16. - 19. Oktober 1813
 
Vorgeschichte

Nachdem Napoleons Konzept, die Vereinigung der drei Armee der Verbündeten durch die Schlachten an der Katzbach, bei Kulm und Nollendorf zu verhindern nicht aufgegangen war, gelang es ihm ebenfalls nicht, Berlin zu erobern. In den Schlachten bei Großbeeren und Dennewitz wurde dieses Ziel ebenfalls vereitelt. Die verbündeten Mächte, Preußen, Rußland, Österreich und Schweden wollten auf Initiative Blüchers Napoleon zu einer Hauptschlacht stellen und drängten seine Truppen bei Leizig zusammen. Napoleon war ebenfalls bereit, die Schlacht anzunehmen, da seine Truppen täglich kleiner und durch die Niederlagen demoralisierter wurden. Der Treue seiner Verbündeten, Sachsen, Bayern, Württemberger und den Rheinbundstaaten konnte er sich nicht mehr sicher sein.

So standen sich bei Leipzig ca. 306.000 Soldaten der Verbündeten und ca. 195.000 Soldaten Napoleons gegenüber.

Leipzig und Umgebung

Das damalige Leipzig zählte ungefähr 35.000 Einwohner, und die alte Innenstadt wurde von einem Kranz stattlicher Dörfer umgeben, die schon zur Wende  des 20. Jhrhdts. aufgesogen worden sind. Leipzig war schon damals eine bedeutende Messestadt, die keine Festungswerke mehr besaß. Indes war auch damals schon der Stadt ihr Gürtel zu eng geworden. Die Ranstädter, die Hallische, die Grimmaische Vorstadt und die Petersvorstadt lagerten sich mit teils sehr stattlichen Gebäudereihen und breiten Straßen lagerten sich an die damals noch existierende Stadtmauer.

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Während die Stadt nur mit ihren südlichen und östlichen Vorstädten einem offenen Gelände gegenüberlag, war sie nördlich durch die heranfließende Parthe und westlich durch die Elster und Pleiße und deren Sumpfgelände geschützt. Die Elster fließt, von Süden kommend, südöstlich auf die Stadt zu, bildet eine ganze Reihe von Nebengewässern, Teichen, Gräben, und wendet sich dann am Ranstädter Steinweg westlich durch das Rosental, um später jenseits Gohlis die Pleiße aufzunehmen. Auch diese Pleiße fließt von Süden heran und speiste damals, ebenso wie die Elster, viele Gräben, Sümpfe und Teiche. Die Pleiße nimmt nördlich von Leipzig am Rosental die Parthe in sich auf und wendet sich dann, mit dieser vereint, der Elster zu. 

So ist Leipzig gerade im Westen für einen Angriff eigentlich unzugängig. Die beiden Flüsse mit ihren Nebenwässern beherrschen ein Terrain, das durch und durch sumpfig war und mit viel Gebüsch bewachsen. Im Herbst, wenn die Regengüsse niedergingen, schwollen Elster und Pleiße bedenklich an. Sie bekamen dann, über die Ufer tretend, eine Breite von 15 bis 20 Metern, wurden reißend und zeigten eine gefährliche Tiefe. Dieser Zustand war  eingetreten, da seit dem 10. Oktober beständig Regen niederging.

Ein verfehlter Schlachtplan

Bei den Verbündeten im Hauptquartier zu Pegau  wurde vom Fürsten Schwarzenberg und dem General von Langenau ein Schlachtplan entwickelt, der dazu geeignet war, Kaiser Napoleon einen großen Sieg  geradezu in die Hände zu spielen. Es war klar, daß Napoleon die Schlacht südöstlich Leipzig anzunehmen gewillt war. Das zähe Festhalten der Stellung bei Wachau und Liebertwolkwitz durch Murat, das Erscheinen des Kaisers mit seinen Garden bei Leipzig, die starke Anhäufung der Truppen bewies des Kaisers Willen zur Schlacht. Der Plan des Hauptquartiers Schwarzenbergs ging dahin, die französische Streitmacht am linken Flügel und im Zentrum, also südöstlich Leipzigs, durch die Korps Wittgenstein, Kleist und Klenau in der Front anzugreifen und festzuhalten, während das Korps Merveldt, mit den österreichischen Reserven und den russisch-preußischen Garden über 50.000 Mann stark, von Zwenkau ansetzend über Connewitz die rechte Flanke der Franzosen umgehen und sich auf deren einzige Rückzugsstraße werfen sollte.

Es war so: Wenn Napoleon geschlagen wurde, so blieb ihm nur der Rückzug durch Leipzig auf Lindenau. Und dies Lindenau war nur durch einen Damm zu erreichen, der, vom Ranstädter Steinweg beginnend, über die Elster und deren von Sumpfland umgrenzte Nebengewässer führte. Auf diese Rückzugstraße konzentrierte der Kriegsplan Schwarzenbergs jene 50.000 Mann. Aber nicht allein die. Von Makranstädt her sollte der Feldzeugmeister Graf Gyulai, unterstützt von den leichten Truppen des Generals von Thielmann und des Obersten von Mensdorf, anmarschieren, um sich mit ungefähr 20.000 Mann wie ein Riegel dem flüchtenden Kaiser vorzuschieben. Und drittens lag es in dem Plan, die ganze Schlesische Armee unter Blücher auf der Merseburger Straße heranzuziehen, eine Armee von annähernd 60.000 Mann. 

Diese Seite des Planes sah glänzend aus und war theoretisch sicherlich wohldurchdacht. Wie schön, wenn man von drei Seiten mit einem Heer von 130.000 Mann über den Lindenauer Damm in Leipzig eindränge und die Falle über dem Kaiser zusammenklappte. Aber so glänzend der Plan von außen erscheinen mochte, er hatte ein großes Loch, denn er setzte einen »geschlagenen« Kaiser voraus. Um den Kaiser zu schlagen, daß ihm nichts anderes blieb als ein Rückzug über Leipzig, hatte man schließlich nur knapp 80.000 Mann verfügbar. Und außerdem war die Defilee von Lindenau mit ganz geringen Kräften seitens der Franzosen zu verteidigen. Das Sumpfgelände der Elster und Pleiße war derart unwegsam und durchschnitten, daß sich größere Massen dort überhaupt nicht entwickeln konnten.


Kaiser Alexander   

Indes wurden von Zwenkau aus nicht nur österreichische Truppen, sondern auch russische und preußische Garden eingesetzt, und hier hatte Kaiser Alexander ein Wort mitzusprechen. Von seiner Generalität bestürmt, bat er den Fürsten Schwarzenberg, der gleich ihm sein Hauptquartier in Pegau hatte, zu sich und ließ ihm in seiner Gegenwart von seinen Stabsoffizieren Vorstellungen machen. »Man bot jetzt«, erzählt Jomini, »alles auf, den Kommandierenden von seiner vorgefaßten Meinung, mit einer so großen Masse von Truppen zwischen der Elster und Pleiße auf Connewitz vorzudringen, abzubringen, aber umsonst.

Schwarzenberg hatte nach seiner erste Disposition die sämtlichen Befehle an die Truppenteile verschickt, nun mußte alles umgeändert werden. Dem General von Blücher wurde ein näherer Weg gegen Leipzig angewiesen, indem er nun seinen Vortruppen unter Yorck, die bereits bei Schkeuditz standen, folgte. Graf Gyulai behielt allerdings seine Aufgabe, von Makranstädt aus gegen Leipzig vorzubrechen und ebenso der General Graf Merveldt, dem sich die österreichischen Reserven unter dei Erbprinzen von Hessen-Homburg anschließen sollten. Acht Kürassierregimenter unter dem Feldmarschalleutnant Graf Nostitz bildeten die Kavallerie dieses Korps, die aber nur wenn Connewitz genommen war, in diesem Terrain überhaupt deployieren konnten. Dagegen wurden alle russischen Infanterie- und Kavalleriereserven sowohl wie die russischischen und preußischen Garden über die Pleiße dirigiert und auf dem rechten Ufer, wie Kaiser Alexander es wünschte, aufgestellt. Sie sollten  je nach Bedarf die Reserve des Erbprinzen von Hessen-Homburg oder die des General Graf Wittgenstein bilden.

Graf Wittgenstein bekam zunächst die schwierigste Aufgabe. Er sollte mit seinem russischen Armeekorps, vereinigt mit dem preußischen unter Kleist und dem österreichischen unter Graf Klenau, die Stellungen der Franzosen angreifen und sie »gegen Leipzig drücken«. Vorausgesetzt, daß sie sich drücken ließen, denn er hatte für seinen Zweck nur 60.000 Mann und durfte sich nach Schwarzenbergs Disposition für den Notfall das Grenadierkorps Rajewski herbeirufen.

