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Situation am Abend des 22. August 1813
Als der Kronprinz von Schweden in seinem Hauptquartier
in Sputendorf von den Kämpfen der Brigade des Generals von Thümen
nähere Einzelheiten erfuhr, erteilte er General von Hirschfeld den
Befehl, mit seinen Truppen von Potsdam bis Saarmund vorzurücken und
lediglich drei Bataillone und einige Geschütze zur Besetzung der bei
Baumgartenbrück errichteten Verschanzungen zurückzulassen.
Von der neuen Stellung bei Saarmund aus sollte von
Hirschfeld dann Verbindung mit den Kosakeneinheiten des Generals
Tschernischew aufnehmen, die bei Beelitz und Treuenbrietzen auf dem
äußersten rechten Flügel der Nordarmee aufgestellt waren. Streifkorps
operierten bis Trebbin, Luckenwalde und Jüterbog. Am Abend des 22. August
traf das Hirschfeldsche Korps dann in Saarmund ein. Es hatte an diesem Tag
die große Entfernung von 7,5 Meilen (i preußische Meile = 7532 Meter)
von Brandenburg über Potsdam nach Saarmund zurückgelegt, also rund ~6
km, eine bravouröse Marschleistung bei zudem noch sehr widrigen
Wetterverhältnissen sowie Regen, die im Prinzip unbefestigt waren.
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General von Wintzingerode erhielt den Befehl, von
Saarmund bis Gütergotz vorzurücken. Am Abend hatten seine Truppen
östlich des Dorfes eine Stellung bezogen. Die bisher nördlich von
Ruhlsdorf stehenden schwedischen Truppen unter General von Stedingk
stellten die Verbindung mit den Russen her. Die 3. und 6.
preußische Brigade hatten ihr Lager bei Heinersdorf bezogen. Sie
sollten bei einer Schlacht das Zentrum bilden. Die preußische
Reservekavallerie und die Brigade des Generals von Thümen gesellten
sich zu diesen Truppen. Auf dem linken Flügel standen hinter der
Jühnsdorfer Heide die Streitkräfte General von Tauentziens.
General von Borstell erhielt in der Nacht den Befehl, mit seinen
Truppen am nächsten Morgen von Mittenwalde nach Groß-Ziethen zu
marschieren. |
General von Wobeser sollte so rasch als möglich von
Buchholz nach Baruth vorgehen. Die nunmehr von den Hauptkräften der
Nordarmee eingenommenen Stellungen trugen den Geländeverhältnissen des
vorgesehenen Schlachtfeldes durchaus Rechnung. Zu beiden Seiten der
Straße von Trebbin über Großbeeren nach Berlin breiteten sich im Süden
des Schlachtfeldes versumpfte und teilweise von Sandhügeln unterbrochene
Heidegebiete aus. Die Jühnsdorfer Heide und der Diedersdorfer Bruch
liegen auf der östlichen, die Ahrensdorfer, Genshagener und Großbeerener
Heide auf der westlichen Seite dieser Straße. Nördlich von Großbeeren,
dem Mittelpunkt des Schlachtfeldes, breitet sich eine ziemlich flache
Ebene aus, die für alle Waffengattungen gute Einsatzmöglichkeiten bot.
Nur Infanterie konnte die Bruchgegend an allen Stellen
passieren. Kavallerie und Artillerie waren auf die wenigen Wege
beschränkt, zumal zahlreiche Abzuggräben, die mit der Nuthe in
Verbindung standen — vor allem östlich der Straße —‚ das Gelände
durchschnitten. Besonders erschwerend für ein Vorgehen von Truppen war
der Lilo-Graben, der mit dem Hauptgraben der Nuthe ein Verbindung hatte
und sehr sumpfige Ufer besaß. Er fließt an der östlichen Seite
Großbeerens vorbei, wo sich auch die einzige Brücke befand.
Nördlich der Linie von Blankenfelde über Diedersdorf
und Großbeeren auf Sputendorf ist die Gegend ziemlich flach, fällt aber
nach Süden ab, so daß die Aufstellung der russischen, schwedischen sowie
preußischen Truppen des Generals von Bülow auf der nordwestlichen Seite
des Schlachtfeldes hinter Gütergotz, Ruhlsdorf und Heinersdorf das vor
ihnen liegende Terrain vorteilhaft überhöhte. Das Korps von General von
Tauentzien hatte nur Sumpf und Wald vor seiner Front, war daher auf eine
passive Verteidigung angewiesen.
Außer der Straße von Trebbin über Großbeeren
nach Berlin gab es nur noch drei Wege, auf denen Kavallerie und
Artillerie den südlichen Teil des Schlachtfeldes passieren konnten.
