4. Juni 1745
Fortsetzung
Erste Scharmützel

Die preußische Armee ist in der Nacht vom 3. auf den 4. Juni von Jauernick über Stanowitz, ein Teil über die Stanowitzer Anhöhe und durch Gräben marschiert, wo sie sich über die Gräbener Felder an den Fuchsbergen herumzog. Die Artillerie jedoch ist direkt durch die Stadt gegangen und zwar zum Schweidnitzer Tor herein und das Jauertor hinaus und hat sich am Breiten Berg herum gegen Pilgramshain und die Fuchsberge gezogen. Um den Durchzug geräuschlos zu bewerkstelligen, sind die Räder der Geschütze mit Stroh umwickelt worden.

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Das Schlachtfeld

Gerade bevor die Preußen kamen, besetzten die Sachsen eine der Anhöhen. Sie wurden von dort aber sogleich vertrieben. Kein Verantwortlicher der Verbündeten schloß hieraus auf eine drohende Gefahr, wohl deshalb, weil man Friedrichs Armee hierfür zu weit entfernt glaubte. Nach Friedrichs Anweisungen sollte sich General Nassau mit seinen Truppen allmählich an du Moulin heranziehen, der mit der Vorhut seit 8 Uhr abends unterwegs war. Der Hauptteil der Armee zog in völliger Dunkelheit in zwei Kolonnen treffenweise gegen Striegau über das Striegauer Wasser und hatte es so einzurichten, daß um 2 Uhr sein Aufmarsch in zwei Linien abgeschlossen war.

Nachdem General du Moulin mit seinen sieben Grenadierbataillonen die Sachsen von drei ersteigbaren Höhen verdrängt hatte, sah er von der Besetzung der vierten, aus Richtung Striegau kaum ersteigbaren Höhe ab, auf der die Sachsen also postiert blieben. Daraus ergab sich die kuriose Situation, daß beide Seiten über Nacht unterm Gewehr blieben und den Morgen abwarten mußten. General du Moulin, ein Vorwärtsdränger, mußte sich im Zaum halten, da er sonst die Absichten Friedrichs verraten hätte. Überhaupt waren von den Preußen nächtliche Schießereien und Scharmützel nicht vorgesehen, da man ja die Ausgangsstellungen unbemerkt erreichen wollte. Aber die Sachsen schienen überall zu sein.

Auch General Stille mit seinen Dragonern gerät noch in der Nacht an sächsische Kavallerie, die er von einem Höhenzug vertreibt. An anderer Stelle ergriffen die Sachsen die Initiative, indem sie sich mit vier Grenadierbataillonen von Pilgramshain her auf einen Höhenzug schoben, um von hier aus das von ihnen bei Striegau vermutete kleine preußische Korps am Morgen zu überfallen.

Natürlich hatte sich Friedrich in seiner umsichtigen Art auch um seinen linken Flügel gekümmert, der dem rechten der Verbündeten, aus Österreichern bestehend, bei Hohenfriedberg gegenüber stand. Hier waren die Bayreuth-Dragoner und Zieten-Husaren am sogenannten Nonnenbusch aufgestellt, so daß Nadasdys Kundschafter nicht durchkommen konnten und die linke Flanke gegen Überraschungen durch die Österreicher geschützt blieb. Am frühen Morgen war die preußische Armee vollständig aufmarschiert.

Noch einmal ebenso kurz und knapp Friedrichs Schlachtplan: 

Die Armee hat treffenweise rechts abzumarschleren und das Striegauer Wasser zu überschreiten, die Kavallerie sich auf Pilgramshain zu entwickeln und die Vorhut du Moulins gegen dieses Dorf vorzugehen. Der rechte Infanterieflügel vollzieht seinen Aufmarsch dem Sumpfgebiet der Gule gegenüber und, wie schon erwähnt, die Kavallerie des linken Flügels hat den Aufmarsch des linken Infanterieflügels zu decken. Der Angriff erfolgt echelon- und brigadeweise. Vorerst hatte die preußische Armee nur auf dem rechten Flügel vorzugehen, bei den Sachsen also.

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Friedrichs Schlachtplan

Die Preußen griffen an! Als dies geschah, ertönten von dem vorgeschobenen Posten der Sachsen die ersten Kanonenschüsse; du Moulin war angetreten.

Im weiteren Vorrücken erkannte der General, daß er nun tatsächlich den gesamten gegnerischen linken Flügel vor sich hatte. Inzwischen hatte auch du Moulin Friedrich gemeldet, die Vorposten der Sachsen geworfen zu haben und daß er zum eigentlichen Angriff übergehen würde.

Die Schlacht

Sonnenaufgang um 4.15 Uhr, ein langer Sommertag brach an. Gut eine Stunde lang war es schon hell genug, sich in der Gegend zurechtzufinden. Nachdem Friedrich gegen 2 Uhr seinen Generalen die Disposition zur Schlacht erteilt hatte, begaben diese sich zu ihren Truppen und der Abmarsch begann. Friedrich setzte sich an die Spitze der Armee, die in zwei Treffen rechts nach Gräben abging, wo die frisch hergestellten Brücken über das Striegauer Wasser gute Übergangsmöglichkeiten boten. Gerade war man dabei, als General du Moulin Friedrich meldete, er stoße bereits auf den Feind. Das kam, wie schon bekannt, für Friedrich überraschend, der glaubte, daß auch die Vorhut noch eine Weile bis zur ersten Feindberührung marschieren müsse.

Zur Überraschung kam die Ungewißheit: Wie stark ist der Feind? Um kein Risiko einzugehen, ließ du Moulin, der um seine eigene rechte Flanke fürchtete, sofort rechts weiter ausholen, um den Feind, wenn er ihn nicht überflügeln konnte, aus seinen Stellungen zu vertreiben. Der Vormarsch der Vorhut ging ungebrochen weiter. Es muß noch vor 4 Uhr gewesen sein, als die Sachsen erkannten, daß eine größere Sache im Gang war und sie das Feuer eröffneten. Ihr Kanonenfeuer sollte nicht nur die Preußen behindern, sondern auch die eigene Armee alarmieren.


         Preußischer Angriff

Noch immer nicht davon überzeugt, die Preußen griffen mit aller Macht an, veranlaßte Weißenfels wenigstens das Vorgehen der Kavallerie und die Bildung eines zweiten Infanterietreffens. Ungeachtet des sächsischen Artilleriefeuers ging du Moulins Vorhut planmäßig vor und Oberstleutnant Pahlen ging ebenso befehlsmäßig zurück. Er verließ den Breitenberg, schloß sich den hinter ihm stehenden Grenadierbataillonen an, um mit ihnen weiter bis nach Pilgramshain zurückzugehen. Wie kraß die Gegensätze auf beiden Seiten waren, zeigen die nächsten Vorgänge: Als die Sachsen sich zurückzogen, wurden sie für die Preußen eine Zeitlang unsichtbar, da ein Tannengehölz zwischen zwei Hügeln sie verdeckte. 

