Blücher, »was soll
das Konferieren. Hol‘ der Teufel den Schubiak!« Gneisenau, dem ohnehin
der Kopf von den vielen Geschäften, die auf ihn eindrangen, brummen
mochte, hatte alles Menschenmögliche zu tun, um den Alten zur
Nachgiebigkeit zu stimmen. Schließlich brummte Blücher: »Wenn es denn
doch schon nicht mal ohne Konferenz abgehen soll, muß ich selber dabei
sein.« In Begleitung Gneisenaus, des Prinzen Wilhelm, des Königsbruders,
und des Majors Rühle von Lilienstein, der schon öfter mit Bernadotte
unterhandelt hatte, begab sich der preußische Feldherr in der Frühstunde
des 18. Oktober nach Breitenfeld. Er traf im Zimmer des Kronprinzen
bereits die Kommissare der verschiedenen Staaten an, die alle auf den
Gascogner einredeten, um ihn zum Vormarsch zu bringen. Blücher bestand
kurz und knapp auf seiner Forderung. Er verlangte: Der Kronprinz solle mit
der Nordarmee auf dem linken Flügel der Schlesischen Armee die Parthe
überschreiten und die Franzosen angreifen. Wollte er das nicht, so solle
Prinz Wilhelm, der Bruder des Königs, den Oberbefehl über das Bülowsche
Korps nehmen und vereint mit der Schlesischen Armee handeln.
Bernadotte |
Als der Kronprinz an Langeron den Befehl schickte, bei
Taucha über die Parthe zu gehen, korrigierte Blücher ihn eigenmächtig
und ließ dem Kronprinzen sagen, der General würde sofort die Parthe
überschreiten und in der Gegend von Nauendorf seine weiteren Befehle
erwarten. Er behielt es sich vor, das Tun Bernadottes zu überwachen, und
daß er das tat, war gut. Schon gegen 9 Uhr gewann General Langeron
Fühlung mit dem Feinde. Seine Infanterie war zum Teil auf schnell
geschlagenen Brücken übergegangen, zum Teil durch den Fluß gewatet. Es gelang dem General Langeron, seine
Artillerie auf dem
Keulenberg so zu postieren, daß die Artillerie des Generals Marmont, die
ihm gegenüber stand, zum Schweigen gebracht wurde. Blücher war selbst
zur Stelle und überwachte den Übergang des eigensinnigen Russen. |
Gohlis und Pfaffendorf
Blücher war es denn auch, der General Sacken gegen
Leipzig vorschickte und Yorck folgen ließ. Die Vorstädte um Leipzig und
das Hallesche Tor wurden um jene Zeit, nachdem die Württemberger mit
Bertrand abmarschiert waren, von den Resten der Division Dombrowski
verteidigt. Als Oberst Gourgaud, der erste Ordonnanzoffizier Napoleons,
die Lage nördlich von Leipzig erkannte, jagte er nach Stötteritz
zurück, um dem Kaiser Meldung von der Gefahr, die dort drohte, zu machen.
Der Kaiser sandte die Divison Pacthod, 6.000 Mann und 24 Geschütze, dem
Feind entgegen. Im Eilschritt passierte die Garde Leipzig und warf sich in
die Bresche. Damit war dem Vordringen des Blücherschen Korps nördlich
von Leipzig ein Ziel gesetzt.
General von Sacken mußte sich an Yorck um
Unterstützung wenden, und nur dem Eingreifen des ostpreußischen
Füsilierbataillons und dem Leibregiments gelang es, Gohlis zu behaupten
und auf Pfaffendorf vorzudringen. Der Angriff Sackens auf Leipzig prallte völlig ab.
»Die Attacke des Generals von Sacken auf Leipzig«, berichtet Yorck, der
von seinem erhöhten Standpunkt auf der Bodenerhebung jenseits von Gohlis
einen günstigen Uberblick über das Schlachtfeld hatte, »hat zu heftig
angefangen, als daß sie souteniert (unterstützt) werden könnte. Das
russische Korps ist auf allen Punkten zurückgedrängt; es ist möglich,
daß der Feind jetzt über Gohlis debouchiert (vordringt), was dem Angriff
auf dem linken Ufer der Parthe nachteilig werden könnte.«
Schönefeld
Blücher war in sehr unmutiger Stimmung, daß er sich
durch die Abgabe des Korps Langeron zu sehr geschwächt hatte, um aus
eigener Kraft handeln zu können. Er ritt zwischen Parthe und Pleiße,
zwischen Mockau und Eutritzsch ruhelos hin und her und gab schließlich
Langeron, der noch immer ohne Befehle vom Kronprinzen war, den Auftrag,
Schönefeld zu nehmen. Und schon rüstete sich Langeron, den Angriff auf
das stark befestigte Dorf auszuführen, als auch vom Kronprinzen derselbe
Befehl eintraf. Denn der Gascogner war vor seiner Armee auf dem
Schlachtfeld eingetroffen. Seine Schweden hielt er zurück. Sie standen
fast noch eine Meile hinter der Front bei Plaußig.