Eine Straße führte von Blankenfelde nach Berlin. Da sich östlich
dieser Straße ein ziemlich große See befindet, an dem das Dorf
Rangsdorf liegt, bot die Straße durch den Wald eine günstige
Verteidigungsmöglichkeit auch gegen eine Übermacht. Es war fast zu
erwarten — wie es dann auch geschah —‚ daß es hier zu
heftigen Kämpfen kommen würde. Eine zweite Straße führte von
Wietstock über Genshagen durch den Diedersdorfer Bruch —
teilweise parallel zum Lilo-Graben — nach Großbeeren, einzelne
Querwege zur Straße von Blankenfelde nach Berlin. Die dritte
Straße schlängelte sich von Trebbin über Ahrensdorf nach
Sputendorf. |
Russische
Truppen
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Am Kreuzungspunkt der Straße von Großbeeren nach
Sputendorf und von Genshagen nach Ruhlsdorf lag das Vorwerk Neubeeren. Das
Dorf Kleinbeeren ist in nordöstlicher Richtung etwa 2.000 Schritt von
Großbeeren entfernt, aber durch den Lilo-Graben davon getrennt. Die
einzige Verbindung war die hölzerne Brücke.
Der Kriegsrat in Philippsthal
In der preußischen Hauptstadt herrschte schon seit
Tagen eine gedrückte und von Besorgnis um das Schicksal der Stadt
getragene Stimmung. Der Anmarsch der napoleonischen Berlin-Armee war
bekannt geworden, zahlreiche Gerüchte machten die Runde. Manche Berliner
lobten Karl Johann als genialen Feldherrn, andere nannten ihn einen
Zauderer, fast alle setzten auf die Entschlossenheit der preußischen
Generale. Allgemein wurde aber am 22. August befürchtet, daß Marschall
Oudinot, der nun die Nutheniederung passiert hatte, nur noch drei Meilen
von Berlin entfernt war, und dessen Truppen lediglich noch einige wenige
schwache Schanzen sowie Gräben zu überwinden hatten, in kürzester Zeit
an den Stadttoren auftauchen könnte.
Auch unter den preußischen Truppen herrschte
Unzufriedenheit mit der Kriegführung durch den schwedischen Kronprinzen.
Das ewige Hin- und Hermarschieren in Regen und Sturm über schlechte Wege
und bei kärglicher Verpflegung ließ die Stimmung sinken. Man sehnte sich
den Kampf herbei, wollte auf keinen Fall die preußische Hauptstadt dem
Feinde überlassen. Etwa zu der Zeit, als die Brigade General von Thümen
Wietstock im Kampf gegen eine Übermacht stand, erhielten die Generale von
Bülow und von Tauentzien den Befehl, sich im Hauptquartier des
Kronprinzen von Schweden in Philippsthal zu melden.
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Hier waren zudem die Generäle von Winzingerode
sowie von Stedingk, Adjutanten und Stabsoffiziere versammelt. Der
Kronprinz führte in französischer Sprache langatmig seine Bedenken
gegen die sofortige Annahme einer Schlacht aus, sprach von der
mangelnden Leistungsfähigkeit der preußischen Landwehrtruppen
sowie der neugebildeten Truppen. Es sei besser, ein günstigeres
Schlachtfeld jenseits von Berlin aufzusuchen. Der weitere Rückzug
wäre ja auch durch den von ihm angewiesenen Brückenbau über die
Spree schon gut vorbereitet. |
Das Gefecht bei Blankenfelde am 23. August 1813
Im Lager der napoleonischen Berlin-Armee herrschte am
Morgen des 23. August eine fast ausgelassene Stimmung. Man hatte die
Vorhuten der Nordarmee verhältnismäßig rasch und leicht
zurückgedrängt, die Pässe durch die Nuthesümpfe gewonnen, stand kurz
vor der Vereinigung der drei Heeresteile und hoffte, daß die preußische
Hauptstadt sehr bald genommen sein würde.
Oudinot glaubte nicht daran, daß es an diesem Tag zu
einem ernsthaften Gefecht oder einer Schlacht käme. Die Stimmung bei den
Truppen war gut. Man rief sich ein aufmunterndes »Rendezvous ä Berlin«
zu. Das XII. Korps marschierte in Richtung Sputendorf und würde in der
Verlängerung auf die russisch-schwedische Stellung stoßen. Das VII.
Korps des Generals Reynier marschierte im Zentrum auf Großbeeren, das IV.
Korps ging gegen Blankenfelde vor.
Die Entfernung von Jühnsdorf nach Blankenfelde
beträgt nur etwa vier Kilometer. So stießen die Truppen Bertrands zuerst
auf den Feind. Hier stand das Korps des Generals von Tauentzien: 13.000
Mann, 17 Bataillone und 12 Eskadons, mit 32 Geschützen. Die Masse bestand
aus Landwehrleuten, die im Schützengefecht sowie im Ortskampf noch wenig
geübt waren, nur ein Linien-Reserve-Regiment stand zur Verfügung.
Bertrand hatte etwa 17.000 Mann sowie 48 Geschütze. Bereits gegen 8.00
Uhr morgens kam es im Wald zwischen Jühnsdorf und Blankenfelde zu einem
zweistündigen Kampf zwischen der französischen Vorhut und dem 5.
Reserve-Infanterie-Regiment unter Major von Schmalenfeld. Blankenfelde, am
Rande der Jünsdorfer Heide, zu beiden Seiten von unwegsamen Sümpfen und
Niederungen eingefaßt, bot nur eine Passage von 2.000 Schritt Breite. Als
nun die italienische Division Fontanelli ins Gefecht geworfen wurde,
konnte diese durch heftiges Schützenfeuer zurückgewiesen werden.