Wenn Napoleon seine gesamte Kraft im Südosten Leipzigs gegen die 60—70.000 Mann, die ihm dort entgegengestellt wurden, vereinte, so wäre hier höchstwahrscheinlich ein entscheidender Sieg der Franzosen erfochten worden.

Die Entscheidung rückt heran

Nach einem Vorspiel am 14. Oktober, einem großen Reitergetümmel bei Liebertwolkwitz, war der 15. der Tag der Vorbereitung auf die kommende Schlacht. Der König Murat, erschien in der Morgenfrühe nach dieser stürmischen Oktobernacht beim Kaiser im Hauptquartier in Reudnitz und erstattete Bericht über das Gefecht von Liebertwolkwitz. Der Feind war, seine Erfolge aufgebend, zurückgewichen. 


 Marschall Murat

Man war im unklaren, ob es ein Rückzug war oder nur ein Zurückweichen zu neuem Anlauf. Der Kaiser konnte sich selbst durch ausgesandte Reiterpatrouillen nichts Rechtes erkunden. Weder über die Absichten der böhmischen Armee, noch über die der schlesischen und der Nordarmee war der Kaiser sich im klaren. Selbst von den Leipziger Kirchentürmen war von der verbündeten Armee wenig zu sehen, nur einzelne Biwakfeuer kündeten sie durch ihren Rauch an. An diesem Tage wehrte man auch einigen neugierigen Einwohnern nicht, auf die Türme zu steigen. Dann bot sich allerdings ein seltenes Bild. Sie sahen, wie sich das französische Heer sammelte und aufstellte und wie immer neue Kolonnen heranrückten, um den gewaltigen Bogen von Paunsdorf über Probstheida bis Connewitz zu füllen. 

Man sah auch, wie in der Abenddämmerung gegen 8 Uhr von Pegau her drei weiße Raketen aufstiegen, denen im Norden in der Richtung von Halle, drei rote antworteten, Signale, deren Deutung man nicht kannte, aber doch ahnte.

Napoleon bereitet sich vor

Inzwischen war der Kaiser in Begleitung Murats und eines großen Gefolges aus Reudnitz fortgeritten, um das Schlachtfeld aufzusuchen. Zwischen Markkleeberg und Liebertwolkwitz stand eine Reihe von Regimentern in Paradestellung aufmarschiert. Besonders die Artillerie war stark vertreten. Allerdings machten die meisten Truppen in bezug auf das Äußere keinen glänzenden Eindruck. Aber trotz aller Abgerissenheit und Ermattung kam das »Vive l‘empereur« begeistert von ihren Lippen, besonders bei der Alten Garde, die in Holzhausen aufmarschiert war. Hier stand auch das sächsische Leibgrenadierbataillon unter dem Oberstleutnant von Dreßler in Parade.

Auf dem Galgenberg nahe Liebertwolkwitz hielt sich der Kaiser mehrere Stunden auf. Noch immer wußte man auf der französischen Seite nicht, ob man wirklich der großen Böhmischen Armee gegenüberstände oder nur Teilen. Man entdeckte nichts von großen Massen, so griff man zu einer Kriegslist, die allerdings nicht sehr neu war und kaum Erfolg versprechen konnte. Indes, sie wurde versucht. Zwei französische Kürassieroffiziere wurden zu den preußischen Vorposten entsandt mit dem Auftrage, einigen bei Liebertwolkwitz gefangenen Kameraden Geld zu überbringen. Aber General von Kleist, dem das Erscheinen der Parlamentäre gemeldet wurde, war klug genug, ihnen das Geld gegen Quittung abnehmen zu lassen, und die Offiziere der Feldwache waren vorsichtig genug, ihre Weisheit für sich zu behalten. 

So kamen die beiden Kürassiere unverrichteter Sache zurück. Am Nachmittage begab sich Napoleon auf seinen äußersten rechten Flügel zum Korps des Fürsten Poniatowski, der bei Connewitz, Lößnig und Dölitz seine Stellung hatte, um die Defileen der Pleiße und des dortigen Sumpfgeländes zu verteidigen. Dann ging es nach Reudnitz zurück. So brachte der Kaiser den ganzen Tag auf den Linien zu, wo er die Schlacht annehmen wollte, bzw. er das verbündete Heer anzugreifen gedachte. In seinem Hauptquartier Reudnitz wieder angekommen, traf den Kaiser eine Meldung Marmonts, daß man vom Kirchturm des Dorfes Lindenthal jenseits Schkeuditz feindliche Bataillone sichten könne. In der Nacht sah Marmont in Richtung Halle viele Wachtfeuer. Er fürchtete, am nächsten Tag von der Schlesischen Armee angegriffen zu werden. 


Napoleon     

Aber der Kaiser schenkte den Mitteilungen seines Marschalls keinen Glauben. Er war überzeugt, daß Blücher nicht gegen Leipzig, sondern auf Weißenfels marschiere, um sich auf diesem Umweg mit der Böhmischen Armee zu vereinigen.

In der Nacht ergingen die Befehle an die Marschälle. An Macdonald: »Befehlen Sie dem Herzog von Tarent, morgen bei Tagesanbruch nach Holzhausen und von da nach Seifertshain zu marschieren, wo er Befehl erhalten wird, des Feindes rechten Flügel zu umgehen. In Taucha soll er zum Schutze seiner Parks, seiner Bagage und der dortigen Stellung zwei Bataillone zurücklassen. Der Kaiser wird morgen früh 6 Uhr in Liebertwolkwitz sein.« 

An Ney: »Befehlen Sie dem Fürsten von der Moskwa, sich in der Nähe von Leipzig zur Schlacht bereitzuhalten. Er wird das 6., 4. und 3. Korps und die Kavalleriedivisionen Lorge, Defrance und Fournier unter seinem Befehl haben. Wenn man diesen Morgen keine Annäherung der Armee von Halle wahrnimmt, wie es den Anschein hat, da man nichts entdeckte, was auf eine Bewegung derselben hindeutet, so wird der Marschall Marmont die Brücken bei Leipzig (über die Parthe) wieder überschreiten und seine drei Divisionen staffelförmig zwischen Leipzig und Liebertwolkwitz aufstellen. Er selbst wird für seine Person eine halbe Stunde von Leipzig an der großen Straße nach Liebertwolkwitz sein Hauptquartier in einem Hause aufschlagen. Er wird mir einen Adjutanten schicken, damit ich ihn zu finden weiß und er sich sofort in Marsch setzen kann, wenn mir solches notwendig erscheint, um entweder an der Schlacht teilzunehmen oder sich unverweilt in die Stadt zu begeben oder sonst auf jeden Fall vorbereitet zu sein. Die Division Lorge bildet die Avantgarde und besorgt die Erkundungen auf der Straße nach Halle. Der Fürst von der Moskwa wird die Infanterie durch das 3. Korps ersetzen lassen. General Bertrand verbleibt in seiner Stellung in Reserve. Das 3. Armeekorps wird die Stelle des 4. Korps Marmont einnehmen. Die Divisionen Defrance und Fournier werden den ganzen Weg beobachten und erkunden. 


 Marschall Ney

Der Fürst von der Moskwa wird durch einen Adjutanten mitteilen, wo er sich aufhält. Nach Lage der Dinge werde ich dann, wenn ich gesehen habe, was sich bei der Avantgarde zuträgt, die nötigen Befehle erteilen. Es wird notwendig sein, daß der Fürst von der Moskwa Bauern, freiwillig oder gezwungen, in verschiedenen Richtungen mit Soldaten, die deutsch sprechen und ebenfalls als Bauern verkleidet sind, ausschickt. Er wird auf die Sternwarte von Leipzig, woselbst ein sächsischer Offizier als Beobachter sich befindet, jemand schicken, um alle Stunden Rapport zu erhalten, was man von dort aus wahrnimmt. Wenn man feindliche Infanterie in der Richtung auf Halle und Landsberg entdecken sollte, so muß man sie lebhaft angreifen und danach trachten, Gefangene zu machen und Nachrichten zu erlangen.«

Napoleon erwartete  von Norden keinen ernstlichen Angriff, trotz aller Meldungen Marmonts, denn er glaubte, daß der Herzog von Ragusa nur Kavallerie vor sich habe, die den Abmarsch der Schlesischen und der Nordarmee nach Süden verschleiern sollte. In der Meinung also, daß er es am 16. Oktober lediglich mit den Streitkräften der Böhmischen Armee südlich und südöstlich Leipzigs würde zu tun haben.