Der Kronprinz sandte, die Wichtigkeit Schönefelds
erkennend, dem Grafen Langeron den Befehl, das Dorf zu nehmen, koste es,
was es wolle. Dreimal wurde das Dorf erstürmt und dreimal von den Franzosen
zurückgewonnen.
Ein furchtbarer Kampf, der hier um Schönefeld tobte!
Marschall Marmont, der am 16. Möckern und seine Stellung gegen
Wiederitzsch so tapfer verteidigt hatte, verteidigte heute Schönefeld. Das Dorf war durch davorliegende nasse Wiesen
geschützt. Seine Eingänge waren gut verbarrikadiert. Aus allen Häusern,
Höfen, Mauern, Fenstern blitzen Gewehrläufe hervor. Im Herrenhof zu
Schönefeld war Brennstoff aufgehäuft, um im letzten Augenblick die
Fackel hineinzuwerfen. Geschickt war das Terrain mit Geschützen gespickt. Die Russen schlugen sich mit einer unglaublichen
Todesverachtung. |
Schönefeld
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Entscheidend für die Lage Marmonts war die Eroberung
Paunsdorfs und das Zurückweichen der Division Durutte und der zugleich
erfolgende Übergang der Sachsen. Gegen 5 Uhr mußte Marschall
Marmont die Trümmer seiner Divisionen aus Schönefeld zurückziehen. Aber der Fürst von der Moskwa, die Bedeutung Schönefelds richtig
einschätzend, greift zu seinen letzten Reserven. Er setzt die Regimenter
der Division Ricard ein, 7.000 Mann und 40 Geschütze. General Souham
erhält vom Marschall den Befehl, das Dorf wieder zu nehmen. Marmont ist
bereits verwundet, Ney und Souham, als sie vorreiten, um die richtigen
Angriffspunkte zu erkunden, werden beide getroffen. Das Kommando des 3.
Korps geht an den General Ricard über. Wütend bricht Ricard mit seinen
Batterien von 40 Geschützen und seinen noch unversehrten Bataillonen
gegen Schönefeld vor.
Das Unglück will, daß Langerons Artillerie sich
verschossen hat. Dem fortwährenden Geschützfeuer der französischen
Batterien weichen die erschütterten Reste der russischen Truppen, das
Dorf geht in franzöische Hände über. Nicht auf lange. Denn jetzt läßt
Bernadotte 80 Geschütze vorgehen, alle mit frischer Munition. Unter dem
Schutze dieser furchtbaren Kanonenkette bricht Langeron mit seinen Truppen
von neuem vor. Vergebens wirft sich General Brayer mit seiner Brigade dem
Feind entgegen. Er sinkt verwundet zusammen. Seine beiden
Regimentskommandeure fallen. Gegen 6 Uhr weicht das 3. Korps Souham
zurück und die Windmühlenhöhe zwischen Schönefeld und Reudnitz wird besetzt.
Dieses Korps hatte 5000 Mann und 117 Offiziere eingebüßt.
General Bülow kommt!
Während dieser wütenden Kämpfe um Schönefeld hatte
sich das ganze Korps Bülow gegen Paunsdorf auf der Tauchaer Landstraße
entwickelt. Diesseits der Hügelreihe bei Taucha formierte sich das
Bülowsche Korps, rechts die Brigade Krafft, in der Mitte Borstell, links
die des Prinzen von Hessen-Homburg.
Die Kolonnen setzten sich in Bewegung. Die Vortruppen der Division
Hessen-Homburg in Verbindung mit den preußischen Truppen
warfen sich auf Paunsdorf und drängten die Division Durutte
zurück. Als der Kampf um
Schönefeld am heißesten tobte, gab der Kronprinz von Schweden dem
General von Bülow den Befehl, Stünz und Sellershausen zu nehmen. Beide
Dörfer wurden nach hartnäckigem Gefecht genommen. So war es gelungen, die Stützpunkte des rechte
Flügels, Schönefeld, Paunsdorf, Sellerhausen und Stüntz zu nehmen.