Lediglich die Brigade Moroni, die Mailänder
Garde und das 7. Linienregiment konnten bis zum Waldrand vor
Blankenfelde vordringen und dort eine Batterie in Stellung bringen.
Als diese Kräfte weiter vordringen wollten, wurden sie durch einen
Bajonettangriff der Preußen in den Wald zurückgetrieben. Das
Feuern der Gewehre und Geschütze hielt noch bis gegen 14.00 Uhr an.
Da jedoch die Truppen Bertrands keine weiteren Angriffsversuche
unternahmen, erstarb das Gefecht. Vielmehr zog sich die italienische
Division auf Jühnsdorf zurück. Die Preußen behaupteten ihre
Stellung. |
preußischer
Angriff
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Eine dem Feinde nachgesandte Abteilung konnte sogar
200Gefangene, darunter 11 Offiziere, machen. Bertrand wagte dann weiter
keinen neuen Angriffsversuch, verhielt vielmehr den ganzen weiteren Tag
bei Jühnsdorf. Selbst als das Dröhnen des Geschützfeuers von
Großbeeren herüberdrang, unternahm er nichts. Als dann der
Schlachtenlärm verstummte, war es zu spät, das VII. Korps war dort
völlig geschlagen worden. Das Gefecht bei Blankenfelde, im ständig
niedergehenden Regen geführt, bildete die Ouvertüre zur Schlacht von
Großbeeren.
Die Schlacht von Großbeeren
General von Bülow hatte am Morgen des 23. unruhige
Stunden verlebt. Als er gegen 10.00 Uhr den sich ständig verstärkenden
Kanonendonner aus Richtung Blankenfelde vernahm, entschied er sich — als
kein entsprechender Befehl des schwedischen Kronprinzen eintraf—, seinen
preußischen Waffenbrüdern zu Hilfe zu eilen. Seine Truppen marschierten
an Groß- und Kleinbeeren vorbei und stellten sich nördlich Diedersdorf
in Schlachtordnung auf. Dem Kronprinzen schickte er einen Adjutanten zur
Berichterstattung. Als aber dann doch keine feindlichen Truppen
auftauchten, leistete Bülow einem inzwischen von Karl Johann
eingetroffenen Befehl Folge, und ging in seine Ausgangsstellungen bei
Heinersdorf zurück. Auf seinem rechten Flügel stand die Brigade Hessen-Homburg,
daneben die von Krafft, dann folgte die von Thümen; die gegen 3.00 Uhr
nachmittags von Mittenwalde eintreffende Brigade Borstell stellte sich auf
dem linken Flügel auf. Die Reserve-Kavallerie und die Reserve-Artillerie
standen hinter Heinersdorf.
Linienkavallerie |
Das vor der Front liegende Großbeeren wurde mit
einer Avantgarde unter dem Befehl des Majors von Sandrart
besetzt. Diese bestand aus dem 3. Bataillon des Kolbergischen
Infanterie- Regiments unter Major von Schmidt, dem 1. Bataillon vom
9. Reserve-Regiment unter Major von Zglinitzky, dem 1. Bataillon vom
1. neumärkischen Landwehr-Regiment unter Major Treskow, dem
Leibhusaren-Regiment des Majors Sandrart sowie vier Kanonen der
Batterie Nr. 19. Wie schon den ganzen Tag, regnete es auch noch um
16.00 Uhr, als die ersten Truppen des VII. Korps des Generals
Reynier aus dem Walde vor Großbeeren traten. Sein Korps hatte für
die sonst üblichen zwei Wegstunden derer fünf gebraucht, teils
weil die Truppen vom Gefecht des Vortages erschöpft, teils, weil
der aufgeweichte Boden das Vorwärtskommen erschwerte.
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An der Spitze des Korps marschierte die sächsische
Division des Generals Sahrer von Sahr, danach die französische Division
Durutte, dann die zweite sächsische Division Lecoq. An der rechten Flanke
folgte die sächsische Reiterbrigade. Oudinots XII. Korps, das in gleicher
Höhe über Ahrensdorf und Sputendorf vorgehen sollte, war ebenso wie die
Reserve-Kavallerie und Arrighi zurückgeblieben. Großbeeren lag kaum zwei
Kilometer vom Waldrand, etwas erhöht, vor den Truppen Reyniers, weiter
westlich das Vorwerk Neubeeren, östlich das Dorf Kleinbeeren. Zwischen
beiden Dörfern befand sich die schmale sumpfige Niederung mit dem
Lilo-Graben Da man Großbeeren von den Preußen besetzt fand, stellte sich
die Division Sahr am Waldrand zur Schlachtordnung auf und eröffnete mit
einer Batterie von 12 schweren Geschützen das Feuer auf die viel leichteren
preußischen Geschütze auf der Windmühlenhöhe. Die preußische
Artillerie mußte sich daraufhin zurückziehen. Nun gingen sechs
Bataillone der Sachsen im Sturmschritt auf das inzwischen brennende Dorf
vor und vertrieben die Preußen nicht nur von der Windmühlenhöhe,
sondern auch aus den Dorfe. Gegen 17.00 Uhr zogen sich die schwachen
preußischen Kräfte nach tapferer Gegenwehr nach Heinersdorf auf ihre
Hauptkräfte zurück.
