Generale der
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Entstehung der GeneralitätDie Bezeichnung General entstand in Frankreich aus »colonel general« oder »capitaine general«, dessen zweites Wort sich verselbständigte und nach dem 30jährigen Krieg in Deutschland üblich wurde, meist mit einer Waffengattung verbunden und dann in sich weiter abgestuft. Der Generalmajor als unterster Dienstgrad dieser Gruppe löste den Generalwachtmeister ab, als für Offiziere dieser Rang durch Major ersetzt wurde. Ein General führte ein selbständigeres Kommando über eine größere Truppen-Formation. Die Generalität ist bis heute die oberste Führungsschicht des Offizierkorps Der hierarchische Aufbau, vom Fähnrich und Leutnant bis zum Feldmarschall, oder sagen wir vom gemeinen Soldaten bis zum Feldmarschall ist in allen europäischen Staaten nahezu der gleiche. Spanisches, italienisches, französisches, deutsches findet sich darin, von einem Volk auf das andere übernommen. Die Merkwürdigsten Wandlungen macht das Wort »Marschall« durch, das eigentlich nur Pferdeknecht bedeutet, auf mancherlei bürgerliche Funktionen übertragen, militärisch (im französischen) auf dem Hufschmied und Wachtmeister haften geblieben, gleichzeitig aber aufgestiegen bis zum Höchstkommandierenden ist.
Feldmarschälle
GFM Frhr. von Sparr 1606-1668
GFM Christian August Fürst von Anhalt-Zerbst 1690-1747
GFM Christoph Wilhelm v. Kalckstein 1682-1759 GFM Wilhelm René de l’Homme de Courbière 1733-1811 GFM Friedrich Freiherr von Wrangel 1784-1877
GFM Alfred Graf von Schlieffen 1833-1913 GFM Paul von Hindenburg und Beneckendorff 1847-1934
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Die Generalität Friedrich des GroßenGesamtzahlFriedrich der Große übernahm von seinem Vater 37 Generale, 3,1% des Offizierkorps, deren Zahl 1715 noch 61 betragen hatte. Er selbst beförderte von 1740 bis 1763 insgesamt 274 Stabsoffiziere zum General, darunter 25 Fürsten, ein Zehntel. Damit stieg der Anteil der Generalität während des »Kriegs-Abschnittes« seiner Regierungszeit auf 5 bis 6% des Offizierkorps, bei mehr als einem Fünftel an blutigen Verlusten wirklich berechtigt. Trotz Verdopplung des Offizierkorps bis 1786 machte er von 1763 bis 1786 nur 195 Offiziere zum Generalmajor, dabei 12 Fürsten, deren Anteil sich praktisch halbierte.
Aufstieg von Bürgerlichen und MannschaftenWenn von den bis 1763 ernannten Generalen 23, d.s. 8,39%, zunächst Bürgerliche waren, dann müßte ihr Anteil beim Eintritt eigentlich um ein Drittel oder gar die Hälfte höher gewesen sein, denn bei weitem nicht alle konnten bis zum Spitzen-Dienstgrad aufsteigen. Darunter finden sich viele bekannte Namen wie Alemann, Amstel, Bosse, Bünting, Gettkandt, Goeckingh, Goetze, Gröling, Günther, Heising, Holtzendorff, zweimal Holtzmann, Hohnstock, Lehmann, Mayer, Meinicke, Möhring, Moller, Pletz, Pritz, Rampusch, Rohdich, Rudorff, Ruesch, Salémon, Schöning, Schultze, Stollhoffen, Stolpen, Tempelhoff, Uchtländer, Voigt, Werner und Wunsch bis 1786. Nach 1763 gab es noch 12 ehemals bürgerliche Generale (6,15%), denen bis 1806 ebenso 16 folgten, insgesamt 51. Es gab eine Fülle von Begabungen unter ihnen. Da die Anteile in beiden Zeitabschnitten aber über dem bürgerlichen Anteil von 11 Stabsoffizieren bei 211 im Jahre 1740 lagen, muß man bei diesen Offizieren auf eine stärkere Leistungsmotivation schließen, die zur überdurchschnittlichen Bewährung führte, so daß sie dann in der Generalität im Verhältnis überrepräsentiert waren. Die hohen Ausfälle an Offizieren zwangen einfach dazu, vermehrt Bürgerliche als Offizieranwärter einzustellen, wenn bis 1758 rd. 2500 Gesamtausfälle eintraten, 1759 1328 weitere, 1760 wieder 771 verlorengingen. Insgesamt gab es mit Sicherheit über 4000 Ausfälle, davon mindestens 1600 Tote. Als es ab 1763 um die Reduzierung und Erneuerung der Armee ging, sank der bürgerliche Anteil bei Stabsoffizieren und Generalen bis 1786 auf 22 zu 689 Adligen (3,1%), repräsentierte sich aber in der Generalität doppelt so stark mit 6,15%. Aus dem Mannschaftsstand »von der Pike auf« dienten sich bis 1763 insgesamt 24 Generale (9,64%) hoch. Darunter gab es auch Adlige. In der Friedens-Periode bis 1786 schafften diesen Weg nur noch 13 (6,66%), ein Drittel weniger. Ohne Bewährung im Kampf bleibt dieser Aufstieg natürlich erheblich schwieriger, zudem sorgten die vermehrten Kadettenanstalten für mehr Nachwuchs. VorbildungVor Friedrich Wilhelm I. hatte nur etwas mehr als ein Viertel, unter dem Soldatenkönig die Hälfte höhere Schulen besucht, 39 waren Kadetten, 52 Pagen. Es war neu, daß die jungen Adligen statt Kavaliersreisen gemäß der kgl. Instruktion vom 30. Juni 1740 in Kadettenanstalten eintraten, wo sie zum Königtum und für die Armee erzogen wurden, oder als Pagen dienten, die für Offizierstellen vorgesehen und mit ihrer Bildung den anderen gleichgestellt waren, oder aus Ritterakademien, Gymnasien oder Universitäten kamen.