Dem linken Flügel der Verbündeten gegenüber, der über Connewitz vordringend sich der Rückzugsstraße nach Lindenau bemächtigen sollte, stellte der Kaiser nur schwache Kräfte auf. 2500 Mann mit 16 Geschützen und eine schwache Brigadekavallerie unter dem General Margaron schienen ihm genug für das Defilee von Lindenau. Fürst Poniatowski, unterstützt von der Division Lefol, stand auf der Linie Connewitz-Markkleeberg, im ganzen knapp 12.000 Mann mit 54 Geschützen. Dann, in Verfolgung des Halbbogens der Linie stand das 2. Korps Victor hinter Wachau zu beiden Seiten des Dorfes; 17.000 Mann mit 55 Geschützen. Das 5. Korps Lauriston schloß sich am Galgenberg an und zog sich über Liebertwolkwitz hinaus, 14.000 Mann mit 53 Geschützen. Und hinter Liebertwolkwitz sammelte der Kaiser seine Zentralgewalt: 50 Bataillone Junger Garde und 8 Bataillone Alter Garde, 27.000 Mann. Hier lag die Stoßkraft der kaiserlichen Stellung. 

Von hier aus sollte das Loch in die Linien der Verbündeten gestoßen werden, sobald Macdonald und Augereau auf ihrem Flankenmarsch gegen die feindliche Rechte Erfolge hatten und Fürst Schwarzenberg gezwungen war, entweder seine letzten Reserven heranzuziehen oder auch die Hauptstellung zu schwächen, um den rechten Flügel zu stützen. Gegen Norden stand der Herzog von Ragusa bei Breitenfeld und Lindenthal mit 19.000 Mann, unterstützt durch 3.600 Reiter des Kavalleriekorps Arrighi. Das 4. Korps Bertrand stand bei Eutritzsch, 7.000 Mann stark, Division Dombrowski 2.500 Mann bei Plösen, 3. Korps Souham marschierte von Düben heran, 16.000 Mann stark mit 61 Geschützen. Die Divisionen Brayer und Ricard waren auf Mockau gerichtet, Division Delmas folgte noch auf der Dübener Straße. Im Ganzen hatte der Kaiser für den ersten Schlachttag den verbündeten Armeen 190.000 Mann und 700 Geschütze entgegenzustellen, wogegen jene etwas über 200.000 Mann mit über 1.000 Geschützen einsetzen konnten. 

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Aber der springende Punkt war der: Infolge des Planes Langenau-Schwarzenberg waren die verbündeten Kräfte über ein weites Terrain verzettelt und dort, wo die Entscheidung lag, südlich Leipzig, wo der Kaiser 140.000 Mann mit 500 Geschützen aufgehäuft hatte, konnten die Feldherren der Verbündeten im ganzen nur über höchstens 100.000 Mann mit 450 Geschützen verfügen, vorausgesetzt, daß die 24.000 Mann preußischer und russischer Garden von Rötha her zur rechten Zeit eintrafen.

Die Schlachten am 16. Oktober

Es war im Grunde keine Schlacht, es war ein Kranz von Schlachten, der am 16. Oktober rund um Leipzig tobte. Bei Wachau, bei Connewitz, bei Lindenau und bei Möckern, auf vier ganz verschiedenen Schlachtfeldern stattfanden.

Gegen 9 Uhr, traf der Kaiser in seinem Wagen in der Nähe von Liebertwolkwitz ein und bestieg mit Murat den Galgenberg, von wo aus der Kaiser den Anmarsch der feindlichen Angriffskolonnen beobachtete. Um 9.00 Uhr begann die Kanonade auf dem weiten Blachfeld. Es war in den noch lagernden Morgennebeln nicht allzuviel zu erkennen. Der Kaiser gab daher das Beobachten bald auf, stieg zu Pferde und ritt hinter Wachau zurück.

Wachau

Prinz Eugen von Württemberg brach mit seiner Kolonne gegen Wachau vor, Brigade Reibnitz als Vorhut an der Spitze. Als man sich den Anhöhen von Wachau näherte, das Dorf selbst lag noch versteckt hinter Gebüsch, sah man nur wenige Truppen und etwa sieben Geschütze vor sich. Sofort entwickelte der Herzog seine 23 Kanonen, und schon nach einigen Schüssen protzen die feindlichen Batterien ab. Das Dorf schien leicht zu erobern werden zu können. Drei Bataillone der Brigade Reibnitz und zwei Bataillone der Brigade Klüx drangen ein und fanden wenig Widerstand. Das südlich Wachau liegende Gehölz und das Dorf waren alsbald in den Händen der Verbündeten. Jetzt nahm der Prinz auch die preußische Batterie vor, es schien wahrhaftig, als ob man nur mit einer Nachhut zu tun habe. Schon versuchte die Brigade Reibnitz über das Dorf vorzudringen,  da kam der Rückschlag. Es war nicht, wie Wittgenstein in seinem Siegermut wähnte, eine französische Nachhut, es war der stärkste Punkt der französischen Stellung, den man hier sozusagen aus Versehen angriff.


   Württemberg

Bei der Schäferei Meusdorf stand Napoleon. Während die Kolonnen des Korps Victor im Laufschritt gegen Wachau vorgingen, entschleierte sich auf dem Höhenzug zwischen Liebertwolkwitz und Wachau eine gewaltige Batterie von 100 Geschützen. 17 russische und 5 preußische Geschütze lagen in wenigen Minuten mit Mannschaften und Pferden zerschmettert am Boden umher. Inzwischen haben die beiden Bataillone der Brigade Klüx den über das Dorf vordringenden Franzosen die Flanke abgewonnen und mit scharfem Stoß den Feind in das Dorf zurückgeworfen, wo nach hartem Bajonettkampf die Preußen Sieger bleiben. Indes, der Herzog von Beluno nimmt neue Bataillone vor. Das Dorf ist der Schlüsselpunkt der Stellung. Das Gros der Brigade Klüx hat sich inzwischen bis auf 400 Schritt dem Dorf genähert und vor dem Artilleriefeuer in einer Terrainfalte geborgen. 

Die auf ein Drittel zusammengeschmolzenen Bataillone, die aus Wachau zurückebben, werden aufgenommen und die preußischen Schützen eröffnen in liegender Stellung ein sicheres Feuer auf die nachdringenden Franzosen. Die französischen Kolonnen, dichte Schützenschwärme vor der Front, drangen über das Dorf hinaus und versuchten hier einen Keil einzutreiben. Aber die preußische Brigade Klüx, geschützt in ihrer Terrainfalte, sprüht Feuer.

Sobald die französischen Soldaten auf 200 Schritt heran waren, fängt es in der Schützenlinie von Klüx lebhafter an zu knattern und zu sprühen. Die Offiziere werden weggeputzt, und das empfindliche Kleingewehrfeuer, unterstützt von einer preußischen Batterie, die mit Kartätschen schießt, treibt die Franzosen in den Erlenbusch südlich Wachau zurück. Aber Marschall Victor schickt neue Truppen vor, das Spiel wiederholt sich. Mit »En avant« und »Vive l‘empereur« dringen die feindlichen Tirailleure vor, mit Sprühen und Kartätschenblitzen werden sie zurückgeworfen. Aber ununterbrochen donnert die gewaltige französische Geschützreihe. Man muß in ihrem Geschoßhagel mit dem aushalten, was man hat. Mit Mühe wird eine neue preußische Batterie nach vorn gebracht und gegen Wachau gerichtet.

Markkleeberg

Als der Kanonendonner des Angriffs auf Wachau herüberschallte, brach General von Kleist aus dem Dorfe Cröbern auf. Kleist, der die Wichtigkeit des Dorfes Markkleeberg, das westlich der Poststraße nach Leipzig unmittelbar am Sumpfzipfel der Pleiße lag, erkannte, detachierte zwei Bataillone unter dem Oberstleutnant von Loebell, um es zu besetzen. Auf seinem rechten Flügel die Verbindung mit der Kolonne des Prinzen von Württemberg suchend, marschierte die Division Helfreich, die aber nur aus vier ganz schwachen Regimentern (eigentlich waren es Bataillone), im ganzen 1500 Mann, bestand. 