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Das ganze VII. Korps nahm nun auf Befehl Reyniers
folgende Stellung ein: die Division Sahr besetzte die
Windmühlenhöhe, indem sie sich rechts an daß Dorf anlehnte. Links
von der Division Sahr — jedoch etwas zurück — stellten sich die
Division Durutte und die sächsische Reiterbrigade auf, die Division
Lecoq besetzte das Vorwerk Neubeeren und bildete somit den linken
Flügel. Reynier wollte sein Hauptquartier in Großbeeren
aufschlagen und ließ deshalb sechs sächsische Bataillone zu
Löscharbeiten einsetzen, die auch vom strömenden Regen
unterstützt wurden. Da die Truppen auf dem Marsch teilweise
durcheinander geraten waren, konnten sie nur allmählich in ihre
angewiesenen Stellungen einrücken. |
Es regnete immer noch in Strömen, so daß die Sicht so
schlecht war, daß sie keinen Überblick gestattete. Die Soldaten suchten
sich gut sie konnten vor der Nässe zu schützen, richteten sich schon auf
ein Biwak für die Nacht ein. Obwohl auch Reynier nicht mehr mit einem
weiteren Kampf an diesem Tage rechnete, war er doch ein zu erfahrener
General, als daß er nicht einige Vorsichtsmaßnahmen ergriff. So ritt er
seine gesamte Truppenaufstellung ab. Nachdem er seinen rechten Flügel
durch die Sumpfniederung und den Lilo-Graben hinreichend gedeckt
erachtete, begab er sich auf den linken Flügel und beschleunigte dort den
Aufmarsch der Division Lecoq und schickte leichte Truppen aus, um nun die
Verbindung mit dem XII. Korps von Marschall Oudinot herzustellen, welches
ja parallel marschieren sollte und nun ebenfalls aus den Wäldern
auftauchen mußte. Aber dies geschah nicht, vielmehr mußte er schon kurze
Zeit später seine ganze Aufmerksamkeit der nun einsetzenden Schlacht bei
Großbeeren zuwenden.
Ebenso wie die schlechte Sicht Reynier daran hinderte,
das preußische Korps von General von Bülow zu sehen, war dieser nicht in
der Lage, sich davon zu überzeugen, ob er es nun mit dem ganzen VII.
französischen Korps zu tun hatte und ob eventuell auch das XII. Korps vor
ihm stand. Sollten es nur die etwa 18.000 Mann Reyniers sein, so standen
die Chancen dafür, die bisherigen verlorenen Kämpfe des Tages durch
einen Sieg wettzumachen, ziemlich gut, drängten doch seine Truppen auf
eine Schlacht. Sollte auch das XII. Korps auftauchen, so war ein
Angriffsversuch immer noch erfolgversprechend, solange der Feind im
Anmarsch war und sich noch nicht entwickelt hatte. Zusätzliches Motiv
für einen sofortigen Angriff war für General von Bülow der Umstand,
daß der Feind am nächsten Tag sich leicht in die Lücke zwischen seinem
und dem Korps von General von Tauentzien schieben könnte, dieses dann in
der Front und im Rücken angreifen und vernichten könnte.
Der General bestieg sein Pferd, um selbst die
gegnerische Stellung zu beobachten. Anschließend befahl er seine
Brigadekommandeure zum Kriegsrat. Im gleichen Augenblick, als die
Adjutanten schon zur Benachrichtigung der Generale unterwegs waren,
traf ein Befehl des Kronprinzen von Schweden ein, mit seinem Korps
bis auf den Kreuzberg bei Berlin zurückzugehen. Entrüstet rief
Bülow: »Vor uns liegt die Entscheidung. Sagen Sie Seiner
Königlichen Hoheit, daß ich mich auf dem Marsch befände,
Großbeeren im Sturm zurückzuerobern.« Gleichzeitig sandte er
seinen Adjutanten, Major von Reiche, zum kronprinzlichen
Hauptquartier. |
Bülow auf dem Windmühlenhügel
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Der Major traf den Oberbefehlshaber der Nordarmee in
der Windmühle von Ruhlsdorf, in seinen Generalsmantel gehüllt und auf
einem Bärenfell liegend. Ungnädig nahm er die Meldung zur Kenntnis. Was
fiel diesem preußischen General ein, auf eigene Faust zu handeln?! Auf
die Bitte um Unterstützung des preußischen Angriffs durch einen
Flankenvorstoß schwedischer Truppen antwortete der Kronprinz: »Ich habe
den Feind vor mir, jeder verteidige seine Front!« Major von Reiche eilte
zu Bülow zurück. Kaum dort eingetroffen, erschien ein Adjutant des
Kronprinzen mit dem Befehl, Bülow möge Großbeeren zurückerobern. —
Ein Beispiel für etliche ähnliche taktische Handlungsweisen des Karl
Johann in diesem Herbstfeldzug des Jahres 1813.