Aber ganz richtig vermuteten die Preußen, daß der ganze linke Flügel der Sachsen ihnen gegenüberstehen müsse und sie gingen entschlossen weiter vor.Was bot sich ihren Augen? Die sächsischen Truppen kamen in höchster Eile und großer Auflösung aus dem Lager gerannt, um sich in Schlachtordnung zu stellen. Während ihre Vorhuttruppen bereits nach Pilgramshain zurückfluteten! Die Sachsen ohne informierte Führung, die Preußen offenbar mit guter Übersicht und straff geführt. Sie zögerten keinen Augenblick, ihre Geschütze auf der sogenannten höchsten Höhe zu postieren und eine Kanonade auf das sächsische Durcheinander zu eröffnen. Es galt anzugreifen, ehe der Feind sich formieren konnte.

Im Laufe dieser Vorhutkämpfe, die die Schlacht eröffneten, zeigte sich General du Moulin als idealer Befehlshaber, der, da Friedrich ihn nicht immer erreichen konnte, selbständig im Rahmen des gültigen Schlachtplanes handelte. Wie sich später herausstellte, hat er beinahe »getrennt gefochten«. Hierbei mußte er immer weiter nach rechts ausholen, um den Feind zu überflügeln. Da er gut mit Artillerie bestückt war, gelang es ihm, feindliche Aufstellungen mit präzisem Feuer zu stören, besonders, als er es in ihre Kavallerie richten ließ.

Zu dem Feuer, das du Moulin auf die sächsisch-österreichische Kavallerie richten ließ, die der Herzog von Weißenfels persönlich südlich Pilgramshain aufstellte, gesellte sich jetzt Friedrichs Kanonade aus sechs 24-Pfündern, die er auf dem Fuchsberg bei Gräben hatte auffahren lassen. Dennoch entwickelte sich zwischen 5.30 Uhr und 6.30 Uhr südöstlich von Pilgramshain ein klassischer Reiterkampf, der von Friedrich eigentlich nicht geplant war. Aber der sächsische Gegner stellte sich viel eher und tapferer als erwartet.

Mit 26 Kürassierschwadronen bildete Graf Rothenburg das erste preußische Treffen, das mit seinem linken Flügel die Österreicher zurückwarf, während auf dem rechten Flügel den Preußen dieses Mißgeschick durch die Sachsen widerfuhr; von echter preußischer Überlegenheit konnte keine Rede sein. Doch die Husaren du Moulins bereinigten die Lage. Dort, wo einzelne sächsische Schwadronen durchgebrochen waren, gerieten sie an die Dragoner des Generals Stille und vor allem in das Feuer der Grenadiere du Moulins und des in Aufstellung begriffenen rechten Infanterieflügels der Preußen. Der Herzog von Weißenfels mochte sich nicht geschlagen geben und führte seine Reiterei zu neuem Angriff vor.


Preußischer Kavallerieangriff                          

 In dem Handgemenge behielten die Preußen schließlich die Oberhand, und die verbündete Reiterei löste sich auf und wich an Pilgramshain vorbei und durch den Ort auf Eisdorf zu. Hier machte der preußische General von der Goltz den sächsischen General von Schlichting zum Gefangenen. Dramatische Szenen spielten sich in Pilgramshain ab, wo durch eine Stockung der Gegner kaum flüchten konnte und von preußischen Husaren zusammengehauen wurde. Die preußische Reserve drängte ohne Zögern nach und trieb den linken Kavallerieflügel der Verbündeten vom Schlachtfeld. Hier war zum Auftakt ein glänzender Erfolg erzielt worden. Während der Kämpfe schienen die Sachsen stellenweise in große Unordnung geraten zu sein, da den Vorgehenden bereits die ersten Flüchtlinge entgegenkamen und Freund und Feind offensichtlich nicht mehr zu unterscheiden waren. Unordnung bei den Preußen war dank ihrer Disziplin rasch beseitigt.

Der Reiterkampf war noch im Gang, da vollzogen die sechs Bataillone des preußischen rechten Flügels ihren Aufmarsch, um die Sachsen aus ihren Stellungen im Gebiet der Gule zu werfen. Dort standen sie in einem hinten offenen Viereck, gut gedeckt von Dämmen, Gräben, Gehölzen und Wegen, und es war ein Wagnis, sie ohne Artillerievorbereitung anzugreifen. Auch sorgte Friedrich ohne Unterlaß dafür, daß der Anschluß an den äußersten rechten Flügel du Moulins nicht verlorenging und daß im Bemühen um Überflügelung des Gegners nicht nachgelassen wurde. Aber es war schon jetzt zu erkennen, daß eine »echte« schiefe Schlachtordnung nicht zustandekommen würde.

Unter Führung von Prinz August Wilhelm, dreier Prinzen des Hauses Anhalt, des Prinzen von Bevern und des alten Truchseß rückten 21 Bataillone unter fliegenden Fahnen und dem Schlagen des Grenadiermarsches vor. Die Verteidiger standen mit 16 Bataillonen im ersten und 14 im zweiten Treffen zum Empfang bereit. Schwere preußische Batterien auf dem Fuchsberg bereiteten den Angriff vor, aber sie konnten nicht verhindern, daß die Preußen mit verheerendem Kartätschenfeuer bedacht wurden. Auf 200 Schritt begann beiderseits das Gewehrfeuer. 


       Vormarsch der preußischen Infanterie

Da hat immer der Verteidiger, hier die Sachsen, die besseren Möglichkeiten, da er ruhiger und im Liegen und Knien schießen kann. Doch dann antworteten die preußischen Flügel mit wohlgezieltem Pelotonfeuer, während sie ohne Zögern vorrückten. Gemäß den Instruktionen drang das Regiment Anhalt, vom Erbprinzen Leopold persönlich geführt, mit geschultertem Gewehr, ohne selbst zu schießen gegen die Sachsen vor. Diese standen in ungünstiger Position, da der stetige kräftige Ostwind Pulverdampf und Staub ins Gesicht blies und ihnen die Sicht nahm. Schließlich mußten sie ihre Stellungen mitsamt ihrer Artillerie aufgeben und aufs zweite Treffen zurückgehen.