Der General gab daher zwölf Geschütze her, um seinen rechten Flügel zu stärken, und dirigierte außerdem das russische Husarenregiment Lubny dahin. In geschlossener Kolonne, in zwei Treffen formiert, folgte die Brigade Prinz August von Preußen und hinter ihr die zwei russischen Kürassierregimenter der Brigade Lewaschow. Die beiden Bataillone, die auf Markldeeberg vorgingen, fanden bei den Polen, welche das Dorf besetzt hatten, wenig Widerstand, zumal zur gleichen Zeit eine österreichische Freiwilligenkolonne, ein Korporal mit 100 Mann, von jenseits der Pleiße, vom Schloß Markkleeberg aus über den Fluß setzte und von Norden her eindrang, während die Preußen von Süden kamen. Indes mißglückte der Versuch der preußischen Bataillone, den Gegner über Markkleeberg hinaus in der Richtung auf Dölitz zu verfolgen. 


Kleist             

Hinter einem Eichbusch versteckte polnische Kavallerie brach mit Wucht auf die auseinandergekommenen Bataillone ein, warf sie in das Dorf zurück und nahm zwei Offiziere und über 100 Mann gefangen. Gleichzeitig den augenblicklichen Vorteil nützend, ließ Fürst Poniatowski Verstärkungen vorgehen, um das Dorf zurückzuerobern. Es kam zu einem anhaltenden Dorfkampf, den Prinz August von Preußen, der mit seiner Division inzwischen herangerückt war, aufnahm. Allen Angriffen der Franzosen zum Trotz hielten sich die preußischen Bataillone in einem Teil des Dorfes bis zum späten Nachmittag.

Liebertwolkwitz

Während so der Prinz von Württemberg und General von Kleist mit stürmischem Eifer und kriegerischem Ernst ihre Aufgaben anpackten, kann man eben dasselbe von dem Fürsten Gortschakow und dem General der Kavallerie Klenau, die mit ihren zwei Kolonnen gemeinsam Liebertwolkwitz angreifen sollten, nicht sagen. Gortschakow ließ sich erst in ein Artilleriegefecht ein, als er sah, wie sehr durch die schweren Verluste der Kolonne Württemberg sein eigener linker Flügel gefährdet war. Im übrigen wartete er das Eingreifen der Kolonne des Grafen Klenau ab.

Es ging mit den Österreichern, wie immer, »langsam voran«. Klenau schickte die Grenztruppen seiner Division Mohr in zwei Bataillone des Infanterieregiments Erzherzog Karl gegen das Dorf vor. Es gelang, das Dorf zu nehmen, nur den Kirchhof, der eine festungsähnliche Mauer hatte, hielten die Franzosen gegen alle Angriffe fest. Graf Lauriston warf neue Bataillone in das Dorf, welche im erbitterten Kampf die Österreicher Schritt für Schritt zurückdrängten.

Von Holzhausen her zeigten sich starke Infanterie- und Kavalleriemassen. Es war das 11. Armeekorps Macdonald und das Reiterkorps Sebastiani. Graf Klenau fürchtete für die rechte Flanke seiner vorgeschobenen Stellung. Weil er nur wenig Kavallerie zur Verfügung hatte. sandte einen Ordonnanzoffizier an den Grafen Pahlen, der das Kavalleriekorps zwischen Kolonne 3 und 4 befehligte. Pahlen ließ vier preußische Kavallerieregimenter reiten, um Graf Klenau zu decken.

Connewitz

Seit dem frühen Morgen hatte Fürst Schwarzenberg vom hölzernen Kirchturm des Dorfes Gautzsch den Vormarsch der 2. österreichischen Armeeabteilung gegen den rechten französischen Flügel beobachtet. Hier kommandierte der General der Kavallerie Graf Merveldt. Die Brigade Longueville bildete die Avantgarde und ging mit vier Bataillonen und 16 Geschützen auf der Straße von Gautzsch gegen Connewitz vor. 


 Schwarzenberg

Da es nicht möglich war, im Sumpfgelände die Truppen zu entwickeln, war man genötigt, in schmaler Front, immer auf der Straße bleibend, zu avancieren. Vor Connewitz ziehen sich zwei durch Sümpfe getrennte Pleißearme hin. Die sogenannte »Alte Pleiße« war durch die Regengüsse stark angeschwollen, ein Brückenschlag — die Brücke war von den Franzosen abgebrochen — angesichts des starken Artillerie- und Infanteriefeuers der Franzosen unmöglich. Und selbst, wenn man die Pleiße hier gekreuzt hätte, wäre es unmöglich gewesen, auf dem Damm gegen Connewitz vorzudringen, denn das jenseits des Flusses liegende Dorf war so stark besetzt und die Artillerie bestrich den Damm und die Flußbrücke mit solcher Wirkung, daß hier vergeblich Menschenopfer gebracht worden wären.

Auch weiter südlich bei Lößnig konnte ein solches Unternehmen nicht glücken. Starke Schützenketten in sicherer Deckung hinter den Gebüschen, Mauern und Erdwällen sandten ihr wohlgezieltes, ununterbrochenes Feuer in die Reihen der Osterreicher. Diesen wiederum war es unmöglich, auf dem schmalen Wege ihre Geschütze vorzubringen und sie richtig in Stellung zu schaffen.

Dölitz

Anders stand es bei Dölitz. Es schien Schwarzenberg auf seinem Kirchturm so, als ob hier der Übergang glücken könnte. Der Fürst verließ seinen Beobachtungsposten und ritt an die Front und forderte Merveldt auf, mit allen Kräften den Übergang bei Dölitz zu erzwingen. Das Schloß Dölitz liegt auf dem linken Pleißeufer. Ein Damm führt auf eine kleine Flußinsel, auf dem die Wirtschaftsgebäude des Gutes lagen und von dort in das Dorf führte ein Damm, der einen massiven Torweg trug. Hier schien Aussicht auf Erfolg.  Zwei Kompanien des Regiments Strauch gewannen die Brücke bei Raschwitz und drangen durch das Ratsholz gegen Schloß Dölitz vor. Die Franzosen wurden überrumpelt, über die Pleiße geworfen und ließen 200 Gefangene in den Händen der Angreifer. Ein weiter Vordringen über die Pleiße ward indes durch einen Gegenstoß des Feindes unmöglich gemacht. 

16. Oktober, Mittagszeit

Die Lage der Verbündeten war inzwischen nicht besser geworden. Ihre dünne verstreute Angriffslinie war stark erschüttert und zum Teil schon recht verbogen. Wohl rang General von Kleist noch um die Grenzhäuser von Markkleeberg, wohl klebte ein Teil der Brigade Klüx in seiner Terrainfalte vor Wachau und unterhielt von dort aus ein für die Franzosen empfindliches Schützengefecht. Am rechten Flügel hatten die Osterreicher in Liebertwolkwitz noch einige Gehöfte im Besitz, die sie zäh verteidigten. Die Infanteristen des Regiments Erzherzog Karl und die Grenzer des Generalmajors von Baumgarten hatten sich in den schwelenden Trümmerhaufen festgenistet und machten der Übermacht Lauristons das Hinausdrängen so schwer wie möglich.

Den Kolmberg hatte Graf Klenau mit zwei Bataillonen des Regiments Kerpen und zwölf Geschützen besetzt und schon rückte im Eilschritt, um diese Positionen zu verstärken, die Brigade Schäfer von der Division des Prinzen Hohenlohe an. Auf diesem Kolmberg lag eine alte Schwedenschanze, in welcher die Geschütze aufgefahren waren und gute Deckung fanden. Sie übten gegen Liebertwolkwitz bedrohliche Wirkung, und dieser Kolmberg als Stützpunkt des österreichischen rechten Flügels war es auch, auf den der Kaiser jetzt sein Augenmerk richtete.


Vormarsch einer franz. Brigade        

Der Herzog von Tarent, der mit seinen Kolonnen des 11. Armeekorps in der Höhe von Holzhausen eingetroffen war, erhielt sofort Befehl, den Kolmberg anzugreifen. Während der Herzog die Divisionen Gérard und Ledru gegen Kleinpösna und Seifertshain dirigierte, um die Flankierung fortzusetzen, die seine eigentliche Aufgabe war, sandte er die Division Charpentier gegen den Kolmberg. Es war von zwei Seiten ein Wettlaufen: Französische Division Charpentier vom Norden, österreichische Brigade Schäfer vom Süden.