Bülows Generalstabschef Oberst von Boyen hatte sich
inzwischen auch mit eigenen Augen vom günstigen Zeitpunkt eines Angriffs
auf Reyniers Truppen überzeugt. Mit der Degenspitze auf die vor ihm
liegende Gegend zeigend diktierte Bülow den Angriffsbefehl: »Es soll der
rechte Flügel des Feindes angegriffen, das Dorf Großbeeren
zurückerobert werden und, indem der Feind auf diese Weise in die Defileen
zurückgeworfen wird, durch die Durchbrechung die beiden Flügel desselben
zum Rückzug genötigt werden. Zu diesem Endzweck formiert die dritte
Brigade des Prinzen von Hessen-Homburg den rechten Flügel, die sechste
Brigade des Obersten von Krafft den linken Flügel des Treffens, die
vierte Brigade des Generals von Thümen bildet die Reserve und wird hinter
dem linken Flügel folgen. Jede Brigade formiert zwei Treffen, die den
Brigaden zugeteilte Kavallerie folgt den zweiten Treffen derselben. Die
Reserve-Kavallerie wird hinter die Flügel der Linie gestellt. Der General
von Borstell soll mit der fünften Brigade über Kleinbeeren auf
Großbeeren zu marschieren und den feindlichen rechten Flügel umgehen,
insbesondere aber die linke Flanke des vorrückenden Armeekorps sichern.«
Die im nach wie vor strömenden Regen stehenden preußischen Truppen
begrüßten den Angriffsbefehl mit einem dreifachen Hurra. Das erste
Treffen in Linie entwickelt, das zweite in Bataillonskolonnen, rückten
die Preußen nach 17.00 Uhr auf dem aufgeweichten Boden gegen Großbeeren
vor.
preußische
Artillerie |
General von Bülow hatte eine Geschützreihe von
64 Kanonen vor die Front genommen, unter deren Schutz die Brigade
Hessen-Homburg gegen die Windmühlenhöhe, die Brigade Krafft gegen
das Dorf vordrangen. Reynier war inzwischen über verdächtige
Bewegungen bei den Preußen informiert worden. Man hörte deren
Trommeln und Hornsignale. Von der Windmühlenhöhe aus spähte der
General ungeduldig nach Sputendorf hinüber, wo das Korps von
Marschall Oudinot erscheinen sollte, aber nicht kam. Da sein linker
Flügel in freiem, für die Kavallerie sehr geeignetem Gelände
stand, ließ er die dort befindliche sächsische Division Lecoq
vorsichtshalber Vierecke bilden und schickte zur Flankensicherung
zwei halbe Batterien hin, gerade noch rechtzeitig. |
Fast im gleichen Moment brüllte die preußische
Geschützreihe auf. Auf 1.200 bis 1.400 Schritt schossen 64 preußische
Feuerschlünde auf die gegnerische Schlachtlinie. Dieser
Artilleriemassierung konnte Reynier anfangs nur 44‚ dann maximal 6o
Kanonen entgegenstellen. Da aber die sächsischen und französischen
Geschütze von stärkerem Kaliber waren und besonders auf der
Windmühlenhöhe günstigere Schußpositionen besaßen, erzielten sie eine
verheerende Wirkung in den preußischen Reihen. So wurden von der
reitenden Batterie Nr. 5, die sich ziemlich weit vorgewagt hatte, in
kürzester Zeit fünf Kanonen zerschossen. General von Bülow reagierte
sofort und ließ seine Artillerielinie auf 82 Geschütze verstärken.
Nun schossen:
die 12pfündige Batterie Nr. 4 unter Capitain Meyer, eine 12pfündige
russische Batterie unter Oberst Dietrichs, die 6pfündigen Batterien Nr.5
unter Capitain von Glasenapp, Nr. 6 unter Capitain von Ludwig, Nr. 16
unter Capitain von Spreuth, die halbe Batterie Nr.19 unter Premierleutnant
von Liebermann, eine zweite russische 12pfündige Batterie unter Capitain
Schlüter, die andere halbe Batterie Nr.19 unter Premierleutnant von
Baumgarten, die reitenden Batterien Nr. 5 unter Capitain von Neindorf bzw.
Nr.6 unter Capitain von Steinwehr sowie die schwedische Batterie unter
Oberst von Cardell.
Inzwischen schickte General von Borstell den Major von
Knobloch mit dem 2. Reserve-Regiment, der halben reitenden Batterie Nr. 11
und zwei Eskadrons des pommerschen Husaren-Regiments gegen Kleinbeeren
vor, das sie aber unbesetzt fanden. Daraufhin ging die ganze Brigade vor,
machte eine Flügelbewegung, um mit den übrigen Brigaden auf gleiche
Höhe zu kommen, und stellte sich so auf, daß das pommersche
Grenadier-Bataillon, das 3. Bataillon des pommerschen Regiments und drei
Bataillone des Reserve-Regiments in erster Linie, die beiden
Musketier-Bataillone des pommerschen sowie das 2. und 4. Bataillon des 2.