Die Kadettenanstalten waren seit 1759 durch Buddenbrock erheblich verbessert worden: er leitete seit dem 1. März 1765 die neue »Académie civile et militaire« als höhere Ritterakademie, die auf dem Kadettenkorps aufbaute und deren Abgänger zu 95% in die Armee eintraten. Das war der Beginn des wissenschaftlich sich bildenden Offiziers, im Rahmen der damaligen Verhältnisse. HeimatNach ihren Geburtsorten kamen die vom König zwischen 1740 und 1786 zum Generalmajor beförderten Offiziere aus folgenden Heimat-Gebieten:
Fürsten37 Fürsten und Prinzen, d.s. 8,56%, zählten zur preußischen Generalität dieser Zeit, wenn man zwei nicht ausgeübte Ehren-Ränge abzieht. Davon stammten 10 aus Preußen, aber 27 aus deutschen Klein-Staaten ohne Sachsen und Bayern, für die es eine Qualifizierung bedeutete, in der Armee Friedrich des Großen General zu sein. Neben je zwei aus Bayreuth und Schwedt und einem aus Schlesien waren fünf in Brandenburg geboren. Die meisten außerpreußischen Fürsten kamen mit 9 aus Braunschweig, der Konkurrenz Hannovers und familiär mit den Hohenzollern verbunden, dann je 5 aus Anhalt, Hessen und Württemberg sowie 2 aus Holstein, 1 aus Sachsen-Eisenach, also Thüringen, das preußenfreundlich war. Der Einfluß des Hauses Anhalt, verstärkt durch zwei Grafen und Wilhelm v. Anhalt, Abkömmlingen der Fürsten, war durch seine Treue und militärische Tüchtigkeit nicht minder groß als der Braunschweigs. Die Skepsis des Königs gegen Prinzen überhaupt und besonders in seiner Armee ist bekannt. Sogar über den Erziehungsplan für seinen eigenen Neffen sagte er am 21. April 1758: »Ich wünsche nicht, daß man ihm zuviel Ehrerbietung erweist. Ich lasse ihm alle Generale vorgehen. Und wenn sie ihm zuviel Hochachtung bezeigen, lasse ich durchblicken, daß Mir das mißfällt.« Ohne Frage haben sie ihm aber gute und langjährige Dienste geleistet. VerlusteVon den zwischen 1740 und 1763 ernannten 274 Generalen sind in den beiden ersten Schlesischen Kriegen 26, in den Jahren 1756 bis 1759 33 Generale, darunter 2 Feldmarschälle, und 1760/62 ein General gefallen oder im Felde an Wunden oder Krankheiten gestorben, insgesamt 60, d.h. 21,89%. Mehr als jeder fünfte General starb im Felde, außerdem 65 Stabsoffiziere. Der König, seine Generale und alle Offiziere gaben in allen Entbehrungen und Gefahren mitten unter ihren Soldaten ihr persönliches Beispiel. Diese Kampfgemeinschaft ohne Standestrennung war trotz strenger Disziplin das Geheimnis des Zusammenhaltes der Armee! Und viele Adelsfamilien bluteten richtig aus:
Vorzeitiges AusscheidenWegen Krankheit schieden von 1740 bis 1786 insgesamt 104 Generale, das sind 20,17%, vorzeitig aus dem Dienst, was der König beim tatsächlichen Erweis ohne weiteres zuließ, immerhin auch wieder mehr als jeder fünfte. Dabei spielen gewiß das noch weniger entwickelte Gesundheitswesen und das im persönlichen Leben teilweise kaum entwickelte Gesundheitsbewußtsein eine Rolle. Auf jeden Fall waren die Generale frühzeitig einem dauernd überhöhten Kräfteverschleiß, hohen gesundheitlichen Belastungen und im Feldlager auch Krankheiten und mangelnder Hygiene ausgesetzt. Man denke nur an Ansteckungen und Seuchen. Mit bequemem Leben war es in Kriegszeiten wirklich nichts, vor allem bei schlechtem Wetter, langen Märschen und Biwak im Freien ohne Feuer. Hier war der König meist sehr besorgt, gab gute Ratschläge, schickte Ärzte, half bei Kuren und bewilligte großzügig Urlaub. Erheblich anders stand es um die vorzeitige Entlassung wegen Unwillen oder Ungnade des Königs, die oft genug das Ende der Existenz, in Ausnahmefällen ein Ausweichen in fremden Dienst bedeutete. Dieses Schicksal traf während der ganzen Regierungszeit 51 Generale, d.h. 10,87%, und damit kaum die Hälfte der durch Krankheit dienstunfähigen Generale.