Dieses zweite Treffen hatte auf dem Damm, der den Weg von Pilgramshain nach Günthersdorf bildet, Aufstellung genommen, um den nächsten Angriff der Preußen abzuwehren. Zuerst zogen die preußischen Mannschaften ihre Geschütze vor und eröffneten das Feuer, dann traten die erneut geordneten Bataillone an, diesmal unterstützt durch einen Angriff der sechs Bataillone des Grafen Truchseß gegen die rechte Flanke des sächsischen zweiten Treffens.

Immer wieder versuchte Friedrich das Erfolgsrezept des Flankenangriffs, um gegnerische Aufstellungen zum Einsturz zu bringen. Für Graf Truchseß war es die letzte Schlacht, eine Kanonenkugel riß ihn vom Pferd. Die preußischen Bataillone jedoch marschierten durch die Gule vor, durch Teiche und Gräben, über den Damm hinweg und drückten die Verbündeten schließlich auf Häslicht zurück. Schon stand preußische Kavallerie bereit, sie nun auch auf der linken flanke zu bedrohen. Es klappte eigentlich alles nach Wunsch für die Preußen, doch nach dem Gewinn des schwierigen Geländes der Gule ließ Prinz Leopold anhalten, damit seine Soldaten sich erholen konnten.

Gegen 6.30 Uhr, es war inzwischen taghell, zeichnete sich der Untergang der Sachsen und damit des gesamten feindlichen linken Flügels ab. Einzelne Einheiten hatten in der Nacht kaum geruht, sie waren übermüdet und sahen sich jetzt von den Österreichern im Stich gelassen und von allen Seiten angegangen. Natürlich war auch General du Moulin nicht untätig geblieben und war, verstärkt durch vier Bataillone des zweiten Treffens, den Sachsen mitten in ihren Rückzug nach Pilgramshain, Häslicht und Eisdorf geraten. Achtzehn sächsische Grenadierkompanien wurden auseinandergesprengt, bevor sie ein schützendes Dorf erreichen konnten, sie verloren elf Offiziere und 800 Mann. Oberst von Schönberg, ein Mann der ersten Minuten der Schlacht, wurde mit seinen Kompanien vom preußischen Dragonerregiment Nassau gestellt und zur Kapitulation aufgefordert; da er ablehnte, kam es zum Handgemenge, wobei er fiel, mit ihm 400 seiner Männer.

Der Herzog von Weißenfels hat das Unglück für seine Sachsen früh genug kommen sehen, denn seine schwere Artillerie war bereits bis ins Gebirge, das die allgemeine Fluchtrichtung bildete, zurückgenommen worden. Einige aus der Gule entkommene sächsische Bataillone nahmen auf den Höhen südlich Häslicht Aufstellung, um den Rückzug zu decken. Nur ihnen war zu danken, daß die Preußen nicht weiter auf die aufgelösten Kompanien einhauen konnten, die nichts anderes im Sinn hatten als fort von hier und sogar ihre Regimentsartillerie den Preußen als Beute ließen.

 Um 7 Uhr war der gesamte linke Hügel der Verbündeten geschlagen und weit genug vom Schlachtfeld abgedrängt - aber noch hatte die Masse der österreichischen Armee keine Gelegenheit bekommen, in die Schlacht einzugreifen.

Gegen die Österreicher

Der erste Teil der Schlacht war für Friedrich gewonnen, aber der Gesamtsieg längst noch nicht. Er konnte zufrieden sein, denn seine Soldaten und Führer hatten ihr Bestes gegeben. Wie konnte die Zerschlagung des feindlichen linken Hügels so schnell und gründlich gelingen? Wie so oft war die jeweilige Führung verantwortlich: Während die zuerst Angegriffenen viel zu spät bemerkten, was sich anbahnte und ihr Hauptanführer, der Herzog von Weißenfels nämlich, mehr oder weniger konfus führte, wenigstens nur reagierte, agierte Friedrich und hatte die Lage jederzeit im Griff. Er scheute sich nicht, seine Adjutanten hin und her zu jagen und selbst der Truppe zu folgen, möglichst auf einen der zahlreichen Aussichtspunkte. Und was beinahe wichtiger war: Nicht nur der »königliche« Führer war seinen Gegenspielern »Prinz« und »Herzog« überlegen - sondern vor allem seine Unterführer, die Generale und Kommandeure der Regimenter und Bataillone. Hinzu kam ein geradezu genialer Einsatz der Mittel.

Über das Ende dieses Teils der Schlacht schrieb Friedrich in seiner »Geschichte meiner Zeit«:

».. .Als diese (die Sachsen) ihre verzwejfelte Lage erkannten, warteten sie den Angnff nicht ab, sondern ergriffen schimpflich die Flucht. So wurden sie völlig geschlagen, noch ehe der linke preußische Flügel ganz aufmarschiert war. Es verging noch eine gute Viertelstunde, bevor der linke Flügel mit den Österreichern handgemein wurde... «

Für die Preußen gab es jetzt nur eine Devise: die errungenen Erfolge in einen Sieg verwandeln. Wie kam es, daß die Österreicher ihren Verbündeten, den Sachsen, nicht zu Hilfe gekommen waren?

Um 6.30 Uhr, als die Sachsen in voller Flucht über das Gebirge waren, »woher sie gekommen«, begann der Aufmarsch des preußischen linken Flügels, machten sich aber auch die Österreicher gefechtsbereit. Hatten sie zu lange geschlafen? Einer ganz offenbar, vielleicht waren die Betten in Schloß Rohnstock zu weich gewesen: Prinz Karl von Lothringen. Natürlich waren die Österreicher durch das Kanonenfeuer bei Striegau aufgescheucht worden, aber Karl hielt tatsächlich diese Aktivitäten für den Angriff der Sachsen auf Striegau, der ja geplant war! Und wer stand nach seiner Ansicht bei Striegau? Die schwache Abteilung des General du Moulin! Erst um 7 Uhr tauchte Prinz Karl bei seinen Truppen auf. Immerhin: in seiner Abwesenheit hatte Feldzeugmeister Thüngen die Infanterie bis Günthersdorf und Thomaswaldau vorgehen lassen; im übrigen gab es bei den Österreichern noch immer keine klaren Dispositionen für den Fall einer Schlacht.

Als Karl von Lothringen schließlich die Nachricht erhielt, die Sachsen seien geschlagen und befänden sich auf der Flucht ins Gebirge, stand seine Armee in folgender Aufstellung, bereit, den baldigen preußischen Angriff zurückzuweisen:

Linker Flügel bei Günthersdorf, rechter bei Halbendorf, Mitte bei Thomaswaldau. In der gewohnten österreichischen Manier war dies eine gute Verteidigungsstellung, mit kleinen Gehölzen und Waldstücken, Gräben und dammartigen Wegen. Das Gelände bot außerdem den Vorteil, aus einer erfolgreichen Verteidigung zum verfolgenden Angriff übergehen zu können. Aber ein Detail zeigte, wer hier heute die überlegenen Truppen auf dem Feld hatte: Als die österreichische Kavallerie die im Anmarsch begriffene preußische attackieren sollte, führte sie diesen Befehl nicht aus, weil sie einen Bach nicht überqueren konnte. Nur wenig später überquerten die Preußen denselben Bach ohne Schwierigkeiten.