kurmärkischen Landwehr-Regiments in zweiter Linie standen. Die
westpreußischen Ulanen bildeten den rechten, die pommerschen Husaren den
linken Flügel. Die Fußbatterie Nr. 10 und die halbe reitende Batterie
Nr. 11 beschossen eine feindliche Kolonne, die sich nun am Rande von
Großbeeren zeigte und sich daraufhin zurückzog.
preußischer Bajonettangriff in Großbeeren |
General Reynier mußte nun endgültig einsehen, daß es
die Preußen ernst meinten. Seinen linken Flügel ließ er durch sechs
sächsische Bataillone aus dem zweiten Treffen verstärken, die Division
mußte am Waldrand in Kolonnen aufmarschieren. Da nun das feindliche Feuer
schwächer wurde, ließ General Bülow den Befehl zum allgemeinen
Bajonettangriff geben. Staffelweise rückten die in 300 Schritt hinter den
Geschützen aufgestellten Bataillone nun im Sturmschritt vor.
Anfeuerungsrufe und Hurrageschrei ertönte. Von der dritten Brigade
stürmte die ganze erste Linie die Anhöhen auf dem linken Flügel der
feindlichen Stellung. Die zweite Linie folgte sofort, während die beiden
Flügelbataillone noch zur ersten Linie aufrückten. Die sechste und die
vierte Brigade griffen den rechten Flügel des VII. Korps an. Das 1. und
das 2. Bataillon des Kolbergischen Regiments und das 2. Bataillon vom 5.
Reserve-Regiment in erster Linie, das 2. und das 4. Bataillon vom 1.
neumärkischen und das 3. Bataillon vom 5. Reserve-Regiment in zweiter
Linie, danach das 2. Bataillon vom 4. ostpreußischen Regiment. Mit
klingendem Spiel drangen die preußischen Sturmkolonnen gegen Großbeeren
und die Windmühlenhöhe vor.
Als Soldaten des Kolbergischen Regiments unter Major
von Zastrow an General von Bülow vorüberkamen rief dieser ihnen zu:
»Schweden und Russen sehen auf Euch, hinter uns liegt Berlin, vergeßt
nicht, daß ihr Pommern seid!«
In der Front und in die rechte Flanke brach jetzt die
blaue Flut der Preußen auf die sich tapfer wehrenden Sachsen der Division
Sahr herein. Die französischen und sächsischen Geschütze schwiegen
inzwischen fast ganz. Der immer noch strömende Regen ließ kein Gewehr
mehr funktionieren. Die preußischen Kanonen hatten in zahlreichen
Häusern von Großbeeren wieder Feuer entfacht. Während die Brigade
Krafft, das Kolbergische Infanterie-Regiment und das 1. neumärkische
Landwehr-Regiment von Norden her in das Dorf eindrangen, schickte General
Borstell das 1. und 2. Bataillon vom 2. Reserve-Regiment mit vier Kanonen,
links durch zwei Eskadronen pommerscher Husaren geschützt, ebenfalls auf
Großbeeren vor.
Angriff der preußischen
Regimenter |
Am Nordende des Dorfes stand das sächsische
Grenadier-Bataillon Königliche Garde mit gefälltem Bajonett, die
Angreifer erwartend. Imposante Erscheinungen diese Grenadiere in
ihren krebsroten Röcken mit gelbem Kragen und hohen
Bärenfellmützen. Im Nu hatte sich ein fast unentwirrbares Knäuel
aus miteinander kämpfenden Menschenleibern gebildet. Als selbst das
Bajonett nicht die erwartete Wirkung zeigte, drehten die
neumärkischen und pommerschen Landwehrmänner ihre Gewehre und
schlugen mit dem Kolben auf die Sachsen ein. Hier war es, wo die
durch den hitzigen Kampf wütenden Pommern riefen: »So flutscht dat
better!« Die sächsische Division Sahr verlor noch auf den Rückzug
zahlreiche Soldaten. Zwei sächsische Bataillone wurden in die
sumpfige Niederung bei Großbeeren getrieben und dort
gefangen genommen. |
In diesem Moment erschien das 2. Bataillon des 1.
neumärkische Landwehr-Regiments von der Windmühlenhöhe her und geriet
mit den Sachsen ins Handgemenge. Das schon schwer angeschlagene
preußische Bataillon verlor in kurzer Zeit neun Offiziere und über
hundert Mann.
Nun griffen aber zwei weitere preußische Bataillone ein und
besiegelten das Schicksal der sachsischen Bataillone. Da half auch der heroische
Einsatz des Regimentes Low, das die sächsische Ehre bei Großbeeren
hochhielt wenig. Von den beiden Bataillonen entkamen mit Mühe knapp
hundert Mann. Ihr Kommandeur, der General von Sahr, entging, durch
einen Bajonettstich in den Unterleib schwer verwundet, nur knapp der
Gefangennahme. Was an diesem Schlachtenabschnitt an sächsischen und
französischen Truppen noch zusammenhält, wird von den westpreußischen
Ulanen, den pommerschen Husaren und den Landwehrmännern unter den Säbel
genommen, in die Sumpfniederungen gedrängt und in den Wald geworfen.
Da aus Richtung Sputendorf immer noch nichts vom XII.