LebensalterDie Geburtsjahrgänge der von 1740 bis 1763 beförderten Generale zeigen folgendes: Sie umfassen in der Zeitspanne von 1671 bis 1740 69 Jahre, d.h. von 274 Generalen sind 41 noch unter dem Großen Kurfürsten, dem Urgroßvater des Königs, geboren, 186 unter König Friedrich I. und 47 unter dem Soldatenkönig. Die meisten gehörten zum Jahrgang 1698. 68% der Generale waren älter als der König, 17% gleichaltrig oder jünger, 15% konnten seine Großväter sein. Besondere Häufungen weisen die Jahrgänge 1692 bis 1704 mit knapp 42%, 1704 bis 1711 mit knapp 22% und 1714 bis 1716 mit 7,6% auf. 1740 waren 143 Generale (52%) 40 Jahre und älter, eine Erbschaft der relativ langen Friedensperiode und der Beförderungspraxis Friedrich Wilhelm I., andererseits der Heeres-Vergrößerungen. Sie waren geprägt von den langen Kriegsjahren zwischen 1688 und 1715, den Unsicherheiten wie Preußens Aufstieg über den Kleinstaat zur europäischen Bündnismacht und dem langsamen Heeresaufbau ab 1713. Der Zeitabschnitt der Geburtsjahrgänge der zwischen 1763 und 1786 ernannten Generale begann 26 Jahre später, umfaßte von 1697 bis 1758 61 Jahre, endete also 8 Jahre früher und lag damit etwas enger zusammen. Von 195 Generalen waren 45 unter Friedrich I. und 9 ab 1740 geboren, 141 (72%) aber zwischen 1713 und 1738, daher altersmäßig dem König näher. Der Altersaufbau der Generalität hatte sich normalisiert. 96 (49%) waren zwischen 1717 und 1726 geboren und hatten noch die Friedensjahre, wenn auch mit Spannungen und gelegentlichen Mobilisierungen, und meist auch die Ausbildung unter dem Soldatenkönig erlebt. 1763 waren sie zwischen 37 und 46 Jahre alt als nachrückende Generalsgruppe, 1786 zwischen 60 und 69, bewährt in Krieg und Frieden, aber bereits merklich überaltert. BerufsbeginnDas Eintrittsalter als Soldat lag für die bis 1763 berufenen Generale allgemein äußerst niedrig, in Ausnahmefällen bei 9 bis 11 Jahren, auch 12 und 13. Es gab Kornetts mit 8 und 9 Jahren, heute nach zwei Jahrhunderten unverständlich, und damit Leutnante zwischen 10 und 15 Jahren, Kapitäne ab 16. Der Eintritt mit 14 bis 20 Jahren war normal, von 21 aufwärts bereits unnormal, mit etwas über 10%. Mehr als ein Drittel (37%) war mit 14 bis 16 Jahren eingetreten, fast die Hälfte (45%) mit dem auch heute noch üblichen Alter von 17 bis 20 Jahren.
Beförderung zum GeneralDie Dienstzeit bis zum Generalmajor war verhältnismäßig lang, für die bis 1763 beförderten Generale zwischen 29 und 44 Jahre. Es gab eine Reihe von Ausnahmen: 17 Fürsten wurden es nach 5 bis 12 Jahren, davon 13 mit 7 bis 11 Jahren, außerdem 2 nach 20 Jahren. 48 bewährte Obristen (18%) erreichten den General nach 14 bis 28 Dienstjahren, mehr als ein Sechstel, so nach 14 Jahren Kyau, Rothenburg, Konrad v.d. Goltz, nach 17 Jahren Seydlitz, Schmertzing, nach 18 Jahren Carl Christoph v. Schmettau, Friedrich Wilhelm G.A. v. Kleist, Möllendorff, nach 19 Jahren Blanckensee, Gschray, nach 20 Jahren Wartenberg, nach 25 Jahren Buddenbrock, Belling, Winterfeldt. 67,88% aller Generale waren nach dem vierundvierzigsten Jahr befördert, davon die höchste Zahl nach 34 Jahren. 45 bis 57 Jahre mußten nur 21 Generale (7,6%) warten. Im Frieden ab 1763 erreichten nur die Fürsten innerhalb von 7 bis 14 Jahren Generalsrang, während die Wartezeit für drei Viertel aller Generale sich auf 33 bis 49 Dienstjahre, also um vier bis fünf Jahre mehr, hinausschob. Nach 20 bis 32 Jahren wurden 34 Obristen (17,43%) bevorzugt befördert, davon 24 erst nach 28 Jahren Dienst. Über 50 bis 53 Jahre dienten nur 8 Generale bis zu ihrer Beförderung kurz vor ihrer Pensionierung. Die meisten Beförderungen erfolgten im 43. Dienstjahr, neun Jahre später als während der Kriegsperiode. BeförderungsalterAls Lebensalter der Generalmajore bei ihrer Ernennung zwischen 1740 und 1763 hatten die 25 Fürsten ein Alter zwischen 19 und 35 Jahre, davon waren 17 im Alter zwischen 24 und 31. Die Ausnahmen wegen besonderer Bewährung waren zwischen 31 und 43 Jahre alt, so z.B. Rothenburg 31, Kyau 35, Seydlitz 36, insgesamt weniger als ein Zehntel. Fast 76%, also die erdrückende Mehrheit, wurden erst im Alter zwischen 44 und 61 Jahren General. Knapp 15% erhielten diesen Dienstgrad mit 62 bis 76 Jahren bei ihrer Verabschiedung. Die Mischung von allgemeiner langsamer Beförderung und bevorzugten Einzelfällen brachte zwar Verstimmung, verschärfte aber Anreize und Konkurrenz. In der Nachkriegszeit bis 1786 verschob sich das Beförderungsalter erheblich: die Ausnahmen begannen fünf Jahre später mit 36 Jahren und gingen bis 45; ihr Anteil sank um ein Drittel auf ganze 6,7%.