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Friedrich beobachtete unterdessen vom Windmühlenberg aus das Verhalten der Österreicher. Hier erhielt er auch die Meldung, daß der Angriff seines rechten Flügels durch die Niederung der Gule im großen und ganzen gelang, so daß er neu disponieren konnte. Es kam nun darauf an, auch der österreichischen Stellung die Flanke abzugewinnen. Mit Genugtuung stellte Friedrich fest, daß die Österreicher sich begnügten, seinen Aufmarsch durch Kanonenfeuer zu stören, anstatt mit ihrer Kavallerie in die preußische hineinzufahren. Eine solche Aktion hätte die Lage durchaus zu ihren Gunsten ändern können. Friedrich ließ die Regimenter Truchseß und Markgraf Karl Günthersdorf gegenüber einschwenken und vorerst anhalten, weitere Einheiten des ersten Treffens sollten die Front nach links verlängern.

Friedrichs Adjutanten »flogen« hin und her, selbst der französische Gesandte Valory, nach damaligem Brauch auf dem Schlachtfeld anwesend, wurde zu Botendiensten herangezogen. Sogar rennend, nicht marschierend, kam die Brigade Braunschweig heran, um in die Linie einzuschwenken. So stand gegen 7 Uhr die preußische Front gegen Günthersdorf und Thomaswaldau und konnte, auf 600 Schritt, ihrerseits mit der Kanonade beginnen. Doch der linke preußische Flügel stand noch nicht, denn wegen einer unter der Last der Truppen eingebrochenen Brücke in Teichau konnten nicht alle Kavallerieschwadronen rechtzeitig eintreffen. Aber abwarten wollte Friedrich nicht mehr, der Feind würde sich mit jeder weiteren Minute nur verstärken oder gar zur Attacke übergehen. So kam es, daß sich General von Kyau unverhofft einer Übermacht gegenüber sah, als er um 7.30 Uhr den Reiterkampf mit den Österreichern eröffnete. Das Gelände zwischen Halbendorf und Thomaswaldau war unübersichtlich, von Gräben durchzogen und sumpfig, eigentlich für Kavallerieattacken nach preußischer Art nicht geeignet, aber dieser Umstand bewirkte auch, daß die Österreicher ihre größere Zahl nicht zur Geltung bringen konnten. Ohne auf diese Übermacht zu achten, ritten die Preußen los, erzielten Anfangserfolge, erlebten dann aber einiges von dem, das sie vorher selbst praktiziert hatten: Die österreichischen Grenadiere, die als Besatzung in Thomaswaldau lagen, bekamen Gelegenheit, die Preußen in der Flanke zu beschießen, und als Teile des zweiten österreichischen Treffens unter General Baron Berlichingen ihnen in die linke Flanke kam, schien ihr Schicksal besiegelt.

Da Zieten der Übergang der Kavallerie über das Striegauer Wasser zu lange dauerte und er des Wartens überdrüssig war, ließ er eine Furt zwischen Teichau und Gräben erkunden und ging dort hinüber. Somit hatte er das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort aufzutauchen und mit seinen zehn Schwadronen dem gefährlichen Berlichingen in die Flanke zu stoßen. General von Nassau folgte ihm mit 25 Schwadronen, und diese Reitermassen entschieden den Sieg der preußischen Kavallerie auf dem linken Flügel.

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 Dieser Kampf bestand aus zahlreichen einzelnen Gefechten und Zusammenstößen von Regimentern und Schwadronen, da das Gelände, wie beschrieben, die Entwicklung zu weiträumigen Unternehmungen und ausgreifenden Attacken nicht zuließ. Hier mußten sich also, wenn einer der Gegner nicht zu übermächtig war, bessere Ausbildung und konsequentere Führung auszahlen - dieses geschah. Verzweifelt warfen die Österreicher bereits hier ihre Reserve ins Feld, die unter dem Kommando des Grafen Franz St. Ignon stand, die österreichischen Generale scheuten sich nicht, persönlich mit vorzugehen, selbst Prinz Karl von Lothringen geriet ins Schlachtgetümmel und wurde nur durch den Mut des Schwadronsführers Graf Barziza vor der Gefangennahme gerettet, vergeblich.

Die Preußen schienen vom Rausch gepackt und hieben alles zusammen. Inzwischen hatten sie auch Thomaswaldau eingenommen und konnten von dort die österreichischen Reiter unter Flankenfeuer nehmen. Alles, auch ihren Feldherrn mit sich reißend, flüchteten sie nach Hohenfriedberg hinein. Baron Berlichingen wurde gefangengenommen, ebenfalls St. Ignon, der schwerverwundet vom Pferd gestürzt war. 45 preußische Schwadronen besiegten 66 österreichische; der vom Wetter her strahlende Junitag war bei wenigen Minuten nach 8 Uhr angelangt.

Bei der Eroberung von Thomaswaldau und Günthersdorf kam es zu außerordentlich heftigen Kämpfen mit der österreichischen Infanterie, die den Tag durchaus noch nicht verloren geben wollte. Mit geschultertem Gewehr den Feind angehen und erst auf kurze Distanz schießen - das war gewiß wirkungsvoll, kostete die Preußen aber überdurchschnittlich hohe Verluste. Der Kampf mit der österreichischen Hauptmacht war durch die Eroberung von Günthersdorf nicht beendet.

Noch standen sich preußische und österreichische Regimenter gegenüber, allmählich ermattend zwar, aber noch pausenlos schießend, und keiner wollte weichen. Es zeigten sich jetzt deutliche Lücken zwischen den preußischen Regimentern, die durch falsches Einschwenken und Mißverständnisse in der Übermittlung der Befehle Friedrichs entstanden waren. Von einem totalen Sieg konnte noch immer nicht die Rede sein. Aber im Gegensatz zu seinen beiden Kontrahenten Prinz Karl und dem Herzog von Weißenfels, die kaum noch Einfluß auf das Geschehen nehmen konnten, hatte Friedrich den vollen Überblick und nach wie vor alle Fäden in der Hand. Er ließ Regimenter ab- und vorrücken, sandte Befehle zu Umfassungen und Umgehungen und beobachtete auch das selbständige Handeln seiner örtlichen Befehlshaber; machten sie Fehler, ließ er sofort korrigieren. Einer seiner Befehle wurde mißverständlich ausgelegt - schnurstracks eilte er persönlich herbei, um zu berichtigen. Diesen seinen Feldherrnqualitäten stand auf gegnerischer Seite nichts gegenüber.