Die Division Charpentier geht vor, vertreibt aus dem Vorgelände die österreichischen Tirailleurs und wirft sich dann mit Wucht gegen die Höhe des ziemlich steilen Berges. Die beiden österreichischen Bataillone halten nicht stand, die Artillerie sendet ihre letzte Kartätschenladung in die Reihen des Angreifers und sucht dann abzufahren, aber der Stoß Charpentiers ist so ungestüm, daß sieben Geschütze in seine Hände fallen. In Auflösung weicht Infanterie und Artillerie über die Höhen zurück und flutet dem eben im Eilschritt ankommenden Regiment Colloredo entgegen. Graf Klenau und General von Toll werfen sich an die Spitze des 2. Bataillons und versuchen Geschütze zurückzugewinnen. Vergeblich! Die französische Flut brandet über den Berg herüber. Graf Klenau verliert sein Pferd unter dem Leibe und entzieht sich mit Mühe der Gefangenschaft. Ein Glück, daß in diesem Augenblick sich vier Schwadronen der preußischen Kavallerie von der Brigade Zieten in die Bresche werfen und für einige Minuten den französischen Anprall zum Stehen bringen.

Es war überhaupt viel Glück in dieser Gefechtslage bei den Verbündeten. General Sebastiani, der mit 52 Schwadronen am linken Flügel Macdonalds hervorbrechen sollte, ließ sich von den soeben eintreffenden 14 Schwadronen der preußischen Reservekavallerie und einigen Kosakenpulks des Hetmans Graf Platow, die mit wütendem Geschrei seine Flanken umschwärmten, derart imponieren, daß er seine große Übermacht nicht ausnutzte. 


 Hetmann Platow und seine Kosaken

So konnte die österreichische Infanterie, die bereits in bedenklicher Auflösung war, sich zwischen Fuchshain und Großpösna wieder sammeln. Die Wirkung des französischen Vorstoßes auf dem rechten Flügel der Verbündeten war, daß Liebertwolkwitz jetzt von Lauriston ganz zurückerobert wurde und daß Fürst Gortschakow mit seiner zweiten Kolonne auf das Universitätsholz zurückging. Auch Graf Pahlen mußte seine Batterien und Reiter zurücknehmen. Nur der Herzog von Württemberg hielt sich in seiner Stellung gegenüber Wachau. Wohl waren seine Regimenter bis auf die Hälfte zusammengeschossen und die meisten Offiziere lagen tot und verwundet am Boden, aber der Herzog hielt sich. 

Er hatte aus der Reserveartillerie 24 Geschütze vorgenommen und wehrte sich gegen die übermächtigen Batterien der Franzosen so gut es ging. Die russische Artillerie schoß gut. Besonders litt das erste französische Kavalleriekorps, das hinter Wachau aufmarschiert stand. Schon um die Mittagszeit zählte man 200 tote Offiziere und Mannschaften, und dieselbe Anzahl Pferde und die Hälfte der Geschütze war kampfunfähig.

Der große Korse zögert

Der Kaiser sammelte seine Kraft zum letzten Stoß, um mit Wucht die dünne und schwer erschütterte Angriffslinie der Verbündeten auseinander- und über den Haufen zu werfen. General Drouot muß die Reserveartillerie in die Geschützlinie ziehen, um das Feuer zu verstärken. Und hinter diesem Kanonenwall häuft nun der Kaiser Reserven an. Da sind die Reisigengeschwader des ersten Kavalleriekorps und der Gardekavallerie, die eiserne Kerntruppe der Alten Garde, 1. Division, General Friant, 2. Division, General Curial. Da ist die Junge Garde unter dem narbenbedeckten Marschall Oudinot, die sich unmittelbar hinter Wachau sammelt, um dem Marschall Victor, der seine Kolonne zu neuem Angriff formiert, zu unterstützen. Da sind die zwei anderen Divisionen Junger Garde unter Marschall Mortier bereit, denselben Dienst bei Liebertwolkwitz dem General Lauriston zu leisten.

Seit 12 Uhr ist der Kaiser entschlossen, den großen Vorstoß, der die Entscheidung bringen soll, zu tun. Noch zeigt sich im weiten Umkreis des Blachfeldes nichts von den Reserven der Verbündeten. Noch sind die im Vorgelände verzweifelt fechtenden und zum Teil schon zurückrollenden Kolonnen der einzige Widerstand, den dieser Hauptangriff finden wird. 

Ungeduldig erwartete er das Eintreffen des Korps Marmont, denn seit 11 Uhr wußte er, auf das Eingreifen der ganzen Streitmacht Neys nicht mehr rechnen konnte. Der Marschall hatte gemeldet, daß er das 4. Korps Bertrand an das Defilee von Lindenau geschickt habe, um den Herzog von Padua zu unterstützen. Das 3. Korps Souham zeigte sich noch immer nicht. Sobald seine Spitzen einträfen, um Marmont abzulösen, würde er diesen auf Liebertwolkwitz schicken zur Unterstützung des Kaisers. 


Vormarsch der Garde               

Bald darauf meldete der Herzog von Ragusa selbst: »Sire, mir wird in diesem Augenblicke angezeigt, daß man auf zwei Stunden Entfernung den Marsch von acht Bataillonen auf der Straße von Halle her und von drei Bataillonen auf der von Landsberg her bemerkt. Mich bestimmt aber die lebhafte Kanonade bei Wachau, meine Bewegung gegen Liebertwolkwitz dennoch anzutreten.« Indes, die Stunde rann, und wer nicht kam, war Marmont. Der Kaiser zögert und zögert.

 

 
Der französische Generalangriff

Schon zeigen sich am Defilee von Cröbern die Spitzen der österreichischen Reservereiterei, und der Kaiser mußte befürchten, daß auch Infanteriekorps heranrückten, um die Linien der Gegner zu verstärken. So gab er denn, ohne Marmont abzuwarten, den Befehl zum Vorbruch auf der ganzen Linie. Es war gegen 2 Uhr, als die Kolonnen des Herzogs von Belluno, verstärkt durch die des Herzogs von Reggio, in der Richtung auf die Schäferei Auenhain und das Defilee von Cröbern vorbrachen. Zugleich ging der Marquis Lauriston, an der Spitze der Division des Generals Maison, rechts von Liebertwolkwitz auf Güldengossa vor. Der Herzog von Treviso mit seinen zwei Divisionen Junger Garde warf sich auf Gortschakow und die aus Liebertwolkwitz verdrängten österreichischen Truppen, während der Herzog von Tarent seine Vorteile am Kolmberg gegen Seifertshain hin verfolgte. Schon vorher hatte der Kaiser den Herzog von Castiglione zur Unterstützung des Fürsten Poniatowski abgeschickt. Auf dem ganzen sich vorwärtsdrängenden Halbbogen unterstützte eine wütende Kanonade mit Nachdruck den Angriff. General Drouot hatte alles, was an Artillerie irgend zur Hand war, vorgenommen, um der Infanterie Bahn zu brechen. Es war ungefähr um dieselbe Zeit, als diese ganze Gewaltmasse vorbrach, daß Graf Nostitz, der Führer der österreichischen Kavallerie, mit dem Vortrab an dem höchst wichtigen Defilee von Cröbern anlangte. 


             Reiterschlacht

Er sah, wie französische und polnische Schwadronen sich bereits gegen Cröbern entwickelten und wie ein Reiterpulk von zehn Schwadronen sich auf Markkleeberg zog, bereit, über die langsam zurückweichenden, schwer erschüttert aus dem Dorfkampf kommenden Bataillone des Generals von Kleist herzufallen. Graf Nostitz erkannte sofort die Lage: nahm der herandringende Feind Cröbern, so war den heranmarschierenden österreichischen Reserven der Weg versperrt und ihr rechtzeitiges Eingreifen unmöglich. Es waren 14 Schwadronen österreichischer Kürassiere, die zuerst über Cröbern hinaus waren.

Regimenter Lothringen Herzog Albert warfen sich sofort auf die französische Reiterei, die eben daran war, den russischen Lewaschowkürassieren den Garaus machen. Die französische Gardereiterei wurde geworfen und an Kolonnen der Jungen Garde Oudinots entlang gejagt. So heftig war der Anprall, daß einige Bataillone französischen Fußvolks überritten wurden. Aber die österreichischen Kürassiere gerieten bald in ein lebhaftes Infanteriefeuer, daß sie weichen mußten und auf ihre Reserven zurückgeworfen wurden. Inzwischen waren noch zwei Kürassierregimenter der Division bei Cröbern angekommen, und es gelang den Regimentern, obgleich sie ohne Infanterieunterstützung waren und eine ihrer Batterien bereits zusammengeschossen war, im starken französischen Geschützfeuer standzuhalten und das Defilee zu retten.