Diese Generale waren zeitweise jahrelang beurlaubt, nicht nur aus gesundheitlichen Gründen. Das späte Ausscheiden sparte natürlich auch Pensionen, ebenso das Hinausschieben von an sich normalen Beförderungen. Hier aber begann die gefährliche Überalterung der Generalität, die 1806 mit die Katastrophe verursachte! StrafenDie Anzahl der Bestrafungen von Generalen lag von 1740 bis 1763 mit 8,83% und 22 Betroffenen verhältnismäßig hoch, nicht zuletzt begründet durch hohe Belastungen und die Kriegszeiten, wobei Arrest als Disziplinierungsmittel durchaus nicht ungewöhnlich und in der Regel auch folgenlos blieb, weshalb er hier unberücksichtigt ist. Kriegsgerichtsurteile sahen neben dem Freispruch Festungshaft vor, die seit dem 18. Jahrhundert für militärische oder politische Vergehen verhängt wurde und keine Entehrung bedeutete, im Gegensatz zu Gefängnis. Sie wurde scharf und rücksichtslos angewendet — von Generalen wurde eben mehr verlangt als vom Soldaten — ihr Strafmaß war lang, wurde aber öfters vom König auf dem Gnadenwege abgekürzt oder auch nach kurzer Zeit wieder aufgehoben. In der Zeit von 1763 bis 1786 gab es nur noch 6 (3,27%) derartige Fälle, ein Drittel, obwohl sich die Armee wieder vergrößert hatte und der König schärfer verfuhr. GefangenschaftIn Gefangenschaft gerieten in beiden Schlesischen Kriegen 28 Generale, die bald wieder ausgetauscht wurden. 1757 fielen 8 Generale, 1758/59 5 und 1760/ 1762 wieder 8, davon 1760 4 in Kriegsgefangenschaft, insgesamt 49. Sie behielten grundsätzlich ihre Stellen in der Armee; vom Gegner wurden sie in der Regel glimpflich behandelt, allerdings von den Russen ab 1759 und von den Osterreichern ab 1760 erst nach dem Friedensschluß ausgetauscht, ein deutliches Zeichen der Verschärfung der Atmosphäre und des nahen Endes gegenseitigen Kavaliers-Respektes. Von 1763 bis 1786 wurden 14 Obristen (7,65%) befördert, die im Siebenjährigen Kriege in Gefangenschaft gewesen waren.
Da der König die meisten Offiziere auch kannte oder von ihnen wußte, konnte er darin Hinweise auf seine Generale selbst finden, von seinem umfangreichen Schriftwechsel mit ihnen abgesehen. Die »Inhaberschaft« eines Truppenteils war abgeleitet aus dem einstigen Besitze eines Regiments noch im 17. Jahrhundert, als der Chef es anwarb und selbst voll erhalten mußte. Obwohl sie inzwischen nur noch eine ehrenvolle Würde ohne direkte Führungs- und Befehls-Befugnisse geworden war, die der Regimentskommandeur unter seiner Aufsicht ausübte, hatte dieser Weisungen seines Chefs auszuführen mit dem Recht, notfalls nachher beim König vorstellig zu werden. Der Chef blieb aber voll verantwortlich für seine Erhaltung und Schlagkraft »als gutes und braves Regiment« und prägte es, vor allem in der Auswahl seines Offizierkorps, seiner Zucht und Weiterbildung, ja, seit 1746 in der Vorprüfung ihrer Heiratsgesuche an den König. Wiederholt hat der König zwischenzeitlich und vor ihrem Ausscheiden Generale aufgefordert, ihr Regiment in Ordnung zu bringen. Neben aller Ehre war aber die Chef-Stelle auch eine Einnahmequelle. Der Chef erhielt als Grundeinkommen den Sold (Traktament) als Stabsoffizier, sodann höhere Rationssätze für 16 Pferde und schließlich eine außerplanmäßige Zuwendung (Douceur) als Ausgleich für Aufwand und Ausfälle in seinem Privatbesitz, z.B. auf dem Lande, von 15 bis 1600 Talern, die sich bei einem Regiment von zehn Schwadronen noch verdoppelte, so daß er jährlich insgesamt auf 5400 bis 6800 Taler kam. Hieraus mußten aber oft Schulden des Vorgängers übernommen oder Pensionen aus der Regimentskasse jahrelang abgetreten werden, bis andere Mittel zur Verfügung standen. Zugleich war der Regiments-Chef Inhaber der 1. Kompanie seines Regiments, die deshalb Leibkompanie genannt wurde. Da die Zahl der Generale bei Friedrich dem Großen die vorhandenen Chef-Stellen um mehr als die Hälfte übertraf, blieben viele Generale ohne eine Chef-Stelle, darunter sehr fähige, so daß daraus keine Qualifizierung abzuleiten war. Der König vergab sie nach Freiwerden und Gutdünken. Er beschied am 14. Dezember 1755 sogar den sehr geschätzten Generalmajor Hans Karl v. Winterfeldt, der als Generaladjutant wie der Generalquartiermeister nur 1500 Taler bekam, abschlägig: »Vor Meine Person habe ich keinen Unterschied gemacht zwischen Generals von der Armee, so Regimenter haben, und denen, so keine Regimenter haben«. Fünf Monate später hatte er eins. Im Felde führte ein Generalmajor in der Regel eine Brigade von zwei oder drei Regimentern oder ein Detachement mit besonderem Auftrag von vier bis fünf Bataillonen.