Korps zu sehen war, ließ Reynier nun die bis dahin in Reserve stehende 6.000
Mann starke Division Durutte vorgehen. Aber die zurückdrängenden Sachsen
— vor allem deren Artillerie — bringen die Ordnung in kürzester Zeit
total durcheinander. Nach Kartätschenfeuer und unter dem Eindruck der
rasend schnell vordringenden Preußen lösen sich die Bataillone der
Division Durutte auf. Viele der Soldaten werfen ihre Gewehre einfach weg,
in wilder Flucht jagen sie zum Waldrand zurück, erreichen ihn zum Teil
noch vor den geschlagenen Sachsen. Reynier blieb als einzig intakter
Truppenverband nun nur noch die 1. sächsische Division unter Lecoq, die
auf seinem äußersten linken Flügel stand. Er befahl dieser, zwei
Vierecke zu bilden. Das eine davon, aus sechs Bataillonen mit zwölf
Kanonen zusammengesetzt, deckte den Rückzug des geschlagenen Korps gegen
den weiter vorrückenden rechten Flügel der preußischen
Schlachtordnung.
Das zweite Viereck, aus vier Bataillonen und
einer Batterie gebildet, sollte sich auf der Windmühlenhöhe
solange als möglich gegen den linken preußischen Flügel halten.
Diesen Anordnungen und der jetzt einbrechenden Dunkelheit verdankte
Reynier schließlich, daß sein Korps nicht gänzlich aufgerieben
wurde. In fester Haltung zog nun auch die Division Lecoq vom
Schlachtfeld ab, verschwand im Genshagener Forst.
Die Schlacht bei Großbeeren schien beendet, die
preußischen Truppen schickten sich an, auf dem Schlachtfelde Biwaks
zu beziehen. Da wurden auf dem äußersten rechten Flügel — aus
Richtung Sputendorf starke feindliche Kavallerieabteilungen
gemeldet. |
franz. Husaren
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Marschall Oudinot, dessen Truppen am späten Nachmittag
endlich Ahrensdorf erreicht hatten, hatte, als er den starken
Kanonendonner von Großbeeren her hörte, die Reiterdivision Fournier vom
Kavalleriekorps Arrighi durch den Wald zur Unterstützung des VII. Korps
aufbrechen lassen. Zwar traf sie nun zu spät ein, doch gingen die fast
2.000 Reiter — es war schon weit nach 20.00 Uhr — trotz ziemlicher
Dunkelheit noch vor. An der Spitze stand die Husarenbrigade Ameil, im
zweiten Treffen zwei reitende Chasseurregimenter und eine Husareneskadron.
Gegen diese französische Kavallerie eröffnete die schwedische Batterie
unter Oberst Cardell das Feuer. Gleichzeitig stürzte sich Major von
Sandrart mit dem 2. — dem schwarzen —Leib-Husaren-Regiment, denen die
westpreußischen Ulanen folgten, auf den linken Flügel der feindlichen
Kavallerie und schlug sie in die Flucht. Da die nunmehr Versprengten aber
statt in den Wald in Richtung Großbeeren galoppierten, jagten ihnen die
preußischen Husaren und Ulanen hinterher, ihnen wiederum folgten die
anderen noch geschlossen gebliebenen französischen Reitermassen. In
dichtem Knäuel jagte alles zwischen der Windmühle und Großbeeren
vorbei. Die westpreußischen Ulanen schlossen sich an, dann noch die
Jägereskadron, dann das Dragonerregiment Königin. Eine regelrechte wilde
Jagd stob mitten durch die preußische Infanterie in Richtung auf
Zehlendorf und Berlin. In der Dunkelheit waren Freund und Feind kaum zu
unterscheiden. Erst hinter Heinersdorf löste sich das Knäuel, in
wütendem Nachtgefecht gewannen die preußischen Reiter die Oberhand.
Am nächsten Morgen wurde noch mancher versprengte
französische Reiter von den Preußen eingefangen, der vergeblich versucht
hatte, sich wieder zu seinem Truppenteil durchzuschlagen. Der gescheiterte
Nachtangriff der französischen Kavallerie vom XII. Korps beendete die
blutige Schlacht von Großbeeren endgültig. Reynier zog sich mit dem Rest
seiner geschlagenen Truppen bis Löwenbruch zurück, wo diese — durch
Oudinots und Bertrands Nähe geschützt — die Nacht verbrachten.
sterbender
Krieger |
Noch in
der gleichen Nacht hatte Marschall Oudinot in Wietstock eine Zusammenkunft
mit seinem geschlagenen Korpskommandeur. Reynier erklärte, daß sein VII.
Korps nicht in der Lage sei, an der eventuellen weiteren Angriffsbewegung
der Berlin-Armee teilzunehmen. Marschall Oudinot blieb nichts weiter
übrig, als noch in der Nacht die Befehle für den Rückzug auf Wittenberg
zu erteilen. — Der Angriff der napoleonischen Streitkräfte auf Berlin
war gescheitert, die preußische Hauptstadt vor der Eroberung durch den
Feind bewahrt.