Friedrich führt seine Grenadiere in die Schlacht         

Im Lauf der harten Kämpfe um Günthersdorf und Thomaswaldau, die Hauptstützpunkte der Österreicher, aus denen man sie hinauswerfen mußte, erhielt ein Dragonerregiment eine ähnliche Chance. Es setzte sich während des Vormarsches in die Lücke zwischen dem Regiment Anhalt-Zerbst und der Brigade Braunschweig. Der Kommandeur dieses Dragonerregiments, Oberst Otto Martin von Schwerin, war wie Zieten ein echter Reiterführer, bisher zur Untätigkeit verdammt und brannte nun darauf, entscheidend eingreifen zu können. Bei ihm fand sich Generalleutnant von Geßler ein.

Die 16 preußischen Bataillone rückten indessen unerschrocken gegen die österreichische Linie von Thomaswaldau und Günthersdorf vor. Dort standen Maria Theresias beste Soldaten, erprobt in vielen Schlachten, diszipliniert, mutig, den Preußen in gar keiner Weise unterlegen; sie haben den heutigen Tag noch nicht verloren gegeben. So empfingen sie die preußische Infanterie, - hier ebenfalls die Besten, zum Beispiel die Garde -‚ mit verheerendem Feuer, so daß deren Verluste in bisher unbekannte Höhen stiegen: ein Regiment verlor die Hälfte, ein anderes ein Drittel seines Bestandes, und die Österreicher hätten wohl standgehalten, wenn sie nicht immer wieder in den Flanken gefaßt worden wären. 


       Schlußangriff der preußischen Infanterie

Auch sie litten natürlich unter dem Gewehr- und Artilleriefeuer der Preußen, einer ihrer besten Führer, Baron Thüngen, fiel tot vom Pferd, Ludwig Ernst von Braunschweig, ein Bruder Ferdinands, werden drei Pferde erschossen, und einer der größten Gegner Friedrichs in späterer Zeit, Leopold Graf Daun, wird verwundet; er hätte, wie es später hieß, »seine Bataillone persönlich vorgeführt«. An Mut ließen es die österreichischen Führer freilich nicht fehlen.

Doch die österreichische Mitte sah sich allmählich allein gelassen und den Preußen, vor allem von den Flanken her, ausgeliefert. Wo waren ihre Kavalleristen rechts, die Sachsen links geblieben? 

Die beiden Stützpunkte ihrer Linie, Thomaswaldau und Günthersdorf, waren gefallen. Und das, obwohl die entscheidende Attacke, die eine der berühmtesten der Kavalleriegeschichte werden sollte, noch gar nicht angelaufen war:

Der Ritt der Bayreuth-Dragoner

Namhafte österreichische Regimenter, so die Regimenter Baden-Baden, Grünne, Hessen und Marschall standen noch, aber ihre Katastrophe bahnte sich an, als das Regiment Thüngen aufgab und sich zur Flucht wandte. Denn die Preußen drangen unaufhaltsam heran, zwar ermüdet und gelichtet, aber trotzdem furchterweckend; wie lange würden sie noch durchhalten können? Wie eine Befreiung ertönten von links, von der Brigade Braunschweig her, Kavalleriesignale. Das Generalstabswerk beschrieb den Angriff folgendermaßen:

»Vor der Front des Regiments reiten allen sichtbar Geßler und Schwerin, die Majors von Jürgas und von Chazot vor ihren Schwadronen. Das 1.500 Pferde starke Regiment marschiert auf und braust mit seinen zehn Schwadronen in entwickelter Linie heran. Sein rechter Flügei wirft sich auf das Regiment Grünne, der linke auf Hessen, die Mitte bricht in die Lücke ein, welche die Flucht des Regiments Thüngen zwischen den eben erwähnten Regimentern gelassen hat, und reitet, bis zu dem zweiten feindlichen Treffen hindurch jagend, hier die Regimenter Leopold Daun und Kolowrat nieder. Der allgemeine Schrecken pflanzt sich nach links auf Marschall und Baden fort, es ist kein Halten mehr bei der österreichischen Infanterie.«

Es war jetzt etwa 9 Uhr. Die preußischen Infanteriebataillone, die angehalten hatten, sahen, als Staub und Pulverdampf sich gelegt hatten, ihre Feinde nicht mehr vor sich, denn die Kavallerie hatte sie buchstäblich vom Schlachtfeld gefegt und war nun umbarmherzig dabei, sie zu verfolgen und möglichst weit und auseinander zu treiben.


Die Attacke der Bayreuth-Dragoner

Eine Masse von 1.500 Pferden, geritten von säbelschwingenden Männern, stürmt mit vollem Galopp in eine riesige Gruppe von Infanteristen, die bisher aus nächster Nähe abgegebenes Gewehrfeuer ausgehalten haben. Nun werden sie von Hufen niedergetrampelt und von oben her mit tödlichen Hieben bedacht. Da kann's kein Halten mehr geben. Aber eine Flucht ist beinahe noch tödlicher, denn nun kommt der Feind von hinten, überreitet in vollem Galopp und hat noch bessere Möglichkeiten für Kopf- und Nackenschläge. Für ihn selbst besteht kaum noch Lebensgefahr, denn ein flüchtender Infanterist wehrt sich selten. Die Verlustzahlen beweisen dies: Alle 20 österreichische Bataillone, die hier standen, erlagen dem Angriff eines einzigen preußischen Kavallerieregiments, das 2.500 Gefangene machte, 66 Fahnen erbeutete und selbst nur 94 Mann verlor. Der Name »Dragonerregiment Bayreuth« ging mit diesem Ritt in die Geschichte ein. In einer beispiellosen Flucht fluteten die Österreicher gegen Hohenfriedberg zurück, wo sie von dort stationierten Truppen und der Abteilung Nadasdys aufgefangen wurden.

Dieser hatte das Fiasko wohl kommen sehen und sich von Hohenfriedberg gegen das Schlachtfeld vorgezogen, ohne aber noch eingreifen zu können. Der »vorausgeeilte« Prinz Karl von Lothringen hatte in aller Eile Geschütze aufstellen lassen, die nun von den Höhen aus die verfolgenden Preußen bedrohten.

Eine Betrachtung ist bisher unberücksichtigt geblieben: Hat der Angriff der Bayreuther Dragoner den endgültigen Sieg gebracht? Man muß wohl antworten: Er hat ihn beschleunigt, vielleicht wäre Friedrich sonst erst gegen 10 Uhr mit seinen Gegnern fertiggeworden. Denn Tatsache ist, daß von den preußischen Bataillonen 37 (manche geben 27 an) noch gar nicht im Feuer gewesen wären, so daß Friedrich Reserven genug besaß, die er der bereits wankenden Österreichischen Linie entgegenwerfen konnte.