Im Kriege kommandierten sie in der Regel zwei Brigaden mit vier bis sechs Regimentern, die schon zum entscheidenden Eingreifen in das Geschehen fähig waren. Mitunter führten sie auch Treffen oder Flügel in der Schlachtordnung an, bisweilen auch detachierte Korps. Der Dienstgrad eines Generals der Infanterie oder Kavallerie war verhältnismäßig selten; er führte ein Korps oder einen Flügel der befohlenen »Schlachtordnung«, die laufend der Situation und Feindlage angepaßt wurde. Von 1740 bis 1760 ernannte der König 21 Feldmarschälle aus Bewährung, Dankbarkeit und Gnade, anfangs auch ohne ein Schlachtfeld, obwohl ihre Aufgabe die Führung einer selbständigen Armee im Felde ist, als erste 1740 die Generale v. Katte und v. Schwerin, die er anschließend wie den Feldmarschall v. Borcke zu Grafen machte. Sieben der Beförderten waren Fürsten, davon drei aus dem Hause Anhalt. Es waren bewährte, lang gediente Generale, dazu einige Freunde wie Katte und Keith, und zwar 1740/42 sieben, 1745 drei, 1746 sechs, 1751/52 zwei, 1757/58 zwei und 1760 noch einer, dann keiner mehr! Im ganzen 7jährigen Kriege waren es nur drei; Seydlitz, Zieten, Bevern, Fouqué und andere verdiente Generale wurden es nicht. Die Prinzen August-Wilhelm, noch dazu zunächst Thronfolger, und Heinrich von Preußen wurden auch nicht Feldmarschälle, weil das noch lange Zeit im Hause Hohenzollern nicht üblich war. Wirklich im Felde geführt haben Schwerin, Buddenbrock, Kalckstein, Kleist, Dietrich v. Dessau, Jeetze, Keith, Geßler, Lehwaldt, Moritz v. Dessau, Ferdinand v. Braunschweig; Schwerin und Keith sind gefallen. Das Offizierkorps bildete eine geschlossene Genossenschaft innerer Gleichwertigkeit und Gleichartigkeit mit einem gemeinsamen »point d‘honneur«, zu der auch die Generalität und der König zählten, aber abgesetzt von den Unteroffizieren und Mannschaften. Deswegen gab es vom Fähnrich bis zum General keine äußeren Rangabzeichen, wenn man von der Goldstickerei der Generale und der erst 1742 eingeführten weißen Plumage an der Hutkrempe aus praktischen Gründen absieht. Die gesellschaftliche Gleichheit war sichtbar und Gegengewicht zu Gehorsam und Disziplin. Wie der im Juni 1740 vom König als blau-emailliertes Johanniterkreuz geschaffene Pour le mérite vor allem die Subaltern-Offiziere hervorhob, so bekamen den Schwarzen Adler-Orden mit dem orangen Schulterband und dem gestickten Stern in der Regel nur Generale ab Generalleutnant aufwärts.
1740 gab es 23 Generalmajore, 13 Generalleutnante, 2 Generale der Infanterie und der Kavallerie, 5 Feldmarschälle, insgesamt 43 Generale, von denen der König 37 von seinem Vater übernommen hatte. Ausbildung der GeneraleGleich nach dem Ersten Schlesischen Krieg begann der König, mit allen Mitteln unablässig Führung und Truppe in ihren Leistungen schrittweise zu verbessern. Am 6. Juni 1747 wies er alle Generale darauf hin, daß sie in der Lage sein müßten, sowohl Infanterie wie Kavallerie zu kommandieren. Während die erste Generalrevue des Königs in Schlesien am 21. Juli 1743 bei Hundsfeld nordostwärts Breslau noch nach dem überlieferten Schematismus von Friedrich Wilhelm I. ablief, ging er schon im Herbst d.Js. bei Berlin und Potsdam zu ersten Übungen mit gemischten Waffengattungen über, die am 30. September mit einem großen Sturmangriff auf eine eigens am Saume der Pirschheide am Wege Potsdam-Baumgartenbrück angelegte befestigte Feldstellung endeten. Sie bildeten die Vorläufer für alle kriegsmäßigen Herbst-Manöver von 1746 bis 1755. Die Artillerie führte jährlich Scharfschießen mit Bomben und Kugelschießen nach Scheiben westlich der Stadt am Oranienburger Tor durch, wurde aber später mit in die Manöver einbezogen. Die Spezial-Revuen der Regimenter fanden nach wie vor im Frühjahr und Sommer als Abschlußbesichtigung am Ende der Exerzier-Ausbildung in den einzelnen Garnisonen in der alten Form statt, wozu gelegentlich mehrere Regimenter zusammengezogen wurden. Hier prüfte der König mit aller Schärfe die Grundausbildung und den inneren Zustand der Truppe. Ab 1748 erweiterte er jedoch die Revue, indem er dem ersten Tag des Schul-Exerzierens zwei Übungstage für Manöver anschloß, die mit Gefechtsübungen ausgefüllt waren. Seine jährliche Besichtigungsreise begann der König meist Mitte Mai in Potsdam; dann ging es nach Berlin und in die Mark Brandenburg, anschließend zu den magdeburgischen Regimentern nach Körbelitz, Pitzpuhl oder Lostau und nach Stettin oder Stargard zu den pommerschen Truppenteilen. Außer den Kommandeuren waren natürlich auch die Chefs der Regimenter anwesend. Nach kurzer Sommerpause in Sanssouci überprüfte er Ende Juli die Artillerie auf dem Wedding nördlich Berlin, um im August seine Reise nach Schlesien anzutreten. Nach Ostpreußen fuhr er nur 1750 und 1753, in die Westprovinzen 1751 und 1755.
Das hatte sich in den beiden Schlesischen Kriegen mehrfach gezeigt. Der Krieg mußte noch im Frieden in großen Manövern durchgeübt werden, so daß jeder General seine Aufgaben des Ernstfalles frühzeitig erlebte. Diese Manöver dienten außerdem der Erprobung neuer Taktiken, Erfahrung in der Führung großer Verbände, dem Zusammenwirken der Waffengattungen, der Schulung der Kommandeure, der Gewöhnung der Truppe und der Überprüfung der Instruktionen und Reglements im praktischen Einsatz, also vor allem der Ausbildung der oberen und mittleren Truppenführung. Die Generale sollten lernen, ihre Truppen »in verschiedensten Gefechtslagen nach Absicht und Gelände zu führen, der König wollte ihr militärisches Urteil bilden, ihre Entschlußkraft stählen« und dabei ihre Fähigkeiten erproben. Der Siebenjährige Krieg erwies, daß diese intensive Ausbildung bei vielen Generalen erfolgreich gewesen ist.