Gleichzeitig hatten sich die Somarivakürassiere auf die Cheveauleger-Lanziers und Italiener der Division Berkheim geworfen. Es entstand ein wildes Handgemenge. Die Franzosen weichen gegen Probstheida zurück. In diesem Augenblick reitet das sächsische Regiment Zastrow heran. Als General Berkheim die Sachsen anreiten sieht, rafft er zusammen, was er hat und wirft sich von neuem gegen die Russen. Die Sachsen werden jedoch gegen Wachau und gegen Probstheida zurückgeworfen. Es geht alles so schnell, daß der Kaiser Napoleon sich in ein Gardeviereck rettet. Da greift französische Infanterie ein und ihre Kugeln lichten die Reihen der Somarivakürassiere so sehr, daß sie hart verfolgt zurück müssen, hinter sich Zastrow und Berkheim, die ihnen zum Schluß noch 80 Gefangene abnehmen.

Während dieser aufflackernden und abflauenden Kavallerieattacken bereitet sich im Mittelpunkt der gewaltigen Szene hinter der brüllenden und qualmenden Geschützlinie Drouots etwas vor, das entscheidend wirken könnte, wenn es gelänge. Dort hält das erste Kavalleriekorps, die Gardekavallerie und das Gros des fünften Reiterkorps. Und diese französische Kavallerie hat um die Mittagszeit einen großen Verlust gehabt. Divisionsgeneral Doumerc schiebt General Bordesoulle mit seiner 1. schweren Reiterdivision bis an die gewaltige Batterie, die zwischen Wachau und Liebertwolkwitz spielt, vor, so daß der Divisionär recht gut von der sanften Höhe über das Gefechtsfeld sehen kann. Er sieht, wie zäh der Herzog von Württemberg mit seinen paar Mann und seinen Batterien noch an seiner Stellung klebt, zurückgedrängt zwar, aber keineswegs geworfen. Die zwei Batterien Württembergs schießen, was sie können, und beunruhigen die vordrängenden Truppen des Korps Lauriston. Besonders die Division Maison, die sich in der Front entwickelt, leidet schwer. 


Preußischer Angriff        

Bordesoulle, der die Zastrowkürassiere bereits dem General Berkheim zu Hilfe gesandt hat, verfügt noch über 18 Schwadronen, vielleicht 2000 Mann, französischer Kürassiere und sächsischer Gardereiter. Er schickt die vier Schwadronen sächsischer Reiter gegen die kleine Batterie, die nahe der Brigade Klüx steht. Er selbst wirft sich mit der Division Sopranski auf die schwere Batterie von 26 Geschützen, die Württembergs letzter Stützpunkt scheint. Hinter ihm reitet Bessières der Jüngere mit acht Schwadronen Soutien. Der gut geführte Stoß trifft die zusammengeschmolzenen russischen Bataillone des Herzogs von Württemberg. Das Bataillon Krementschug, dessen Trümmer kaum noch 200 Mann stark sind, wird auseinandergesprengt, die Batterie genommen.

Inzwischen haben sich die Sachsen auf die andere Batterie geworfen. General von Klüx, der seine paar Mann fest zusammenzieht, scheint gar nicht beachtet zu werden. Die Sachsen warfen sich auf die Batterie, die gerade im Abfahren begriffen war, und verfolgten die sich ihnen entziehenden Geschütze. In seiner äußersten Not war der Herzog Eugen persönlich zurückgesprengt und hatte ein russisches Kürassierregiment herbeigeholt. In dem Handgemenge, das sich um den Besitz der eroberten Geschütze entspann, erlahmte der sächsische Angriff.

Als General Bordesoulle mit seiner 1. Brigade Sopranski noch zwischen den russischen Geschützen herumarbeitet, die Kanoniere zusammenhaut und vergeblich versucht, in die Karrees der Bataillone des Fürsten Schachowski einzudringen, braust plötzlich die leichte russische Gardekavallerie von Güldengossa aus vor, Leibregimenter Seiner Majestät des Zaren: Husaren, Dragoner, Ulanen, 18 Schwadronen stark. Sie sind eben erst nach ermüdendem Ritt als Vorhut der anmarschierenden Garde auf dem Schlachtfeld eingetroffen und finden nun gleich Arbeit. 

General Bessières der Jüngere mit seinen acht Schwadronen französischer Kürassiere wirft sich den russischen Reitern entgegen.  Der russische Angriff gerät ins Stocken, und der flinke Bessières stürzt sich mit Elan auf die verwirrten Gardereiter, wirft sie, treibt sie gegen Güldengossa zurück und gewinnt in der Wucht des Angriffs das Defilee zweier Teiche, westlich Gossa. Es sind aber nur Trupps, die über den Sumpf gelangen. Das Gros der Brigade muß rechts abschwenken, um sich gegen die Kürassiere der Brigade Gudowitsch zu wehren.


Angriff preußischer Dragoner         

Der Zar befielt dem Grafen Orlow mit seinen paar Leuten den französischen Sturm aufzuhalten. Graf Orlow wirft sich auf die französischen Reitertrupps, die bereits mit verhängtem Zügel gegen die Anhöhe vorsprengen, aber deren Pferde natürlich vom raschen Ritt erschöpft sind. Er drängt sie gegen den Teich zurück, in den Teich hinein und gewinnt, seinen Kosaken voransetzend, den schmalen Damm zurück. Jenseits des Teichs läßt Graf Orlow aufmarschieren und wirft sich gegen den linken Flügel Kürassiere Bessières.

Nunmehr fuhren zwei Batterien fast an die Teichufer heran und kartätschten in die französischen Reihen hinein. Zugleich gingen preußische Kavallerieregimenter: neumärkische Dragoner, schlesische Ulanen und Kürassiere in das Handgemenge ein. So wurde Bordesoulle zurückgetrieben gegen die eigenen Kanonen, mit welchen General Drouot rücksichtlos auf Freund und Feind feuerte.

Kleinpösna und Seifertshain

So sehnsüchtig wie der Kaiser auf Marmont und Souham, warteten auch die verbündeten Monarchen auf das Eintreffen der Reserven. Um 4 Uhr nachmittags stand der Infanteriekampf verzweifelt und man konnte nicht wissen, daß der Kaiser sich bis auf seine Garden ausgegeben hatte. Macdonald hatte mit großem Nachdruck, obgleich er wegen Mangels an Truppen die Flankierung nicht ausführen konnte, die ihm zugewiesene Aufgabe gelöst. General Gérard nahm Kleinpösna und drang alsbald über das Dorf gegen Seifertshain vor. Zwei österreichische Bataillone haben die Straße verrammelt. Gérard, mit gezogenem Degen, führt seine Truppen in das Dorf und treibt die Osterreicher hinaus, da wirft sich der Generalmajor Ritter von Schäffer mit seinem letzten Bataillon des Regiments Zach in das Dorf, und das Bajonett spricht; General Gérard wird im Handgemenge verwundet. Die Italiener Gérards halten den Stoß nicht aus, die Weißröcke treiben sie aus Gärten und Hecken, das Dorf wird leergefegt.

Der Herzog von Tarent nimmt jetzt, was er zur Hand hat: Franzosen der Brigade Fressinet, westfälische Garde und Linie und die erschütterten Reste Gérards rafft er zusammen und führt sie gemeinsam mit dem General Ledru des Essarts persönlich gegen das Dorf. Nach einem wütenden Straßenkampf gelingt es dem Marschall, das Dorf von neuem zu nehmen, — aber nicht zu halten. Von Großpösna her rast preußische Artillerie heran, protzt ab und donnert in das Dorf. Von Fuchshain her läßt Klenau frische Bataillone vorgehen. Der Herzog von Tarent muß das Dorf nach schweren Verlusten aufgeben, Kleinpösna und den Kolmberg hält er.

Güldengossa

Marschall Mortier mit seinen Jungen Garden unterstützt von der Division Charpentier, gingen gegen Gortschakow vor. Die aus Liebertwolkwitz hinausgeworfene österreichische Brigade Mohr wurde langsam durch das Niederholz zurückgedrängt. 


    Die Reserven werden vorgeführt

Die französischen Kolonnen drangen, den zähen Widerstand der Russen, Osterreicher allmählich überwindend, gegen das Universitätsholz vor. Aber damit stockte hier der Angriff, denn die 1. Division des russischen Grenadierkorps traf, 12 Bataillone stark, auf diesem Punkte des Schlachtfeldes ein und verhinderte ein weiteres Vordringen der Franzosen. Während hier am Universitätsholz das blutige Ringen um jeden Fußbreit Erde mit Zähigkeit vor sich ging, wurde um den Schlüssel des Zentrums, das Dorf Güldengossa, mit wahnsinnigen Wut gerungen.