Stötteritz und Probstheida
Nach dem Eintreffen der
preußischen und russischen Truppen der Nordarmee ging Bennigsen gegen Mölkau und
Zweinaundorf angreifend vor. Bis dahin hatte der Infanteriekampf mehr
oder weniger geschwiegen und nur das große Artillerieduell hatte sich
abgespielt. Die Dörfer Mölkau und Zweinaundorf wurden genommen und der
österreichische General Klenau wandte sich jetzt gegen Stötteritz. Aber
dieses Stötterritz gehörte mit dem davorliegenden, im Winkel
vorspringenden Probstheida dem Kaiser selbst. Gegen Stötteritz und
Probstheida war nichts auszurichten.
Probstheida |
Das Dorf lag sehr vorteilhaft und
jede Hecke, jede zerschossene Mauer, jedes Haus und jeder Graben hatte die
französische Verteidigungskunst zu einer Bastion gemacht. Am nördlichen
Eingang der Windmühle von Stötteritz fanden die Bauern am folgenden
Tage die Toten haufenweise liegen, Gesicht gegen Gesicht gewendet, Mann
gegen Mann, die sich gegenseitig mit dem Bajonett durchbohrt hatten. Kaiser Alexander von Rußland gab daher dem General
Barclay de Tolly den Befehl, Probstheida anzugreifen, um der dritten
Kolonne den Angriff auf Stötteritz zu erleichtern. Barclay ließ die 10.
und die 12. preußische Brigade vorgehen. Aber der Angriff war verfrüht. |
Die Batterien hatten noch ihre zerstörende Arbeit nicht getan, und so
tapfer auch die preußischen Tirailleurs vordrangen, sie fanden im Dorfe
einen zu heftigen Widerstand. Mit Todesverachtung überstiegen die
Männer angesichts eines sicher zielenden Feindes die Lehmmauern des
Dorfes. Die Geschütze hatten hier keine Bresche zu legen vermocht, die
Kugeln waren glatt durchgegangen und hatten nur Löcher hinterlassen.
Als die erste Mauer überstiegen ist, findet man kaum
hundert Schritt dahinter eine zweite solche Mauer oder eigentlich keine
Mauer, sondern ein feuerspeiendes, todbringendes Lehmgebirge. Jedes Loch,
das die preußischen Kugeln geschlagen haben, wird zur Schießscharte.
Einigen gelingt es, eine Gartentür zu finden. Sie wird eingeschlagen und die Angreifer kommen den Schießenden in den Rücken.
Von Garten zu Garten, von Gehöft zu Gehöft treiben sie die Franzosen vor
sich her.
Inzwischen hat auch der Prinz August von Preußen mit
seiner 12. Brigade den Sturm unternommen. Als seine Füsiliere auf
Schußweite an das Dorf heran sind, entblößt sich plötzlich eine
verdeckte Kartätschenbatterie, die sie zum Weichen bringt. Gleichzeitig
bricht eine französische Infanteriekolonne, das Dorf umreitend, vor. Ein
russisches Reiterregiment wirft sich dem entgegen, und während des
Handgemenges führt der Prinz seine Leute zurück. Prinz August von
Preußen ist ein zäher Mann. Prinz August sammelt seine Bataillone von neuem und
dringt gegen das heftige Kartätschenfeuer in das Dorf. Im furchtbaren
Bajonettangriff wird die französische Stellung genommen. Schritt für
Schritt muß der Prinz sich den Boden erkämpfen.
Unaufhaltsam drangen die Preußen vor, schon waren sie
in die Mitte des Dorfes gelangt, ziemlich aufgelöst natürlich, wie das
im Dorfgefecht nicht anders möglich ist. Da bricht, von dem
General Grafen Rochambeau geführt, eine Division des Korps Lauriston vor.
Die Wucht des Stoßes ist so groß, daß die
Preußen abermals aus dem Dorf hinaus müssen. Flinke Tirailleurs, die der
aufmerksame Zieten aus Zuckelhausen schickt, kommen zu spät. Die Preußen
müssen aus dem Dorf zurück, die Franzosen drängen nach. Jetzt setzt der Herzog Eugen von Württemberg seine 1800
Mann ein und stürzt sich gegen Probstheida.