Die anschließende Verwendung im zivilen Dienst kam praktisch einer Pension gleich, aber die Erfahrung und Arbeitskraft des Pensionärs wurden weiter genutzt. Neben der Ausbildung und Führung wurden die Generale auch zur Werbung, Kontributionen, als Festungs-Kommandanten und Gouverneure sowie zum Nachrichtendienst, Erkundungen und Spionage eingesetzt, was ja militärischen Aufgaben entsprach. Mit der Verwendung als Sonder-Botschafter und Diplomaten war im Grunde der eigentlich militärische Bereich verlassen. Traten viele Stabsoffiziere als Postmeister, Forstmeister, Rendanten und Inspektoren, Kommissare, Kriegsräte, Regierungsräte, Landräte, Steuerräte, Kriegs- und Domänenräte in die zivile Verwaltung ein, so übernahmen Generale Amtshauptmannschaften, wirkten als Kammerdirektoren, Kammerpräsidenten, Vize- oder Oberpräsidenten, Mitglieder von Provinzialregierungen, wo sie automatisch den Vorsitz bekamen, Mitglieder des General-Direktoriums und sogar als Minister wie z.B. v. Grumbkow, v. Massow, v. Wedell, v. Werder, v. Gaudi und v.d. Schulenburg-Kehnert. GeneralsfamilienDaß er nach 1763 das Adels-Monopol wieder verschärfte und das sich weiter entwickelnde Bürgertum weitgehender ausschloß, obwohl zahlreiche Adels-Familien ausgeblutet waren, war 30 Jahre später sicher eine der Ursachen des Zusammenbruches 1806. Die Verschmelzung des Bürgertums mit dem Offizierkorps vollzog sich erst 1813.
Von 1740 bis 1806 blieb es bei neun Zehnteln adliger Offiziere. Wenn Preußen, wie der König 1752 schrieb, ein Land war, das »auf häufige Kriege gefaßt sein mußte« wegen seiner Lage und zerstückelten Ausdehnung, dann mußte er für sein Offizierkorps auf den Adel zurückgreifen, ihm aber auch im Frieden das Ansehen geben, das er sich im Kriege blutig verdient hatte. Konsequent vermehrte er die Kadetten-Anstalten, um der Nachwuchs aus dem Landadel besser auszubilden Wenn Büsch nachweist, daß in Pommern schon 1724 eine fast völlige gegenseitige Durchdringung von Ade und Offizierkorps, in der Kurmark und Ostpreußen später von zwei Drittel vorhanden war, dann mußte in Preußen ein General nobilitiert sein, wie es auch Scharnhorst bei seinem Übertritt am 14. Juni 1800 erlebte. Für seine politische Entmachtung hatte der Adel erstrangiges Sozialprestige gewonnen. Einkünfte
Das Einkommen der Generale stieg durch die höheren Douceurs beim Generalmajor auf über 6000, beim Generalleutnant mindestens 7000, General der Infanterie 8-9000, beim Feldmarschall maximal 12000 Taler. Im Kriege waren die Winter-Douceurgelder als Ausgleich füi den Ausfall von Friedens-Einnahmen höher, so daß einem Generalmajor 5000 Taler zusätzlich zum Kapitäns-Sold, dem Generalleutnant 7000, dem General der Infanterie 10000 und dem Feldmarschall 15000 Taler zukamen. Ohne Frage floß ein Großteil ihrer Einkünfte in Gutsbesitz, der vom Staat garantiert war und eine wirtschaftliche Sicherung bedeutete. So konnte z.B. Zieten sein Gut Wustrau, Kreis Neuruppin, im Wert um 57 000 Taler steigern. Die ganze Breite mittelalterlicher Versorgungsmöglichkeiten wurde noch ausgenutzt. Die Kommandanten- und Gouverneurs-Stellen der Festungen sowie die Stellen der Garnison-Regimenter gab der König vielfach an nicht mehr felddienstfähige Generale und Offiziere, so z.B. am 26. Januar 1757 Schweidnitz an Generalleutnant v. Kalsow und am 8. März d.Js. das Garnison-Regiment 1 an Oberst v. Puttkamer. Schließlich verteilte der König großzügige Belohnungen, ganz im Gegensatz zu seiner sonstigen Sparsamkeit, so z.B. an Krockow und Pfuel je 4000 Taler, an Lossow 6000, an Fouqué 8000, an Zieten 10 000, als Anerkennung; man mußte etwas leisten, auffallen und sich ständig nützlich erweisen.