Nach der Schlacht                                 

Die Verfolgung der Gegner

Eine sofortige Verfolgung fand nicht statt,da auch sie preußischen Truppen durch die fünfstündige Schlacht, wenigstens der größte Teil von ihnen, vollkommen ausgelaugt und wohl kaum imstande, die Sachsen und Österreicher, die noch über Truppenteile verfügten, die kaum am Kampf teilgenommen hatten, nachhaltig nach Böhmen hinein zu verfolgen; dann wären es nämlich die Preußen gewesen, die gegen verschanzte Gebirgsstellungen hätten anrennen müssen.

Natürlich bemühte sich Friedrich noch am selben Tag, dem abziehenden Feind nachzusetzen. Aber auf den Höhen von Hohenfriedeberg und Kauder stand österreichische Kavallerie des rechten Hügels, vereinigt mit Resten der Regimenter Durlach und Wallis, die mehrere Geschütze aufgefahren hatten, und außerdem war, General Nadasdy mit seinen leichten Truppen hinzugestoßen. Das Regiment Bayreuth, noch richtig in Schwung, vertrieb zwar die Österreicher aus Hausdorf, fand es dann aber doch zu riskant, in den Feuerbereich der aufmarschierten Abwehrfront zu geraten. Nachdem die preußische Infanterie eine Verschnaufpause eingelegt hatte, formierte sie sich in der ganzen Linie neu und ging mit klingendem Spiel gegen die Höhenzüge vor. Friedrich beabsichtigte also durchaus, den Tag zu nutzen und den Feind weiterzutreiben. Doch als die Preußen die österreichische Aufstellung sahen, machten sie Halt, stellten ihre Kanonen auf und beschossen sie. Die Österreicher antworteten und erreichten ihr Ziel: ihren geschlagenen Truppen einen geordneten Rückzug zu ermöglichen. Diese gegenseitige Kanonade zog sich bis Mittag hin. Ab 1 Uhr versammelte sich das österreichische Heer in Reichenau, wo auch Prinz Karl eintraf und allmählich seine später eintrudelnden Verbündeten, die Sachsen, wiedersehen durfte. Sie hatten länger gebraucht, da sie sich vorher in Bolkenhain, von General du Moulin verfolgt, zu sammeln suchten. Zuletzt stießen die Reste ihres Grenadierkorps, von den Preußen fast aufgerieben, noch zum Heer, das die Nacht unweit jenes Lagers verbrachte, von dem aus es am 3. Juni siegesgewiß in die Ebene marschiert war. Von hier aus sandte Prinz Karl den ersten Bericht an seinen Bruder in Wien:

»... heute morgen haben die Preußen uns attackiert, so daß wir einen Teil unserer Fahnen und Kanonen und viele Leute und besonders Generale verloren haben. Wir haben den Rückzug in die beste Position der Welt hinter uns... Auf die erste Salve ist eine Menge Leute umgekehrt, es gab keine Möglichkeit, sie zurückzubringen. Einige Regimenter, die standgehalten haben, brachten Opfer; na ja, Gott hat es gewollt. Wir haben uns am Fuß des Gebirges neu aufgestellt, aber die Preußen verfolgten uns bis in unsere Nähe; der Herzog und ich haben uns hier nach Reichenau zurückgezogen, von dort schreibe ich Ihnen... Die Preußen sind am Fuß des Gebirges halten geblieben. ...Wir haben Regimenter, die nur noch aus 120 Mann und einem oder zwei Offizieren bestehen... Ich glaube, daß die Sachsen ihre ganze Vorhut verloren haben. Diese bestand aus 18 Kompanien Grenadiere...«


      Parade der Kavallerie

Am 5. Juni freilich begann so etwas wie eine Verfolgung der Gegner. Der größte Teil der Armee blieb im Lager, aber der wackere du Moulin wurde mit einer Avantgarde von 14 Bataillonen, 15 Schwadronen Dragoner und 48 Schwadronen Husaren in Marsch gesetzt. Das war eine beachtliche Streitmacht, die durchaus einen sich stellenden Gegner zu schlagen vermochte. Sie wurde bis Bolkenhain vorgeschickt. Vorsichtshalber ließ Friedrich General Münchow mit 2 Bataillonen und 10 Schwadronen die Wege zwischen Breslau und Schweidnitz frei halten und die Feldbäckerei nach Braunau bringen. Am 6. Juni rückte Friedrich in das von du Moulin verlassene Lager ein, schob sich also langsam vor. Du Moulin stand unterdessen zwischen Landshut und Reich-Hennersdorf, ließ die beiden Orte mit Grenadieren besetzen und ruhte am 7., bis die Armee nachrückte. Diese bezog Lager zwischen Landshut und Kloster Grüssau, am 8. ging die Avantgarde zwischen Friedland und Neudorf in Stellung - man sieht, um eine richtige Verfolgung handelte es sich nicht.

Aus Besorgnis, von den Preußen doch noch angefallen zu werden, begannen die verbündeten Truppen sich frühmorgens am 5. Juni in Marsch zu setzen, nach wie vor unter dem Befehl der beiden geschlagenen Oberbefehlshaber. Es galt, Böhmen zu erreichen und die Magazine zu decken, von deren Existenz damals die einzelnen Feldzüge abhängig waren. Die Deckungsaufgaben versahen die Korps unter Wallis und Nadasdy, die wiederum von preußischen Vortruppen verfolgt wurden. Als Prinz Karl die Nachricht erhielt, der Feind verfolge, ließ er die ganze Armee am 6., in zwei Kolonnen marschierend, nach Schömberg aufbrechen, gedeckt durch eine starke Nachhut aus Reserve, Husaren und Grenadieren. Um der nur langsam rückenden Armee und vor allem der zu rettenden Bagage einen Vorsprung zu verschaffen, stellte sich die Nachhut bei Landshut den preußischen Husaren zu einem Scharmützel, wobei diese die sächsischen Ulanen von einer Anhöhe vertrieben, von der sie den weiteren Abmarsch der Feinde zu beobachten gedachten.