Fürst Schachowskoi klettert mit
seinen Russen über die erste Lehmmauer, versucht, die zweite zu gewinnen,
aber der Kartätschenhagel, der ihm entgegenbricht, schmettert ihn
zurück. Die Verteidigung des Dorfes und der Gegenstoß gegen den
preußischen und russischen Angriff wird mit stärkster Wucht geführt,
denn der Kaiser ist selbst zur Stelle. Er hat die Division Rochambeau
herbeigerufen, er läßt Friant mit der Alten Garde fest hinter das Dorf
rücken. Diese Division Friant ist seine letzte Trumpfkarte. Er ist
bereit, sie auszuspielen, denn es gilt, Probstheida zu halten. Besonders war es der General Vial, der
sich mit seinem 2., 4. und
18. Linienregiment bei der Verteidigung Probstheidas auszeichnete. |
Bajonettkampf
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Nach diesen Kämpfen um Probstheida gab man seitens der
Verbündeten weitere Versuch zur Eroberung des Dorfes auf. Es war genug
Blut geflossen, und es war inzwischen die Nachricht eingetroffen, daß der Rückzug
der französischen Armee durch Leipzig nach Lindenau in vollem Gange sei, und daß
demnach Napoleon entschlossen war, am nächsten Tag seine Stellungen zu räumen.
So hoffte man weiteres Blutvergießen zu meiden.
General Barclay nahm seine Truppen aus dem Kanonenbereich Probstheidas zurück und
verstärkte seine Geschützlinie derart, daß ein Vorbrechen der Franzosen aus
Probstheida unmöglich war.
Das Resultat des 18. Oktober
Die Hauptlinie der Verteidigung Napoleons, Connewitz,
Probstheida, Stötteritz, deren Eroberung
seitens der Verbündeten seinen Rückzug gefährdet, ja unmöglich gemacht
hätte, hatte der Kaiser gehalten. Dagegen waren die ganzen Positionen von
Zuckelhausen bis Schönefeld verlorengegangen. Sein linker Flügel war bis
dicht an Leipzig herangedrängt. Im Norden von Leipzig dagegen hatte das
rechtzeitige Eintreffen der von Gourgaud herbeigeholten Division Junger
Garde ein Vordringen des Korps Sacken aufgehalten.
So erweist sich diese Schlacht des 18. Oktobers,
das auf beiden Seiten wohl einen Gesamtverlust von 40.000 bis 50.000
Menschen kostete, ein glänzendes Rückzugsgefecht großen Stiles, das der
Kaiser konsequent durchführte. Seit 11 Uhr früh rollte der
Rückzug durch Leipzig in der Richtung über den Ranstädter Steinweg und
Lindenau nach Makranstädt. Züge von Verwundeten, soweit sie
transportfähig waren, und Trainkolonnen, das diplomatische Korps, die
Employées und was sonst noch entbehrlich war, zog ab. Man konnte vom
Standpunkt der verbündeten Monarchen aus durch das Fernrohr deutlich den
ungeheueren Wagenzug sehen, der über den Damm von Lindenau kroch.
Der alte Blücher bemerkte den Rückzug am ehesten. Er
machte den Monarchen brieflich den Vorschlag, ihm ein Kavalleriekorps von
20.000 Pferden anzuvertrauen, um dem Feind »auf den Fersen zu sitzen«. Man darf ruhig
glauben, daß ein solches Kommando in der Hand eines Blücher den
Franzosen auf ihrem Rückzuge ungeheure Verluste gekostet hätte. Wer
weiß, ob sie, mit solchem Geleit dem General Wrede und seinen Bayern und
Osterreichern entgegengetrieben, nicht völlig aufgerieben worden wären.
Hier war es wieder Kaiser Alexander, der dem Blücherschen Vorschlag
geneigt war, aber bei dem vorsichtigen Schwarzenberg herrschte noch immer
der Gedanke, daß der Kaiser dennoch am nächsten Morgen die Schlacht
fortsetzen könne. Der Vorschlag Blüchers wurde abgelehnt und ihm nur
aufgetragen, das Korps Yorck in der Richtung auf Halle abmarschieren zu
lassen, um dem Feinde die Saaleübergänge streitig zu machen.