Das Dorf war nur schwach besetzt. Man hatte, als man die Absicht Napoleons auf die Eroberung Güldengossas erkannte, schleunigst drei preußische Bataillone der Brigade Pirch hineingeworfen und eine russische Batterie von sechs Geschützen an den Eingang postiert. General Maison führte selbst seine Sturmkolonne. Er warf die Tirailleurs aus den Gärten und Hecken zurück, stürmte die Batterie, die kaum noch Zeit hatte, abzufahren, und war schon in der Mitte des Dorfes, als Oberst von Jagow, der die Brigade kommandierte, persönlich noch ein Bataillon heranführte. Mit gefälltem Bajonett drangen jetzt die Preußen — auch die Weichenden hatten sich gesammelt — auf die Franzosen ein und säubetten das Dorf.

Aber Maison ließ nicht locker. Er ließ seine Batterien spielen, und unter ihrem Schutz drang die Division Maison von neuem gegen das Dorf vor. Aber schon waren zwei russische Jägerbataillone von der Garde zur Stelle. Gleichzeitig ließ Graf Pahlen seine reitende Batterie auffahren und nahm die französischen Sturmkolonnen unter ein wirkungsvolles Feuer. General Maison wird das Pferd unter dem Leib erschossen, er selbst im Getümmel durch einen Bajonettstich schwer verletzt. Mit Mühe gelingt es ihm, ein frisches Pferd, das sein Reitknecht herbeigeführt hat, zu besteigen und zu entkommen. General Danville, der den Befehl übernimmt, versucht seine Leute zusammenzuhalten und weiter zu bringen. Aber schon pirscht sich der Vortrab der preußischen Garden, das Gardejägerbataillon, heran. Ein guter Schütze nimmt den französischen General aufs Korn und Danville sinkt erschossen aus dem Sattel. »Hätten wir Kavallerie zur Hand gehabt«, schreibt General von Pirch, » so hätten wir mehrere tausend Gefangene machen können, da die feindlichen Massen sich gänzlich auflösten und in der größten Unordnung zurückwichen.« Inzwischen waren so starke Reserven eingetroffen, daß an einen erneuten Angriff für die Franzosen nicht zu denken war. Der Schlüssel des Zentrums, Güldengossa, blieb in den Händen der Verbündeten.

Auenhain

Als Marschall Victor mit seinen Kolonnen, gefolgt von Marschall Oudinot mit seiner jungen Gardedivision, aus Wachau vorbrach, mußte die Brigade Klüx, die sich in ihrer Terrainfalte gegenüber Wachau gehalten hatte, notgedrungen zurück. Die Reste der russischen Division Püschnitzki schlossen sich ihr an. Zäh fechtend zogen sich Preußen und Russen auf die Schäferei Auenhain zurück. Die Russen besetzten die Gebäude der Schäferei, während die Brigade Klüx rechts davon Aufstellung nahm. So erwartete man von neuem das Andringen Victors. 


  Erstürmung der Schäferei Auenhain

Der Herzog von Belluno entwickelte aus dem Vormarsch sofort den Angriff und warf seine Spitzendivision Dubreton gegen die Schäferei. Es war den völlig erschöpften, seit dem Frühmorgen im Feuer stehenden russischen Resten nicht möglich, das Vorwerk zu halten. Auenhain wurde genommen und die Division Dubreton setzte sich fest. Nach diesem Erfolg ging die Division Dufour über die Schäferei hinaus, während Oudinot mit seiner Jungen Garde den Vormarsch auf Cröbern antrat. Aber schon war zum Glück die 2. russische Grenadierdivision Sulima heran, von Generalleutnant Rajewski persönlich geführt. 

Rajewski läßt seinen Bataillone sofort angreifen und wirft die Division Dufour mit dem Bajonett zurück, dann läßt er Auenhain angreifen. Vergeblich! General Dubreton hat die Schäferei mit Kanonen gespickt. Er wirft den angreifenden russischen Grenadieren einen solchen Kugelhagel entgegen, daß der Angriff zurückgeschmettert wird. Ein zweiter, ein dritter Angriff wird zurückgeschmettert. Die Schäferei Auenhain ist eine harte Nuß, an der sich selbst ein Rajewski die Zähne ausbeißt.

Cröbern — Markkleeberg

Noch hielt sich in den letzten Gehöften von Markkleeberg ein Rest der Truppen Kleists, der auch nicht wich, als Marschall Oudinot mit seinen Garden das Gros der Kleistschen Brigade gegen Cröbern zurückdrängte. Da nahten von Cröbern her im Augenblick der Entscheidung die österreichischen Reserven. Es war das Verdienst des Feldmarschalleutnants Baron Bianchi, seine Regimenter zur rechten Zeit noch auf das Schlachtfeld gebracht zu haben. Unter größter Mühsal hatte man bei Großdeuben die Pleiße und ihre Nebengewässer überschritten. Sumpf, der brückenlose angeschwollene Fluß mit seinen Morastufern und jenseits des Flusses sumpfiges, dichtes Unterholz — es war wahrhaftig keine Kleinigkeit für die vom zweistündigen Marsch Ermüdeten. Wollte man nicht einen großen Umweg machen, so mußte man wohl oder übel durch den Fluß waten. Die Gewehre hoch, bis an den Leib im Wasser, wurde der Fluß genommen. Dann ging es durch das Unterholz mit seinen Tümpeln und Gestrüpp, jeder Schritt ein Mühsal, die Artillerie mußte weiter südlich auf einer Furt nahe Gaschwitz den Fluß überschreiten.

Als die Spitzen der österreichischen Kolonnen vor Cröbern ankamen, fanden sie das Dorf von zurückflutenden Truppenmassen, von zertrümmerten Geschützen und Munitionswagen völlig verstopft. Die Generale und Stabsoffiziere, Korporals und Unteroffiziere taten alles Menschenmögliche, um ihre Truppen vorwärts zu bringen. Mühsam wanden sich die Kolonnen durch das Dorf Cröbern und Baron Bianchi führte seine Vortruppen persönlich gegen Markkleeberg. Die zwei Bataillone des Regiments Hessen-Homburg, geführt von Grafen Haugwitz, warfen sich in die Flanke Oudinots und brachten dessen anmarschierenden Kolonnen zum Weichen. Das Dorf Markkleeberg wurde von den Regimentern Colloredo und Hiller gestürmt. Der Stoß war so stark, daß die französische Division Sémélé unter schweren Verlusten aus Markkleeberg hinaus bis Dölitz zurückgeworfen wurde. 

Die französische Artillerie versagte hier so, daß 11 Geschütze, von den Bedienungsmannschaften verlassen, in die Hände der Osterreicher fielen. Baron Bianchi gab fünf von diesen Kanonen an das Korps Kleist ab, da nach seiner Meinung Kleist durch den tapferen Widerstand bei Markkleeberg mehr Anrecht darauf hatte als die Osterreicher. Der bescheidene General von Kleist wehrte sich vergeblich. Er mußte die Geschütze nehmen und marschierte mit ihnen und seinen zusammengeschossenen Bataillonen (die Brigade Prinz August von Preußen war fast gänzlich aufgerieben) nach Cröbern zurück. Noch hatte sich die französische Brigade Dubreton in wütender Gegenwehr im Vorwerk Schäferei Auenhain gehalten. Jetzt kam auch ihre letzte Stunde. Die Division Weißenwolf war eingetroffen und warf ihre Bataillone gegen Auenhain. Der Stoß war fürchterlich. 


Graf Colloredo      

Jede Scheune, jede Hürde, jeder Winkel mußte erobert werden. Im wütenden Bajonettkampf wurden die Franzosen aus ihrer Stellung hinausgeworfen und drei österreichische Bataillone besetzten die Schäferei und hielten sie unter starken Verlusten während der Nacht. Es sah nach diesen österreichischen Erfolgen auf dem rechten Flügel der Franzosen so bedenklich aus, daß Napoleon von seinem letzten Rückhalt, den Garden, die Division Curial marschieren lassen mußte. Und es war die höchste Zeit, denn jetzt machte auch General Graf Merveldt vom linken Ufer der Pleiße her erneute Anstrengungen auf Connewitz. Seit 12 Uhr mittags, seit der Fürst Schwarzenberg, von Wolzogen und Jomini gedrängt, den Abmarsch der Reserven befohlen hatte, war General Merveldt hier bei Connewitz ganz auf sich angewiesen. Schon war der Generalmajor Longueville bei seinen Versuchen, die Brücke von Connewitz zu stürmen, zu Tode getroffen. Ein mörderisches Feuergefecht tobte hinüber und herüber. 