Zu einem richtigen Gefecht kam es, als der gerissene Nadasdy allzu eifrigen preußischen Husaren einen Hinterhalt legte und 200 von ihnen gefangen nahm. Das brachte den unermüdlichen du Moulin derart in Rage, daß er seine Husaren und zwei Dragonerregimenter sofort den Gegner verfolgen und einholen ließ. In dem folgenden Gefecht bei Reich-Hennersdorf wurde Nadasdy geschlagen, mußte die 200 Gefangenen herausgeben und verlor selbst 100, die Überlebenden wurden bis Liebau versprengt. Diese kleine Niederlage veranlaßte Prinz Karl, seine Armee in Schömberg nur zwei Stunden ruhen zu lassen, dann ging's weiter bis Johnsdorf und am 7. für einen Rasttag ins Lager von Ratiborzitz. In Trautenau befand sich das große Magazin. Noch am Schlachttag hatte Prinz Karl dorthin Bedeckung gesandt, der es gelang, die Vorräte bis zum 9. Juni in Sicherheit zu bringen. Das nächste große Magazin war in Königgrätz.

Durch Überläufer erfuhr Friedrich von den Plänen seiner Gegner, und es reizte ihn natürlich, zur Sicherung der Grenzen Schlesiens den Österreichern die Magazine wegzunehmen oder diese auflösen zu lassen. Seine Armee rückte am 9. in ein Lager zwischen Friedland und Halbstadt, wo sie bis zum 13. verblieb. Er beschäftigte sich auch mit dem Gedanken, in Mähren einzufallen, fühlte sich aber gewarnt durch die Vorgänge des vergangenen Jahres. Im großen und ganzen war er nicht scharf auf eine neue Schlacht, hoffte insgeheim auf Frieden und wollte sich auf keinen Fall ins Feindesland locken lassen. Aber das Königgrätzer Magazin! Immer wenn Friedrich vorrückte und neue Lager bezog, so am 13. zwischen Groß-Labney und Bodisch, am 14. über die Metau, sorgte er für vollkommene Sicherheit und Anlehnung der Flügel an Ortschaften, General du Moulin immer voran - ihm sollte es nicht passieren, überrascht zu werden.

Aber schon am 8. hatten sich beide Hauptarmeen, durchs Gebirge getrennt, 45 Kilometer voneinander entfernt, so daß die Absetzbewegungen des Prinzen Karl als gelungen angesehen werden mußten. Doch Friedrich täuschte sich in diesem Mann, ihn in seiner vorschnellen Art als unfähigen Feldherrn abzutun. Denn Karl sehnte nichts anderes herbei als eine zweite Schlacht in diesem Sommer, wollte aber die von Wien versprochene Verstärkung abwarten und die Schlacht in jedem Fall im eigenen Land schlagen: Friedrichs Versorgungsschwierigkeiten waren zu offensichtlich; wenn er nachkam, wurden die Wege für ihn immer länger und besser angreifbar, während die Österreicher sich aus dem eigenen Land versorgen konnten.

Am 15. Juni bezogen die Österreicher und Sachsen, nachdem sie sich an der Elbe vereinigten, ein Lager zwischen Semowitz und Königgrätz Lager. 

Verluste

Preußische Verluste

Tote  Verwundete und Vermißte
Infanterie Offiziere 24 80
Infanterie Mannschaft 635 2.878
Kavallerie Offiziere 6 67
Kavallerie Mannschaft 234 810
Preußen gesamt 899 3.835

 

Österreichische Verluste

Sächsische Verluste

Tote
Verwundete
Gefangene u. Vermißte Tote
Verwundete
Gefangene u. Vermißte
Infanterie 1.398 2.236 5.290 1.453 2.068 1.300
Kavallerie 391 582 357 570 873 206
gesamt 1.789 2.818 5.647 2.023 2.941 1.506

Gesamtverluste 4.711 9.594 7.153

Die Verluste in Prozenten betrugen bei den Preußen 8,6%, bei den Österreichern 19% und bei den Sachsen 25%. Auf dem Schlachtfeld von Hohenfriedberg wurden 4.018 Soldaten beerdigt, allein auf der Feldmark von Günthersdorf 2.053, was die Härte der Kämpfe hier beweist. Unter den genannten Beerdigungen waren 421 Verwundete, die in Striegau nachträglich an ihren Wunden sterben mußten.

Aus der »Beerdigungstabelle«, die aus den Aufzeichnungen des Prinzen Ferdinand von Braunschweig stammt, kann indirekt auf die Härte der Kämpfe geschlossen werden, die bei den Ortschaften stattfanden. Es wurden an Freund und Feind auf den Gemarkungen folgender Städte und Dörfer beerdigt:

Pilgramshain 350 Hohenfriedeberg 2 Weiden-Petersdorf 6
Häslicht 26 Schweinitz 52 Kauder 24
Eisdorf 373 Simsdorf 2 Hohen-Petersdorf 23
Günthersdorf 2.053 Hausdorf 74 Lauterbach 1
Thomaswaldau 396 Rohnstock 14 Nieder-Baumgarten 1
Halbendorf 92 Dätzdorf 1 Wolmsdorf 13
Ullersdorf 84 Ober-Bolke 10 in Striegau gestorben 421
zusammen 4.018 Soldaten

 

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Folgen der Schlacht

Von diesem großen Sieg über die verbündeten Österreicher und Sachsen hatte sich Friedrich viel versprochen, sowohl militärisch als auch politisch; in beiden Ansichten wurde er enttäuscht. Hatten die Führer der verbündeten Armee den Fehler gemacht, ihn und die Fähigkeiten der preußischen Armee zu unterschätzen, so erging es Friedrich nicht anders in seiner Beurteilung der militärischen und politischen Gesamtlage.

Die verlorene Schlacht konnte die Wiener Regierung nicht in dem Vorhaben erschüttern, Schlesien zurückzugewinnen. Außer der Befreiung Schlesiens hatte Friedrich nichts erreicht, das war zwar viel und so rasch gar nicht erhofft, aber nicht genug. Kaum auszudenken, was bei einer Niederlage geschehen wäre. Preußen wäre vermutlich zur Markgrafschaft Brandenburg degradiert worden. Und genau hier, offenbart sich der Unterschied zwischen dem Preußen Friedrichs und dem Staat Maria Theresias: Dieser wäre auch nach einem Dutzend verlorener Schlachten nicht von der Landkarte verschwunden.

Es kam für Maria Theresia darauf an, das Bündnis mit Sachsen nicht auseinanderbrechen zu lassen, obwohl sich bereits drohend abzeichnete, daß Friedrich Sachsen für den »Treuebruch« zu »strafen« gedachte. Maria Theresia schickte ihren Obersthofmarschall Khevenhüller nach Dresden, um die Kriegsziele zu besprechen: Wiedereroberung Schlesiens und Demütigung Preußens!

In Rundschreiben an die verbündeten Regierungen legte sie ihre Absicht dar, nicht klein beizugeben und Verstärkungen nach Böhmen gehen zu lassen, zum Beispiel aus Italien. Friedrich erfuhr natürlich von all diesen Maßnahmen, die ihn sehr verbitterten. Es fiel ihm schwer zu begreifen, daß man ihn zu isolieren gedachte.