Generalmajore erhielten zwischen 300 und 1200 Taler, im Durchschnitt 600 bis 800, Generalleutnante von 500 bis 2000 Taler, meist um 1200, Generale der Infanterie oder Kavallerie 1500 bis etwa 3000 Taler, Feldmarschälle 2000 bis 10000, wie z.B. Samuel Graf Schmettau. Der preußische GeneralstabBefehlshaber größerer Truppenverbände benötigten schon immer Gehilfen, einen Stab. Diese hatten das Gelände, auf dem sich die Truppe bewegen sollte, zu kennen. Sie mußten die Operationspläne mit ausarbeiten und die notwendigen Befehle ausfertigen, damit die Truppe ohne Verwirrung am richtigen Ort und Zeitpunkt zur Verfügung stand. In großen Armeen war für diese Arbeit der Generalquartiermeister zuständig, die wenigen, ihm zugeteilten Offiziere hatten keine besondere Ausbildung genossen, außer in einzelnen Fällen. Als sich mit der französischen Revolution die Heere von der bisherigen geregelten Magazinverpflegung unabhängig machen konnten, erwuchsen auch neue strategische Möglichkeiten. Das Netz der inzwischen entstandenen festen Kunststraßen erlaubte auch größeren Heeren, sich rasch auszubreiten, um aus dem Lande zu leben und sich wieder zusammenzuziehen, wenn man schlagen wollte. Dafür benötigte man eine neue Technik der Heeresbewegungen. Straßen, ihre Kapazitäten und Märsche mußten berechnet werden. Ein neuer Zweig der Kriegswissenschaft war entstanden; die Logistik. Die Befehlshaber der Armeen, der neuentstandenen Armeekorps und Divisionen brauchten nun auch einen Generalstab. Clausewitz beschrieb dessen Aufgabe folgendermaßen: er habe die Ideen des kommandierenden Generals in Befehle umzuschaffen, nicht nur, indem er diese den Truppen mitteilt, sondern vielmehr alle Detailangelegenheiten bearbeitet. Große Armeen hatten einen Gesamtgeneralstab, auch »Großer Generalstab« genannt, dazu dann die Stäbe der größeren Truppenverbände. In diesen Stäben waren zunächst nur einzelne Offiziere, die daneben auch noch in der einen und anderen Art tätig waren, ein Generalstabskorps im späteren Sinne bestand noch nicht. Doch suchte man schon jetzt die Offiziere aus, die besonders befähigt waren, eine gründlichere Ausbildung hatten und die Eigenheiten und Möglichkeiten auch der anderen Waffengattungen einschätzen konnten. Um dieses zu erreichen, wurden ab 1810 in Preußen solche Offiziere zum Dienst in anderen Waffengattungen kommandiert. Meist war der Chef des Generalstabes gleichzeitig auch Generalquartiermeister, bei den einzelnen Korps mit dem Titel Quartiermeister. Die ihm zugeteilten Offiziere führten oft die Bezeichnung Quartiermeisterleutnant unabhängig von ihrem Dienstgrad. Eigentlicher Schöpfer des preußischen Generalstabes sollte in seiner vorbildlichen Zusammenarbeit mit dem Feldherr Blücher Gneisenau werden, der in den Jahren 1813 bis 1815 Maßstäbe setzte. Organisatorisch als eigene Institution selbständig unter einem eigenen Chef wurde der Generalstab aber erst 1821. Von dieser Zeit an bestand ein eigenes Korps, das seinen eigenen Nachwuchs für den Friedensdienst wie für den Bedarf der im Kriege notwendige Truppenstäbe laufend ausbildete. Befehlshaber größerer Truppenverbände benötigten schon immer einen Stab von Führergehilfen. Dieser hatte Nachrichten über alle Verhältnisse zu sammeln, Vorschläge zu unterbreiten, die Befehle auszufertigen sowie die Vermittlung und Verbindung zwischen dem Kommandierenden und den unterstellten Truppenteilen aufrecht zu erhalten. Entscheidung und Verantwortlichkeit verblieb aber grundsätzlich dem Befehlshaber. Die preußische Einrichtung gab modellhaft prägend das Vorbild, wie sie sich, ausgehend von den Gedanken Scharnhorst‘s und dem Wirken Gneisenau‘s, entwickelt hatte. Organisatorisch selbständig wurde der Generalstab erst im Jahre 1821, als er mit der Schaffung einer eigenen, neben dem Kriegsministerium stehenden Chefstelle (von Müffling) seinen eigenen Nachwuchs für den Friedensdienst und den Bedarf der im Kriege notwendigen Truppenstäbe auszubilden begann. Die nachherigen Chefs (von Krauseneck, von Reyher und zuletzt ab 1857 von Moltke) setzten diese Arbeit folgerichtig fort. Bei der Auswahl für den Generalstab wurden allgemein der Besuch der dreijährigen Allgemeinen Kriegsschule, eine etwa dreijährige Tätigkeit im Topographischen Büro sowie wechselnde Kommandos zu den verschiedenen Waffengattungen obligatorisch. Neben dem »Großen Generalstab« bestanden Truppengeneralstäbe für Armeekorps und Divisionen, im Kriege auch für Armeen. Zu den Aufgaben des »Großen« gehörten die Sammlung von Unterlagen bzw. Hilfsmitteln zur Kenntnis der eigenen und fremden Heere und Länder, die Vermessungsabteilung für die Landesaufnahme, die Plankammer und das Kriegsarchiv. In unmittelbarer Beziehung zur Truppe standen deren Dislokation, die Verlegungen, Übungen und Manöveranordnungen sowie die vorsorgliche Ausarbeitung möglicher Operationspläne mit der dann notwendigen Mobilmachung. Ein einzelnes mobiles Korps besaß als Kommandobehörden: den Kommandierenden General, als Generalstab einen Chef und 2 Offiziere, daneben 4 Adjutanten und 3 Ingenieuroffiziere. Die Generalstabsgeschäfte umfaßten vier Bereiche: die eigentliche Generalstabsarbeit, die Adjutantur, die Intendantur und schließlich die Sonderressorts (Auditoriat, Generalarzt und Oberprediger). Bei einer einzelnen Division unterstützten den Kommandeur ein Generalstabsoffizier und zwei Adjutanten. Aus Sparsamkeitsgründen waren im Frieden zu wenig Offiziere zum Generalstab kommandiert, so daß im Falle der Mobilmachung manche Planstelle nicht besetzt werden konnte. Erst die Erfahrungen des Jahres 1866 brachten eine Änderung. Dennoch blieben die Leistungen für jene Zeit unerreicht und damit vorbildlich. Freilich waren Moltkes Aufmarschpläne und Operationsentwürfe