Napoleon und
Berthier |
Zwar hatte der Kaiser Napoleon in der Nacht zum 18. die
Stellungen, die er am 16. eingenommen und im Laufe des Tages erobert
hatte, sämtlich geräumt, hatte seine Verteidigungslinie viel enger
gezogen, und auch diese im Laufe des 18. Oktober am linken Flügel zum
Teil aufgeben müssen. Aber die Hauptbollwerke Probstheida, Stötteritz,
Connewitz hatte er gehalten. Von einer Flucht, von einem Zusammenbruch des
französischen Heeres war nichts zu bemerken. Die Truppen fochten bis
zuletzt mit großer Bravheit und hätten jedenfalls auch so am 19.
gefochten, wenn der Kaiser von neuem die Schlacht angenommen hätte. |
Es lag daher auch jetzt in den Entschlüssen
Schwarzenbergs eine gewisse Vorsicht. Es war gegen 6 Uhr abends, als er
auf dem Monarchenhügel die Generale versammelte und die Disposition für
den nächsten Tag ausgab. Sie war knapp genug gefaßt: Alle Armeekolonnen
sollten beim Morgengrauen bereitstehen, die Schlacht von neuem
aufzunehmen. Sie sollten sich konzentrisch gegen Leipzig vorbewegen, um
die Stadt zu erstürmen, denn erst nach Einnahme der Stadt sei der Sieg
entschieden. Es ist ausgerechnet worden, daß von den verbündeten Truppen
an 100.000 Mann mit einem gewaltigen Geschützpark überhaupt nicht ins
Feuer kamen. Schon in dieser großen frischen Truppenzahl mußte der
Erfolg des 19. liegen, wenn sie richtig verwendet wurde.
Der Kaiser Napoleon selbst hatte am 19. früh gefürchtet, daß sich ihm starke
Truppenkolonnen in die Flanke werfen würden. In der Tat hatte
Schwarzenberg noch am Abend des 18., teils auf dem Schlachtfeld, teils in
seinem Hauptquartier Rötha die Kolonne des Feldmarschalleutnants Lederer,
die des Grafen Bubna, ferner die österreichische Kavalleriedivision des
Grafen Nostitz und russische Kavalleriereserven auf Pegau dirigiert, um
von dort aus dem auf Weißenfels abmarschierenden Kaiser in die Flanke zu
fallen. Aber noch in der Nacht wurde dieser Befehl wieder aufgehoben.
Es können lediglich politische Gründe gewesen sein,
die hier den Ausschlag gaben. Denn es war einem entschlossenen Feldherrn
möglich, dem Kaiser den Weg zu sperren. Ebenso denkbar ist es allerdings,
daß Napoleon sich mit wuchtigem Stoß durchgeschlagen hätte, aber doch
nur unter ungeheuren Verlusten, die durch eine ständige zähe Verfolgung
von Tag zu Tag größer geworden wären und die die französische Armee
bis zum Main sicher aufgerieben hätten. Es wäre dann dem Kaiser nichts
übrig geblieben, als wie einst von der Beresina dem Heere vorauszueilen,
um mit leeren Händen in Paris anzukommen. Kein Zweifel, daß der Empfang
in der Hauptstadt an der Seine alsdann ein bedenklich schlechterer
geworden wäre, als er ohnehin war, und daß die Organisation des
Widerstandes jenseits des Rheins viel schwieriger gewesen wäre.
Napoleons Rückzugsvorbereitungen
Nachdem der Kaiser Napoleon die Verteidigung von
Probstheida gesichert hatte, begab er sich zur Quandtschen Tabaksmühle
zurück. Der Kaiser erkannte
natürlich, daß er den Kampf am nächsten Tage nicht mehr erneuern
könnte und daß noch während der Nacht die Rückzugsbewegung seiner
Massen tatkräftig eingeleitet werden mußte.
Es galt vor allem, die französischen Truppen zu retten.
Mochten die deutschen Hilfsvölker sich hier bei Leipzig in die Bresche
werfen und jenen den Rückzug sichern. Die Polen unter dem Fürsten
Poniatowski, die badischen und
deutschen Rheinbundtruppen unter Macdonald, die nichtfranzösische Brigade
Rottenbourg der Alten Garde, die Division Durutte, die nach der Meinung
des Kaisers qualitativ nicht viel Wert hatte, sollten Leipzig halten und
während der nächsten 24 Stunder den Rückzug decken. General Bertrand
mit den 4. Korps war schon weit voraus und der Herzog von Treviso,
Marschall Mortier, mit seinen Jungen Garden und der Gardekavallerie, die
Division Guilleminot, die drei Kavalleriekorps und die
Gardekavalleriedivision, sie alle waren schon jenseits Leipzigs auf dem
Marsch nach Makranstädt. |
Napoleon
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Nacheinander sollten die Alten Garden, das 3.
Korps, das 5. Korps folgen, und mit den übriggebliebenen Truppen, nachdem
diese französischen Kerntruppen herausgesucht waren, sollte Marschall
Macdonald die Nachhut bilden.
Fortsetzung
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