Die Bilanz der Schlacht von Hohenfriedberg war: Militärisch wenig gewonnen, außer guter Beute an Kanonen, Fahnen und Pauken; politisch nur soviel, daß Preußen ein Faktor geblieben war, mit dem zu rechnen sein würde.


Dragoner mit erbeuteten Fahnen                   

Aber der fast völlige Mangel eines politischen Erfolges wurde reichlich aufgewogen durch den nicht zu unterschätzenden großen moralischen Erfolg, den die Schlacht bei Feind und Freund, bei den Gegnern und den Preußen selbst davontrug. Sie lehrte die Gegner, die sich allzusehr durch den kläglichen Ausgang des Winterfeldzuges hatten verleiten lassen, geringschätzig auf Preußen herabzusehen, daß seine Kraft nur vorübergehend gelähmt worden war, daß es die Überlegenheit im Felde trotz allen schweren Mißgeschicks nicht verloren hatte, daß es ein Staat geblieben war, den man fürchten mußte. Und wenn Maria Theresia in ihrem Entschluß, Schlesien wiederzugewinnen, unerschütterlich blieb, so waren ihre Feldherren jetzt doch von größter Vorsicht erfüllt. Das aus der tiefen Beschämung über die Niederlage hervorgehende Verlangen des Prinzen Karl, Vergeltung zu üben, verflog sehr schnell, und zum Angriff bei Soor, der nächsten Schlacht, ging man auch nur über, weil man Friedrich in erheblicher Minderzahl wußte und deshalb, zumal wenn man ihn überfiel, auf jeden Fall abtun zu können hoffte. Den Preußen aber wurde durch diesen glänzenden Sieg ins Gedächtnis zurückgerufen, daß ihr Heer im Felde unüberwindlich war, daß sie in ihm einen Schutz hatten, auf den sie in ihrer allseitigen Gefährdung fest vertrauen konnten. Vor allem aber zeigte er ihnen die unerreichbare Genialität ihres Königs, der ein ganzes Gewebe von feindlichen Absichten mit einem kräftigen Schlag zerrissen hatte, in unanfechtbarer Klarheit.

Während seine Feinde über die Niederlage grübelten, hatte Friedrich genügend Zeit, privaten und künstlerischen Neigungen nachzugehen und sich persönlich um das Schlagen der Medaille zur gewonnenen Schlacht zu kümmern... Daß er um diese Zeit den berühmten »Hohenfriedberger Marsch« komponiert hat, dürfte allerdings eine Legende sein; aber immerhin: er war musikalisch, komponierte auch recht ansehnlich und könnte den Anstoß und das musikalische Motiv gegeben haben.

Auszeichnungen, Ehrungen, Beförderungen

Mit dem sogenannten Parolebefehl ließ Friedrich sich allerdings Zeit, er stammt aus dem Lager von Chlum in Böhmen und wurde am 20. Juli des Jahres ausgegeben:

»Ihro Majestät können nicht unterlassen, Dero gesammte Offiziers Ihre Zufriedenheit über die von ihnen bei Hohenfriedeberg auf das neue wieder gegebene Proben von deren besondere Courage, Geschicklichkeit und gutem Betragen zu geben. Das Lob, welches sich alle hohe und niedrige Offiziers erworben haben, wird von dem Feinde selbst zugestanden und in keinen Zeiten ausgelöscht werden. Da aber Ihro Majestät bekannt ist, daß die Lust zur wahren Ehre der vornehmste Affekt Ihrer Offiziers ist; so sind Sie der Meinung, daß Sie ihnen in keinem Stück Ihre Zufriedenheit mehr an den Tag legen können, als durch eine extraordinaire Promotion; ob sie zwar nicht alle Offiziers mittrifft, welche verdient hätten, Teil daran zu nehmen; so versprechen Ihro Majestät ingleichen den andern, auf eine andere Weise Zeichen Ihrer höchsten Zufriedenheit zu geben, und rekommandiren anbei allen und jeden Offiziers den Ruhm der Preußischen Nation und Waffen, den wir durch so viel Blut erworben haben beständig zu Herzen zu nehmen, und forthin gegen den Hochmut unrechtmäßiger Feinde auf solche Art zu behaupten, daß sie bei aller Gelegenheit gewahr werden, daß sie mit denselben Preußen zu tun haben werden, welche sich bei Hohenfriedeberg einen unsterblichen Ruhm erworben.«

Es wurden befördert:

General der Infanterie von Dossow zum Generalfeldmarschall; die Generalleutnante Graf Dohna und Fürst Dietrich von Anhalt-Dessau zu Generalen der Infanterie; die Generalmajore Prinz Moritz von Anhalt-Dessau, von Münchow, von Bonin, von Möllendorff, von Rochow und von Roel zu Generalleutnanten; die Obersten Graf Dohna, von Kalnein, von Borck, von Lestwitz, Prinz Heinrich von Preußen, von Bieberstein, von Ruetz, von Katzler und von Schwerin zu Generalmajoren.

Außerdem gab es natürlich zahlreiche Beförderungen in den unteren Offiziersrängen.

Major von Chasot bekam die Auszeichnung, seinem König »unter Pauken- und Trompetenschall« im Hauptquartier zu Rohnstock die erbeuteten Trophäen vorzuführen. Eine Ordensflut ergoß sich über die nach Friedrichs Meinung Besten: Generalleutnant du Moulin und Graf Posadowsky erhielten den Schwarzen Adlerorden, der begehrte »Pour le mérite« ging an alle Kapitäne und Stabsoffiziere beim 2. und 3. Bataillon Garde, des Grenadierbataillons Einsiedel und der Regimenter Hacke und Bevern. Generalleutnant von Geßler wurde in den Grafenstand erhoben und durfte sein Wappen mit dem preußischen Adler zieren, ebenso Chasot. Die meisten Ehrungen kassierte natürlich das Dragonerregiment Bayreuth:

»Königlicher Gnadenbrief und Diplom für das bei der glorieusen Bataille bei Friedberg in Schlesien sich hervorgetane Dragonerregiment von Bayreuth.«

Es erhielt fortan die Erlaubnis,

»...um das Andenken dieser glorieusen Aktion noch ansehnlicher zu machen, die eroberten Trophees, an Fahnen und Kanons in ihrem Regiments-Siegel zu führen«;

».. .vor allen anderen Dragoner-Regimentern der Armee jetzo und zu ewigen Zeiten.. .jederzeit im Zug und Marsch den Grenadier-Marsch, mit ihren Pauken aber auch den Marsch der Kürassier-Reuter zu schlagen«.