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Bilanz
Der erste Sieg der Preußen im Befreiungsjahr 1813 war
errungen. Er weckte Zuversicht und Vertrauen in den Reihen der Preußen
und bei ihren Verbündeten. Doch der Preis war hoch:
159 Tote, 662 Verwundete — von denen noch
viele starben —‚ 228 Vermißte. Da wogen die sechs zerstörten Kanonen
relativ leicht. Erbeutet wurden: 14 Kanonen, 52 gefüllte
Munitionswagen, 2 Feldschmieden und 6 andere Wagen. Das
Kolbergische Regiment hatte allein 5 Kanonen erobert, 400 Gefangene
gemacht und über 200 Gegner mit Bajonett und Kolben niedergemacht. Die
preußische Artillerie verschoß 1.526 Kugeln, 215 Granaten und 44
Kartätschen.
Das VII. Korps des Generals Reynier hatte schwere
Verluste. Allein die beiden sächsischen Divisionen verloren 28 Offiziere
und 2.096 Soldaten an Toten und Verwundeten. Die Reste des Regiments von
Low wurden in einem Bataillon vereinigt. Wie so oft in der Zeit seit 1806
hatten die Rheinbundtruppen — hier die Sachsen — das Kanonenfutter für
den französischen Kaiser gestellt. Zu weiteren über 300 Mann an
Toten und Verwundeten kamen über 1.000 Gefangene.
Am folgenden Tag wurden auf dem Schlachtfeld reichlich
2.000 auf der Flucht weggeworfene Gewehre aufgesammelt, die vor
allem an die schlecht ausgerüsteten Landwehrtruppen verteilt wurden.
Von einer Verfolgung des Gegners war schon am Abend der
Schlacht abgesehen worden. Am nächsten Morgen wurde der Erfolg des
Schlachtentages noch ausgebaut, allein zwei kleinere Abteilungen, die
Bülow am 24. August aussandte, konnten weitere 300 Gefangene und einige
Trainwagen einbringen.
Noch in der Nacht trafen die ersten Verwundeten vom
Schlachtfeld in Berlin ein. Mit dem Tagesgrauen des 24. August zog
eine regelrechte Völkerwanderung vor die Tore der Stadt mit Fuhrwerken
voll Lebensmitteln, Verbandsmaterial und Liebesgaben. Tausende kamen ins
große Lager bei Heinersdorf und man riß sich förmlich darum, einen
Verwundeten in Pflege zu bekommen.
Wenn auch die Berliner sowie die Bewohner
Potsdams und der umliegenden kleineren Städte und Dörfer in den
nächsten Tagen die zahlreichen Verwundeten der Schlacht in
Lazaretten oder in ihren Häusern pflegten und betreuten, so starben
doch noch viele an ihren Wunden. Die wenigen Ärzte sowie die
freiwilligen Helfer konnten bei den teilweise fürchterlichen
Verletzungen durch Säbel, Kolben, Bajonett, Kanonen- und
Gewehrkugeln nur begrenzt helfen, zumal ja auch der Stand der
medizinischen Versorgung noch relativ primitiv war. |
Verwundetentransport
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Schon in der Nacht auf den 24. August starben noch
etliche Soldaten — Preußen, Sachsen, Franzosen — an ihren erlittenen
Verwundungen, schon allein deshalb, weil man sie nicht rechtzeitig genug
auf dem großflächigen Schlachtfeld fand und wenigstens notdürftig
medizinisch versorgen konnte. So lag denn wohl so mancher Kämpfer einsam
in seinem Blute, betete noch einmal zu seinem Schöpfer, dachte an die
Lieben daheim und verschied, die einen allerdings mit der Gewißheit, für
die Befreiung ihres Vaterlandes ihr Leben gegeben zu haben.
Ehrungen
Fast automatisch häuften sich nach der siegreichen
Schlacht die Ehrungen für den Kronprinzen, er war nun einmal der
Oberkommandierende der Nordarmee. Vom König von Preußen kam das
Großkreuz des Eisernen Kreuzes, von Zar Alexander empfing er das
Großkreuz des St.Georgs-Ordens, vom österreichischen Kaiser das
Großkreuz des Maria-Theresia-Ordens. General von Bülow erhielt von
seinem König den Orden Pour le mérite mit Eichenlaub, ebenso der Führer
der Kavallerie, Generalmajor von Oppen, General von Borstell und
Oberstleutnant von Holtzendorff wurden mit dem Eisernen Kreuz erster
Klasse ausgezeichnet. Außerdem bekam Bülow 100 Eiserne Kreuze zweiter
Klasse zur Verteilung überwiesen. In seinem Tagesbefehl an das Armeekorps
heißt es zur Leistung der Landwehr:
»Eine rühmliche Erwähnung verdienen auch sämtliche
Landwehrtruppen des Corps, die an diesem Tage zum ersten Male die Liebe
für König und Vaterland bewährten, welche ihnen ihre Entstehung gab.
Kein höheres Lob konnten sie erwerben, als ihren älteren Kameraden es
gleichgetan zu haben, und der kommandierende General sowohl wie die
älteren Regimenter haben ihnen dieses ehrenvolle Zeugnis gern gegeben.«
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