in den Jahren 1866 und 1870 auch nur durch die konsequente Anwendung der neuen technischen Möglichkeiten (Eisenbahn und Telegraphie) denkbar. Bezeichnend für sein System ist hierzu ein im Jahre 1866 gegebenes Urteil eines russischen Obristen: »Die Offiziere des Generalstabs sind vollkommen frei von der deutschen Leidenschaft, zu systematisieren; das Wesen liegt bei ihnen nicht in der Masse der Kenntnisse oder in der Tiefe des Wissens, sondern in der Fähigkeit, die Kenntnisse im Dienst anzuwenden. Die Tüchtigkeit der Generalstabsoffiziere liegt in der Art und Weise, wie der preußische Generalstab geleitet wird.Im Deutschen Bundesheer waren für den Generalstab 170 Offiziere vorgesehen. Die Königreiche Bayern, Württemberg und das Großherzogtum Hessen besaßen einen Generalquartiermeisterstab, die Königreiche Sachsen und Hannover, die Großherzogtümer Mecklenburg, das Kurfürstentum Hessen und die Herzogtümer Braunschweig und Nassau Generalstäbe, wenn auch kleinsten Formats. Sie hatten Nachrichten über alle Verhältnisse zu sammeln, Vorschläge zu unterbreiten, Befehle auszufertigen sowie die Verbindung zwischen dem Kommandierenden und den unterstellten Truppenteilen aufrecht zu erhalten. Doch blieb die Entscheidung und Verantwortung für ihr Handeln immer beim Befehlshaber. Seit der Revolutionierung des Militärwesens in Frankreich ab 1792/93 existierte die Einrichtung des modernen Generalstabes. In jeder größeren Armee setzte er sich aus befähigten und vorgebildeten Offizieren zusammen, die ein besonderes Korps formierten. Ein Unterschied bestand zwischen dem Großen Generalstab, der die Gesamtaufgaben übernehmen mußte und den Truppengeneralstäben bei Armeen, Armeekorps und Divisionen. Nach den Erfolgen von 1870/71 bemühten sich die anderen Armeen die als vorbildlich geltenden deutschen Einrichtungen nachzuahmen und schufen eine fast gleiche innere Organisation einschließlich der Kartierung durch die Landesaufnahme und der Bearbeitung der Kriegsgeschichte. Im Jahre 1867 bestand der damals preußische Generalstab aus drei Abteilungen im Hauptetat mit 88 Offizieren: die 1. für den Bereich der Armeen östlicher Nachbarn, die 2. für die Heere anderer deutscher Staaten und die Eisenbahnverbindungen, die 3. für die Angelegenheiten westlicher Nachbararmeen. Der sogenannte Nebenetat sah 21 Offiziere in wissenschaftlicher Tätigkeit vor: in der kriegsgeschichtlichen, geographisch-statistischen, der topographischen Abteilung, der Landestriangulation und der Plankammer. Um 1890 hatte der deutsche Generalstab in 5 Abteilungen etwa 350 Offiziere. Die 1. war die Zentralabteilung für allgemeine Verwaltung, die 2. bearbeitete die Aufmarschpläne, die zugehörigen Verkehrswege mit Eisenbahnen und die Kriegsgliederungen, die 3. befaßte sich mit der Kenntnis fremder Festungen und den dafür geeigneten Angiffsentwürfen, geographisch-statistischen Angelegenheiten sowie den Karten. Der 4. Abteilung waren in zwei Bereichen die Kenntnis der Armeen Süd- und Osteuropas sowie West- und Nordeuropas zugeordnet, die 5. hatte die Kriegsgeschichte aufzubereiten. An der Spitze der Abteilungen 2 bis 4 stand ein Oberquartiermeister, später kamen zwei weitere derartige Stellen hinzu, eine davon als Chef der Landesaufnahme. Der älteste Oberquartiermeister sollte als »Generalquartiermeister« fungieren. Die weitere Spezialisierung erforderte schließlich eine Gliederung in fünf Abteilungen mit bestimmter Aufgabenbezeichnung (Zentralabteilung, Landesaufnahme, Kriegsgeschichte) und in 10 mit Numerierung. Hierbei übernahmen die Abteilungen 1 und 10 die fremden Heere Ost und Süd, 2 den Aufmarsch, 3 die fremden Heere West, 4 die fremden Festungen, 5 die Übungsreisen der Stäbe, 6 die Manöverplanung, 7 war die Eisenbahnabteilung, 8 befaßte sich mit der Kriegsakademie und 9 mit den deutschen Kolonien. Den 5 Oberquartiermeistern waren jeweils zwei oder drei Abteilungen unterstellt. In Deutschland ergänzten sich die Generalstabsoffiziere aus Nachwuchs, der sich freiwillig meldete und die Kriegsakademie besucht hatte. Aus diesem elitären Korps wurden auch die Truppengeneralstäbe personell versorgt. Ein mobiles Armeekorps besaß als Kommandobehörden einen Kommandierenden General, als Generalstab einen Chef und zwei Offiziere, daneben 4 Adjutanten und 3 Ingenieuroffiziere. Wenn auch in den fremden Armeen die Generalstäbe fast gleich organisiert waren, besaßen doch ihre Chefs in der Regel nicht eine so starke Immediatstellung wie in Deutschland, denn sie waren von ihrem Kriegsminister abhängig. Frankreich begann sofort 1871 mit dem Neuaufbau, doch wechselten die Chefs mit dem jeweiligen Kriegsminister allein 19 mal zwischen 1870 und 1890. Erst die neue Organisation von 1880, vor allem aber die Gesetzesnovelle von 1890 bestimmte, daß die Leitung von politischen Strömungen unberührt bleiben solle, doch blieb die Unterstellung unter den Minister. Der Generalstab bestand aus vorübergehend abkommandierten Offizieren, die aber alle eine auf der Kriegshochschule oder in ähnlicher Art erworbene Qualifikation haben mußten. Um die Jahrhundertwende gehörten ihm etatmäßig 640 Offiziere an. In Österreich-Ungarn stammte die Neuorganisation des Generalstabes von 1876, er war im Frieden Hilfsorgan des Kriegsministeriums. Erst ab 1901 bestand ein einheitliches Generalstabskorps für das gemeinsame Heer und die Landwehren der beiden Reichshälften. Dieses setzte sich nur aus Offizieren vom Hauptmann 1. Klasse an aufwärts und zugeteilten Truppenoffizieren zusammen, die ihre Befähigung auf der Kriegsschule oder einem höheren Artillerie- bzw. Geniekurs nachgewiesen hatten. Um die Jahrhundertwende umfaßte das Korps 481 etatmäßige Stellen.
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