Dölitz

Als Bianchi mit wuchtigem Stoß bis gegen Dölitz vordrang, glaubte Merveldt, daß nunmehr für ihn der Augenblick gekommen sei, auch seinerseits über die Pleiße vorzugehen. Wie wir wissen, war das Schloß Dölitz in Händen der Osterreicher, und trotz aller heftigen Angriffe der Franzosen hartnäckig behauptet worden. Nun gelang es der österreichischen Artillerie, einige Geschütze in die Nähe des Schlosses zu bringen und von hier aus wurde der Angriff der Kolonne Bianchi unterstützt. Als die Franzosen auf dem rechten Ufer zu weichen begannen, ließ Merveldt eilends einen Brückensteg schlagen und gedachte mit seinen Truppen überzugehen, denn schon glaubte er drüben die Truppen Bianchis zu erkennen.

Das Ergebnis im Süden

Die drei verbündeten Monarchen hatten beschlossen, am nächsten Morgen den Angriff zu erneuern. Alle Reserven waren in Schlachtlinie eingerückt oder doch so nahe angekommen, daß sie verwendet werden konnten. Außerdem war Baron von Bennigsen mit der polnischen Armee nur noch wenige Meilen vom Schlachtfeld. Seine Vorhut unter General Strogonow konnte am nächsten Morgen bereits in Fuchshain sein. Die Stärke der polnischen Reservearmee unter Bennigsen betrug an 35.000 Mann. Auch Graf Bubna mit 10.000 Mann rückte heran; dazu die ganze 1. österreichische Armeeabteilung unter dem Grafen Colloredo, 20.000 Mann. Man hatte von Dresden alles herangezogen, was helfen konnte. Vor der sächsischen Hauptstadt blieben nur 15.000 Mann Miliztruppen unter dem Grafen Tolstoi. 


             Schloß Dölitz

So rückten insgesamt von Süden her allein 65.000 Mann frische Truppen in die Schlachtlinie, die alle schweren Verluste des Tages reichlich wettmachten. Napoleon wurden von überall her große Verluste gemeldet. Besonders von Poniatowski vom rechten Flügel her kam die Nachricht, daß vom 8. Armeekorps und vom 4. Reiterkorps über ein Drittel der Mannschaften und viele Offiziere geblieben seien. Der polnische Fürst erhielt an diesem Tage noch den Marschallstab, um fortan die Würde eines Marschalls von Frankreich zu tragen, für zwei Tage.

Möckern

Dem Herzog von Ragusa, August Friedrich Louis Viesse de Marmont, war vom Kaiser befohlen, sich dem etwaigen Anmarsch der Schlesischen Armee zwischen Leipzig und Halle in den Weg zu legen, Feldschanzen aufzuwerfen und sich in der gewählten Stellung 24 Stunden lang zu halten. Der Herzog kommandierte ein Korps von ungefähr 20.000 Mann mit 85 Geschützen. Es waren hauptsächlich französische Truppen, unter ihnen die Kerntruppe der altgedienten Marinesoldaten, die allein vier Regimenter und insgesamt 17 Kompanien des Korps Marmont ausmachten. Mit diesem Korps rückte der Marschall am 14. Oktober in die Linie Wahren-Lindenthal-Breitenfeld ein. Es war eine glänzende Stellung, die Marmont sich hier ausgesucht hatte, und als alter Artilerist hatte er es auch verstanden, seine Batterien vorzüglich aufzustellen.

Der Marschall beobachtete abends nach 10 Uhr noch vom Kirchturm von Lindenthal aus das Vorterrain und sah, wie hier bereits berichtet ist, am Horizont in der Richtung Halle zahlreiche Wachtfeuer. Er mußte sich daher sagen, daß er vermutlich am nächsten Morgen angegriffen werden würde. Aber Napoleon glaubte bestimmt, daß die bei Halle stehende schlesische Armee am linken Saaleufer bleiben würde und höchstens ein kleines Detachement zur Rekognoszierung direkt von Halle auf Leipzig entsenden würde.

Trotz seiner Beobachtungen erhielt der Marschall dennoch den Befehl, seine Stellung mit dem 3. Korps zu wechseln, durch Leipzig zurückzumarschieren und zwischen Leipzig und Liebertwolkwitz eine Reservestellung einzunehmen. Diesem bestimmten Befehl gegenüber blieb dem Herzog von Ragusa nichts übrig, als zu marschieren. Aber seine Lage änderte sich doch sehr plötzlich, denn er behielt mit seinen Beobachtungen recht. Schon waren seine Bataillone aus der Stellung zwischen Wahren und Lindenthal abmarschiert, und nur noch eine Nachhut deckte diese Linie, als sich auf Entfernung von nahezu zwei Meilen stärkere Abteilungen des Feindes zeigten. Auf der Straße von Halle her marschierten nach Schätzung acht Bataillone, auf der Straße von Landsberg her drei Bataillone. 

Kriegsrat zwischen Ney und Marmont

Ney hatte das Oberkommando nördlich Leipzig beriet mit Marmont dessen Abzug. Würde Marmont abziehen, so blieb ihm zunächst nur das 3. Korps Souham, und zwar nur dessen beide Divisionen Brayer und Ricard, kaum 12.000 Mann stark, die zur Zeit bei Mockau marschierten, denn die Division Delmas war mit dem Train des Korps von Düben her noch im Anmarsch. Er faßte daher mit Marmont den Beschluß, daß dessen Korps nördlich Leipzig verbleiben und eine neue Stellung einnehmen sollte. General Souham sollte ihn unterstützen. Aber durch diese Rechnung machte der Kaiser selbst einen Strich.

Mußte er schon in seiner Front das Korps Marmont entbehren, auf das er sicher gerechnet hatte, so wollte er wenigstens von Souham an sich ziehen, was zu haben war. So blieb der Marschall Marmont auf sich selbst angewiesen und Ney konnte für ihn nichts mehr tun, als die polnische Division Dombrowski, kaum 2.500 Mann stark, sowie einige Reiterregimenter nach Kleinwiederitzsch zu senden, um die rechte Flanke Marmonts zu decken und die im Anmarsch befindliche Division Delmas mit dem Wagenpark aufzunehmen. Der Herzog von Ragusa ließ nunmehr seine Divisionen aufmarschieren. Er stützte seinen linken Flügel auf das Dorf Möckern, das zwischen der Poststraße Halle-Leipzig und der Elster liegt. 


Dorf Möckern                   

Das Dorf lagert sich langgestreckt an der Absenkung der Höhe zu jener mit Busch und Wald bewachsenen Niederung der Elster hin; die Ufer sind steil und lehmig und ungefähr in der Mitte führte eine Brücke über den Fluß. Östlich des Dorfes lief die Straße Halle-Leipzig entlang den Häusern und Gartenmauern. Das Dorf hatte viele massive Gebäude. Die Front nach Norden, dem Anmarsch des Feindes zugewandt, betrug vielleicht 300 Schritt in der Breite.

Der Marschall erkannte genau die Bedeutung dieses Dorfes für seine linke Flanke. Er ließ es stark besetzen und seine drei Divisionen marschierten so auf, daß Division Lagrange den linken, Division Compans das Zentrum und Division Friedrichs den rechten an den Rietzschke-Bach angelehnten Flügel hatte. Dahinter Kavalleriebrigade Lorge und die württembergische Kavallerie unter General Graf Normann. Vor seine Front nahm der Marschall eine gewaltige Geschützreihe, bestehend aus 85 Kanonen.

Blüchers Vorbereitungen

In der Frühe des 15. Oktober hatte Blücher seine Disposition zum Vormarsch aus Halle gegeben. Die Korps der Generale Yorck und Langeron gingen auf der Straße Halle-Leipzig bis Schkeuditz vor. General Sacken folgte als Reserve.

Gegen 10 Uhr gelangten die Befehle zum Vormarsch an die Truppen. Blücher selbst redete in seiner derben Weise die Reiterei an: »Kinder, heute haut mal auf altpreußische Art ein. Wer heute abend nicht entweder tot oder wonneduselig ist, der hat sich geschlagen wie ein infamer Hundsfott.«

Fortsetzung